Titel: | Ueber ein Mittel zur Fortpflanzung continuirlich kreisförmiger Bewegungen. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LVII., S. 272 |
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LVII.
Ueber ein Mittel zur Fortpflanzung continuirlich
kreisfoͤrmiger Bewegungen.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ueber continuirlich-kreisfoͤrmige
Bewegungen.
Die bisher bekannten Mittel, continuirlich-kreisfoͤrmige Bewegungen
fortzupflanzen, sind: Raͤderwerk, Raͤder mit Ketten, Rollen mit
Schnuͤren, und Scheiben mit Baͤndern. – Bei Anwendung eines
Krummzapfens an der treibenden und an der getriebenen Achse koͤnnte man nicht
mit Sicherheit auf eine richtige Fortpflanzung der Bewegung rechnen. Denn sollte die
Zugstange, wenn die Bewegung anhebt, zufaͤllig in der Verbindungslinie der
beiden Achsen liegen, so ist es ungewiß, ob die getriebene Achse sich
ruͤkwaͤrts oder vorwaͤrts bewegen wird, und sie wird eher
ruͤkwaͤrts gehen als vorwaͤrts, abgesehen davon, daß wenn Kraft
und Widerstand bedeutend ist, in einer solchen Stellung die ganze Maschine dem
Zerbrechen ausgesezt ist. – Wenn an jeder Achse zwei Krummzapfen angebracht
und im rechten Winkel gegeneinander gestellt sind, ist die Fortpflanzung der
Bewegung zwar sicher, indem in jeder Stellung der Achsen, die eine oder die andere, oder beide
Verbindungsstangen (Stelzen) außerhalb der Achsenlinie fallen, folglich an einem
Hebelarm von mindestens 7/10 der Krummzapfenlaͤnge ziehen oder schieben. Eben
der Umstand aber, daß die Verbindungsstangen bald ziehen, bald schieben
muͤssen, macht dieses Mittel, continuirlich-kreisfoͤrmige
Bewegungen auf große Entfernungen, besonders in wagerechter Richtung fortzupflanzen,
schwer anwendbar, indem die Stangen entweder durch ihre eigene Staͤrke, oder
durch Zwischenunterstuͤzungen gegen das Biegen geschuͤzt seyn
muͤssen.
Hr. Theobald Boͤhm,
koͤnigl. Hofmusicus und privilegirter Instrumentenmacher in Muͤnchen,
hat folgende Anordnung erdacht, durch welche auch diese Schwierigkeit beseitigt
ist:Hrn. Boͤhm's
sinnreiche Methode zur Fortpflanzung kreisfoͤrmiger Bewegung hat, wie
man aus der unten folgenden Mittheilung des Hrn. Heilmann ersieht, in englischen und
franzoͤsischen Fabriken bereits eine sehr vortheilhafte Anwendung
gefunden. Dieß veranlaßte uns lezterer Abhandlung diese Notiz aus dem Kunst-
und Gewerbeblatt des polytechnischen Vereins in Bayern, S.
20, 1834, voranzuschiken, welche im Wesentlichen auch in die Transactions der Society of
Arts uͤberging.A. d. R.
A und B (Fig. 9) sind zwei
Raͤder oder gleichseitige Dreieke, wovon A durch
seine Achse a eine Maschine in Bewegung sezt, hingegen
B durch seine Achse b
die ausuͤbende Kraft erhaͤlt und sie mittelst der
Verbindungsdraͤhte C dem oberen Rade A mittheilt. Diese Draͤhte, mindestens drei, muͤssen gleich lang seyn, und an ihren Enden
Ohren haben, durch welche sie mittelst Schrauben an den gleich entfernten Punkten
vom Mittelpunkte der Raͤder befestigt werden, so daß die Schrauben beim
Umdrehen die Achsen der Draͤhte bilden. Wenn die Stellung der Raͤder
vertical ist, so muͤssen sie in horizontaler Richtung so weit von einander
geruͤkt werden, daß der Draht d, welcher mit dem
Schraubenkopf e durch die Drehung in eine Linie kommt, denselben nicht beruͤhrt.
Da diese Draͤhte bloß ziehend wirken, so uͤbt selbst ein sehr
duͤnner Draht sehr große Kraft aus, wenn die Radien gehoͤrig lang
sind, und die Einfachheit und Leichtigkeit dieser Bewegung macht sie zu vielen
Zweken sehr brauchbar. Es ist nun noch zu bemerken:
1) Daß diese Methode der Bewegungsfortpflanzung nur da anwendbar ist, wo der Zwek
eine gleiche Umdrehungszeit und die parallele Lage der beiden Achsen zulaͤßt,
was auf den ersten Anblik einleuchtet. Oft wird sich aber durch ein einfaches
Zwischengetriebe die gewuͤnschte Veraͤnderung in der Umdrehungszeit
oder Richtung wohlfeiler und mit mehr Kraftersparung bewirken lassen, als bei der
Anwendung der bisher bekannten Methoden.
2) Bei bedeutenden Kraftaͤußerungen und auf betraͤchtliche Distanzen
koͤnnen
Schnuͤre und Baͤnder nicht wohl angewendet werden. In solchen
Faͤllen ist daher nur die Wahl zwischen den Stirnraͤdern, die
unmittelbar oder mittelst Ketten in Verbindung stehen, und dieser neuen Methode.
Wohlfeilheit und ruhiger Gang sind die Eigenschaften, welche der lezteren vor den
ersteren der eben genannten Mittel den Vorzug geben werden, besonders wenn die
Bewegung langsam ist.
3) Es ist zur Erzielung eines ruhigen Ganges bei bedeutendem Widerstande wichtig, daß
die Verbindungsstangen immer gleich angespannt sind. Jeder geuͤbte Mechaniker
wird Anordnungen zu treffen wissen, damit die Spannung sogleich wieder hergestellt
werden kann, wenn sie etwa durch Auslaufen der Pfannen verloren gegangen seyn
sollte.
4) Um die Groͤße der Ersparung einiger Maßen zu uͤbersehen, darf nur
angefuͤhrt werden, daß, um z.B. die Arbeit eines Pferdes fortzupflanzen, bei
drei Zugstangen, einer Umdrehungszeit von 30 Secunden, und bei einer Laͤnge
des Krummzapfens von 4 Fuß, ein Durchmesser von 1/2 Zoll fuͤr eiserne
Zugstangen und 2 Zoll ins Gevierte fuͤr Zugstangen aus gutem Tannenholz
vollkommen genuͤgen.