Titel: | Ueber das Absengen des Baumwollgarnes und die dazu dienenden Apparate. |
Fundstelle: | Band 63, Jahrgang 1837, Nr. LXXII., S. 361 |
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LXXII.
Ueber das Absengen des Baumwollgarnes und die
dazu dienenden Apparate.
Aus Dr.Ure's Cotton-Manufacture of Great Britain. Vol.
II. S. 219.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Ueber das Absengen des Baumwollgarnes und die dazu dienenden
Apparate.
Die feinen Baumwollengarne, deren man sich zur Tullfabrication, so wie auch zu den
verschiedenen Strumpfwirker-Fabricaten bedient, werden gewoͤhnlich
vorlaͤufig mittelst einer eigenen Maschine und durch Anwendung von
Steinkohlengas abgesengt, um sie von ihren losen, nach allen Seiten abstehenden
Faͤserchen zu befreien. Die Garne erhalten hiedurch nicht nur ein
glaͤtteres und dichteres oder mehr geschlossenes Aussehen, sondern sie
steigen dadurch zugleich auch wegen der Verminderung ihres Gewichtes auf
hoͤhere Nummern; so wird z. B. Garn von Nr. 90 durch das Absengen zu Garn von
Nr. 95.
Die Maschine, deren man sich zu diesem Zweke bedient, besteht so zu sagen aus einer
Reihe von Gasflammen, und durch jede dieser Flammen wird ein Faden mit einer der Qualitaͤt des
Garnes entsprechenden Geschwindigkeit mehrere Male hin und her bewegt. Diese
Bewegung wird dem Garne mittelst Spulen gegeben, die 2500 bis 3000 Umgaͤnge
in der Minute machen, und auf die das Garn abwechselnd auf- und abgewunden
wird. Das abgesengte Garn wird entweder von den Spulen herab in Straͤhne
gebracht, oder in die Zwirn- oder Dublirmuͤhle gesandt.
Der Aufwindproceß, so wie ihn die Sengmaschine vollbringt, wird zeigen, auf welche
Weise das Garn von den kleineren Spulen einer Drosselmaschine auf die
groͤßeren Spulen einer Zettelmaschine gebracht wird; und wie hiebel
fuͤr eine Vorrichtung gesorgt ist, die den Mechanismus in Stillstand versezt,
so oft ein Knoten oder eine fehlerhafte Stelle im Faden vorkommt. Leztere
Vorrichtung ist Hauptsaͤchlich deßhalb angebracht, damit der Faden nicht
verbrannt wird, wenn seine rasche Bewegung aus den angegebenen Ursachen eine
Unterbrechung erleidet. Die Flamme wird naͤmlich durch diese sinnreiche
Erfindung ploͤzlich seitwaͤrts abgewendet, waͤhrend die Spule
zu gleicher Zeit von der umlaufenden Trommel, durch deren Reibung sie umgetrieben
wird, abgehoben wird, und so lange unbewegt bleibt, bis die zur Aufsicht
aufgestellte Weibsperson den Knoten durch die Spalte gezogen, oder die fehlerhafte
Stelle ausgebessert hat, wo dann die Spule wieder auf ihre Trommel
herabgedruͤkt wird, so daß die Flamme wieder in ihre urspruͤngliche
Richtung zuruͤkkehren kann.
Fig. 14 gibt
eine Endansicht einer vortrefflichen Sengmaschine, woraus man ersieht, daß diese
Maschine eine doppelte ist oder aus zwei gleichen Seiten besteht.
Fig. 15 zeigt
diese Maschine von der Fronte; man sieht einen Theil derselben gegen die beiden
Enden hin, waͤhrend der mittlere Theil, der lediglich eine Wiederholung der
hier abgebildeten Theile ist, weggelassen ist. Beide Figuren sind in einem solchen
Maaßstabe gezeichnet, daß ¾ Zoll auf den Fuß gehen.
Fig. 16 ist
ein Querdurchschnitt durch die eine Haͤlfte oder durch die eine der
arbeitenden Seiten der Maschine, in doppelt groͤßerem Maaßstabe gezeichnet,
damit der zum Ab- und Aufwinden dienende Apparat um so deutlicher
erhelle.
Die Sengmaschine besteht hienach aus zwei Endgestellen A,
A; nur wenn sie sehr lang ist, ist sie auch noch in der Mitte durch ein
aͤhnliches Gestell gestuͤzt. Diese Gestelle sind durch vier
hoͤlzerne, quer durch den oberen Theil der Maschine gespannte Balken a, b,
Fig. 16, und
weiter unten durch zwei andere Balken c miteinander
verbunden. B ist eine Welle, welche wie
gewoͤhnlich von der an der Deke des Saales befindlichen Treibwelle her durch
ein Laufband, welches
bald uͤber eine fixirte, bald uͤber eine lose Riggerrolle (welche hier
nicht abgebildet ist) laͤuft, in Bewegung gesezt wird. An jedem Ende dieser
Welle B befindet sich eine dreifache Rolle C, und jede dieser Rollen steht durch ein Laufband mit
einer aͤhnlichen Rolle D in Verbindung, die an
einer der horizontalen, der ganzen Laͤnge nach durch die Maschine laufenden
Wellen E, E fixirt ist. An diesen lezteren Wellen sind
zu beiden Seiten der Maschine mehrere Cylinder oder Rollen F,
F befestigt, welche vermoͤge der an den Oberflaͤchen Statt
findenden Reibung die auf sie gestekten Aufwindspulen in Bewegung sezen. Die
Geschwindigkeit dieser Spulen wird je nach dem Durchmesser der Kehle von C und D, worin das Laufband
laͤuft, eine verschiedene seyn. G, G sind die
Spulen, von denen einige auf ihren Fuͤhrcylindern F ruhen, waͤhrend andere aufgehaͤngt und außer
Thaͤtigkeit gebracht sind, wie dieß der Fall ist, wenn die Bewegung des
Fadens durch einen an ihm befindlichen Knoten unterbrochen wird.
An jenem Ende der Wellen E, welches der Treibrolle D gegenuͤber liegt, ist eine endlose Schraube d befestigt, welche in ein Rad e eingreift. Mit lezteren sieht ein Herzrad in Verbindung, welches mit ihm
um einen und denselben aus dem Gestelle hervorragenden Zapfen umlaͤuft.
Dieses Herzrad druͤkt auf eine an dem Hebel g
angebrachte Walze, und das obere Ende dieses Hebels steht, wie Fig. 15 und 16 zeigen, mit
der Fuͤhr- oder Leitstange h in
Verbindung. Das Gewicht i, welches an einer uͤber
eine kleine, in Fig. 15 ersichtliche Rolle geschlungenen Schnur aufgehaͤngt ist,
dient dazu, die Stange h mit dem Herzrade in
Beruͤhrung zu erhalten, waͤhrend diese Stange durch die Bewegung des
Rades so versezt wird, daß sie den Faden bei den Umdrehungen der
Fuͤhrcylinder F, F von dem einen Ende der Spulen
G, G auf das andere Ende leitet.
Der eigentliche Sengapparat erhellt am besten aus Fig. 16. a und b sind die Riegel oder
Balken, welche die beiden Endgestelle der Maschine miteinander verbinden und eine
Art von Tisch oder Tafel bilden, indem der zwischen ihnen befindliche Raum mit
Eisenblech ausgefuͤllt ist, in welchem zum Durchgange der Gasroͤhren
l Spalten oder Fenster angebracht sind. Alle diese
aufrechten Roͤhren sind durch Gefuͤge m
mit einem kleinen Sperrhahne n verbunden; und dieser ist
in die beiden Hauptgasroͤhren o, o eingeschraubt,
welche der ganzen Laͤnge nach durch die Maschine laufen, und sich in das
große Gasrohr der Fabrik endigen.
H ist ein kleiner Rahmen, in welchem die oberen und
unteren Pfannen oder Zapfenlager fuͤr so viele Spindeln angebracht sind, als
sich zu beiden Seiten der Maschine Spulen befinden. An diesen Spindeln sind die
Spulen I, von denen das Garn abgewunden wird, aufgezogen, p ist eine Stange, die mit glaͤsernen Zapfen
ausgestattet ist, damit die von der einen Haͤlfte der Spindeln herlaufenden
Faden je auf eine Seite der Maschine geleitet werden. q
und q′ sind zwei kleine Walzen, uͤber
welche das Garn bei seinem Durchgange durch die aus der Roͤhre l emporsteigende Flamme hin und her laͤuft. Diese
Walzen lassen sich hoͤher oder niedriger stellen, damit man das Garn in den
entsprechendsten Theil der Flamme bringen kann.
Nachdem das Garn von der Spule I abgewunden und um den
glaͤsernen Zapfen der Stange p gefuͤhrt
worden ist, iaͤuft es durch eine schmale, in dem Hebel z befindliche und zur Reinigung dienende Spalte, um dann unter der einen
Walze q und uͤber der zweiten Walze q′ hinweg an die Fuͤhroͤffnung der
Leitstange r zu gelangen. Ein an der Kante dieser
lezteren befestigter Glasstab verhuͤtet die Reibung des Garnes an dem Holze.
Das Garn wird vermoͤge der Wirkung der Leitstange gleichmaͤßig auf der
Oberflaͤche der Aufwindspulen vertheilt. Diese lezteren drehen sich hiebei um
einen Zapfen, der aus dem Ende eines einarmigen, frei um den Stuͤzpunkt t beweglichen Hebels s
hervorragt. Wird das Ende v des Hebels u, u herabgedruͤkt, so kommen die Spulen G auf die umlaufenden Fuͤhrrollen F zu ruhen; wird hingegen das Ende v emporbewegt, so hebt dieses die Spulen so empor, daß
sie nicht laͤnger mehr mit diesen Rollen in Beruͤhrung stehen. Der
lange Hebel u, u bewegt sich mit dem Spulenhebelarme s um einen und denselben Stuͤzpunkt t, und ist dabei so gekruͤmmt, daß, wenn sein
Griff v emporgehoben wird, er unter den Hebel s gelangt und diesen gleichfalls emporhebt. In einem
Ausschnitte oder in einem Fenster des Hebels u spielt
der eine Arm des Winkelhebels w, der seinen
Stuͤzpunkt in x hat, und der mit dem
gabelfoͤrmigen Ende y seines aufrecht stehenden
Armes die Gasroͤhre l umfaßt. z, z ist ein aufrecht stehender, sehr leichter Hebel, an
dessen oberem Ende sich eine sehr feine, fuͤr den Durchgang des Fadens
bestimmte Laͤngenspalte befindet, waͤhrend er an dem unteren Ende mit
einer Auskerbung a′ ausgestattet ist, in welche
zu Zeiten der Zapfen b′ eintritt, welcher an dem
einen Ende des gekruͤmmten Hebels u hervorragt.
L ist ein Brett, welches der ganzen Laͤnge
nach durch die Maschine laͤust, und auf welchem das Zapfenende des Hebels u aufruht, ausgenommen der Zapfen b′ ist von der Auskerbung a′ des
Hebels z, z erfaßt und dadurch emporgehoben, d′ ist eine Roͤhre aus Eisenblech, welche
als Rauchfang uͤber der Gasflamme angebracht ist, um auf diese Weise das
Flakern der Flamme zu verhuͤten.
Wenn nun das Garn der Spulen I auf die aus Fig. 16 er sichtliche Weise an den
Trommeln der Spindeln G festgemacht worden ist, und die
mit Beaufsichtigung der Maschine beauftragte Person mit dem Finger den Griff v Hebels u
herabdruͤkt, so steigt das andere schwerere Ende dieses Hebels empor, bis der
Zapfen b′ in die Auskerbung a′ einfaͤllt, und bis der Hebel dadurch in
dieser Stellung emporgehoben erhalten wird. Da die Spule G unter diesen Umstaͤnden sowohl durch ihr eigenes Gewicht als
durch jenes ihres Hebels s auf die umlaufende Rolle F druͤkt, so beginnt sie gleichfalls
augenbliklich umzulaufen und das Garn aufzuwinden, waͤhrend der
vermoͤge der Spalte des Hebels u in Bewegung
gesezte Winkelhebel w die Gasroͤhre in eine
solche Stellung bringt, daß die Flamme waͤhrend des Laufes des Garnes von der
Walze q an die Walze q′ auf das Garn wirkt. Sollte in dem Faden ein Knoten oder
uͤberhaupt eine Unebenheit von solcher Bedeutung vorkommen, daß sie nicht
durch die schmale Spalte des Hebels z schluͤpfen
koͤnnte, so wuͤrde der Hebel in Folge der raschen Bewegung des Fadens
eine Erschuͤtterung erleiden und so gedreht werden, daß der Zapfen b′ aus der Auskerbung a′ traͤte, und daß das schwere Ende des Hebels u, u mithin auf das Brett L
herabfiele. Durch diese Vewegung wuͤrde aber auch der untere kurze Arm des
Winkelhebels w eine Erschuͤtterrung erleiden, und
hiedurch wuͤrde die Gasroͤhre l
vermittelst der Gabel des Hebels w seitwaͤrts
versezt werden. Mittlerweile wuͤrde der Arm v des Hebels u, indem er emporgehoben
wird, den Hebels s zugleich mit der Spule G ebenfalls emporheben. Durch diese combinirten
Bewegungen, die saͤmmtlich durch die Erschuͤtterung bedingt sind, in
welche der Hebel z durch den im Faden vorkommenden
Knoten versezt wird, wuͤrde demnach der ganze zum Sengen und Abwinden des
Garnes dienende Mechanismus außer Thaͤtigkeit gesezt werden. Die Aufseherin,
welche nach der Quantitaͤt und der Guͤte der von ihr gelieferten
Arbeit bezahlt wird, sieht mit einem Blike auf die Maschine, welche Spulen zu
arbeiten aufgehoͤrt haben; sie sezt nach Ausbesserung des Fadens den ganzen
Mechanismus sogleich wieder in Bewegung, indem sie den Griff v neuerdings wieder herabdruͤkt, und dadurch den an dem Ende des
Hebels u befindlichen Druͤkerapparat abermals in
Thaͤtigkeit bringt.