Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 64, Jahrgang 1837, Nr. XC., S. 462 |
Download: | XML |
XC.
Miszellen.
Miszellen.
Neuere Preisaufgaben verschiedener Gesellschaften.
I. Die Société royale et centrale
d'Agriculture in Paris hat fuͤr das Jahr 1839 nebst Beibehaltung von
20 aͤlteren Preisaufgaben folgende neue ausgeschrieben.
1. Preis von 2000 Fr. fuͤr denjenigen, dem es gelingt, durch bereits bekannte
oder neu entdekte Mittel den Ausbruch der Muscardine unter den Seidenraupen zu
verhuͤten, oder die Fortschritte der ausgebrochenen Krankheit zu hemmen. Die
Concurrenten muͤssen ihre Methode wenigstens bei einer mit 4 Unzen Samen
veranstalteten Raupenzucht bewaͤhrt haben, und alle Thatsachen genau
beschreiben und durch Dokumente belegen. Abgesehen von diesem Preise behaͤlt
sich die Gesellschaft vor, goldene und silberne Medaillen an diejenigen zu
ertheilen, die ihr die wichtigsten Mittheilungen uͤber diesen Gegenstand
machen.
2. Sechs Preise, jeder zu 4000 Fr., von dem Handelsministerium gegruͤndet,
fuͤr Abfassung kleiner landwirtschaftlicher Elementarbuͤcher
fuͤr den Gebrauch der Kinder in den Primarschulen.
Die Preise werden in der oͤffentlichen Generalversammlung im Jahre 1839
vertheilt.
Das ausfuͤhrliche Programm erhaͤlt man unentgeldlich bei Madame Huzard in Paris, rue de l'Eperon,
No. 7.
II. Die Société libre d'émulation in
Rouen ertheilt eine goldene Medaille von 300 Fr. im Werthe demjenigen, der eine
Methode angibt, nach der auf wohlfeile Weise und unter Anwendung einer von den
Sauren hoͤchst wenig angreifbaren Substanz das Verfahren ersezt werden kann,
nach welchem man dermalen die in der Zeugdrukerei gebraͤuchlichen gravirten
Platten erzeugt. Der Concurs wird mit dem 20. April 1838 geschlossen.
III. Die Société royale de sciences, de
l'agriculture et des arts in Lille hat unter mehreren Preisen, die bloß von
oͤrtlichem Interesse sind, auch folgende von allgemeiner Wichtigkeit
ausgeschrieben.
1. Medaille von 400 Fr. im Werthe fuͤr den Verfasser der besten Abhandlung und
Beobachtungen uͤber die Anwendung des Runkelruͤbenmarkes und der
Melassen als Viehfutter, so wie uͤber die daraus erwachsenden Vortheile und
Nachtheile.
2. Goldene Medaille von 200 Fr. im Werthe fuͤr die beste Abhandlung
uͤber die Mittel, womit man vergleichsweise den Werth der zur Destillation
bestimmten Melassen abschaͤzen kann; und uͤber die Ursachen, denen der
große Unterschied der Ruͤbenmelassen in Hinsicht auf den Ertrag an Alkohol
zugeschrieben werden muß.
3. Goldene Medaille von 200 Fr. im Werthe fuͤr den Bleiweißfabrikanten, der
nachweist, die besten Maßregeln gegen die mit dieser Fabrikation verbundenen
Gefahren fuͤr die Gesundheit getroffen zu haben.
4. Goldene Medaille von 200 Fr. dem Erfinder eines landwirthschaftlichen
Instrumentes, aus dessen Anwendung ein großer Nuzen erwachsen muß.
Die Preisbewerber haben sich bis zum 4. Jul. 1837 zu melden.
Verbessertes eisernes Dampfboot fuͤr seichte
Fluͤsse.
In Nantes wurden Ende April die Probefahrten mit dem Dampfboote „la Ville de Rennes,“ welches zum Verkehr
auf der Vilaine zwischen Rennes und Redon bestimmt ist, unternommen. Man glaubte
fruͤher, daß die engen Bruͤkenbogen und die kurzen Schleusten der
Beschiffung dieses Flusses mit Dampfbooten ein unuͤbersteigliches Hindernis
in den Weg legen wuͤrden) allein gegenwaͤrtig ist man
uͤberzeugt, daß das von den HH. Alliot und Rocher aus Eisenblech erbaute Boot uͤber alle Schwierigkeiten
den Sieg davon tragen wird. Das neue Boot besteht aus zwei Ruͤmpfen, von
denen der Hintere die Maschinen, die Kessel und die Cajuͤte fuͤr die
Reisenden traͤgt, Flaͤchen der vordere zur Aufnahme der Waaren
bestimmt ist, von denen er 25 bis 30 Tonnen fassen kann, ohne mehr dann 20 Zoll tief im Wasser zu
gehen. Der Hintere Rumpf, der den vorderen vor sich her zu schieben hat, und den man
daher den Treiber (propellateur) nennen kann, endigt
sich in einen Sporn, der mit dem vorderen Rumpfe in einem Vfoͤrmigen Ausschnitte articulirt. Beide Ruͤmpfe sind durch
einen einfachen hoͤlzernen Balken verbunden; sie lassen sich durch Abnahme
dieses Balkens in ein Paar Minuten trennen, damit einer um den anderen in die
Schleußen, die zur gleichzeitigen Aufnahme beider zu klein sind, eintreten kann. Mit
einander verbunden scheinen die beiden Fahrzeuge gleichsam nur aus einem einzigen zu
bestehen, dessen Verdek 93 Fuß lang und 12 Fuß breit ist. Die Ruderraͤder
sind nicht wie gewoͤhnlich an den beiden Seiten des Fahrzeuges angebracht,
sondern sie befinden sich ruͤkwaͤrts in zwei Austiefungen, die an den
beiden Seiten einer schmalen Kammer, worin die Maschine von 40 Pferdekraͤften
untergebracht ist, bestehen. Die Maschinen arbeiten mit hohem Druke und ohne
Condensirung, und sind aus zwei sich schwingenden, und unter einem Winkel von
45° gegen einander geneigten Cylindern zusammengesezt. Ihre Kolben wirken
direct und ohne Kurbelstuͤke oder Verzahnungen auf die Achse der
Raͤder, die sie mit einer Geschwindigkeit von 30 bis 39 Umgaͤngen in
der Minute umtrieben. Die Kessel sind zur Herstellung des Gleichgewichtes an dem
anderen Ende des Treibers untergebracht; sie sind Roͤhrenkessel und nach
einem neuen, von Hrn. Alliot
angegebenen Systeme gebaut. Zwischen ihnen und den Maschinen befindet sich die
sorgfaͤltig decorirte und geraͤumige Cajuͤte fuͤr die
Passagiere. (Aus dem Echo du monde savant, No. 228.)
John Collier's Apparat zur mechanischen Heizung der Dampfkessel.
Die Nachtheile der gewoͤhnlichen Heizung der Dampfkessel, mit der jedes Mal
eine merkliche Abkuͤhlung des Ofens, so wie auch eine Unterbrechung der
Verbrennung verbunden ist, sind langst anerkannt. In England suchte man ihnen auf
mehrfache Weise, namentlich durch mechanische Heizapparate zu steuern. In Frankreich
fanden diese Apparate jedoch noch keinen Eingang, obschon einer der vollkommensten
und besten von Hrn. John
Collier in Paris erfunden und von dem Erfinder nach England
uͤbergetragen wurde, wo er guͤnstige Aufnahme fand. Hr. Cordier fand es daher fuͤr
noͤthig, die Aufmerksamkeit der Akademie auf jenen Apparat zu lenken, den Hr.
Collier fuͤr die
Fabrik des Hrn. Griolay in
Paris baute. Er besteht der gegebenen Beschreibung gemaͤß aus einem
Aufschuͤtttrichter, aus zwei horizontalen, diamantartig geschnittenen
Zermalmungscylindern und aus zwei kreisrunden, an einander graͤnzenden, in
einer und derselben horizontalen Flaͤche gelegenen Projectoren, die nach
entgegengesezten Richtungen umlaufen. Die Steinkohlen werden, so wie sie an die
(Zylinder herabgelangen, von diesen zum Theil in Splitter, zum Theil in Pulver
verwandelt, um dann in den zwischen den Achsen der Projectoren befindlichen Raum
herabzufallen, und von diesen fortwaͤhrend uͤber die gluͤhende
Heizstelle ausgestreut zu werden. Die Projectoren haben die Gestalt eines Rades,
welches aus einer kegelfoͤrmigen geraden Schneke besteht, um welche herum
senkrecht sechs trapezoidale Fluͤgel eingesezt sind; ihre Geschwindigkeit
betraͤgt gegen 200 Umgaͤnge in der Minute, so daß sie also nothwendig
auch einen leichten Grad von Ventilation bedingen. Die Quantitaͤt des
auszustreuenden Brennmateriales laͤßt sich leicht mittelst Nußschrauben
reguliren. Die Roststangen sind nicht uͤber 8 Millimeter von einander
entfernt. Der Apparat arbeitet nun seit beinahe sechs Monaten, und ergab folgende
Resultate: 1) ist die Heizung vollkommen regelmaͤßig; 2) werden alle oder
beinahe alle Brennstoffe unter den Siederoͤhren oder unter dem Kessel
verbrannt. 3) entweicht beim Schornsteine nicht mehr Rauch, als in vielen
Haushaltungen ein mit Holz aufgezuͤndetes Heerdfeuer gibt. 4) ist der
Verbrauch beinahe um ein Zehntel geringer als bei der gewoͤhnlichen Heizung.
5) kann man ohne alle Schwierigkeit auch die gewoͤhnliche wohlfeile
Steinkohle verwenden. 6) laͤßt sich das Feuer leicht und ohne daß man den
Ofen zu oͤffnen braucht, mit einem Haken schuͤren. 7) kann der Heizer
als minder beschaͤftigt auch verschiedene Nebengeschaͤfte verrichten.
8) endlich laͤßt sich der Apparat auf alle Arten von Oefen anwenden. –
Hr. Blin bemerkte der Akademie
hiegegen, daß die in England seit mehreren Jahren gebraͤuchlichen
Feuerspeiser, fire-feeder genannt, vor dem
franzoͤsischen Apparate bei weitem den Vorzug verdienen, weil sie einen
Regulator besizen, der
allen den Nachtheilen steuert, die aus der Anwendung von Steinkohlen von
verschiedener Qualitaͤt erwachsen muͤssen, indem die einen in einer
gegebenen Zeit mehr Waͤrmestoff liefern, als die anderen. Der englische
Regulator besteht bekanntlich aus einer Queksilberroͤhre, die mittelst einer
Heberroͤhre mit dem Kessel communicirt, und welche je nach dem Druke des
Dampfes in einer eisernen Roͤhre steigt oder faͤllt. Erreicht sie eine
gewisse Hoͤhe, so trifft sie auf einen Schwimmer, wodurch die Communication
zwischen dem Kessel und dem Feuerspeiser augenbliklich so lange unterbrochen wird,
bis die Hize wieder auf den gehoͤrigen Grad vermindert ist – (Wir
bemerken zu diesem aus dem Echo du monde savant
gezogenen Artikel nur noch, daß man im Polyt. Journal die meisten der englischen
Fire-feeders beschrieben und abgebildet findet.)
Ueber die Anwendung der Reibungsrollen an den
Wagenraͤdern und an den Wellzapfen.
Unter Reibung zweiter Art versteht man bekanntlich ein Glitschen, wie z.B. jenes
eines Schlittens uͤber den Schnee oder uͤber den Erdboden, unter
Reibung erster Art dagegen ein Rollen, wie z.B. die Reibung eines Rades. Man hat
bereits versucht an den Achsen der Raͤder Reibungsrollen anzubringen, die
Folge jedoch war, daß sich an den Achsen dieser Rollen ihrerseits eine Reibung
erster Art ergab. Hr. Joseph
Kraft in Muͤlhausen suchte nun durch ein neues Verfahren alle
Reibung zweiter Art oder alles Glitschen zu beseitigen. Er brachte zu diesem Zweke
zwischen den inneren Waͤnden der Nabe und dem Umfange der Achse des Wagens
kleine Cylinder an, die sich um sich selbst, und zugleich auch um die Achse drehen.
Nach demselben Systeme werden in Holland die Windmuͤhlen zum Behufe der
Orientirung mit großer Leichtigkeit gedreht, indem der ganze Bau auf einer
bestimmten Anzahl gegen die Mitte der Muͤhle hin convergirender Kegel
aufgefuͤhrt ist. Nach demselben Systeme schaffte man den großen Felsblok, auf
dem die Statue Peters des Großen steht, nach St. Petersburg; nach demselben Systeme
bewegen endlich Maurer und Steinmeze die schwersten Massen durch untergelegte
Walzen, die gleichfalls nur eine Reibung erster Art erzeugen. Um nun von dieser
Theorie Nuzen zu ziehen, bringt Hr. Kraft die Achse eines Rades oder den Zapfen einer Welle in eine
metallene Nabe, die in die Nabe des Rades oder in die Anwelle des Wellzapfens
eingesezt wird. Die Zwischennabe ist merklich groͤßer als die Achse,
dafuͤr aber kleiner als die Nabe oder Anwelle, so daß sie sich
unabhaͤngig von dieser bewegen kann. Sie dient eigentlich nur als Conductor
fuͤr die aus gehaͤrtetem Eisen bestehenden Reibungsrollen, welche
genau den zwischen den beiden Naben befindlichen Raum ausfuͤllen. Es sind zu
diesem Zweke so viele Langenspalten, als Reibungsrollen vorhanden sind, in sie
geschnitten: und zwar je nach der Laͤnge der Achse bald in einer einfachen,
bald in einer doppelten Reihe. In lezterem Falle correspondiren die Reibungsrollen
der einen Reihe mit dem Zwischenraume zwischen zwei Rollen der anderen Reihe, damit
auf diese Weise die Zahl der Stuͤzpunkte im Umfange der Achse vermehrt wird.
Hr. Kraft hat nach diesem
Systeme bereits mehrere Lastwagen erbaut, und es ist vollkommen erwiesen, daß diese
Wagen und deren Last mit einem weit geringeren Aufwande an Kraft gezogen werden
koͤnnen. Dieß gilt jedoch nur von ebenen Straßen; denn, so wie die Last
uͤber Anhoͤhen hinweg geschafft, und mithin gehoben anstatt horizontal
gezogen werden muß, ist der durch die Reibung geleistete Widerstand nur mehr ein
sekundaͤres Hinderniß. Das neue System wird also in diesem Falle unwirksam,
waͤhrend man beim Abwaͤrtsfahren oͤfter und starker einsperren
muß. In der Theorie scheint diese Methode allerdings gut; die Praxis muß jedoch erst
zeigen, ob durch die Schwierigkeit der Ausfuͤhrung und durch eine lange
Abnuͤzung nicht neue unguͤnstige Reibungen entstehen. (Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen. No. 45)
Zur Geschichte des Strumpfwirkerstuhles.
Wir entnehmen aus Dr. Ure's neuestem Werke uͤber
die Baumwollwaaren-Fabrikation in England folgende interessante Notiz
uͤber die Geschichte des Strumpswirkerstuhles. „In der
Strumpfwirkerhalle in London, Red Croß Street, ist das Portraͤt eines Mannes
aufgehaͤngt, welcher auf einen eisernen Strumpfwirkerstuhl deutet, und
dabei mit einem Weihe spricht, welches mit Nadeln strikt. Dieses Gemaͤlde
tragt folgende Inschrift: „Im Jahre 1589 erfand der talentvolle
William Lee, A. M. vom St. Johns College in
Cambridge diesen vortheilhaften Strikapparat, welcher zu Hause verachtet
nach Frankreich kam, und der, obschon er fuͤr den Erfinder nur aus
Eisen bestand, fuͤr uns und andere zu Gold wurde. Zum Andenken an ihn
wurde dieses Gemaͤlde gefertigt.“ Die Kunst
Struͤmpfe mit Draͤhten, die mit den Haͤnden bewegt wurden,
zu striken wurde nur 28 Jahre vor der Erfindung der Strikmaschine aus Spanien
nach England verpflanzt. Nach einer Sage wurde Lee
von der Universitaͤt vertrieben, weil er sich den Statuten derselben
entgegen verheirathete. Da er mit seinem Weibe nach seiner Vertreibung nichts zu
leben hatte, so mußte er sich mit Strumpfstriken fortbringen, wo er dann von
Roth gezwungen und um seine Produktion zu vermehren den Strumpfwirkerstuhl
erfand. Wahrscheinlicher lautet jedoch eine andere Sage, welche zu Woodborough
bei Nottingham, dem Geburtsorts Lee's geht. Nach
dieser waͤre seine Erfindung ein Kind der Liebe und der verweigerten
Gegenliebe. Der junge Lee soll sich naͤmlich in eine schoͤne
Strikerin verliebt haben, die das durch, daß sie mehrere Maͤdchen mit
Strikerei beschaͤftigte, reich geworden war. Der junge Schuͤler
machte sich durch eifriges Studium der gewandten Bewegungen der Haͤnde
seiner Geliebten nicht nur die Strikerkunst eigen, sondern kam auch bald auf die
Idee kuͤnstlicher Finger, womit mehrere Maschen auf ein Mal gestrikt
werden sollten. Sey es nun, daß dieß die Eifersucht seiner Geliebten erregte,
oder daß seine maͤnnlichen Reize durch die weibliche
Beschaͤftigung in ihren Augen verlor, so ist so viel gewiß, daß seine
Bewerbungen mit Spott abgewiesen wurden. Rache trieb ihn nun an auf Realisirung
seiner Idee zu sinnen; Tage und Naͤchte widmete er dem Studium und dem
Baue seiner Maschine, und in Kuͤrze brachte er sie auch wirklich beinahe
so vollkommen zu Stande, wie er sie seinen Nachkommen hinterließ. Nachdem er die
Anwendung dieser Maschine seinem Bruder und seinen uͤbrigen Verwandten
gezeigt hatte, stellte er dieselbe in Cleverton bei Nottingham auf, um als
furchtbarer Rival der weiblichen Hand, arbeit aufzutreten, und um seiner
ehemaligen Geliebten zu zeigen, daß die Liebe eines Mannes von Talent sich nicht
ungestraft verachten laͤßt. Nach fuͤnfjaͤhriger Arbeit mit
seinem Stuhle erkannte er die nationale Wichtigkeit, die derselbe erlangen
koͤnnte, er brachte ihn daher nach London, um daselbst bei Hofe
Unterstuͤzung und Aufmunterung zu finden. Die Zeit war ihm jedoch nicht
guͤnstig; Elisabeth war am Ende ihrer Laufbahn, und ihr Nachfolger war zu
sehr in politische Intriguen verwikelt, als daß er sich mit einem beginnenden
Industriezweige haͤtte abgeben koͤnnen. Ja man sagt sogar, daß,
obschon Lee in des Koͤnigs Gegenwart ein Paar Struͤmpfe auf seinem
Stuhle wirkte, dieser die Maschine dennoch als eine gefaͤhrliche Neuerung
ansah, die die Armen eher um Arbeit und Brod bringen muͤßte, als daß sie
zur Vermehrung der Huͤlfsquellen der Industrie und zur vortheilhaften
Beschaͤftigung vieler Tausende fuͤhren koͤnnte. Die
Aufmunterung, welche der schwachsinnige Pedant Jakob dem englischen
Erfindungsgeiste versagte, ward von Heinrich dem IV. und seinem weisen Minister
Sully gewahrt; denn Lee wurde eingeladen mit
seinen Maschinen nach Frankreich zu kommen. Er fixirte sich mit diesen zu Rouen,
und trug dadurch nicht wenig zur Gruͤndung der Industrie bei, die nunmehr
im Departement der unteren Seine einen so hohen Aufschwung erlangte. Nach
Heinrichs Ermordung ward Lee aber von den
Eingebornen, deren Talente er verdunkelte, neidisch angesehen und als Kezer
verbannt, so daß er gezwungen war in Paris einen Schlupfwinkel gegen die
Verfolgungen einer blutduͤrstigen Bigotterie zu suchen. Hier endete er
seine Tage in geheimem Kummer und in Sorge. Einige seiner Arbeiter entkamen
jedoch nach England, wo sie unter der Anleitung Aston's, eines gewandten Lehrling's Lee's, den
Strumpfwirkerstuhl neuerdings einfuͤhrten und verbesserten, und dadurch
ihrem Vaterlande eine Erfindung wiedergaben, die ihm beinahe verloren gegangen
waͤre. Der erste Stuhl ward im Jahre 1640 in Leicestershire errichtet,
und von daher datirt sich die Strumpfwirkerei, die in den Grafschaften
Nottingham und Derby eine so außerordentliche Ausdehnung erlangt
hat.“
Ueber die Kartoffel- und
Runkelruͤben-Reiben des Hrn. Quentin Durand.
Hr. Quentin Durand besizt ein
Patent auf verbesserte Reiben fuͤr Kartoffeln und Runkelruͤben, die
sich weit leichter in gutem Stande erhalten lassen, als die gewoͤhnlichen.
Der Arbeiter, welcher sie handhabt, kann selbst die Saͤgeblaͤtter
auswechseln, ohne daß der Cylinder abgenommen zu werden brauchte; er braucht nur
einen der Keile um den anderen heraus zu nehmen, und die Stahlblaͤtter, die
an beiden Seiten mit Saͤgezaͤhnen versehen sind, umzukehren, wenn die
eine Seite abgenuͤzt ist. Er verfertigt Kartoffelreiben von 8 Nummern zu
folgenden Preisen:
Nr. 1 kleine mechanische Reibe mit
Kurbel
120 Fr.
Nr. 2 groͤßere derlei Reibe mit zwei
Kurbeln
200 –
Nr. 3 Reibe von einer Pferdekraft mit ihrer
Treibrolle
450 –
Nr. 4 Reibe von einer Pferdekraft mit
doppelten Gaͤngen
600 –
Nr. 5 Reibe von zwei Pferdekraͤften
mit einfachem Gang
650 –
Nr. 6 Reibe von zwei Pferdekraͤften
mit doppelten Gaͤngen
800 –
Nr. 7 Reibe von 3 bis 4
Pferdekraͤften mit einfachem Gang
1000 –
Nr. 8 Reibe von 3 bis 4
Pferdekraͤften mit doppelten Gaͤngen
1150 –
Die Runkelruͤben-Reiben haben eine andere Einrichtung, und
staͤrkere und groͤbere Saͤgeblaͤtter, die auf
aͤhnliche Weise in den Cylinder eingesezt werden. Lezterer ist mit einer
mechanischen Buͤrste, die das Reibgeschaͤft sehr beschleunigt,
versehen. Die Preise dieser Reiben sind, wie folgt.
Nr. 4 Reibe mit einer Kurbel
150 Fr.
Nr. 2 Reibe mit zwei Kurbeln
250 –
Nr. 3 Reibe von einer Pferdekraft mit
Treibrolle
600 –
Nr. 4 Reibe von einer Pferdekraft mit
doppeltem Gang
750 –
Nr. 5 Reibe von zwei Pferdekraͤften
mit einfachem Gang
850 –
Nr. 6 Reibe von zwei Pferdekraͤften
mir doppeltem Gang
1050 –
Nr. 7 Reibe von 3 bis 4
Pferdekraͤften mit einfachem Gang
1150 –
Nr. 8 Reibe von 3 bis 4
Pferdekraͤften mit doppeltem Gang
1400 –
Alle diese Apparate koͤnnen mit Pferden, Wasserraͤdern oder
Windmuͤhlfluͤgeln in Bewegung gesezt werden. Weitere
Aufschluͤsse ertheilt die Société
polytechnique pratique in Paxis. (Recueil
industriel, Maͤrz 1837.)
Chomel's
Methode die Melasse von dem in Krystallisationsgefaͤßen enthaltenen Zuker zu
scheiden.
Hr. Chomel in Montreuil sur mer bringt in dem obersten Stokwerke der
Trokenanstalt einen Behaͤlter oder ein Reservoir an, welches den bis zum
Krystallisiren eingedikten Syrup aufzunehmen hat. Dieser Behaͤlter hat einen
falschen Boden aus Metallgitter oder aus einer mit vielen Loͤchern
durchbrochenen Kupfers platte. Eine mit diesem falschen Boden communicirende
Roͤhre steigt 25 Fuß tief in ein Erdgeschoß herab, und endigt sich daselbst
in einen Hahn, der, wenn er geschlossen ist, in der Roͤhre eine
Melassensaͤule von 25 Pfd. zu tragen hat; waͤhrend er, wenn er offen
ist, dieselbe in einen kleinen Trog entweichen laͤßt, den man stets mit
Melasse gefuͤllt erhaͤlt, und in welchen man die Roͤhre
untertauchen laͤßt, damit keine Luft in diese eindringen kann. Die
uͤberschuͤssige Melasse fließt aus diesem Troge in das
Melassen-Reservoir uͤber. Zwischen dem wirklichen und dem falschen
Boden des Krystallisationsbehaͤlters sind zwei kleine Tubulirungen
angebracht, von denen jede mit einem Hahne ausgestattet ist, und von denen sich die
eine in einen Trichter endigt, durch den man Melasse eingießen kann. Um die
Melassensaͤule in der Roͤhre herzustellen, wird der untere Hahn
geschlossen und bei dem Trichter so lang heiße Melasse eingegossen, bis dieselbe an
dem Ende der anderen Tubulirung sichtbar wird; denn dieß ist dann ein Beweis, daß
Alles gefuͤllt ist, und daß weder in der Roͤhre, noch zwischen dem
wirklichen und falschen Boden des Krystallisationsbehaͤlters mehr Luft
enthalten ist. Ist die Saͤule ein Mal hergestellt, so hat man
saͤmmtliche Haͤhne genau zu verschließen, und ist der versottene Syrup
hierauf in den Behaͤlter eingetragen, so laͤßt man Alles ruhig stehen,
bis die Krystallisation vollkommen beendigt ist. Ist dieß der Fall, so durchbricht
man die Kruste, die
sich gebildet hat, und oͤffnet den unteren Hahn, wo dann die
Melassensaͤule also gleich auf 23 Fuß herabsinken wird, weil die
Atmosphaͤre keine hoͤhere Saͤule zu tragen vermag. Es entsteht
daher unter dem Zuker ein absolut luftleerer Raum, der sich sogleich mit der die
Zukerkrystalle umgebenden Melasse fuͤllen, und aus dem angegebenen Grunde
immer wieder frisch erneuern wird, so daß ein fortwaͤhrendes und
ununterbrochenes Abfließen der Melasse wie durch einen Heber Statt finden wird. In
der Werkstaͤtte muß, wie in den gewoͤhnlichen Reinigungsanstalten,
eine Temperatur von 15 bis 18° unterhalten werden. Die Zuker lassen sich auf
diese Weise in wenigen Minuten besser reinigen, als nach der gewoͤhnlichen
Methode in mehreren Tagen. (Aus dem Mémorial
encyclopédique.)
Ueber Marsh's Methode kleine Quantitaͤten von Arsenik
auszumitteln.
Hr. L. A. Buchner jun. theilt
im Repertorium fuͤr die Pharmacie Bd. IX. H. 2
folgende interessante Bemerkungen zu Marsh's
Pruͤfungsart auf Arsenik mit:
„Ich habe Marsh's Verfahren zur Ausmittelung
kleiner Quantitaͤten Arseniks (Polyt Journal Bd. LXIII. S. 448) gepruͤft und
bestaͤtigt gefunden. Die hiebei beschriebenen Apparate sind keine anderen
als das bekannte Doͤbereiner'sche
Wasserstoffgas-Reservoir fuͤr kleinere, und eine
gewoͤhnliche Doͤbereiner'sche
Zuͤndmaschine fuͤr groͤßere Mengen der zu pruͤfenden
Fluͤssigkeit. Da aber nicht Jeder im Stande ist, einen solchen Apparat
sich verfertigen zu lassen, so will ich hiezu ein einfacheres und eben so
sicheres Verfahren beschreiben: Man bringe die zu pruͤfende
Fluͤssigkeit sich nahm eine sehr verduͤnnte Aufloͤsung der
arsenigen Saͤure) mit einigen Zinkstuͤkchen in ein
Sezkoͤlbchen oder eine kleine Arzneiphiole, saͤure sie mit so viel
Schwefelsaͤure oder Salzsaͤure an, daß nur langsame Gasentwiklung
Statt findet, fuͤge mittelst eines durchbohrten Korkes eine
Gasentwiklungsroͤhre an und fange das sich entwikelnde Gas unter Wasser
in einer kleinen Gloke (ein Opodeldoc-Glaͤschen leistet denselben
Dienst) auf. Ist diese mit Gas gefuͤllt, so ziehe man sie in senkrechter
Stellung aus dem Wasser und bringe in demselben Momente eine Flamme unter die
Muͤndung, um das Gas anzuzuͤnden, Flaͤchen dem man die
Muͤndung aufwaͤrts kehrt und gegen die Nase haͤlt. Waren in
der Fluͤssigkeit nur Spuren von Arsenik, so erkennt man diese durch den
knoblauchartigen Geruch des verbrennenden Gases; bei groͤßeren Mengen
desselben sezen sich außerdem noch nach dem Verbrennen glaͤnzend schwarze
Fleken von reducirtem Arsenik an der inneren Wandung der Gloke an, und der
Geruch ist viel staͤrker, und bei noch groͤßeren
Quantitaͤten uͤberzieht sich die ganze Gloke theils mit einem
metallglaͤnzenden Ueberzug, theils, und besonders an der Muͤndung
mit einem weißen Anfluge von arseniger Saͤure. Es laͤßt sich also
bei diesem Verfahren die Gegenwart des Arseniks auf dreierlei Weise erkennen:
durch den knoblauchartigen Geruch des verbrennenden Gases, durch den
metallischen Ueberzug von Arsenik und durch den weißen Anflug von arseniger
Saͤure. Spuͤlt man außerdem die Gloke mit etwas Ammoniakliquor
aus, saͤuert die Fluͤssigkeit mit Salzsaͤure an und sezt
Hydrothionsaͤure hinzu, so erhaͤlt man den gelben Niederschlag von
Schwefelarsenik noch obendrein. Daß man zu dem sich entwikelnden Gase selbst
nicht riechen darf, versteht sich bei der hoͤchsten Giftigkeit des
Arsenikwasserstoffs von selbst; ohne Nachtheil kann aber dieses bei dem
verbrannten Gase geschehen. Eben so wenig werde ich zu erwaͤhnen
brauchen, daß man zu diesem Versuche kein arsenikhaltiges Zink oder eine
arsenikhaltige Schwefelsaͤure nehmen darf; die Reinheit derselben kann
ebenfalls aus dem damit entwikelten Wasserstoff erkannt werden.“
„Noch muß ich ausdruͤklich bemerken, daß bei diesem Versuche nur
Zink zur Entwiklung des Gases genommen werden darf, und interessant ist es, daß
bei Anwendung von Eisen, wenigstens der gewoͤhnlichen kohlenstoffhaltigen
Drehspaͤne, das entweichende Wasserstoffgas keinen Arsenik aufnimmt.
Sollte dieses verschiedene Verhalten daher kommen, daß der aus Eisen entwikelte
Wasserstoff schon zu sehr mit Kohlenstoff gesaͤttigt ist, um noch Arsenik
aufnehmen zu koͤnnen, oder von einem verschiedenen elektrischen Verhalten
der zur Gasentwiklung verwendeten Metalle? Ich glaube das leztere, weil bei
Anwendung von reinem Zinn zur Entwikelung des Gases aus einer mit Salzsaͤure
angesaͤuerten arsenikhaltigen Fluͤssigkeit das aufgefangene Gas
ebenfalls wenig oder gar keinen Arsenik verraͤth. Beim Verbrennen des so
erhaltenen Gases konnte ich wohl manchmal einen sehr schwachen knoblauchartigen
Geruch wahrnehmen, niemals aber, selbst wenn die Fluͤssigkeit sehr
arsenikhaltig war, einen metallischen Anfing, der jeder Zeit erfolgte, so bald
ich nach Zuwerfen von etwas Zink mit der Gasentwiklung fort, fuhr.“
Bemerkungen uͤber den Knochenleim.
Der Knochenleim und dessen vortreffliche Eigenschaften erfahren heut zu Tag, wo man
uͤber der Wohlfeilheit beinahe alles Uebrige unberuͤksichtigt
laͤßt, nicht die gehoͤrige Wuͤrdigung. Der einem Leime
zukommende Werth laͤßt sich mit ziemlicher Genauigkeit ermitteln, wenn man
denselben 24 Stunden lang in kaltes Wasser einweicht, indem er hiebei eine seinem
wirklichen Gehalte an Leim entsprechende Quantitaͤt Wasser absorbirt. Wenn
man daher die vorher gewogenen Stuͤke Leim durch Abtroknen von dem ihnen
anhaͤngenden Wasser befreit und dann abermals wiegt, so wird man das Gewicht
des eingesogenen Wassers, aus dem man die Guͤte des Leimes bemessen kann,
erfahren. Der Knochenleim gibt um 1/3 bis zu 1/4 mehr Gallerte als der
gewoͤhnliche Tischlerleim, und zwar eine feste, weißliche, der Zersezung
lange widerstehende Gallerte, Flaͤchen die Gallerte des Tischlerleimes
gewoͤhnlich weich, ohne Consistenz und braun ist, und dabei einer raschen
Zersezung unterliegt, besonders im Sommer. Der Tischlerleim kann daher auch nicht
zum Colliren der Kette der im Faden gefaͤrbten Baumwollzeuge verwendet
werden, indem er durch die Faͤulniß, in welche er geraͤth, den Farben
Schaden bringt; anders verhaͤlt sich dieß mit dem Knochenleime, der nicht nur
hiezu, sondern sehr wohl auch zum Colliren seidener Ketten verwendet werden kann.
Die Bindungskraft des Knochenleimes ist uͤberdieß so stark, daß Holz, welches
damit geleimt worden ist, lieber an einer anderen, als an der geleimten Stelle
nachgibt. – Um sich einen Leim von gehoͤriger Consistenz zu
verschaffen, soll man die Gallerte, welche man durch 24stuͤndiges Einweichen
des getrokneten Leimes in kaltem Wasser erhaͤlt, ohne Zusaz von Wasser in
einem mit Dampf geheizten Kessel mit doppeltem Boden aufloͤsen. An der
Bergwerksadministration in Bouxwiller, wo man Knochenleim fabricirt, hat man
gefunden, daß der frisch aus den Knochen ausgezogene Leim das Wasser nicht
beigemengt, sondern gebunden enthaͤlt, und daß daher dieser frische Leim weit
schwerer zu troknen ist, als solcher, der bereits ein Mal getroknet gewesen war, und
in welchem die fruͤhere innige Verbindung von Wasser mit Leim nicht mehr
Statt findet. Der getroknete Leim ist hygrometrisch, und zwar in um so
hoͤherem Grade, je schlechter er ist. Der frische oder sogenannte
gruͤne Leim, dessen man sich haͤufig in den Papierfabriken und zu
anderen Zweken bedient, kann daher keine gute Wirkung geben. Um sich Leim zu
verschaffen, auf den die Feuchtigkeit der Luft keinen Einfluß hat, soll man
denselben wiederholt aufloͤsen und troknen; denn auf diese Weise verliert er
das Wasser, welches er gebunden haͤlt und seine hygrometrische
Beschaffenheit. Die Holzarbeiter und besonders die Instrumentenmacher wissen dieß
recht gut, und troknen sich deßhalb ihren Leim eigens, nachdem sie ihn vorher noch
ein Mal aufgeloͤst haben. In Frankreich steht der Knochenleim um 25 bis 30
Proc. hoͤher im Werthe; er ist auch allen Leimsorten vorzuziehen: mit
Ausnahme jedoch des sogenannten Koͤllner Leimes, der der beste ist. (Bulletin de la Société industrielle de
Mulhausen, No. 45.)