Titel: | Ueber eine in Amerika erfundene Dampfmaschine für lange Seereisen. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XXXVIII., S. 161 |
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XXXVIII.
Ueber eine in Amerika erfundene Dampfmaschine
fuͤr lange Seereisen.
Aus dem Echo du monde savant, 1837, No.
72.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Dampfmaschine fuͤr lange Seereisen.
Wir erhalten von einem unserer Freunde in New-York folgende Notiz uͤber
einen neuen Dampfkessel, wodurch das wichtige Problem geloͤst seyn soll,
welches in der lezten Zeit von den Gelehrten so vielfach besprochen wurde und die
Aufmerksamkeit des Publikums in hohem Grade erregt hat, naͤmlich die
Dampfboote fuͤr lange Seereisen benuzen zu koͤnnen. Bisher verhinderte
ihre Anwendung zu langen Fahrten, wie z.B. von New-York nach Liverpool,
bekanntlich bloß die große Menge Brennmaterial, welche man haͤtte
mitfuͤhren muͤssen, wodurch der Waarentransport unmoͤglich
wurde.
Die neue Dampfmaschine braucht nach Versuchen, die mit einem Modell von bedeutender
Groͤße angestellt wurden, und wobei unser Correspondent zugegen war, nur den
zehnten Theil des Brennmaterials, welches die gewoͤhnlichen Dampfmaschinen
verzehren, abgesehen von dem Vortheile, daß die Luft, welche zur Verbrennung gedient
hat, als Triebkraft benuzt wird.
Dieser Dampfkessel (Fig. 51 und 52) besteht aus zwei in
einander stekenden cylindrischen Koͤrpern, die einen gewissen Raum zwischen
sich lassen und nur mittelst des Ventils C communiciren
koͤnnen; lezteres sieht ganz wie ein Buͤchsendekel aus und ist an eine
Stange q geschraubt, welche es verhindert, seine
Richtung zu veraͤndern, und die ihm nur eine senkrechte Bewegung von sehr
kurzer Laͤnge gestattet.
Die Roͤhre M dient anfangs fuͤr den Zug und
dann zur Beschikung des Brennmaterials.
Das Wasser muß sich im Kessel immer auf der Hoͤhe p erhalten und befindet sich in dem Raͤume zwischen den beiden
Cylindern.
a, a', a'' sind Scheidewaͤnde, welche, wenn sie
geschlossen sind, die Communication des Feuerraums mit der Luft ganz verhindern, b ist die Leitungsroͤhre fuͤr die Luft,
welche durch Kolben hergetrieben wird und sich in das Innere des Feuerraumes begibt,
wenn die Scheidewand a herabgelassen ist. b' ist die Leitungsroͤhre des Dampfes, und d der Hahn zum Leeren des Kessels.
Soll der Dampfkessel in Thaͤtigkeit versezt werden, so schuͤrt man das
Feuer an, indem man die Scheidewaͤnde a, a', a''
offen laͤßt; alsdann treten der Rauch und die heiße Luft durch die
Roͤhre aus. Sobald aber eine hinreichende Menge Dampf erzeugt ist, sezt man
die Kolben und zugleich zwei mit der Maschine verbundene Geblaͤse in
Bewegung; alsdann schließt man die Scheidewaͤnde a,
a', a'': so daß der Feuerraum keine innere Communication mehr hat; er wird
aber durch die Luft der zwei Geblaͤse gespeist, welche durch die
Roͤhre b und die Oeffnungen r, r' streicht. Die durch r'
eintretende Luft dient zur directen Verbrennung, und die durch r eintretende zum Verbrennen der entwichenen Gase, also
zur Vervollstaͤndigung der Verbrennung.
Die heiße Luft erlangt bald die noͤthige Kraft, um das Ventil oder den Dekel
C zu heben, und vermischt sich mit dem Wasserdampfe,
indem sie ihm einen Theil ihrer Waͤrme mittheilt und dadurch seine Spannung
betraͤchtlich erhoͤht; dann tritt sie mit ihm unter die Kolben und so
fort. Durch den Hahn r wird die Communication der
Roͤhre r' mit dem Feuerraume hergestellt oder
verhindert.
Um das Brennmaterial einzufuͤhren, oͤffnet man die Scheidewand a', schuͤttet dasselbe in die Roͤhre m und schließt dann die Scheidewand a' wieder, um die andere a''
zu oͤffnen; das Brennmaterial tritt dann ein und man schließt nun auch
leztere Scheidewand, und so fort.
Offenbar muß bei diesem Apparate die Verbrennung vollkommener und die Menge des als
Triebkraft angewandten Dampfes geringer als gewoͤhnlich seyn, weil die Luft
einen großen Theil desselben ersezt; auch wird bei weitem weniger Brennmaterial
angewandt, weil man die Luft benuzt, welche das Brennmaterial durchstrich; diese
vermischt sich mit dem Dampfe und erhoͤht seine Kraft bedeutend.
Es wird gegenwaͤrtig ein solcher Apparat im Großen ausgefuͤhrt, und man
hofft damit eine regelmaͤßige Fahrt zwischen New-York und Liverpool
herstellen zu koͤnnen. Im Uebrigen ist der Kessel von den
gewoͤhnlichen nicht verschieden, nur muͤssen die einzelnen Theile
desselben wegen der großen Expansivkraft des Dampfes sehr dik angefertigt
werden.