Titel: | Ideen zur Vervollkommnung der Schnellessigfabrication, von E. F. Anthon. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. LI., S. 206 |
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LI.
Ideen zur Vervollkommnung der
Schnellessigfabrication, von E.
F. Anthon.
Aus dem Journal fuͤr praktische Chemie. Bd.
X. S. 376.
Anthon, uͤber die Schnellessigfabrication.
Es ist die Schnellessigfabrication ein Zweig der technischen Chemie, welcher in
neuerer Zeit ungemein vielseitig bearbeitet worden ist. Dessen ungeachtet ist diese
Fabricationsweise noch bei weitem nicht zu einer solchen Vollkommenheit gelangt, wie
sie es meines Erachtens faͤhig ist. Wir koͤnnen uns hievon leicht
durch eine aufmerksame Betrachtung und Pruͤfung der in Schnellessigfabriken
gebraͤuchlichen Apparate und Arbeitsmethoden uͤberzeugen. So finden
wir z.B., daß viele Fabriken dem Essiggute solche Stoffe beisezen, welche noch die
weinige Gaͤhrung zu durchlaufen haben, was eine verwerfliche Gewohnheit ist.
Ferner sucht man gewoͤhnlich den Luftzutritt auf ziemlich mangelhafte Weise
zu bewerkstelligen, weßwegen man denn auch noͤthig hat, das Essiggut zwei,
drei, ja selbst vier Mal durch das Saͤurefaß passiren zu lassen, um fertigen
Essig zu erhalten.
Auf die Beseitigung dieses lezt erwaͤhnten Uebelstandes muß unser erstes
Augenmerk bei der Vervollkommnung der Schnellessigfabrication gerichtet seyn.
Zu dem Ende erlaube ich mir in Nachfolgendem einen Apparat zu beschreiben, welcher
diese Vervollkommnung wohl herbeifuͤhren duͤrfte. Ich hatte seither
noch nicht Gelegenheit, diesen projectirten Apparat in Ausfuͤhrung zu
bringen, und empfehle daher denen, welchen die Gelegenheit dazu nicht mangelt, die
versuchsweise Ausfuͤhrung, indem ich an einem guͤnstigen Resultate
nicht zweifle.
Der Apparat besteht aus einem Kasten, dessen Groͤße sich nach der Menge von
Essig richtet, die man damit erzeugen will, die jedoch am zwekmaͤßigsten seyn
duͤrfte, wenn seine Hoͤhe und Breite zwischen 6 bis 10 und seine Tiefe
zwischen 3 bis 5 Schuhen laͤge. Im Inneren des Kastens sind der Breite nach
Leinwandstuͤke gespannt. Es muß dieses nach demselben Grundsaze geschehen, wie man, in
durch erwaͤrmte Luft geheizten Trokenraͤumen, die Horden anbringt, nur
mit dem Unterschied, daß man den Leinwaͤnden beim Spannen in entgegengesezter
Richtung einigen Fall gibt, so daß das Essiggut, welches auf die oberste Leinwand
rinnt, langsam uͤber dieselbe weglaufen muß, worauf es auf die zweite
Leinwand traͤufelt, dieselbe wieder langsam verlaͤßt, dann auf die
dritte gelangt, und so fort, bis es den Weg uͤber alle Leinwaͤnden
zuruͤkgelegt hat. Um diese Einrichtung im Inneren des Kastens gehoͤrig
anbringen, so wie vielleicht nothwendig werdende Reparaturen vollziehen zu
koͤnnen, kann die vordere Wand des Kastens aus einer gut verschließbaren
Thuͤre bestehen. Auf dem Kasten befindet sich ein Gefaͤß fuͤr
das Essiggut, in welches man dasselbe der Bequemlichkeit wegen mittelst einer
zinnernen Pumpe schaffen kann. Dieses Gefaͤß hat auf seinem Boden eine Reihe
kleiner Loͤcher, in welche Glasroͤhren wasserdicht eingefuͤgt
sind, und welche durch einen Einschnitt in der oberen Wand des Kastens gehen. Diese
Glasroͤhren muͤssen stark in Glas seyn, damit sie beim
Einfuͤgen nicht zerbrechen, und eine solche Weite haben, daß das Essiggut in
duͤnnen Strahlen durch dieselben laufen kann. Im Kasten selbst und zwar auf
dem Boden desselben, da wo von der untersten Leinwand der Essig hintraͤufelt,
steht, ein langes schmales 10 Zoll hohes Gefaͤß, in welches eine etwas
heberfoͤrmig gebogene Glasroͤhre eingesezt ist, welche durch die eine
Wand des Kastens geht, und durch welche der Essig abfließt, wenn er im Inneren eine
bestimmte Hoͤhe erhalten hat. Auf derselben Seite des Kastens, wo dieses
Ansammelgefaͤß steht, befinden sich in der Kastenwand, etwa 12 Zoll vom
Boden, eine Reihe Loͤcher von etwa 1 Zoll Durchmesser. Diese Loͤcher
muͤssen in verkehrter Richtung gebohrt seyn, als man sie bei den
gewoͤhnlichen Sauerfaͤssern anzubringen pflegt. Oben an derjenigen
Seite des Kastens, welche sich dem Essiggutreservoir gegenuͤber befindet, ist
eine saͤulenfoͤrmige Erhoͤhung angebracht, durch welche das
Rauchrohr eines im Fabriklocal befindlichen Ofens geht. Diese Vorrichtung dient zur
Befoͤrderung des Luftwechsels im Apparat. Die saͤulenfoͤrmige
Erhoͤhung hat im Lichten eine etwas geringere Weite als die Gesammtweite der
unten am Apparat befindlichen Loͤcher betraͤgt. Dieselbe ist entweder
oben offen, oder, was besser ist, sie ist mit einer Fortsezung versehen, welche
durch die Wand des Fabriklocals geht, und außerhalb desselben mit einer
Kuͤhlvorrichtung versehen ist, welcher man leicht die Einrichtung geben kann,
daß die sich verdichtenden Essig- und Weingeistdaͤmpfe immer sogleich
wieder in den Apparat auf die oberste Leinwand fließen.
Die Vortheile, welche dieser Apparat verspricht, sind wohl ziemlich einleuchtend. Waͤhrend in
einem gewoͤhnlichen mit Spaͤnen gefuͤllten Faß das Essiggut
hoͤchstens einen Weg von 7 bis 10 Schuhen zuruͤkzulegen hat, muß es in
dem beschriebenen Apparat, wenn er z.B. 10 Schuh hoch und breit ist, uͤber
eine 80 bis 120 Schuh lange Streke laufen (je nachdem man den Leinwaͤnden
mehr oder weniger Fall gibt). Auch hat das Essiggut, wie leicht einzusehen ist, auf
der Leinwand Veranlassung, sich schneller zu saͤuern, als es auf den
Spaͤnen geschehen kann, indem diese, selbst wenn sie noch so duͤnn
gehobelt sind, von einer Fluͤssigkeit bei weitem nicht so leicht durchdrungen
werden, als wie es bei der Leinwand der Fall ist. Die Reinigung der lezteren, wenn
diese ja fruͤher oder spaͤter ein Mal noͤthig werden sollte,
kann leichter, schneller, und mit geringeren Kosten geschehen, als die Erneuerung
der Spaͤne in den jezt gebraͤuchlichen
Saͤuerfaͤssern.
Auch ist bei dieser Einrichtung des Saͤuerapparates die in demselben sich
erneuernde Luft gezwungen, alles durch den Apparat laufende Essiggut und zwar
bestaͤndig zu beruͤhren, was in den Spanfaͤssern, in welchen
die Lage der Spaͤne ganz zufaͤllig ist, wohl nie geschieht, indem die
Luft dieselbe gern nur stellenweise (canalartig) durchstreicht.
Im Uebrigen ist dasselbe noch zu beobachten, was von der seitherigen Methode der
Schnellessigfabrication zu bemerken ist.