Titel: | Ueber den Twaddle'schen und Atkins'schen Aräometer; von Dr. Emil Dingler. |
Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LVII., S. 330 |
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LVII.
Ueber den Twaddle'schen und Atkins'schen Araͤometer; von Dr. Emil Dingler.
Dingler, uͤber Twaddle's Araͤometer.
Man bedient sich in England zur Bestimmung der Dichtigkeit der Saͤuren,
Salzaufloͤsungen und uͤberhaupt solcher Fluͤssigkeiten, welche
specifisch schwerer als Wasser sind, gewoͤhnlich des sogenannten Twaddle'schen Hydrometers, welcher ein Araͤometer
mit Gradleiter ist. Nicht selten wird auch in technischen Werken, die in England
erscheinen oder in Vorschriften, welche englische Fabrikanten ihren Freunden auf dem
Continent mittheilen, die Dichtigkeit von Fluͤssigkeiten in Twaddle'schen Graden angegeben, und es ist daher
wuͤnschenswerth, das diesen Araͤometergraden entsprechende specifische
Gewicht zu kennen, wodurch man im Stande ist sie in die Grade des in Deutschland
gebraͤuchlichen Baumé'schen oder Beck'schen Araͤometers umzusezen.
Ich habe mich vergebens bemuͤht in zahlreichen englischen und deutschen,
sowohl wissenschaftlichen als technischen Schriften, und selbst in solchen, welche
speciell der Araͤometrie gewidmet sind, uͤber das Princip der
Gradirung des Twaddle'schen Araͤometers Auskunft
zu erhalten; als ich daher in Besiz eines solchen Instrumentes kam, suchte ich das
Princip der Eintheilung seiner Grade durch Versuche auszumitteln, was nicht
schwierig war. Dieses Instrument besteht aus nicht weniger als sechs
Araͤometern, deren Stiel auf einer Laͤnge von beilaͤufig 3 3/4
Par. Zoll 24 bis 26 Grade umfaßt.
Zuerst mußte ich mich von der Genauigkeit der Gradirung dieser Araͤometer
uͤberzeugen; es wurde daher der Araͤometer, auf dessen Stiel die Grade
von 0 bis 24 verzeichnet waren, an der einen Schale einer genauen Waage
aufgehaͤngt, dann in destillirtes Wasser gesenkt, worauf in die andere
Waagschale so viele Gewichte gelegt wurden, daß die Oberflaͤche der
Fluͤssigkeit die Gradleiter am 24sten Grade durchschnitt. Hierauf wurden in
die Waagschale, an welcher der Araͤometer hing, so lange Gewichte gelegt, bis
er sich in der Fluͤssigkeit, worin er schwebte, auf dem 14ten Grade erhielt,
wozu 1,76 Gramme erforderlich waren, was auf 1 Grad 0,176 Gramme betraͤgt.
Durch 1,76 + 5 × 0,176 = 2,64 Gramme erhielt er sich auf 9°; durch
2,64 + 0,176 = 2,816 Gramme auf 8°; durch 2,816 + 0,176 = 2,992 Gramme auf
7° u.s.f. Da sich dieser Araͤometer durch gleiche Gewichte offenbar um
gleiche Grade in der Fluͤssigkeit senkte, so sind auch die Abtheilungen auf
seinem Stiel von gleichem Volum und folglich ist seine Gradirung genau. Dasselbe war
bei den fuͤnf uͤbrigen Araͤometern der Fall, welche nach dem
naͤmlichen Verfahren probirt wurden.
Es wurde nun das einer Anzahl Twaddle'scher Grade
entsprechende specifische Gewicht bestimmt, wobei es sich ergab, daß, wenn man das
specifische Gewicht des Wassers bei + 13° R. = 1000 sezt, diese Zahl
fuͤr jeden Grad Twaddle um 5 Einheiten zunimmt; es
ist naͤmlich 1° Twaddle = 10005; 2°
= 1010; 3° = 1015 specifisches Gewicht. Bezeichnet man daher den Twaddle'schen Grad mit t, so
ist das ihm entsprechende specifische Gewicht
p = 1000 + 5 t;
so sind z.B.
150° Twaddle = 1000 +
5 × 150 = 1750
spec. Gewicht;
169° Twaddle = 1000 +
5 × 169 = 1845
spec. Gewicht.
Francoeur hat nach eigenen Versuchen und Berechnungen
uͤber die Theorie von Baumé's
Araͤometer in einer Tabelle die den Baumé'schen Graden entsprechenden specifischen Gewichte
zusammengestelltDictionnaire technologique, Art. Aréomètre.; das Verhaͤltniß zwischen denselben wird, wenn man den Baumé'schen Grad mit b, das specifische Gewicht mit p bezeichnet, und
wie oben das specifische Gewicht des Wassers = 1000 annimmt, bei dem
Araͤometer fuͤr schwerere Fluͤssigkeiten als Wasser durch
folgende Formel ausgedruͤkt:
p = 152000/(152 – b).
Sezen wir nun
152000/(152 – b) = 1000 + 5t
so ergibt sich b = 152t/(152
– t'), nach welcher Formel Twaddle'sche Grade in Baumé'sche
umgesezt werden koͤnnen. So sind z.B. 2° Twaddle = (152 × 2)/(200 + 2) = 1 1/2° Baumé; 104° Twaddle = (152
× 104)/(200 + 104) = 52° Baumé.
Diese Reductionen werden fuͤr technische Zweke hinreichend genau, weil man
dabei den Unterschied in der Temperatur, fuͤr welche jede Formel berechnet
ist, vernachlaͤssigen kann; in der Formel fuͤr die Baumé'schen Grade ist naͤmlich das specifische Gewicht des
Wassers bei + 10° R., in derjenigen fuͤr die Twaddle'schen hingegen bei + 13°,33 R. = 1000 angenommen.
Wenn geringe Unterschiede in der Dichtigkeit der Fluͤssigkeiten mit
Genauigkeit bestimmt werden sollen, kann man sich uͤberhaupt dazu der
Araͤometer nicht bedienen, um so weniger, wenn die Gradleiter, welche die
specifischen Gewichte von 1000 bis 2000 oder von 741 bis 1000 umfaßt, nicht auf
mehrere Instrumente vertheilt ist; auch sind bei Beobachtungen mit dem
Araͤometer mehrere Vorsichtsmaßregeln zu beruͤksichtigen, durch deren
Vernachlaͤssigung man sich leicht um einen ganzen Grad irren kann. Der
Cylinder, welcher die zu waͤgende Fluͤssigkeit enthaͤlt, muß
naͤmlich so geraͤumig seyn, daß der Araͤometer frei darin
spielen kann; man muß ihn ferner bei dem Versuche, bis zum Ueberlaufen
gefuͤllt, senkrecht zu halten suchen. Um nun den Grad des Araͤometers
gehoͤrig zu bestimmen, muß der Sehestrahl auf der Oberflaͤche der
Fluͤssigkeit hinfahren, weil sich der Grad immer auf dem Durchschnittspunkte
der Oberflaͤche der Fluͤssigkeit mit dem Stiel des Araͤometers
befindet; so koͤmmt also jener Theil der Fluͤssigkeit, welcher durch
Capillar-Attraction gehoben wurde, uͤber die Oberflaͤche derselben
hinauf.
Folgende Tabelle enthaͤlt das jedem Twaddle'schen
Grade entsprechende specifische Gewicht fuͤr 13° R. und zugleich die
correspondirende Baumé'sche Gradleiter.
Textabbildung Bd. 62, S. 332
Twaddle'scher Grad; Specifisches
Gewicht. Baumé'scher Grad
Bei dem Handel mit geistigen Fluͤssigkeiten wird in
England deren Staͤrke durch Vergleichung mit einem Spiritus von einer
festgesezten Guͤte, der hier zur Richtschnur dient, geschaͤzt. Dieser
zur Richtschnur dienende Spiritus, welcher Probe-Spiritus
heißt, hat dei 60° F. (12°,44 R.) 920 specifisches Gewicht und der
Gegenstand der Untersuchung ist nun, die Menge dieses Probe-Spiritus zu finden,
welche in einer gegebenen Quantitaͤt eines zu untersuchenden Spiritus
enthalten ist, oder ihr gleich gilt. Die Sprache der Spiritushaͤndler in
Ansehung der Worte: uͤber der Probe und unter der
Probe, bezieht sich in allen Faͤllen dieser Art auf den
Handelswerth. Wenn sie sagen: „eine gewisse Art Spiritus sey 30 Proc.
(oder Grade) uͤber der Probe“, so meinen sie, daß 100 Maaß
eines solchen Spiritus durch Zusaz von 30 Maaß Wasser eine Fluͤssigkeit
geben, welche genau die Staͤrke des Probespiritus hat. Und wenn sie sagen,
„eine Art Spiritus sey 30 Proc. (Grade) unter der Probe“,
so meinen sie, daß 70 Theile des Probespiritus, dem Maaße nach durch Zusaz von
Wasser bis auf 100 Theile vermehrt, einen Spiritus von derselben Staͤrke
liefern, die der gegebene Spiritus hat.
Es ist daher fuͤr den Kaͤufer einer Spiritussorte oder fuͤr den
Einnehmer der Abgaben nicht hinreichend, das eigenthuͤmliche Gewicht dieses
Spiritus bei einer gegebenen Temperatur zu wissen, sondern er muß die
Quantitaͤt des Probespiritus zu erfahren suchen, welche aus dem gegebenen
Spiritus durch Zusaz von Wasser gemacht oder aus ihm abgezogen werden kann, und
welche daher mit vorliegendem Spiritus einerlei Werth hat. Diese Aufgabe nun wird
mittelst gewisser Instrumente geloͤst und zwar entweder 1) mit einem
Araͤometer und einer Menge Gewichten, die fuͤr die verschiedenen
Correctionen nach der Temperatur eingerichtet sind (Sites' Araͤometer) oder 2) mit einem so einfach eingerichteten
Araͤometer, daß er nur das eigenthuͤmliche Gewicht der
Fluͤssigkeit angibt, die noͤthigen Reductionen aber auf einer Scala
oder einem Schieber gefunden werden, auf dem sie aufgezeichnet sind (Atkins' AraͤometerDie ausfuͤhrliche Beschreibung von Atkins'
Araͤometer in Nicholson's Journal August
1802, ist in Gilbert's Annalen der Physik, 1811,
Heft 8, im Auszuge uͤbersezt..
Gewoͤhnlich wird auch in den technischen Werken, welche in England erscheinen,
die Staͤrke des Weingeistes in Graden uͤber oder unter der Probe
angegeben und es ist daher nicht selten sehr wuͤnschenswerth, diese Grade auf
specifische Gewichte reduciren zu koͤnnen. Hiezu ist es aber noͤthig,
die Verminderung des Volums zu kennen, welche eintritt, wenn ein gegebener Weingeist durch
Vermischung mit Wasser auf die Staͤrke des Probespiritus verduͤnnt
oder Probespiritus durch Verduͤnnung mit Wasser einem gegebenen Spiritus
gleich gemacht wird. Ich habe daher nach Atkin's Scala
eine Tabelle berechnet, worin fuͤr jeden Grad sowohl uͤber als unter
der Probe die Verdichtung der Mischung angegeben ist.
Weingeist uͤber der Probe.
Grad uͤber der Probe.
Verdichtung der100 Volume Probespiritus.
Grad uͤber der Probe.
Verdichtung der100 Volume Probespiritus.
4°
0,125
51°
3,125
6
0,250
52
3,250
8
0,375
53
3,375
10
0,5
55
3,5
12
0,625
57
3,625
14
0,750
58
3,75
16
0,875
59
3,875
18
1
60
3,937
20
1,125
61
4
22
1,250
63
4,312
25
1,375
65
4,5
27
1,5
67
4,844
30
1,687
68
5
31
1,750
69
5,125
33
1,814
70
5,250
35
1,969
71
5,375
35
1/2
2
72
5,5
37
2,094
74
5,750
39
2,250
75
5,937
41
2,375
76
6
43
2,5
77
6,125
45
2,687
78
6,250
46
2,750
79
6,375
48
2,875
80
6,5
50
3
Weingeist unter der Probe.
Grad unter
der Probe.
Verdichtung
derMischung in Volumproc.
10°
0,375
20
0,5
30
0,875
40
0,916
50
0,750
60
0,5
70
0,375
80
0,250
90
0,125
Wie mit Huͤlfe dieser Tabelle das jedem Grad uͤber oder unter der Probe
entsprechende specifische Gewicht berechnet werden kann, laͤßt sich am besten
durch ein Beispiel zeigen.
Erster Fall. Man wuͤnscht das specifische Gewicht eines
Weingeists von 50 Grad uͤber der Probe zu erfahren.
100 Volume Spiritus von 50° uͤber der Probe werden durch Vermischung
mit 50 Volumen Wasser auf die Staͤrke des Probespiritus gebracht; daß man
aber dann der Quantitaͤt nach nicht 150, sondern nur 147 Volume
erhaͤlt, ersieht man aus der Spalte Verdichtung in
der Tabelle, der zu Folge die Zusammenziehung bei der Mischung 3 Volume
betraͤgt. Da der Probespiritus bei 60° F. 920 spec. Gewicht zeigt, so
enthaͤlt er nach der Tabelle von Tralles 56 2/11
Volumprocente absoluten Alkohol. 100 Volume des gegebenen
Spiritus entsprechen aber 147 Volumen Probespiritus und enthalten also eben so viel
absoluten Alkohol wie diese, folglich 82,59 Volumprocente, da 100 : 56,18 = 147 :
x = 82,59. Ein Weingeist von 82,5 Procent hat aber
nach Tralles' Tabelle bei 60° F. 856,1
specifisches Gewicht.
Zweiter Fall. Man wuͤnscht das specifische Gewicht
eines Weingeists von 30 Grad unter der Probe zu erfuͤhren.
70 Volume Probespiritus liefern durch Vermischung mit 30 Volumen Wasser einen dem gegebenen gleichen Spiritus; man erhaͤlt dann aber
von der Mischung nicht 100, sondern in Folge der Verdichtung nach obiger Tabelle nur
99,125 Volume. Es enthalten folglich 99,125 Volume des gegebenen Spiritus eben so
viel absoluten Alkohol als 70 Volume Probespiritus, oder 100 Volume des gegebenen
Spiritus eben so viel als 70,62 Probespiritus. Leztere enthalten aber, da 100 :
56,18 = 70,62 : x = 39,68 Volume Alkohol und einem
Spiritus von 39,6 Procent entspricht bei 60° F. nach Tralles 951,8 specifisches Gewicht.