Titel: | Ueber die elektro-magnetische Maschine des Hrn. Thomas Davenport in Brandon in Nordamerika. |
Fundstelle: | Band 65, Jahrgang 1837, Nr. XCIX., S. 454 |
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XCIX.
Ueber die elektro-magnetische Maschine des
Hrn. Thomas Davenport
in Brandon in Nordamerika.
Aus dem New-York Herald.
Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
Ueber Davenport's elektro-magnetische Maschine.
Es sind schon viele Jahre verflossen, seitdem die ersten Versuche durch galvanische
Kraft Bewegung hervorzubringen gemacht wurden. Durch die trokenen Saͤulen von
de Luc und Zamboni
koͤnnte man auf lange Zeit, selbst auf mehrere Jahre ohne Unterbrechung
leichte Pendel schwingen und kleine Gloken laͤuten lassen. Im Jahre 1819
machte Prof. Oersted die
Entdekung, daß der Magnetismus zwischen den Polen einer galvanischen Batterie
entwikelt wird, und Prof. Schweigger lieferte durch seinen galvanischen Multiplicator den
Beweis fuͤr das Daseyn dieser Kraft, selbst wenn die galvanische Batterie nur
aus zwei duͤnnen Drahten, einem Kupfer- und Zinkdraht besteht, die in
so viel angesaͤuertes Wasser getaucht sind, als ein Weinglas fassen kann. Er
ließ naͤmlich die so entwikelte Kraft durch viele Spiralen von isolirtem
Drahte streichen, und verstaͤrkte sie dadurch so sehr, daß sie die
Magnetnadel bisweilen um mehr als 90° ablenkte. Prof. Moll in Utrecht wikelte isolirten Draht um
welches Eisen und ertheilte ihm dadurch eine außerordentliche magnetische Kraft, so
daß eine damit versehene und mit einer galvanischen Batterie verbundene
Hufeisenstange uͤber hundert Pfund luͤpfte. Um dieselbe Zeit gelang es
dem Prof. Henry (in Albany in
N. A.) durch eine neue Methode den Draht zu winden, eine fast unglaubliche
magnetische Kraft zu erhalten, indem er mit einer bis zwei Pinten
Fluͤssigkeit und einer Batterie von entsprechender Groͤße sechs bis
siebenhundert Pfund luͤpfte; er ließ auch nicht nach, bis er bald darauf
Tausende von Pfunden mit einer groͤßeren, aber noch immer
verhaͤltnißmaͤßig unbedeutenden Batterie heben koͤnnte. Endlich
benuzte er die magnetische Kraft auch zur Bewegung einer Maschine, und zwar mittelst
eines um eine horizontale Achse beweglichen Cylinders, welcher wie der Balancier
einer Dampfmaschine regelmaͤßige Schwingungen vollbrachte.Die Kraft eines elektrischen Stromes, weiches Eisen schnell und sehr stark
magnetisch zu machen, und die Moͤglichkeit, die Pole des so
entstandenen Magnetes schnell durch Verwechslung der Polardrahte umzukehren,
machen es moͤglich, durch magnetische Kraͤfte eine
alternirende Bewegung hervorzubringen, die so lange anhaͤlt, als der
elektrische Strom die zur Magnetifirung des Eisens noͤthige
Staͤrke hat. Fig. 28 auf Tab.
VI versinnlicht den hiezu noͤthigen Apparat (Henry's elektro-magnetisches
Pendel). C und D
sind zwei vertikal stehende Magnete, deren aufwaͤrts gekehrte Pole
entgegengesezter Natur sind; A, B ist ein um
eine horizontale Achse beweglicher Cylinder aus weichem Eisen, mit
Kupferdraht spiralfoͤrmig umwunden; ein Ende dieses Drahtes ist an
o, r angeloͤthet, das andere an p, q: G und F sind
zwei Gefaͤße, in deren jedem sich eine Zink- und Kupferplatte
und eine leitende Fluͤssigkeit befindet. Sowohl jede Zink- als
jede Kupferplatte traͤgt eine Schale mit Queksilber, die zur Aufnahme
der Drahtenden o und p,
q und r bestimmt ist. Wird nun der
Balancier A, B so geneigt, daß sich o und p in das
Queksilber der Schaͤlchen l und m tauchen, so geht ein elektrischer Strom durch
das Eisen A, B, magnetisirt es, und wenn die
Richtung der Spiralwindungen die rechte ist, um A zu einem Pol zu machen, der mit dem Pole C gleichnamig ist, so erfolgt eine Abstoßung; der Hebelarm, an dem
sich o und p
befinden, hebt sich, die Drahte o und p treten aus dem Queksilber der
Schaͤlchen l und m, dafuͤr senken sich q und r in die Schaͤlchen s und t, es beginnt
abermals ein elektrischer Strom, der A, B
magnetisirt, aber dem vorigen entgegengesezt ist, mithin eine Abstoßung
zwischen B und D,
hingegen eine Anziehung zwischen A und C bewirkt, und so den ersten Zustand des Hebels
A, B wieder zuruͤkfuͤhrt, auf
welchen notwendig der zweite folgen muß u.s.f.; demnach schwankt der Hebel
A, B so lange auf und ab, als der
elektrische Strom die noͤthige Kraft hat. (The
american Journal of science and arts. Vol. XX. P. 340. Baumgartner's
Zeitschrift fuͤr Physik Bd. I. S. 182.)A. d. R. Spaͤter wurden dann sowohl in Amerika als in Europa aͤhnliche Versuche gemacht,
den Galvanismus als Triebkraft zu benuzenWir erinnern an Jacobi's und Stratingh's Apparate im Polyt. Journal Bd. LX. S. 282 und Bd. LXI. S. 247.A. d. R.; niemand gelang es aber eine galvanische Maschine herzustellen, die so
einfach und wirksam wie die von Hrn. Davenport erfundene ist, welche wir jezt beschreiben wollen.
I. Rotirende Maschine, welche aus
beweglichen Elektro-Magneten und befestigten permanenten Magneten
besteht.
Der bewegliche Theil dieser Maschine besteht aus zwei horizontal gestellten eisernen
Stangen, die sich unter rechten Winkeln kreuzen. Sie sind beide fuͤnf und
einen halben Zoll lang und gehen an jedem Ende in ein Kreissegment von weichem Eisen
aus; jedes dieser Segmente ist in der Sehnenlinie drei Zoll lang, und ihre Lage ist
horizontal, indem sie an den Enden der Eisenstangen befestigt sind.
Dieses eiserne Kreuz ruht auf einer senkrechten Achse, worauf es sich leicht drehen
kann. Die eisernen Kreuzstangen sind mit Kupferdraht umwikelt, der mit Baumwolle
umsponnen ist, und lassen sich beliebig mit einer kleinen Batterie verbinden, welche
aus concentrischen Kupfer- und Zinkcylindern besteht, die man in ein Quart
angesaͤuerten Wassers tauchen kann. Zwei Halbkreise von stark magnetisirtem
Stahl bilden einen ganzen Kreis, welcher nur an den zwei entgegengesezten Polen
unterbrochen ist, und innerhalb dieses Kreises, der horizontal liegt, bewegt sich
das galvanisirte eiserne Kreuz so, daß seine eisernen Segmente sich parallel und
sehr nahe dem magnetischen Kreise und auch in derselben Ebene drehen. Seine Achse
ist an ihrem oberen
Ende mit einem horizontalen Stirnrade versehen, welches in ein anderes und
groͤßeres senkrechtes Rad eingreift, an dessen horizontale Achse Gewichte
gehaͤngt sind, die durch das Aufwikeln eines Seiles gehoben werden. Sobald
die kleine Batterie, welche die Kraft erzeugen soll, mit verduͤnnter
Saͤure gespeist und gehoͤrig mit der Maschine verbunden wird, beginnt
die Bewegung, indem sich das eiserne Kreuz mit seinen kreisfoͤrmigen
Segmenten oder Flanken horizontal dreht. Durch die galvanische Verbindung werden
diese Kreuze und die mit ihnen verbundenen Segmente magnetisirt, d.h. sie erlangen
an ihren entgegengesezten Enden noͤrdliche und suͤdliche
Polaritaͤt, und da sie so der Anziehungs- und Abstoßungskraft der
kreisfoͤrmigen befestigten Magnete ausgesezt sind, so entsteht eine rasche
horizontale Bewegung; es kommen naͤmlich 200 bis 300 Umdrehungen auf die
Minute, wenn eine kleine Batterie, und uͤber 600, wenn ein großer Calorimotor
angewandt wird. Das Seil wurde mit einem angehaͤngten Gewichte von 14 Pfd.
aufgewunden und 28 Pfd. wurden vom Boden geluͤpft. Die Bewegung hoͤrt
augenbliklich auf, wenn man die Verbindung mit der Batterie unterbricht, und
laͤßt sich dann umkehren, indem man bloß die Verbindung der Drahte der
Batterie mit denen der Maschine verwechselt; in lezterem Falle erfolgt sie eben so
schnell in der entgegengesezten Richtung.
II. Rotirende Maschine, welche sowohl in
ihren fixen als beweglichen Theilen ganz aus Elektro-Magneten
besteht.
Eine solche Maschine hat Hr. Davenport im Maͤrz d. J. in New-York gezeigt. Sie ist
dieselbe wie die schon beschriebene, nur besteht der aͤußere fixe Kreis ganz
aus Elektromagneten; der aͤußere Kreis von permanenten Magneten ist
naͤmlich beseitigt und durch einen Kreis von weichem Eisen (Hufeisen) ersezt,
welcher in zwei Haͤlften abgetheile ist, um die Pole zu bilden. Diese
Halbkreise sind 1/8 Zoll dik, 1 Zoll breit und mit Kupferdraht umwunden, welcher
durch Baumwolle isolirt ist, auf jedem Halbkreise ungefaͤhr uͤber eine
Laͤnge von 10 Zoll sich erstrekt und durch eine doppelte Windung auf sich
selbst zuruͤkkehrt, so daß er zwei Drahtschichten bildet, die auf beiden
Halbkreisen ungefaͤhr 1500 Zoll ausmachen.
Das Eisen der Halbzirkel wurde nicht in seiner ganzen Laͤnge umwunden, sondern
man ließ beide Enden desselben hervorstehen und bog sie dann einwaͤrts, wie
Fig. 27
auf Tab. VI. zeigt; jedes einwaͤrts gebogene und nicht umwundene Ende hat
ungefaͤhr 1/3 von der Laͤnge des Halbzirkels. Die so hergerichteten
Halbzirkel, welche nun
nach Belieben in galvanische Magnete verwandelt werden konnten, wurden in der oben
beschriebenen Maschine an die Stelle der permanenten Stahlmagnete gebracht. Um nur
eine einzige Batterie noͤthig zu haben, ordnete man die Leitungsdrahte so an,
daß derselbe Strom sowohl die Magnete des Triebrades, als auch die um dasselbe
befindlichen stationaͤren Magnete speiste. Die stationaͤren
galvanischen Magnete, durch welche die permanenten staͤhlernen ersezt wurden,
waren uͤbrigens nur halb so schwer als leztere.
Obgleich diese Einrichtung des Apparates gewiß noch nicht die vollkommenste genannt
werden kann, so luͤpfte er doch mit einer Batterie, welche in ein Quart
verduͤnnte Saͤure getaucht werden koͤnnte, 16 Pfd. sehr schnell
und machte nach Beseitigung des Gewichts uͤber 600 Umdrehungen in der
Minute.
Die Maschine war so empfindlich gegen die magnetische Kraft, daß sie schon in rasche
Bewegung kam, als man die Batterie nur einen Zoll tief in das gesaͤuerte
Wasser tauchte. Mit Elektromagneten versehen, zeigte sie eine groͤßere
Wirkung als mit permanenten Magneten; denn als man bei ersteren nur eine Batterie
von 3 1/2 Zoll Durchmesser und 5 1/2 Zoll Hoͤhe, bestehend aus drei
concentrischen Kupfer- und drei Zinkcylindern anwandte, uͤbte sie eine
eben so große Kraft aus, als wenn man bei den permanenten Magneten die
groͤßten Batterien und sogar einen großen Calorimotor gebrauchte. Als man die
bloß mit Elektromagneten ausgeruͤstete Maschine mit der kleinen Batterie
verband, drehte sie sich so rasch, daß sie ein lebhaftes Gesumse hervorbrachte und
einen großen Tisch, worauf sie stand, heftig erschuͤtterte.
Obgleich sowohl die stationaͤren als die sich umdrehenden Magnete von einer
und derselben Batterie magnetisirt wurden, so war doch die magnetische Kraft nicht
sogleich vernichtet, als man die Verbindung zwischen der Batterie und dem
stationaͤren Magnet unterbrach; denn die Maschine vollbrachte dann ihre
Umdrehungen noch immer mit großer, obgleich verminderter Geschwindigkeit; dieß ist
fuͤr die Praxis wichtig, weil es beweist, daß man einige Zeit auf
Veraͤnderungen an dem Apparate verwenden kann, ohne daß die Bewegung der
Maschine deßhalb aufgehalten wuͤrde.
Aus den angefuͤhrten Thatsachen geht nun offenbar hervor: 1) daß der
Elektromagnetismus sehr wohl benuzt werden kann, um eine rotirende Bewegung
hervorzubringen; 2) daß man durchaus nicht noͤthig hat permanente Magnete zu
benuzen, vielmehr Elektromagnete sowohl fuͤr die beweglichen als fuͤr
die stationaͤren Theile der Maschine bei weitem vorzuziehen sind; 3) daß die
Kraft einer solchen Maschine uͤber jede bisher erreichte und vielleicht
uͤber jede bestimmbare Graͤnze gesteigert werden kann. Sowohl der Erfinder als diejenigen
Gelehrten in New-York, welche die Maschine bisher untersuchten und
pruͤften, hegen die groͤßten Erwartungen von den dereinstigen
Leistungen. einer im Großen mit den noͤthigen Modificationen
ausgefuͤhrten.