Titel: Die Branntweinbrennerei in Niederfüllbach bei Coburg. Von C. Zeller, Sek. des Großherzogl. badischen landwirthsch. Vereins und Lehrer der Landwirthschaft am Großherzogl. Schullehrer-Seminarium in Karlsruhe.
Autor: Dr. Christian Felix Zeller [GND]
Fundstelle: Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LXVIII. LXIX. , S. 393
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LXVIII. LXIX. Die Branntweinbrennerei in Niederfuͤllbach bei Coburg. Von C. Zeller, Sek. des Großherzogl. badischen landwirthsch. Vereins und Lehrer der Landwirthschaft am Großherzogl. Schullehrer-Seminarium in Karlsruhe. Mit Abbildungen auf Tab. VI. Zeller, uͤber die Branntweinbrennerei. So viel auch in unserer Zeit uͤber das Brennereigewerbe geschrieben wurde, wodurch dasselbe seiner jezigen Vervollkommnung allerdings mehr und mehr entgegengeruͤkt ist, und in welcher Beziehung wir einem Neuenhan, Hermbstaͤdt, Schmidt, Pistorius, Dorn, Koͤll, Foͤrster u.a. mancherlei schaͤzenswerthe Mittheilungen zu verdanken haben, so hat man doch der Lehre von der Anlage der zu diesem Gewerbebetrieb noͤthigen Locale, ihrer zwekmaͤßigen inneren Einrichtung, namentlich aber dem nothwendigen Zusammenhang und der Verbindung aller einzelnen Geraͤthe unter sich immer noch viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Die Wichtigkeit einer solchen Lehre laͤßt sich indessen eben so wenig in Abrede ziehen, als die Wahl der zu dem fraglichen Gewerbebetrieb dienlichen Geraͤthe nicht gleichguͤltig erscheint; dieß bedarf auch um so weniger einer naͤheren Begruͤndung, wenn man bedenkt, welch großen Einfluß jene Verhaͤltnisse auf die Groͤße des Baucapitals, auf Ersparnis an Arbeit und Material aͤußern, und wie gar zu haͤufig noch aus Mangel an Sachkenntnis selbst große Capitalien auf derartige Einrichtungen nuzlos verwendet werden. Kann sich nun immerhin eine Lehre, wie die fragliche, bei der Vielseitigkeit der auf die Anlage solcher technischen Einrichtungen einwirkenden Umstaͤnde nur auf allgemeine Grundsaͤze und Andeutungen beschranken, so wird sie doch jedenfalls eine in der That fehl fuͤhlbare Luke ausfuͤllen. Ihre Nothwendigkeit ist aber geboten durch den im Ganzen genommen noch allzu sehr mangelhaften Zustand derartiger Werkstaͤtten, durch die Anforderungen, die man in unseren Tagen an den gebildeten Theil des gewerbtreibenden Publicums machen kann, uͤberhaupt aber durch den Standpunkt, auf den sich der uͤbrige Theil des Brennereigewerbes bereits erhoben hat. Hiezu hofft nun Einsender dieses einen nicht ganz unwichtigen Beitrag durch die Beschreibung einer Brennerei zu liefern, welche sich vermoͤge ihrer Einrichtung, insbesondere aber durch sinnreiche Verbindung der darin aufgestellten Geraͤthe wesentlich auszeichnet, und die seiner Ansicht nach in jeder Hinsicht als vorzuͤgliches Muster einer Brennereianlage erklaͤrt werden darf. Es ist dieß die von dem Prinzen Leopold von Coburg, jezigem Koͤnige der Belgier, auf seinem Gute Niederfuͤllbach bei Coburg etablirte Brennerei, welche Einsender auf einer vor zwei Jahren unternommenen Reise durch Norddeutschland kennen gelernt, die aber auch seine Aufmerksamkeit unter den vielen in den preußischen und anderen norddeutschen Staaten von ihm besuchten derartigen Gewerbeanstalten am meisten auf sich gezogen hat. Das zur Brennerei in Niederfuͤllbach bestimmte Gebaͤude ist erst vor wenigen Jahren unter der Leitung des dortigen Hrn. Verwalters Ludloff, eines eben so vielseitig wissenschaftlich als praktisch gebildeten Mannes, aufgefuͤhrt, aber schon gleich anfaͤnglich nach allen Theilen seiner Construction mit Ruͤksicht auf die jezt darin etablirten technischen Gewerbe angelegt worden. Wie gut ihm diese gelungen, wie sinnreich namentlich der Zusammenhang der darin aufgestellten Geraͤthe unter sich gewaͤhlt ist, und welch große Raum-, Arbeits- und Materialersparniß dieser gewahre, wird die nachfolgende Beschreibung des Ganzen darthun. Da diese aber nur durch Zeichnungen deutlich werden kann, so sind solche zu diesem Behuf hier beigefuͤgt. Sie zeigen nun unter Fig. 1 den Grundriß des Dachbodens; Fig. 2 den Grundriß des Gebaͤudes zu gleicher Erde; Fig. 3 den des Souterrains, und Fig. 4 den Durchschnitt des Gebaͤudes nach seiner Laͤnge. Beschreibung der einzelnen Risse, und zwar: Fig. 1Grundriß des Dachbodens. Dieser enthaͤlt unter a) einen Behaͤlter, der die ganze Brennerei mit Wasser versieht, welches die Pumpe b) die mit dem Wasserrade einer benachbarten Muͤhle in Verbindung steht, und durch dieses in Gang gesezt wird, aus einem vorbeifließenden Bache in den Behaͤlter schoͤpft. c) eine Kufe zum Waschen der Kartoffeln, mit zwei Boͤden, wovon der obere aus Latten, die 1/2 Zoll von einander liegen, zusammengesezt ist, damit die beim Waschen der Kartoffeln durch das Wasser aufgeloͤsten unreinen Theile sich in den Raum zwischen jenen zwei Boͤden ziehen koͤnnen. d) eine Oeffnung, durch welche die gereinigten Kartoffeln in das darunter stehende Dampffaß entleert werden. e) den Plaz zur Aufbewahrung der fuͤr die woͤchentliche Verarbeitung bestimmten Kartoffeln. f) eine Malzdoͤrre, in welche der Rauch des Ofens p gefuͤhrt wird, endlich g) eine zweite, aber groͤßere Malzdoͤrre zum Gebrauch der Brauerei. In diese wird der Rauch des Brennofens c, c geleitet, sie kann aber auch, wenn es noͤthig ist, durch die besondere Feuerung d, d geheizt werden. h) die Schlafkammer fuͤr das Brau- und Brennereipersonal. Fig. 2Grundriß zu gleicher Erde. Dieser zeigt unter b die unter gleicher Ziffer bereits erwaͤhnte, hier mit einem Hahn versehene Roͤhre. Durch leztere kann das zum Einmaischen und sonstigem Gebrauch noͤthige Wasser abgelassen werden. i) eine Einmaischkufe. k) eine Kuͤhlkufe, in welche ein Theil der Maische, wenn ihr schnelles Abkuͤhlen noͤthig seyn sollte, aus der ersteren uͤbergelassen wird, weßhalb sie auch etwas tiefer als die Einmaischkufe steht. Von diesen beiden Geschirren kommt die Maische durch l) einen Trichter in das Gaͤhrlocal. m) ein Dampffaß zum Kartoffeldampfen, in das sich die aus dem Waschapparat c kommenden Kartoffeln durch die Oeffnung d (siehe Fig. 1) entleeren. Jedes Dampffaß hat nach seiner ganzen Hoͤhe einzelne durch Stoͤpsel verschließbare Oeffnungen, die zum Untersuchen der Kartoffeln waͤhrend des Daͤmpfens dienen. n) eine Muͤhle zum Zerkleinern der lezteren mit zwei steinernen Walzen. Sie steht so nahe am Dampffasse, daß sich dieses der gahr gekochten Kartoffeln beim Oeffnen eines zunaͤchst am Boden angebrachten Thuͤrchens unmittelbar in die Kartoffelmuͤhle entleeren kann. o) einen Behaͤlter fuͤr die Aufbewahrung des zum Einmaischen bestimmten Malzschrotes. p) einen Dampfkessel, aus dem die im Dampffasse in befindlichen Kartoffeln die noͤthigen Daͤmpfe erhalten, und der zugleich durch den Hahn q) das zum Anmaischen noͤthige warme Wasser abgibt. Außerdem dient dieser Kessel zur Liqueurfabrication, wozu der leztgenannte Hahn verschlossen, dagegen ein zum Destillirapparat r) fuͤhrender Hahn geoͤffnet wird. Das fuͤr diesen Apparat noͤthige Kuͤhlwasser leitet die Roͤhre s) aus dem mehrerwaͤhnten Reservoir a. Eine aͤhnliche Roͤhre bringt auch auf die Kuͤhlbeken des Hauptapparats (t) das noͤthige Wasser. t) den eigentlichen Brennapparat mit zwei Blasen, einem Vorwaͤrmer und der Abkuͤhlstande u) welche außerhalb des Brennereigebaͤudes steht. Dieser Hauptapparat ist nach der bekannten Erfindung von Pistorius construirt. v) den Verschluß des durch das ersterwaͤhnte Kuͤhlfaß laufenden Schlangenrohrs. Er nimmt das aus der Schlange fließende Destillat auf, und dieses zieht sich dann in die im Keller des Souterrains liegende Vorlage. Jener Verschluß ist oben durch ein in Blech gefaßtes Glas, das einem Uhrglas gleicht, bedekt, so daß sich zwar das Quantum des ablaufenden Destillats jederzeit beobachten laͤßt, dasselbe aber unzugaͤnglich und vor Entwendung gesichert ist. Ferner ist in dem Verschluß ein Alkoholometer eingesezt, um auch den Gehalt des ablaufenden Destillats beobachten zu koͤnnen. w) eine Pumpe, welche die gegohrene Maische aus dem im Souterrain stehenden Maischbehaͤlter in den Vorwaͤrmer foͤrdert. x) den Hahn zum Ablassen des Spuͤlichts oder der Schlempe aus der ersten Destillirblase, welches dann in dem unter z) ersichtlichen Canal ablaͤuft und sich in der vertieft liegenden Kufe aa) sammelt. bb) hoͤlzerne Kufen, welche zur Essigbereitung dienen. Um naͤmlich die in Folge des Betriebs der Brennerei und Dampferzeugungsgeraͤthe ausgestroͤmte und im Brennlocal verbreitete warme Luft, so weit es thunlich ist, nicht unbenuzt zu lassen, werden jene Kufen zur Essigbereitung benuzt. cc) das Schuͤrloch zur Heizung der Blasen, bei dd) die besondere Feuerung der unter g angefuͤhrten Malzdoͤrre mit zwei Seitenoͤffnungen fuͤr die einstroͤmende kalte Luft. ee) das Schuͤrloch eines zur Oekonomie gehoͤrigen Bakofens. Die Woͤlbung desselben nimmt einen Theil des Brennlocals ein, und auf sie sind einige der oben erwaͤhnten Kufen gestellt, um auch die beim Gebrauch des Bakofens ausstroͤmende warme Luft nicht unbenuzt zu lassen. ff) das Schuͤrloch des Dampferzeugers. gg) einen Brunnen, welcher sowohl dem Malzgewoͤlbe, als auch der Oekonomie das noͤthige Wasser liefert. pp) den Holz- und Vorplaz der Brennerei qq) den vertieft liegenden Plaz vor den Feuerungen, die auf diese Art zur Brusthoͤhe stehen. Fig. 3. Grundriß des Souterrains. Dieses enthaͤlt den Gaͤhrkeller, worin sich befindet: hh) die Roͤhrenfahrt, welche das zum Stellen der Maische noͤthige Wasser abgibt, und von wo aus dasselbe unmittelbar in die Maischkufen abgelassen werden kann. Unter l ist der bei Fig. 2 mit gleicher Ziffer angegebene Trichter ersichtlich, welcher die oben zubereitete Maische nach dem Gaͤhrgewoͤlbe fuͤhrt. Die Maische fließt durch aufgelegte hoͤlzerne Rinnen mit dem zugelassenen kalten Stellwasser in die jedes Mal dazu bestimmte Gaͤhrkufe, deren 8 im Gewoͤlbe stehen und die mit i, i bezeichnet sind. Unter m, m ist eine fortlaufende Rinne ersichtlich, in welche die abgegohrene Maische durch Ziehen eines Stoͤpsels aus saͤmmtlichen Gaͤhrkufen abgelassen werden kann; sie sammelt sich dann in dem im Boden vertieft liegenden Maischreservoir k, k. In diesem steht auch die unter w angegebene Pumpe, welche die Maische nach dem Vorwaͤrmer des Destillirapparats foͤrdert. Da sie, wie gesagt, bis zum Vorwaͤrmer hinaufreicht, und der zur Bedienung des Apparats angestellte Arbeiter die Ziehstange der Pumpe somit zur Hand hat, so ist ihm auch beim Einfuͤllen des Vorwaͤrmers nicht nur jeder Schritt fuͤr die Herbeischaffung der Maische erspart, sondern es findet auch nicht der mindeste Abgang an Material Statt. ll) ist die Vorlage, in der verschlossenen Abtheilung des Gewoͤlbes liegend, welche das aus dem Kuͤhlfuͤsse abfließende Destillat aufnimmt. Der Grundriß des Souterrains zeigt ferner unter nn) zwei zu der anstoßenden Brauerei gehoͤrige Gelasse. oo) den Wachskeller, der auch fuͤr die Brauerei benuzt wird. Fig. 4 und 5 Durchschnitte und Queransicht. Saͤmmtliche im Durchschnitt und der Queransicht des Gebaͤudes ersichtlichen Geraͤthe sind schon in den Grundrissen naͤher bezeichnet worden, und unter den gleichen Ziffern, die sie dort erhielten, auch hier zu finden. Demnach zeigt: a) das Wasserreservoir. b) die Wasserpumpe. c) das Kartoffelwaschgefaͤß. d) das Koch- und Dampffaß. g) die groͤßere Malzdoͤrre. i) die Anmaischkufe. k) die Kuͤhlkufe. m) das Kartoffeldampffaß. n) die Kartoffelquetschmuͤhle. o) den Malzbehaͤlter. p) den Feuerheerd des Dampferzeugers. r) das zum kleineren Destillirapparat gehoͤrige Kuͤhlgeraͤthe. s) die Wasserleitungsroͤhre fuͤr das Kuͤhlfaß desselben. t) den Hauptdestillirapparat. u) die Abkuͤhlstande. v) den Verschluß der in lezterer befindlichen Kuͤhlschlange. w) die Maischpumpe. bb) die Essigkufen. cc) den Feuerheerd des Hauptapparats. ee) die Bakofenmuͤndung. ss) die Feuerung des Dampfkessels. hh) die Wasserleitung fuͤr die Gahrkufen. ii) die Gaͤhrkufen selbst. ll) die Vorlage. nn) einen zur anstoßenden Brauerei gehoͤrigen Raum. Die in Vorstehendem beschriebene Verbindung der einzelnen Geraͤthe unter sich wird eine kurze Angaͤbe des Ganges, den das Material bei seiner Verarbeitung nimmt, noch mehr verdeutlichen. Die bei I vorraͤthig liegenden Kartoffeln werden in der Kufe c gewaschen, wozu der Behaͤlter a das Wasser liefert. Von hier aus kommen sie durch die Oeffnung d in das Dampft oder Kochfaß m, und wenn sie hier gahr gekocht sind, durch Oeffnen eines unten am Fasse befindlichen Thuͤrchens auf die Kartoffelquerschmuͤhle n, mit der sie zerkleinert werden. In der Kufe i geht nun das Einmaischen vor sich, wozu aus dem Kasten o das noͤthige Malzschrot genommen wird. Das hiezu erforderliche Wasser kann durch Oeffnen des Hahns b an der Wasserleitungsroͤhre, welcher kaltes, und des Hahns q am Dampfkessel, welcher warmes Wasser liefert, zugelassen werden. Ist das Einmaischen vollendet, dann wird ein Theil der Maische, wenn es noͤthig ist, in die Abkuͤhlkuͤfe w, von hier aus aber nach voͤlligem Abkuͤhlen mit dem anderem Theil durch den Trichter l in das Gaͤhrgewoͤlbe gebracht. Hier vertheilt man die Maische in die aufgestellten Bottiche und stellt sie mittelst Zulassens von kaltem Wasser auf die noͤthige Temperatur. Nach vollendeter Gaͤhrung wird die Maische durch Ziehen eines Zapfens zunaͤchst in die unter den Kufen liegende Rinne, welche sie in den Maischsammler k, k fuͤhrt, abgelassen. Hier steht eine Pumpe, welche bis an den Vorwaͤrmer des Hauptapparats t reicht, und mit der jener gefuͤllt wird. Waͤhrend das im Vorwaͤrmer befindliche Gut durch die an ihm vorbeistroͤmenden, aus den Blasen kommenden Daͤmpfe zur Destillation vorbereitet wird, geht in lezteren die Trennung der Alkoholtheile von der Maische vor sich. Diese ziehen sich dann durch das Kuͤhlgeraͤthe w und treten condensirt als Weingeist in den Verschluß v, von dem sie weiter in die Vorlage u kommen. Die abgebrannte Maische wird dagegen als Spuͤlicht durch den an der ersten Blase befindlichen Hahn x abgelassen, durch den Canal z in die Spuͤlichtkufe a, a geleitet und hier zur Fuͤtterung nach den Stallungen abgeholt. Erlaubte es die Localitaͤt, so koͤnnte man von hier aus das Spuͤlicht durch Leitungsroͤhren in die Stallungen uͤberpumpen, und dadurch viele Handarbeit ersparen.

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