Titel: | Einiges über das Mohren oder Moiriren des Weißbleches. |
Fundstelle: | Band 62, Jahrgang 1836, Nr. LXXXIV., S. 473 |
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LXXXIV.
Einiges uͤber das Mohren oder Moiriren des
Weißbleches.
Aus dem Journal des connaissances usuelles. Januar
1836, S. 29.
Ueber das Mohren des Weißbleches.
Die einst so beliebten, jezt aber von der Mode aufgegebenen Fabrikate aus gemehrtem
Weißbleche sind allgemein bekannt; weniger gilt dieß jedoch von dem beim Mohren
befolgten Verfahren, uͤber welches wir hier Einiges mittheilen wollen, indem
es unter mannnigfachen Umstaͤnden nuͤzliche Anwendung finden
duͤrfte.
Die Entdekung der metallischen Mohrung, die, man kann beinahe sagen, Epoche in der
Blechwaarenfabrication machte, verdankt Frankreich dem Hrn. Allard. Die anfangs vom Erfinder befolgten
Methoden erforderten kostspielige Apparate; spaͤter wurden dieselben jedoch
durch Hrn. Bayet, der nebst
Monge und Thénard
zu denen gehoͤrte, denen Allard sein Geheimniß
anvertraute, sehr vereinfacht und vervollkommnet. Hr. Bayet selbst, der nach zahlreichen Versuchen
erkannte, daß die Mohrung in der Wirkung einfacher oder zusammengesezter Sauren auf
das mit dem Eisen verbundene Zinn beruhe, gibt folgende Mischungen zur Erzeugung
derselben an.
1) Man loͤst 4 Unzen Kochsalz in 8 Unzen Wasser auf und sezt 2 Unzen
Salpetersaͤure zu.
2) Man vermengt 8 Unzen Wasser mit 2 Unzen Salpeter- und 3 Unzen
Salzsaͤure.
3) Man vermengt 8 Unzen Wasser mit 2 Unzen Salz- und 1 Unze
Schwefelsaͤure.
Die Anwendung dieser Mischungen geschieht nach Bayet
folgender Maßen. Man gießt eines der Gemische heiß auf ein Weißblech, welches
uͤber einem irdenen Gefaͤße gehalten wird, und wiederholt dieß so oft
bis das Blech vollkommen perlmutterartig geworden ist; dann taucht man das Blech in
schwaͤch gesaͤuertes Wasser und waͤscht es darin ab. Die auf
diese Weise erzeugte Mohrung ist zwar in ihrem Effecte der Perlmutter
aͤhnlich; allein die Dessins hangen, so mannigfach sie auch ausfallen, doch
nur von dem Zufalle, oder von der Art und Weise ab, auf die das Zinn auf dem Eisen
krystallisirt, wenn es aus dem Zinnbade kommt. Hr. Bayet suchte daher dadurch, daß er einzelne
Stellen des Weißbleches erhizte, die Krystallisationsformen des Zinnes zu
aͤndern, um dadurch an den erhizten Stellen Zeichnungen von verschiedener Art
zu erzeugen. Er erhielt auf diese Weise wirklich Sterne, Blaͤtter,
Farnkrautblaͤtter u. dergl. Eben so erzielte er ein schoͤnes
granitartiges Dessin, indem er eines der angegebenen Gemische kalt auf ein beinahe bis
zum Rothgluͤhen erhiztes Weißblech goß. Er gewann hiedurch die Ueberzeugung,
daß man jedes beliebige Dessin hervorzubringen im Stande sey. Das Gelingen der
Mohrungen haͤngt großen Theils von der auf das Eisen aufgetragenen
Zinnlegirung ab; in mehreren Fabriken sezt man Wißmuth oder Spießglanz zu, und diese
beiden Metalle tragen, wenn der Zusaz in gehoͤrigen Verhaͤltnissen
geschehen ist, viel dazu bei, daß die Resultate schoͤner ausfallen. Das
Weißblech der franzoͤsischen Fabriken, welches Zink enthaͤlt, gibt
keine schoͤnen Mohrungen, das englische verdient bei weitem den Vorzug. Alle
Farbenschattirungen lassen sich auf den Mohrungen mit faͤrbigen
durchsichtigen Firnissen, nach deren Austragung das Blech gebimst und polirt wird,
in groͤßtem Glaͤnze hervorbringen.
Hr. Herpin, der sich
gleichfalls viel mit diesem Gegenstande abgab, und der vergeblich die
vegetabilischen Saͤuren zur Mohrung verwenden wollte, gibt folgende
Mischungen als die besten an. Das Auftragen derselben hat auf gelinde erhiztes Blech
zu geschehen.
1) Vier Theile Salpetersaͤure, ein Theil Kochsalz, zwei Theile destillirtes
Wasser.
2) Vier Theile Salpetersaͤure, ein Theil Salmiak.
3) Zwei Theile Salpetersaͤure, ein Theil Salzsaͤure, zwei Theile
destillirtes Wasser.
4) Zwei Theile Salpetersaͤure, zwei Theile Salzsaͤure, vier Theile
destillirtes Wasser.
5) Ein Theil Salpetersaͤure, zwei Theile Salzsaͤure, drei Theile
destillirtes Wasser.
6) Zwei Theile Salpetersaͤure, zwei Theile Salzsaͤure, zwei Theile
Schwefelsaͤure und zwei Theile Wasser.
7) Zwei Theile kupferhaltiges Scheidwasser, ein Theil Kochsalz.
8) Zwei Theile kupferhaltiges Scheidwasser, ein Theil Salmiak.
Auch kann man fuͤr sich allein sehr concentrirte Essigsaͤure,
verduͤnnte Schwefelsaͤure, Salzsaͤure und Koͤnigswasser
anwenden. Das destillirte Wasser verdient vor dem gewoͤhnlichen zur Bereitung
aller dieser Mischungen den Vorzug.
Man gibt von einer dieser Mischungen etwas in ein Glas, taucht einen kleinen Schwamm
ein, und faͤhrt mit diesem so lange uͤber die Blechplatte, bis diese
uͤberall gleichmaͤßig befeuchtet ist. War das Blech gelinde
erwaͤrmt, und die Saͤure concentrirt oder nicht sehr verduͤnnt,
so ist die Mohrung in weniger dann einer Minute vollbracht; im entgegengesezten
Falle dagegen braucht sie 5 und selbst 10 Minuten. Nach geschehener Mohrung taucht
man das Blech in kaltes Wasser, und reibt es mit etwas Baumwolle oder dem Barte einer Feder ab, um es
dann troknen zu lassen. Herpin mißraͤth das
Aufgießen der Saͤure auf das Blech, weil hiedurch an jenen Stellen, auf
welche die Saͤure auffaͤllt, große schwarze Fleken entstehen. Wenn
sich eine Stelle fruͤher mohrt als die uͤbrigen, so ruͤhrt dieß
davon her, daß die Saͤure nicht gleichmaͤßig und nicht gleichzeitig
aufgetragen wurde. Die Mehrung oxydirt sich schnell, wenn man das Blech so wie es
abgewaschen ist, am Feuer troknet; selbst an der Luft geschieht dieß jedoch; wollte
man das gemohrte Blech daher nicht alsogleich lakiren, so muͤßte es mit einer
diken Gummiaufloͤsung uͤberzogen werden.
Herpin bemerkte einst beim Mohren einer neuen plannten
Kaffeekanne, daß der Grund ganz mit kleinen silberartigen Blaͤttchen
uͤbersaͤet erschien, waͤhrend sich an den Loͤthungen
Blumenguirlanden zeigten. Er schloß hieraus, daß die Molekeln des Weißbleches durch
das Planiren in ihrem Zusammenhange unterbrochen wurden, waͤhrend die zum
Loͤthen erforderliche Temperatur das Zinn in Fluß brachte und dadurch die
Blumenguirlanden erzeugte. Er brachte demnach beliebige Figuren hervor, indem er mit
einem rothgluͤhenden Eisen auf dem plannten Bleche herumfuhr. Sterne und
andere schoͤne Dessins lassen sich auch erzielen, wenn man das Weißblech
uͤber einer Emaillirlampe so hin und her bewegt, daß man kaum merkt, daß das
Zinn in Fluß kam.
Obschon die Mohrung hienach sehr leicht vollbringbar erscheint, so erheischt sie doch
eine gewisse Gewandtheit, zu der man nur durch die Uebung gelangt. Es kommt
naͤmlich sehr darauf an, daß man das Abwaschen genau in dem gehoͤrigen
Zeitmomente vornimmt. Eine Secunde zu fruͤh oder zu spaͤt bewirkt
wesentliche Veraͤnderungen; waͤscht man zu fruͤh, so hat die
Mohrung keinen Glanz, und waͤscht man zu spaͤt, so wird sie matt und
schwaͤrzlich. Das Waschen hat zu geschehen, wenn man bemerkt, daß sich einige
graue und schwarze Fleken bilden, man benuzt dazu Flußwasser oder noch besser
destillirtes Wasser, welches mit Essig oder mit einer der oben angegebenen
Saͤuren schwach gesaͤuert worden ist, indem man auf einen Liter Wasser
einen Loͤffel voll Saͤure zusezte.
Wenn man das Weißblech in einer gewissen Richtung betrachtet, so wird man die Umrisse
der Stellen, welche die Mohrung bekommen werden, deutlich bemerken. Die
Saͤuren entwikeln oder enthuͤllen naͤmlich nur die
Krystallisationen, die beim Herausnehmen des Bleches aus dein Zinnbade auf dessen
Oberflaͤche entstanden. Man kann also Bleche auswaͤhlen, welche mehr
oder minder große Krystallisationen geben. Die Mohrung bietet hienach gewisser Maßen
eine Analogie mit den von Daniell erzielten Resultaten;
den dieser Physiker
fand, daß, wenn man einen krystallisirten Koͤrper, dessen Oberflaͤche
ungleichfoͤrmig ist, der langsamen Einwirkung eines Aufloͤsungsmittels
aussezt, nicht saͤmmtliche Theile mit gleicher Geschwindigkeit
aufgeloͤst werden; sondern daß die regelmaͤßig krystallisirten
Blaͤttchen laͤnger Widerstand leisten, als die zerbrochenen und
verworrenen, die dem Aufloͤsungsmittel eine groͤßere
Oberflaͤche darbieten.