Titel: | Ueber die Darstellung der weißen Politur für Tischler, |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. LXXXIX., S. 459 |
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LXXXIX.
Ueber die Darstellung der weißen Politur
fuͤr Tischler,Bayerisches
Kunst- und Gewerbeblatt, 1837, H. 2.
Ueber die Darstellung der weißen Politur fuͤr
Tischler.
Zur Darstellung der weißen Politur braucht man vor Allem
zwei Dinge: 1) eine Aufloͤsung von Schellak in Weingeist, wie man sie
gewoͤhnlich zum Poliren des Holzes anwendet, und 2) Chlorwasser. Fuͤr
die Bereitung der ersteren, welche jedem Tischler bekannt ist, ist hier zu bemerken,
daß man sich eine feine, lichte Schellaksorte aussuche, und diese dann mit dem
fuͤnffachen Gewichte starken Weingeistes (Alkohol) in maͤßiger
Waͤrme und unter oͤfterem Umschuͤtteln aufloͤse.
Das Chlorwasser bereitet man sich fuͤr diesen Zwek, und so lange man nicht die
besagte Politur im Großen darstellt, am vorteilhaftesten dadurch, daß man
5
Loth
Mennig (rothes Bleioxyd) und
2
–
Kochsalz
in einer glaͤsernen oder steinzeugenen Reibschale zusammen reibt, und recht
innig mit einander vermengt, dann nach und nach 4 Pfd. reines Brunnenwasser zusezt,
und das Ganze in eine glaͤserne Flasche, welche etwa 6 Pfd. Wasser fassen
kann, bringt. Man spuͤlt naͤmlich hiebei das rothe Pulver, aus der
Reibschale allmaͤhlich mittelst des Wassers in die Flasche hinuͤber.
Dieser rothgefaͤrbten truͤben Fluͤssigkeit sezt man
tropfenweise oder nur in einem sehr duͤnnen Strahle 2 1/2 Loth concentrirte
Schwefelsaͤure (Vitrioloͤhl) zu.
Man kann mit dem Eintroͤpfeln der Saͤure auch einige Male absezen, und
die ganze Fluͤssigkeit, nachdem man den Kork auf die Flasche gesezt hat, gut
durch einander schuͤtteln, was auch oͤfters noch geschehen muß,
nachdem die Saͤure vollstaͤndig zugesezt ist. Nach wenigen Stunden
wird man bemerken, daß der Bodensaz, welcher sich immer schnell aus der
Fluͤssigkeit absezt, seine Farbe veraͤndert und nach und nach weiß
wird. In dem Maaße, als dieser weiß wird, nimmt die daruͤber stehende
Fluͤssigkeit an Chlor zu, was man bei vorsichtigem Riechen leicht erkennen
kann. Sobald der Bodensaz nur ganz oder wenigstens groͤßten Theils weiß ist,
was in 24 Stunden geschehen seyn kann, wenn man mit dem Aufschuͤtteln nicht
zu saͤumig war, so ist das Chlorwasser fertig, welches man in wohlverstopften
Flaschen an einem kuͤhlen und dunklen Orte aufbewahren kann, oder zum
Bleichen vollkommen klar in ein Cylinderglas oder in einen Topf abgießt.Auf diese Weise wird schon seit langer Zeit in Nordamerika das Chlorwasser
zum Bleichen der Leinewand im Großen bereitet, indem die Mischung der
genannten Ingredienzien in horizontal liegenden Faͤssern, die sich um
ihre Achse drehen, gemacht, und darin fortwaͤhrend durch Umdrehen des
Fasses durch einander geschuͤttelt wird, wobei das Chlorwasser schon
nach wenigen Stunden fertig ist.A. d. V.
Will man nun den Schellak dadurch bleichen, so
erwaͤrmt man die oben erwaͤhnte geistige Aufloͤsung in einer
Quantitaͤt von einer halben Maaß auf einem warmen Stubenofen oder in warmem
Sand bis zu 34–36° R., was man bei einiger Uebung schon mit der Hand
bestimmen kann. Das Gefaͤß mit der gehoͤrig erwaͤrmten
Schellakaufloͤsung nimmt man hierauf in die rechte Hand, und gießt jene in
einem fadenfoͤrmigen Strahle ganz langsam in das Chlorwasser im Topfe,
welches zwei Maaß betragen darf, waͤhrend man in der linken Hand einen
zugeschnittenen Holzspan oder einen Glasstab haͤlt, und damit so schnell als
man kann, das Chlorwasser umruͤhrt, bis die ganze Quantitaͤt der
Schellakaufloͤsung eingetragen ist. Der Topf wird jezt zugedekt, und das
Ganze bleibt 3 Stunden ruhig stehen, wobei sich der gebleichte Schellak in Gestalt
eines groͤblichen Pulvers absezt. Nach dieser Zeit schuͤttet man das
Ganze auf ein
ausgespanntes reines Leinentuch, laͤßt die Fluͤssigkeit ablaufen, und
waͤscht den gebleichten Schellak auf dem Seihtuche noch einige Male mit
kaltem reinem Wasser ab, damit er von allem Chlor befreit wird, und laͤßt ihn
an der Luft, oder wenn moͤglich, an der Sonne, ja nicht am erwaͤrmten
Ofen, troknen. Hat man sehr starken Weingeist (Alkohol), so darf man das
voͤllige Austroknen nicht abwarten, sondern kann den noch etwas feuchten
weißen Schellak, welchen man nur zwischen Drukpapier abgetroknet hat, sogleich darin
aufloͤsen, was wieder eben so geschieht, wie bei der Herstellung der
gewoͤhnlichen Tischlerpolitur.
Die weiße Politur, welche auf diese Weise dargestellt
worden ist, bringt auf dem Holze einen schoͤnen, dauerhaften, spiegelig
glaͤnzenden Ueberzug hervor, der vollkommen durchsichtig ist, so daß die
Fasern des Holzes deutlich darunter sichtbar sind. Der Verlust an Schellak ist bei
dem Bleichen unbedeutend, und das Product immer gleich, wenn man die angegebenen
Umstaͤnde, besonders die Temperatur genau eingehalten hat. Man kann diesen
gebleichten Schellak auch zu farblosen, haͤrteren Firnissen gebrauchen, wenn
man ihm noch Mastix und Sandarak zusezt, wofuͤr folgende Formeln aus Prechtl's Encyklopaͤdie Bd. VI. S. 118 dienen
koͤnnen:
Textabbildung Bd. 64, S. 461
Schellat 4, Mastix 1, Alkohol 20;
Gewichtstheile; 4, Sandarak 2, Mastix 1, Alkohol 30; 4, 1, venet. Terpenthin
1/2, Alkohol 25; 4, 4, Mastix 2, Alkohol 40; 4, Mastix 3, Sandarak 2, venet.
Terpenthin 1, Alkohol 32; Schellak 4, Sandarak 8, Mastix 2, Elemi 2, venet.
Terpenthin 4, Alkohol 64
Je mehr man Sandarak nimmt, desto haͤrter wird der Firniß. Mastix und Sandarak
werden dazu fein gepulvert und mit etwas feinem Glaspulver vermengt, damit sie nicht
so leicht beim Aufloͤsen in der Waͤrme zusammenkluͤmpern.
Es wird das Bleichen des Schellaks auch auf die Art anempfohlen, daß man denselben
zuerst in kochender Aezkalilauge aufloͤst und dann durch die
Aufloͤsung Chlorgas leitet, worauf sich der Schellak gebleicht abscheidet.
Dagegen muß ich aber bemerken, daß bei diesem Verfahren der Schellak
veraͤndert wird, indem er sich nachher sehr schwer und nur theilweise im
Weingeiste aufloͤst; denn so wie man aus einer Seife das Fett nicht mehr
unveraͤndert durch eine Saͤure abscheiden kann, eben so wenig kann man
den Schellak aus einer alkalischen Aufloͤsung als Harz durch Chlor
absondern.
Ksr.