Titel: | Bemerkungen über Runge's chemisch-technische Monographie des Krapps; von Robiquet. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. XLV., S. 208 |
Download: | XML |
XLV.
Bemerkungen uͤber Runge's
chemisch-technische Monographie des Krapps; von Robiquet.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. November
1836, S. 297.
Robiquet, uͤber die Pigmente des Krapps.
Hr. Dr. Runge hat zahlreiche Versuche mit verschiedenen
Krappsorten angestellt und glaubt daraus schließen zu koͤnnen, daß diese
Wurzel sieben besondere Substanzen enthaͤlt, welche von allen, die man bisher
darin als eigenthuͤmliche entdekt zu haben meint, wesentlich verschieden
sind. Seine Resultate verdienen also gewiß die Aufmerksamkeit der Chemiker und
besonders derjenigen, welche sich mit dem naͤmlichen Gegenstand
beschaͤftigt haben. Da ich unter leztere gehoͤre und es mir bloß um
die Ermittelung der Wahrheit zu thun ist, so will ich einige Bemerkungen
uͤber seine wichtige Arbeit veroͤffentlichen, nicht in der Absicht eine Kritik
derselben zu liefern, sondern bloß um die wesentlichen Punkte derselben zu
discutiren und zu zeigen, in wie fern wir in diesem Gegenstand dadurch wirklich
Fortschritte gemacht haben. Ich beschraͤnke mich uͤbrigens darauf, die
Resultate, zu welchen Hr. Colin und ich gelangten, mit denen von Runge bekannt gemachten zu vergleichen.
Unter den sieben Substanzen, welche Runge im Krapp
annimmt, bilden sechs Verbindungen von eigenthuͤmlicher Farbe und bloß drei
wirkliche Pigmente. Ich werde mich nun bloß mit diesen lezteren
beschaͤftigen, da die anderen nur in analytischer Hinsicht von Interesse
sind, muß jedoch bemerken, daß der Krapp noch mehr Substanzen als Runge bezeichnete, enthaͤlt, die ich
spaͤter angeben werde, wenn es Andere nicht schon vor mir thun. Indem ich
also Alles so zu sagen auf die industrielle Frage reducire, erwaͤhne ich nur
die drei Hauptsubstanzen Runge's, naͤmlich: das Krapppurpur,
Krapproth und Krapporange.
Hr. Colin und ich hatten das
Alizarin und Purpurin als
wesentliche Farbstoffe unterschieden und noch einen secundaͤren Bestandtheil
angegeben, welcher die Form schoͤn goldgelber glimmerartiger
Blaͤttchen annehmen kann und unter anderen auch die Eigenschaft besizt, beim
Zerreiben zwischen den Fingern ein glimmerartiges Pulver zuruͤk zu lassen,
wie es der Staub auf den Schmetterlingsfluͤgeln hervorbringt. Wir wollen nun
sehen, auf welche Gruͤnde sich Runge
stuͤzt, indem er diese Substanzen als eigenthuͤmliche verwirft und die
von ihm beschriebenen als die wahren Pigmente des Krapps erklaͤrt.
„Keiner meiner Vorgaͤnger, sagt er, hat einen der bisher
abgehandelten Krappstoffe in voͤllig reinem Zustand gehabt. Alle Stoffe,
welche man bisher als Pigmente des Krapps aufgestellt hat, sind mehr oder minder
ungleiche Gemische von Krapppurpur, Krapproth, Krapporange und Krappgelb; es
laͤßt sich dieses schon nach den Darstellungsweisen und Reaktionen der
genannten Stoffe schließen.“
Um mich nun bloß mit dem zu beschaͤftigen, was uns, Hrn. Colin und mich, betrifft, will ich zuerst
bemerken, daß die von Runge befolgten Darstellungsweisen
ohne Vergleich complicirter sind als diejenigen, welche wir anwandten und daher auch
diese Stoffe leichter veraͤndern koͤnnen.
So schreibt z.B. Runge zur Darstellung des Krapproths
vor:
1) den Krapp mit Wasser auszuwaschen;
2) ihn mit einer kochenden Alaunaufloͤsung zu behandeln;
3) den beim Erkalten der Alaunaufloͤsung entstandenen Niederschlag in
schwacher Salzsaͤure aufzunehmen; 4) denselben Niederschlag mit reinem Wasser auszuwaschen,
um ihn von der Saͤure zu befreien;
5) den so ausgewaschenen Niederschlag in heißem Alkohol aufzuloͤsen,
abzudampfen und den Ruͤkstand mit kaltem Alkohol auszuwaschen;
6) diesen Niederschlag zum zweiten Mal mit einer kochenden Alaunaufloͤsung zu
behandeln, um die geringe Menge Purpur auszuziehen, welche er allenfalls mit sich
riß;
7) ihn nochmals mit Wasser auszuwaschen und endlich in Aether aufzuloͤsen.
Nun ist es doch wohl sehr unwahrscheinlich, daß eine organische Substanz so viele
Operationen durchzumachen vermag, ohne einige Veraͤnderungen zu erleiden; so
viel ist aber gewiß, daß man einige Faͤrberesultate mit Alizarin nicht mehr
erhalten kann, sobald es ein Mal mit einer Saͤure in Beruͤhrung
gekommen ist. Ich will nun unsere Darstellungsweise dieser Substanz mit derjenigen
Runge's vergleichen, denn
sein Krapproth ist nichts Anderes als unser Alizarin, aber nicht so rein, weil wir
es durch die Sublimation von gewissen Stoffen befreien, welche in alle
Aufloͤsungsmittel mit ihm uͤbergehen. Auch wenden wir, um das reine
Alizarin zu erhalten, nicht die schwefelsaure Kohle an, wie Runge glaubt (denn wir haben dieses Verfahren bloß angegeben, um zu
zeigen, daß man jene Substanz bei einer sehr niedrigen Temperatur aus dem Krapp
ausziehen kann), sondern wir behandeln den ausgewaschenen Krapp mehrmals mit
Alkohol, lassen die ersten mehr Wasser enthaltenden Tincturen, die beinahe alle
fette Substanz enthalten, unbenuzt und nehmen nur die folgenden, welche viel weniger
gefaͤrbt sind. Dieses Extract wird sodann mit Aether gewaschen, um ihm die
lezten Antheile fetter Substanz zu entziehen und diese reißt auch das Purpurin mit,
wenn solches vorhanden ist. Ich sage wenn solches vorhanden ist, denn der Holzstoff
haͤlt den groͤßeren Theil davon zuruͤk. Nachdem das Auswaschen
mit Aether lange genug fortgesezt worden ist, erhaͤlt man ein spaniolgelbes
Pulver, welches bei vorsichtiger Sublimation schoͤne und lange durchsichtige
prismatische Nadeln von roͤthlichgelber Farbe liefert, bei denen das Roth um
so mehr vorwaltet, je diker sie sind; die zarten, welche eine Art Schaum bilden,
sind hellgelb. Um diese Krystalle vollkommen zu reinigen, wasche ich sie noch mit
ein wenig Aether aus und presse sie zwischen Filtrirpapier.
Unsere Manipulationen sind also offenbar bei weitem nicht so zahlreich und sie
koͤnnen auch das Krapproth nicht so leicht veraͤndern, da wir uns bloß
des Wassers, Alkohols und Aethers als Aufloͤsungsmittel bedienen, waͤhrend Runge außerdem Alaun in großer Menge und auch noch
Salzsaͤure anwendet.
Ich will nun die Eigenschaften unseres Alizarins, so wie sie in unseren beiden ersten
Abhandlungen (polyt. Journal Bd. XXIV. S.
530 und Bd. XXVII. S. 200)
angegeben sind, in Vergleich mit denen von Runge's Krapproth zusammenstellen.
Sublimirtes Alizarin.
Krapproth von Runge.
Wasser.
Wenn das Alizarin rein, d.h. von der fetten Substanz,
die es bisweilen begleitet, befreit ist, loͤst kochendes Wasser eine
geringe Menge davon auf. Die Aufloͤsung wird dann rosenroth und
spaͤter gelblichroth.
In der Kaͤlte sehr wenig aufloͤslich;
loͤst sich in der Waͤrme in sehr reinem Wasser auf; die
Aufloͤsung laͤßt beim Erkalten orangegelbe Floken fallen.
(Dieser Unterschied in der Farbe erklaͤrt sich sehr gut durch den
Einfluß der Saͤure bei Runge's Bereitungsart des Alizarins.)
Alkalien.
Verduͤnntes Ammoniak loͤst es leicht auf;
die Aufloͤsung ist sehr satt violbraun und
aͤndert diese Farbe bei staͤrkerer Saͤttigung nicht.
Durch Kalk-, Baryt- und Strontianwasser wird sie schoͤn blau gefaͤllt. Kali und
Natron wirken eben so; uͤberhaupt, je reiner das Alizarin ist, desto
mehr naͤhert sich die Faͤrbung durch Alkalien dem reinen Blau.
Ammoniak gibt eine schoͤn purpurrothe
Aufloͤsung. Kali loͤst es mit sehr schoͤn
violblauer Farbe auf. Brunnen- oder kalkhaltiges Wasser
loͤst es mit rother. Farbe auf unter Bildung eines blau gefaͤrbten Laks.
Saͤuren.
Concentrirte Schwefelsaͤure loͤst es
vollstaͤndig auf. Beim Verduͤnnen mit Wasser faͤllt das
Alizarin in hellgelben Floken nieder. Der
ausgesuͤßte Niederschlag verhaͤlt sich gegen Alkalien wie das
urspruͤngliche Alizarin.
In der Waͤrme loͤsen die
verduͤnnten Saͤuren das Krapproth mit gelber Farbe auf; beim
Erkalten scheiden sich orangegelbe Floken ab.
Alaun.
Es loͤst sich selbst bei laͤngerem Kochen
nur sehr wenig davon auf. Die Aufloͤsung ist hell
gelblichroth.
Unaufloͤslich in Alaun, wenigstens wenn ihm kein
Krapppurpur beigemengt ist.
NB. Ich muß auch hier bemerken, daß die vollkommene Unaufloͤslichkeit in Alaun
sehr wahrscheinlich von dem Einfluß der Saͤure auf das Roth
waͤhrend der vorhergehenden Behandlungen herruͤhrt, denn
bekanntlich braucht man die Alaunaufloͤsung nur zu saͤuern,
damit das Alizarin und selbst das Purpurin unaufloͤslich
bleiben.
Waͤrme
Beim Erhizen kommt das Alizarin vollstaͤndig in
Fluß und wenn man es dann erkalten laͤßt, erhaͤlt man eine
undurchsichtige aus strahlenfoͤrmigen krystallinischen
Blaͤttchen bestehende Masse von braunrother Farbe. Sezt man hingegen
das Erhizen fort, so verfluͤchtigt es sich fast ohne
Ruͤkstand. Doch zersezt
Beim vorsichtigen Erhizen in einer Glasroͤhre
schmilzt das Krapproth zu einer dunkel orangefarbenen Fluͤssigkeit
und verfluchtet sich unter Hinterlassung von etwas Kohle in gelben
Daͤmpfen, die sich zu glaͤnzend orangefarbenen Nadeln
verdichten. Beim ferneren Erhizen kann man sie die Glasroͤhre
entlang
sich eine geringe
Menge. Das Alizarin kann zum zweiten und dritten Mal sublimirt werden,
ohne seine Eigenschaften und seine Intensitaͤt in der Farbe zu veraͤndern.
NB. In unserer ersten Abhandlung (polyt. Journal
Bd. XXIV. S. 530) haben wir
bemerkt, daß wenn man die Alizarinkrystalle neuerdings erhizt, sie sich
sublimiren, ohne einen kohligen Ruͤkstand zu hinterlassen und ohne
eine merkliche Veraͤnderung zu erleiden. Bekanntlich hat man es beim
Sublimiren einer fluͤchtigen Substanz ganz in der Gewalt einen
Ruͤkstand zu erhalten oder nicht, indem es bloß darauf ankommt, ob
man mehr oder weniger langsam erhizt.
treiben, ohne daß ein kohliger Ruͤkstand bleibt,
so daß also das einmal Sublimirte ohne Zersezung von Neuem zu sublimiren
ist. Es faͤrbt Thon- und Eisenbeizkattun eben so wie das
Krapproth selbst, das Roth hat aber mehr Feuer, als das des unsublimirten.
NB. Leztere Bemerkung beweist offenbar, daß der
sublimirte Farbstoff reiner als der unsublimirte ist; sie stimmt
uͤbrigens ganz mit unseren eigenen Beobachtungen
uͤberein.
Aus den angegebenen Eigenschaften siebt man, daß unser Alizarin und Runge's Krapproth sich so sehr
naͤhern, als man es von zwei organischen Substanzen, die auf so verschiedenem
Wege dargestellt sind, nur immer erwarten kann; ferner, daß aller Wahrscheinlichkeit
nach das Alizarin ein reineres Educt schon deßwegen seyn muß, weil es sublimirt und
krystallisirt ist und oͤfters ohne eine Veraͤnderung zu erleiden
sublimirt werden kann.
Daraus, daß das Krapproth, Krapppurpur und Krapporange sublimirbar sind, schließt Runge ohne weiteres, daß das durch Sublimation
dargestellte Alizarin aus den drei Pigmenten bestehen muß: ich glaube aber, daß er
damit einen großen Irrthum begeht. Die Sache verdient, ehe man sich so positiv
ausspricht, gewiß eine naͤhere Untersuchung. Nun sagt aber Runge nirgends, daß er Alizarin bereitet, und darin diese
drei Substanzen gefunden hat. Er stuͤzt sich bloß auf eine der von uns
angegebenen Darstellungsweisen, die wir aber nicht benuzten, um reines Alizarin zu
bereiten, sondern bloß um zu beweisen, daß man dasselbe leicht aus der
schwefelsauren Kohle ausziehen kann. Selbst wenn man aber dieses Verfahren annimmt,
obgleich es vielleicht hinsichtlich der Reinheit des Products eines der
unguͤnstigsten ist, koͤnnen doch, wie sich leicht beweisen
laͤßt, die drei Pigmente Runge's nicht gemeinschaftlich in dem sublimirten Theile vorkommen.
Wir wollen zuerst zeigen, daß das Alizarin kein Krapporange enthalten kann. Runge sagt uns, daß die Darstellung des Krapporange und
seine Trennung vom Krapppurpur und Krapproth auf seiner Schweraufloͤslichkeit
im Weingeist beruht. Um dasselbe in ganz reinem Zustande abzuscheiden, bereitet er
sich naͤmlich einen kalten Aufguß der Alizari mit Wasser von 12° R.,
seiht denselben durch Musselin, laͤßt absezen und sammelt den Bodensaz auf
einem Filter. Derselbe wird dann mit kaltem Wasser gut ausgewaschen, hierauf mit Weingeist gekocht
und das Fluͤssige heiß filtrirt; der Bodensaz welchen es beim Erkalten
bildet, wird gesammelt, mit kaltem Weingeist ausgewaschen und der Ruͤkstand
ist dann reines Orange. Es ist also klar, daß das Waschwasser dieses Pigment
auszieht und Runge bemerkt uns, daß die Saͤuren
seine Aufloͤslichkeit in Wasser beguͤnstigen. Wie bereitet man nun die
schwefelsaure Kohle? Man laͤßt den Krapp in concentrirter
Schwefelsaͤure weichen und waͤscht ihn dann mit vielem Wasser aus, um
die Saͤure auszuziehen. Angenommen nun, was keineswegs bewiesen ist, das
Orange habe diesem kraͤftigen Agens eben so gut wie das Alizarin
widerstanden, so muß es doch jedenfalls durch das Aussuͤßwasser
aufgeloͤst und beseitigt werden. Daß das Waschwasser das Krapporange
aufloͤsen muß, geht auch aus Runge's Bereitungsart des Krapproths hervor; er behandelt
naͤmlich ausgewaschenen Krapp mit Alaunaufloͤsung etc. und man sieht,
daß alle seine Operationen keinen anderen Zwek haben, als das Roth vom Purpur zu
trennen; er erwaͤhnt des Orange gar nicht, woraus man schließen muß, daß er
es nicht als einen Bestandtheil des ausgewaschenen Krapps betrachtet. Ich glaube
also mit Recht behaupten zu koͤnnen, daß das Orange im ausgewaschenen
geistigen Extract nicht mehr vorkommt und noch weniger im sublimirten Alizarin,
welches man mit diesem Extract darstellt.
Nachdem nun erwiesen ist, daß Runge's Krapporange nicht in dem nach unserer Methode bereiteten
Alizarin enthalten seyn kann, fragt es sich, ob dasselbe Purpur enthaͤlt, wie
er behauptet. Ehe ich mich mit dieser Frage beschaͤftige, will ich in
Erinnerung bringen, was Runge unter Krapppurpur verstehe
und sodann dieses Pigment mit dem von uns Purpurin
genannten vergleichen.
Runge waͤscht, um seinen Krapppurpur darzustellen,
den Krapp zuerst mit Wasser aus, kocht ihn dann mit Alaunaufloͤsung und
faͤllt den Purpur aus dem Absud mittelst Schwefelsaͤure. Der
Niederschlag wird dann zuerst mit Wasser und hierauf mit schwacher Salzsaͤure
ausgekocht, ausgesuͤßt, getroknet, sodann mit Weingeist von 90 Proc. siedend
behandelt und noch heiß filtrirt. Man erhaͤlt eine dunkelrothe
Fluͤssigkeit, die bis zur Salzhaut abgedampft beim Erkalten den Krapppurpur
als orangefarbene, krystallinische Koͤrner fallen laͤßt. Diese werden
durchs Filter geschieden und durch nochmaliges Aufloͤsen in Weingeist und
wiederholte Krystallisation von der noch anhaͤngenden Mutterlauge getrennt.
Endlich loͤst man sie noch in Aether auf, der eine braune Materie
hinterlaͤßt.
Runge haͤtte der Kuͤrze wegen sagen
koͤnnen, daß er seinen Krapppurpur beinahe nach demselben Verfahren
darstellt, wie wir das Purpurin. Beiderseits wird der Krapp ausgewaschen, mit Alaun
behandelt, die
Aufloͤsung durch Saͤure gefaͤllt und das gefaͤllte
Pigment ausgewaschen. Runge loͤst es dann in
Alkohol auf und krystallisirt es zwei Mal daraus; endlich behandelt er es noch mit
Aether, welcher eine braune Materie zuruͤklaͤßt, waͤhrend wir
es unmittelbar mit Aether behandeln. Dieser scheidet aber nicht nur die braune
Materie, sondern auch noch einen Theil Pigment ab, welcher mit Alaunerde oder
phosphorsaurem Kalk zu einem Lak verbunden ist. Um das Purpurin zu erhalten,
destilliren wir dann 4/5 des Aethers ab und lassen den Ruͤkstand in einer
Schale freiwillig verdunsten. Das Purpurin krystallisirt in seidenartigen
Buͤscheln; sie loͤsen sich leicht in einer kochenden
Alaunaufloͤsung auf und diese wird dadurch rein rosenroth und liefert auch
auf Zusaz von kohlensaurem Natron einen schoͤnen Lak.
Diese beiden Darstellungsmethoden sind zu uͤbereinstimmend, als daß die
Resultate merklich verschieden seyn koͤnnten, was sich auch aus den
Eigenschaften der beiden Pigmente ergibt.
Purpurin von Robiquet und Colin
Krapppurpur von
Runge.
Wasser.
Es loͤst sich leichter als das Alizarin in reinem
und kochendem Wasser auf. Die Aufloͤsung ist weinroth und
faͤllt die Barytsalze nicht.
In ganz reinem Wasser loͤst sich der Krapppurpur
durch Erhizen mit einer dunklen Rosafarbe auf; die Fluͤssigkeit
laͤßt jedoch beim Erkalten keinen Krapppurpur in Floken
fallen.
Alkalien.
Es loͤst sich sehr leicht in Ammoniak auf. Die
Tinctur ist schoͤn johannisbeerenroth und
bleibt auch so beim Verduͤnnen. Kalk-, Baryt- und
Strontianwasser faͤllen aus der Aufloͤsung allen Farbstoff in
rothen Floken. Kali und Natron verhalten sich
wie Ammoniak.
Ammoniakfluͤssigkeit bildet mit dem Krapppurpur
eine praͤchtig hochrothe
Fluͤssigkeit. Kalilauge loͤst den Krapppurpur mit
praͤchtig kirschrother Farbe auf.
Saͤuren.
Concentrirte Schwefelsaͤure loͤst es
schnell und vollstaͤndig auf; die Aufloͤsung ist roth, wird
aber durch Wasser in dunkelgelben Floken
gefaͤllt, welche sich gegen Alkalien wie das urspruͤngliche
Purpurin verhalten.
Verduͤnnte Saͤuren loͤsen den
Krapppurpur bei der Siedhize mit gelber Farbe auf; beim Erkalten scheidet er
sich in orangegelben Floken wieder ab.
Alaun.
Kochende Alaunfluͤssigkeit loͤst davon
sehr viel auf und man erhaͤlt so eine in Rosenroth stechende rothe
Tinctur von sehr schoͤner Nuͤance, ganz aͤhnlich
derjenigen, welche eine mit gut ausgewaschenem Krapp behandelte
Alaunaufloͤsung zeigt.
Die krapppurpurhaltige Alaunaufloͤsung besizt
eine schoͤne dunkle Rosafarbe.
Waͤrme.
Es kommt beim Erhizen vollkommen Fluß und gesteht beim
Erkalten zu
Beim vorsichtigen Erizen in einer Glasroͤhre
schmilzt der Krapppurpur
einer strahligen Masse. Bei staͤrkerem
Erhizen scheint es anfangs mehr Widerstand zu leisten als das Alizarin,
verfluͤchtigt sich aber doch zulezt in roͤtheren Nadeln. Der
sublimirte Theil liefert mit Ammoniakfluͤssigkeit eine
blaͤulichrothe Aufloͤsung.
zu einer dunkelbraunen, zaͤhen
Fluͤssigkeit, aus der sich rothe Daͤmpfe erheben, welche sich
nicht in Gestalt von Nadeln, sondern als rother Anflug und braunrothe
zaͤhe Masse an der Glaswand sammeln. Beim ferneren Erhizen kann man
ihn die Glasroͤhre entlang treiben, wobei sich diese stets mit
schwarzer Kohle uͤberzieht, so daß also das einmal Sublimirte nicht
ohne Zersezung von Neuem zu sublimiren ist.
Ich glaube, daß wenn es Runge nicht gelang, abgesonderte
Nadeln zu erhalten, dieß von einer zu großen Faͤllung beim Erhizen oder daher
ruͤhrte, daß sein Pigment noch fette Materie enthielt, welche die Krystalle
einhuͤllte, sich gleichzeitig verfluͤchtigte und dieselben in
fluͤssigen Zustand versezte. Uebrigens waͤre es auch moͤglich,
daß das Purpurin, welches wir im Jahre 1827 dargestellt und beschrieben haben, d.h.
zur Zeit seiner Entdekung, nicht ganz frei von Alizarin war; sehr wahrscheinlich
wird dieß durch die blaurothe Farbe, womit sich die erhaltenen Nadeln in
Ammoniakfluͤssigkeit aufloͤsten; diese Anomalie hatte uns auch auf die
Vermuthung gebracht, daß das Purpurin bloß eine Modification des Alizarins seyn
duͤrfte. Deßwegen ist es aber nicht weniger erwiesen, daß das Purpurin und
Runge's Krapppurpur
wirklich dieselbe Substanz sind. Wir wollen nun sehen, ob das Alizarin in der That
wie Runge behauptet, ein gemengter Koͤrper ist,
d.h. Purpurin enthaͤlt. Wenn dieses der Fall waͤre, muͤßte
offenbar das Alizarin bei jeder neuen Sublimation einen kohligen Ruͤkstand
liefern: denn Runge behauptet positiv, daß sich der
Krapppurpur nicht neuerdings ohne eine Zersezung zu erleiden, sublimiren
laͤßt und sagt auch, daß das Krapproth mehrmals sublimirt werden kann, ohne
einen Ruͤkstand zu hinterlassen. Aus diesen Eigenschaften jener Pigmente,
welche auch mit unseren Beobachtungen uͤbereinstimmen, laͤßt sich doch
wohl schließen, daß unser Alizarin kein Purpurin enthaͤlt.
Runge's Krapproth ist in Alaun
unaufloͤslich. Diese Unaufloͤslichkeit in Alaun hatten wir schon in
unserer ersten Abhandlung ebenfalls hervorgehoben und befanden uns damals in keiner
geringen Verlegenheit sie zu erklaͤren, weil wir naͤmlich der Meinung
waren, der Krapp enthalte nur ein einziges Pigment und daher nicht begreifen
konnten, warum ausgewaschener Krapp mit Alaunfluͤssigkeit eine satte Tinctur
gibt, waͤhrend sich die von uns als das reine Pigment betrachtete Substanz
nicht darin aufloͤste. Gerade dieser Umstand war es auch, welcher uns auf die
Entdekung des Purpurins fuͤhrte, das wir dann in unserer zweiten Abhandlung
beschrieben. Eine Eigenschaft des Krapproths, welcher Runge mit Recht eine große Wichtigkeit beilegt, ist auch noch die, daß es durch
aͤzende Alkalien blau gefaͤrbt wird, worauf wir ebenfalls in einer
Abhandlung, die jedoch nicht im Druk erschien, aufmerksam gemacht haben.
Ein Chemiker hatte damals behauptet, das Alizarin sey ein farbloses, durch Purpurin
gefaͤrbtes Harz. Um diesen Einwurf zu beantworten, kochten wir einen Gramm
Alizarin mit Alaunaufloͤsung und probirten bei jeder neuen Behandlung den
unaufloͤslichen Ruͤkstand mit alkalisirtem Wasser, um zu sehen, ob
sich sein Pigmentgehalt vermindert habe; es heißt in unserer zweiten Abhandlung
auch:
„Der zweite Ruͤkstand wurde in einer Roͤhre erhizt und
lieferte wieder Alizarin, welches sich in sehr schwacher
Ammoniakfluͤssigkeit vollstaͤndig aufloͤste und eine sehr
satte Tinctur gab, die fast rein blau, kaum etwas in Lilas stechend,
gefaͤrbt war. Je mehr man also das Alizarin reinigt, desto reiner blau
wird es durch die Alkalien.“
Es ist also kein Grund vorhanden, welcher Runge's Behauptung, das Alizarin sey ein Gemenge mehrerer Pigmente,
rechtfertigen koͤnnte; wenn dasselbe nicht mit der noͤthigen Sorgfalt
bereitet wird, kann es freilich durch einige fremdartige Substanzen und besonders
durch Purpurin verunreinigt seyn, welches leztere vielleicht auch nur eine
Modification desselben ist: denn ich fand oͤfters bei einer Substanz, die ich
fuͤr Alizarin hielt, mehrere Eigenschaften des Purpurins und umgekehrt. Ueber
eine solche Umaͤnderung kann man sich bei der leichten Zersezbarkeit der
organischen Substanzen nicht wundern.
Unter den weniger wichtigen Bestandtheilen des Krapps, welche Runge anfuͤhrt, bietet die Substanz, welche er Krapporange nennt,
das meiste Interesse dar, weil er sie ebenfalls als Pigment betrachtet. In unserer
ersten Abhandlung erwaͤhnten wir einer gelben, pulverigen aber
glaͤnzenden Substanz, welche wir aus dem geistigen Extract der Krappgallerte
erhielten. Da uns diese Substanz keine besondere Aufmerksamkeit zu verdienen schien,
so ermittelten wir ihre Eigenschaften nicht und ich weiß daher auch nicht, ob sie
eine von denjenigen ist, welche Runge erhielt; oft
sammelte ich aber eine andere, die mir seinem Krapporange sehr analog zu seyn
scheint, welche ich aber auf einem ganz anderen Wege gewinne. Runge findet sie im Auswaschwasser der Alizari suspendirt, waͤhrend
ich sie durch Behandlung des holzigen Theils des Krapps mit Aether erhalte. Die
aͤtherischen Tincturen sind schoͤn hellgelb; destillirt man drei
Viertel davon uͤber, so bildet sich beim Erkalten des Ruͤkstandes auf
dem Boden der Retorte ein orangegelber Saz, welcher auf einem Filter gesammelt, eine Masse
darstellt, die aus einer Menge sehr kleiner und feiner sich durchkreuzender Nadeln
besteht, welche in ihren Eigenschaften Runge's Krapporange ganz aͤhnlich sind.
Diese Substanz ist in reinem Wasser, selbst mit Beihuͤlfe der Waͤrme,
fast unaufloͤslich. Doch ertheilt sie ihm eine falbe Farbe. Alkohol
loͤst davon bei der gewoͤhnlichen Temperatur kaum etwas auf; beim
Kochen faͤrbt er sich aber dadurch goldgelb und die geringe Menge, welche
sich aufgeloͤst hat, scheidet sich beim Erkalten zum Theil in sehr kleinen
Nadeln wieder aus. Aether loͤst mehr davon auf und zeigt uͤbrigens
dieselben Erscheinungen. Essigsaͤure faͤrbt sie hellgelb; sie
loͤst davon eine geringe Menge auf, welche beim Erkalten ebenfalls
krystallinisch niederfaͤllt. Schwefelsaͤure loͤst sie leicht
auf und faͤrbt sich gelblichroth; beim Verduͤnnen mit Wasser
faͤllt das Pigment in gelben Floken nieder und die Fluͤssigkeit bleibt
farblos. Kali loͤst sie auf und faͤrbt sich rosenroth; die
Aufloͤsung in Ammoniak sticht in Braun. Beim Erhizen in einer Roͤhre
sublimirt sich diese Substanz etwas schwer; sie bildet dabei einen gelben
krystallinischen Ueberzug, liefert aber keine abgesonderten Nadeln und
hinterlaͤßt eine sehr voluminoͤse Kohle. Ich glaube also, daß man
diese beiden Koͤrper als ganz identisch betrachten kann, obgleich sie auf so
verschiedene Art dargestellt werden. Ich hatte keine Gelegenheit das Krappgelb,
wovon Runge spricht, zu bemerken; Herr Lagier traf es aber oft bei seinen
Versuchen an, wenn er mit geistigem Extract faͤrbte. Wenn man naͤmlich
dieses Extract zur Beseitigung der fetten Materie mit Aether ausgesuͤßt hat,
trifft es sich sehr haͤufig beim Faͤrben, daß der weiße Grund oder
ungeheizte Theil eines Zeugs hellgelb gefaͤrbt aus dem Bade kommt, wie wenn
man statt Krapp Quercitronrinde angewandt haͤtte. Man braucht den Zeug aber
nur in gemeinem Wasser auszuwaschen, um ihm diese gelbe Farbe augenbliklich zu
benehmen, denn sie loͤst sich im Wasser vollstaͤndig auf, ohne die
anderen auf den Beizen befestigten Pigmente zu modificiren.
Unter allen Bestandtheilen des Krapps verdienen also nur das Allzarin und Purpurin,
man mag sie nun nennen wie man will, als wahre Pigmente unsere besondere
Aufmerksamkeit; sie allein verbinden sich mit den Beizen und Zeugen so innig, daß
sie den verschiedenen Agentien, durch welche der Glanz der Krappfarben
gewoͤhnlich erhoͤht wird, zu widerstehen vermoͤgen.
Da ich in dieser Abhandlung eigentlich nur zeigen wollte, daß die zwei Hauptpigmente,
welche Runge aus der Krappwurzel ausschied, ganz
dieselben sind, welche Hr. Colin und ich im Jahre 1926 und 1827 beschrieben haben, so will ich
die anderen Punkte der
sehr ausgedehnten Abhandlung dieses geschikten Chemikers nicht discutiren und
beschraͤnke mich bloß auf einige allgemeine Bemerkungen. Keine seiner
Darstellungsmethoden der Krapppigmente ist einfach genug, um im Großen angewandt
werden zu koͤnnen. Auch bin ich weit entfernt Runge's Ansicht uͤber die Rolle, welche
jedes Krapppigment beim Faͤrben spielt, zu theilen; so betrachtet er das
Purpurin als die Hauptbasis des Tuͤrkischroths: ich habe guten Grund zu
glauben, daß es dazu beitraͤgt; aber ich glaube auch, wie ich schon
fruͤher einmal bemerkte, daß das Alizarin die Basis jeder Klappfarbe ist und
ich muͤßte mich stark irren, wenn diese Ansicht nicht jedenfalls
fruͤher oder spaͤter allgemein angenommen wuͤrde.
Sehr merkwuͤrdig ist es, daß das Alizarin ungeachtet seiner starken
Verwandtschaft zur Thonerde sich doch nicht in der Alaunfluͤssigkeit
aufloͤsen, und also die Thonerde der Schwefelsaͤure nicht entziehen
kann; waͤhrend sich das Purpurin, welches sich durch die Avivagen und auch
durch den Einfluß des Sonnenlichts viel leichter von der Thonerde trennen
laͤßt, leicht im Alaun aufloͤst. Dieses Verhalten wuͤrde sich
jedoch gut erklaͤren lassen, wenn es wahr waͤre, daß die Krappfarben
ihre Soliditaͤt bloß einer dreifachen Verbindung von Kalk, Alaunerde und
Pigment verdanken, wie Schlumberger und Persoz behaupten und womit auch Runge uͤbereinstimmt; dann begreift man aber wieder nicht, warum
man mit sublimirtem Alizarin und destillirtem Wasser ohne allen Zusaz fremdartiger
Substanzen solid roth und lilas faͤrben kann.