Titel: | Ueber die von Hrn. Despréaux in Paris erfundenen, vertieft und erhaben gedrukten oder gepreßten und verschieden verzierten Leder, Sammte und andere derlei Stoffe zu Tapeten, Möbelüberzügen, Bettvorhängen etc. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. LXXVIII., S. 343 |
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LXXVIII.
Ueber die von Hrn. Despréaux in Paris erfundenen, vertieft und erhaben gedrukten
oder gepreßten und verschieden verzierten Leder, Sammte und andere derlei Stoffe zu
Tapeten, Moͤbeluͤberzuͤgen, Bettvorhaͤngen etc.
Im Auszuge aus dem Recueil industriel. April 1837, S.
161.
Despréaux, uͤber gedrukte Leder etc.
Die Sucht nach dem Alterthuͤmlichen, die wahrhafte Wuth der Reichen und
Vornehmen ihre Wohnungen nach dem Geschmake und Style des Mittelalters einzurichten,
und dabei namentlich die Zeit Ludwigs des XII. und Franz des I. zum Muster zu nehmen, hat Hrn. Despréaux auf eine Erfindung gebracht, welche auch dieser
Anforderung der Zeit Genuͤge leistet. Er wußte sich hiebei gluͤklicher
Weise uͤber die bloße Nachahmung zu erheben, und hat mit Beibehaltung des
Charakteristischen jenes Styles und wo moͤglich mit noch hoͤherer
Steigerung des Glanzes und Luxus die Macht der Kunst wirken lassen, die es heut zu
Tage kaum mehr gestattet dem gebildeteren Theile des Publicums etwas
Mittelmaͤßiges zu bieten.
Wir meinen hiemit die Fabrication von verzierten Ledern, Sammten und anderen Stoffen
zu Tapeten, Moͤbeluͤberzuͤgen, Wagenfuttern u. dergl., welche
Hr. Despréaux seit einiger Zeit auf einen so hohen Grad von
Vollkommenheit gebracht hat, und die wir uns hier von einigen Standpunkten aus zu
betrachten erlauben.
Die neue Erfindung zeichnet sich besonders dadurch aus, daß man mit einfachen und
wenig kostspieligen Methoden der Kupferstecherkunst auf die sicherste und
vollkommenste Weise Gegenstaͤnde darstellen kann, die bisher noch auf keine
Weise nachgeahmt und zu industriellem Zweke benuzt werden konnten. In den
schoͤnsten Arbeiten Lyon's, Tours und anderer beruͤhmter Fabrikorte
ist keine eigentliche Kunst; die schoͤnsten Seidentapeten geben keine
sprechenden Bilder der lebenden Natur; es ist auch platterdings unmoͤglich
dieses Ziel zu erreichen, weil die zur Ausfuͤhrung zu Gebot stehenden Mittel
nur mechanische sind. Dagegen findet sich in der Fabrication des Hrn. Despréaux uͤberall das eigentliche Wirken
der Kunst; die in der Wahl ihrer Gegenstaͤnde unerschoͤpfliche
Zeichenkunst, so wie die in großem Maaßstabe geuͤbte Kunststecherei sind ihre
Huͤlfsmittel: von den Carricaturen Calot's an bis
zu den Werken des goͤttlichen Raphaël, von
neuen Gegenstaͤnden sowohl, als von Copien der mittelalterlichen Zeit
laͤßt sich Alles auf die Tapeten etc. mit groͤßter Aehnlichkeit und
Lebendigkeit uͤbertragen. Der Erfinder suchte, bevor er mit seinen Werken
hervortrat, alle Schwierigkeiten zu uͤberwinden; und daher paßt sich seine
Methode schon jezt Gegenstaͤnden aller Art und von jeder Groͤße an.
Was mit den bisher zu Gebot gestandenen Mitteln nur in 2 oder 3 Jahren herstellbar
gewesen seyn wuͤrde, kann jezt innerhalb zwei Monaten geliefert werden, und
noch dazu auf eine verhaͤltnißmaͤßig wohlfeile und zum Fabrikbetrieb
geeignete Weise.
Man darf das von Despréaux befolgte Drukverfahren
nicht mit jenem verwechseln, nach welchem Ternaux auf
Tuch drukte. Ein Blik auf die mit beiden Methoden erzielten Fabricate wird
genuͤgen, um den großen Unterschied, der zwischen beiden besteht, in die
Augen springen zu machen. Despréaux kann
allerdings Alles liefern, was Ternaux lieferte; das
Umgekehrte aber ist unmoͤglich. Irrig ist die Meinung vieler, daß das
Verfahren des ersteren nicht neu seyn, weil er sich auch des schon mehrfach, und
namentlich von den Buchbindern in Anwendung gebrachten Drukes bediene.
Betrachtet man die Anwendung, deren die neue Erfindung faͤhig ist, so wird man
finden, daß sie eine sehr ausgedehnte ist; indem sowohl die Dessins, als die Farben,
als auch die Stoffe, auf denen diese angebracht werden sollen, hoͤchst
mannigfach abgeaͤndert werden koͤnnen. Man kann naͤmlich in
lezterer Beziehung bald Leder, bald Baumwollsammt, bald andere mehr oder minder
leichte Stoffe waͤhlen, oder mehrere derselben verbinden, so daß sich die
Preise der neuen
Fabricate so niedrig stellen lassen, daß sie in einigen Sorten auch den
Mittelclassen zugaͤngig werden. In Pallaͤsten kann man venetianische
Leder oder Baumwollsammte, welche mit Gold und Silber verziert sind, in den
Wohnungen des bescheidenen Privaten hingegen verschieden gefaͤrbte Sammte zu
Tapeten, Moͤbeluͤberzuͤgen, Teppichen, Tisch- und
Bettdeken, Vorhaͤngen u. dergl. verwenden.
Betrachtet man die Fabrication, so ergibt sich, daß sich der Erfinder
hauptsaͤchlich zweier Stoffe bedient, welche leicht zu haben sind,
naͤmlich des Leders und des Baumwollsammtes; und daß er sich dieselben in
einem Zustande verschafft, der ihrer weiteren Behandlung guͤnstig ist.
Betrachtet man das Fabricat selbst, so findet man, daß, wenn der Sammt gepreßt
worden ist, der niedergedruͤkte Theil nicht wieder aufsteht; ja, daß sogar
das Baumwollartige daran ganz verschwunden, und an dessen Stelle eine glatte
Oberflaͤche getreten ist; waͤhrend der erhabene Theil mit
groͤßter Genauigkeit den Umrissen des auf die Platte gestochenen Dessins
folgt und der Reibung vollkommen widersteht. Wir haben Moͤbel gesehen, die
schon zwei Jahre alt sind, und koͤnnen versichern, daß die auf die erhabenen
Stellen aufgetragenen Farben eher lebhafter geworden sind, und daß von dem
niedergedruͤkten Sammte auch kein Faden aufgestanden ist. Die Farben selbst
gewaͤhren alle Sicherheit; denn sie wurden in unserer Gegenwart mit
Salpetersaͤure probirt, ohne dadurch irgend eine Veraͤnderung zu
erleiden. Uebrigens traͤgt Hr. Despréaux
seine Farben auch nie auf Sammt auf, dessen Gewebe bereits durch Waschungen
beeintraͤchtigt worden sind.
In commercieller Hinsicht muß diese Erfindung gleichfalls zu sehr wichtigen
Resultaten fuͤhren, denn sie wird den Werth zweier Rohstoffe wesentlich
erhoͤhen; indem der Absaz der neuen Fabricate, wenn ihre Verwendung auch auf
Tapeten und Moͤbeluͤberzuͤge beschraͤnkt bliebe,
wahrscheinlich ein sehr großer werden duͤrfte. Wir sind jedoch
uͤberzeugt, daß deren Anwendung bald auf Kirchenverzierungen, Sattlerarbeiten
und viele andere Faͤcher, ja selbst auf Frauenzimmerkleider und Gilets
fuͤr Maͤnner ausgedehnt werden duͤrfte.
Endlich darf auch nicht vergessen werden, daß die ledernen Tapeten mit Leichtigkeit
und ohne irgend eine Beschaͤdigung zu erleiden, abgenommen und wieder
aufgemacht werden koͤnnen, so wie auch zu bemerken kommt, daß sie wesentlich
dazu beitragen werden, feuchten Zimmern das Ungesunde zu nehmen.
Viele Architekten und Tapezierer in Paris haben sich bereits fuͤr die neuen
Tapeten und Moͤbeluͤberzuͤge ausgesprochen. Fontainebleau wurde auf Ludwig
Philipps Auftrag zum Theil damit verziert; Versailles wird zum Theil rothe
Sammttapeten auf Goldgrund gedrukt bekommen.
Wir fuͤgen zum Schlusse nur noch zwei Tabellen uͤber die Kosten der
neuen Fabricate im Vergleiche mit jenen Lyon's bei.
Tabelle I.
Textabbildung Bd. 65, S. 346
Kosten der Tapeten; aus Lyoner
Seidenstoffen; aus Leder, Baumwollsammt etc. des Hrn. Despréaux; Seiden- und Baumwollsammt, Mittelpreis, die
Elle; Damast, Farbe auf Farbe; Lampas; Lampas, zwei- oder dreifarbige;
Lampas, persische; Stoffe mit Gold; In Kermesin kostet die Elle um 2 Fr. mehr.
Außerdem gibt es noch Goldstoffe zu 1200 bis 1500 Franken die Elle; Die
erwaͤhnten Stoffe haben 20 Zoll Breite; Sammt, Damast, Grund auf Grund;
die Elle; Sammt, weißer Grund auf farbigem Grund; Schafleder; Vergoldeter Sammt;
Naturleder; Naturleder mit Medaillen; Venetianisches Leder; Emaillirtes
venetianisches Leder; Vergoldetes Leder; Die Leder und Sammte haben 22 Zoll
Breite
Die Tapezierung eines gewoͤhnlichen Salons von 5 Meter Breite auf 6 Meter
Laͤnge und 5 Meter Hoͤhe, in welchem sich drei Kreuzstoͤke und
2 Thuͤren befinden, wuͤrden demnach kosten:
Tabelle II.
Textabbildung Bd. 65, S. 347
Mit Lyoner Seidenstoffen; Mit
Ledern und Sammten aus der Fabrik des Hrn. Déspreaux; Mit Seiden-
und Baumwollsammt, der Quadratmeter zu; Mit Damast, Farbe auf Farbe; Mit Lampas;
Mit Lampas, zwei- und dreifarbigen; Mit persischen Lampas; Mit
Goldstoffen; Mit Sammtdamast, Grund auf Grund der Quadratmeter zu; Mit Sammt,
weißer auf farbigem Grund; Mit Kalbsleder; Mit vergoldeten Sammten; Mit
Naturledern; Mit Naturleder mit Medaillen; Mit venetianischem Leder; Mit
emaillirtem venetianischem Leder; Mit vergoldetem Leder