Titel: | Verbesserungen an den Maschinen zum Abwinden, Reinigen, Streken und Dubliren von harter und weicher Seide, so wie auch zum Abwinden, Reinigen und Dubliren von Baumwollen- und anderem Garne, worauf sich William Harter, Seidenfabrikant von Manchester, am 8. Jan. 1836 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LVI., S. 275 |
Download: | XML |
LVI.
Verbesserungen an den Maschinen zum Abwinden,
Reinigen, Streken und Dubliren von harter und weicher Seide, so wie auch zum Abwinden,
Reinigen und Dubliren von Baumwollen- und anderem Garne, worauf sich William Harter,
Seidenfabrikant von Manchester, am 8. Jan. 1836
ein Patent ertheilen ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions.
December 1836, S. 333.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Harter's Maschinen zum Abwinden und Dubliren der Seide
etc.
Meine Erfindung, sagt der Patenttraͤger, betrifft einen Apparat, der mit den
gewoͤhnlich gebraͤuchlichen Maschinen in Verbindung gebracht werden
soll, damit das Winden, Reinigen, Streken und Dubliren der Seide, so wie auch das
Winden, Reinigen und Dubliren von Baumwollen- und anderem Garne auf
vollkommenere Weise, mit viel geringerem Zeitaufwande und unter seltenerem Abreißen
vollbracht werden kann, als dieß bisher moͤglich war. Ich erlaube mir
uͤbrigens, bevor ich zur Beschreibung meines Apparates schreite, einige die Seidenfabrication
betreffende Bemerkungen vorauszuschiken, woraus die aus meiner Erfindung
erwachsenden Vortheile augenscheinlicher hervorgehen duͤrften. Unter all den
verschiedenen Processen, welche die Seide zu durchlaufen hat, bevor sie in den
Webstuhl gelangt oder bis sie uͤberhaupt irgend einer endlichen Verarbeitung
unterworfen wird, ist keiner so wichtig und so schwierig, wie das Abwinden der
Rohseide von den Straͤhnen, in welchen sie im Handel vorkommt; denn von der
Art und Weise, auf welche dieß vollbracht wird, haͤngt die Leichtigkeit und
das Gelingen mancher spaͤterer Operationen gar sehr ab. Die Verbesserungen,
nach denen man beim Abwinden strebt, sind Erzielung einer groͤßeren
Geschwindigkeit, ohne daß deßhalb der Faden oͤfter reißt, und ohne daß
demnach ein groͤßerer Verlust an Material eintritt. Nach den bisher befolgten
Methoden wurde nur eine sehr geringe Geschwindigkeit erreicht; d. h. der
Straͤhn gab in der Minute selten mehr als 60 Yards ab; und diese
Geschwindigkeit konnte nicht durch schnelleres Umtreiben der arbeitenden Theile
erhoͤht werden, ohne daß zugleich das Brechen des Fadens und mithin der
Verlust an dem so kostbaren Materiale, so wie auch der Zeitverlust beim
Anstuͤkeln in hohem Grade waͤchst. Die Verbesserungen, die ich hier
angeben will, bedingen nun nicht nur eine außerordentliche Geschwindigkeit, eine
Geschwindigkeit, die manchen, die sich nicht in Wirklichkeit davon
uͤberzeugten, unglaublich erscheinen duͤrfte, sondern sie machen auch
das Brechen der Faͤden viel seltener, so daß die nach meiner Methode
behandelte Seide viel weniger Knoten bekommt. Abgesehen davon wird die Seide aber
auch noch viel fester auf die Spulen gelegt: lauter Dinge, die wesentlich zur
Beschleunigung der nachfolgenden Operationen und zur Verminderung des Verlustes bei
denselben beitragen. Auch das Streken, Reinigen und Dubliren der Seide wird,
abgesehen von der groͤßeren Leichtigkeit, die aus dem vollkommeneren Winden
fuͤr diese Operationen erwaͤchst, durch die Anwendung desselben
Principes gleichfalls in hohem Grade erleichtert.
Die Art und Weise, auf welche ich alles dieß zu bewerkstelligen gedenke, wird am
besten aus einem Blik auf Fig. 27 erhellen, indem
ich daselbst eine der gewoͤhnlich gebraͤuchlichen Abwindmaschinen von
Vorne abgebildet habe.A, A sind zwei Reibungswalzen oder
Raͤder, von denen die eine an der Spindel oder Welle B festgemacht ist, waͤhrend sich die andere an dem anderen Ende der
Spindel an einer Schraube bewegt, so daß die Spule b, b
fest an der Spindel B an Ort und Stelle erhalten wird.
Die Walzen A, A weichen, was ihre Laͤnge und
ihren Durchmesser betrifft, etwas von einander ab; obschon die an einer und
derselben Spindel gebraͤuchlichen gewoͤhnlich gleich sind. Sie ruhen auf
sogenannten Reibungsrollen, d. h. auf kreisrunden, hoͤlzernen oder metallenen
Scheiben, die mit der Treibwelle D umlaufen, und welche
die Reibungswalzen A, A, in Bewegung sezen. Mit dieser
Vorrichtung wird nun die Seide von dem Straͤhne, der sich auf dem Rade oder
auf dem Haspel E befindet, auf die Spule aufgewunden, wobei die erforderliche
Spannung durch das an der Welle des Haspels aufgehaͤngte Gewicht F erzeugt wird. Nach demselben Principe geschieht auch
das Reinigen, das Streken und das Dubliren; nur ist bei lezterem nebst der
Reibungswalze auch noch eine Art von Sperrrad angebracht, mit dessen Huͤlfe
die Spule angehalten wird, wenn der Faden bricht. Dieß ist eine der
gewoͤhnlichen Methoden, nach der jedoch nur eine geringe Geschwindigkeit,
naͤmlich die Abgabe von selten mehr dann 60 Yards in der Minute, erzielt
werden kann.
Meine verbesserte Maschine, bei der wie gesagt unter seltenerem Brechen des Fadens
eine viel groͤßere Geschwindigkeit erzielt werden kann, ersieht man in Fig. 28 von
der Seite und in Fig. 29 im Grundrisse. D ist hier die Welle,
die durch irgend eine entsprechende Kraft mit derselben Geschwindigkeit umgetrieben
wird, wie die in Fig. 27 ersichtliche. C, C sind die
Treib- oder Reibungsrollen, die durch die Beruͤhrung, in der sie mit
der Spindel B stehen, diese leztere und mithin auch die
an ihr befindliche Spule b, b umtreiben. Diese Rollen
kommen, was ihren Durchmesser betrifft, den in Fig. 27 abgebildeten
gleich; anstatt daß jedoch die Spindel, an der die Spule b,
b angebracht ist, wie in Fig. 27 mit den Walzen
A, A versehen ist, sind diese Walzen weggelassen, so
daß die Spindel selbst auf der Oberflaͤche der Reibungs- oder
Treibrollen C, C ruht. Auch das an der Achse des Haspels
E aufgehaͤngte Gewicht F ist weggelassen; und um den Unterschied zwischen dem
gewoͤhnlichen und dem von mir verbesserten Abwindprocesse noch
augenscheinlicher zu machen, ist in Fig. 30 eine Spindel und
eine Spule von gewoͤhnlicher Einrichtung, in Fig. 31 dagegen eine
Spule mit ihrer Spindel von dem neuen und verbesserten Baue abgebildet.
G, G in Fig. 31 sind zwei
kreisrunde Scheiben oder Fliegen, von denen die eine so an der Spindel B festgemacht ist, daß sie gleichsam nur einen Theil
derselben bildet, waͤhrend die andere so angeschraubt ist, daß die Spule
dadurch fest und an der gehoͤrigen Stelle an der Spindel erhalten wird. Jene
Reibung zwischen der Oberflaͤche der Spindel und der Oberflaͤche der
Reibungsrollen C, C welche noͤthig ist, um das
zur Erzielung und Unterhaltung der erhoͤhten Geschwindigkeit erforderliche
Bewegungsmoment zu erzeugen, und um hiedurch jene Vortheile, die die
Elasticitaͤt der atmosphaͤrischen Luft bietet, wie spaͤter
gezeigt werden wird, zu Nuzen zu bringen, laͤßt sich nun ohne diese Scheiben
oder Fliegen G, G nicht erreichen; denn diese
Vorrichtungen vermehren nicht nur dadurch die Reibung, daß sie das Gewicht der
umlaufenden Masse, von der die Spule einen Theil ausmacht, erhoͤhen, sondern
sie leisten auch den wichtigen Dienst, daß sie das Umlaufen der Spule, wenn dieselbe
ein Mal in Thaͤtigkeit gesezt worden ist, verspaͤten; daß auf diese
Weise die Zunahme der Geschwindigkeit allmaͤhlich erfolgt; daß hiedurch nicht
nur das Abreißen der Faͤden verhuͤtet, sondern auch die Nothwendigkeit
beseitigt wird, die Maschine beim Beginnen der Bewegung durch einen Arbeiter
unterstuͤzen zu lassen; und endlich, daß die Rotation, nachdem die Spindel
das Maximum ihrer Geschwindigkeit erlangt hat, ausgeglichen und regulirt wird.
Wenn dieses Maximum erlangt ist, so laͤuft der Haspel, von welchem die Seide
oder das sonstige zu behandelnde Material abgewunden wird, mit solcher
Geschwindigkeit um, daß selbst an 140 Yards Faͤden in der Minute von ihm
abgegeben werden. Bei dieser Geschwindigkeit zeigt sich, daß die
atmosphaͤrische Luft einen solchen Widerstand leistet, daß das in Fig. 27
ersichtliche Gewicht F ganz unnoͤthig wird, und
daß hiedurch allein schon waͤhrend des Abwind-processes eine
gleichfoͤrmigere und mehr elastische Spannung der Seide erzielt wird, als
dieß bei irgend einer anderen fruͤher gebraͤuchlichen Abwindmethode
der Fall war. Obschon nun die Reibung zwischen der Oberflaͤche der
Reibungsrolle C und der Oberflaͤche der Spindel
D in solchem Grade vermindert ist, daß die Gefahr
des Abreißens der Seide oder des sonstigen Materiales selbst dann um Vieles geringer
wird, wenn der Haspel durch irgend ein Hinderniß oder durch eine Verwirrung der
Faͤden des Straͤhnes zum Stillstande kommt, so ist doch die
Geschwindigkeit des Umlaufens der Spule und des Haspels so groß, daß der Widerstand,
den die atmosphaͤrische Luft dem Straͤhne und den Armen des Haspels
entgegensezt, beim Abwinden eine solche Regelmaͤßigkeit der Spannung erzeugt,
daß der Faden haͤrter und gleichmaͤßiger auf die Spule aufgewunden
werden kann, als dieß bei der Anwendung eines Gewichtes an der Welle des Haspels
bisher moͤglich war. So sonderbar es auch scheinen mag, daß bei einer Abnahme
der auf die Abwindoberflaͤche wirkenden Kraft die Faͤden fester auf
die Spule aufgewunden werden sollen, so wird man dieß bei genauerer Pruͤfung
doch vollkommen bewaͤhrt und erklaͤrt finden. Beim Beginnen des
Abwindens nach dem gewoͤhnlichen Verfahren z. B. wird die Seide oder das
sonstige Material mit einer Spannung auf die Spule gelegt, welche von dem Grade des
durch das Gewicht F veranlaßten Widerstandes des Haspels
abhaͤngt. Sobald
hingegen auch nur eine leichte Stoͤrung oder eine Verwirrung der
Faͤden des Straͤhnes Statt findet, so wird der Faden entweder wegen
der großen Reibungsoberflaͤche der in Fig. 27 ersichtlichen
Theile A und C und der
dadurch erzeugten Kraft abreißen; oder, sollte das Hinderniß ploͤzlich
nachgeben oder weichen, so wird der Haspel der Spule vorlaufen, so daß die Seide
dann, wenn sie leicht ablaͤuft, lose auf die Spule aufgewunden wird. Dieser
leztere Uebelstand kann, wenn die Umlaufsgeschwindigkeit meines Apparates in solchem
Grade erhoͤht wird, daß der Widerstand der Luft als
Verspaͤtungsgewicht wirkt, nur sehr selten eintreten; denn da der Widerstand
der Luft von der Umlaufsgeschwindigkeit des Haspels abhaͤngt, so kann dieser
der Spule nicht vorlaufen, ohne daß er einen noch groͤßeren Widerstand der
Luft uͤberwinden muͤßte. Ich habe demnach gefunden, daß man meinen
Verbesserungen gemaͤß mit einer geringeren Kraft, die mit groͤßerer
Geschwindigkeit auf den Abwindproceß verwendet wird, nicht nur haͤrtere und
gleichmaͤßigere Spulen als bisher erzeugen kann, sondern daß zugleich auch
das Abreißen in hohem Grade vermindert wird.
Nach dem oben Gesagten und nach dem, was ich uͤber die Vortheile, die meine
Methode gewaͤhrt, beifuͤgte, wird die Anwendung aͤhnlicher
Scheiben oder Fliegen und die Weglassung der Walzen oder Raͤder A an den zum Reinigen, Streken und Dubliren dienenden
Maschinen allen Sachverstaͤndigen zur Genuͤge einleuchten. Obwohl man
sich hiebei des Widerstandes der Luft beim Aufwinden von einer Spule auf die andere
nicht mit eben so großem Vortheile bedienen kann, so wird doch in Folge der
geringeren Kraft, die auf die Aufnahmspule ausgeuͤbt wird, ein selteneres
Abreißen Statt finden, waͤhrend bei der groͤßeren
Umlaufsgeschwindigkeit eine bei dieser Arbeit bisher noch nie erzielte
Beschleunigung erreicht werden kann.
Ich weiß sehr wohl, daß die zur Ausfuͤhrung meiner Erfindung dienende
Maschinerie so wie auch das zu deren Verfertigung benuzte Material sehr mannigfach
abgeaͤndert werden kann. So laͤßt sich z. B. das Gewicht oder die
Fliege, welche ich in Gestalt der Scheiben G an der
Spindel B anbringe, an der Spule selbst oder auch auf
irgend andere Weise unterbringen, indem die Aufgabe darin besteht, mit einer
außerordentlich kleinen, constant bleibenden Reibungs Oberflaͤche ein
bedeutendes Bewegungsmoment zu erzielen, damit diese Reibung leicht
uͤberwunden werden kann, im Falle die Seide durch irgend ein Hinderniß am
Ablaufen verhindert ist. In einigen Faͤllen duͤrfte es gut seyn, die
Oberflaͤche der Arme des Haspels zur Vermehrung des Widerstandes, den sie
beim Durchschneiden der Luft leisten, zu vergroͤßern. Alle diese
Modificationen haͤngen jedoch von der zu verrichtenden Arbeit und von der Natur des
abzuwindenden, zu reinigenden, oder zu dublirenden Stoffes ab.