Titel: | Arago's Versuche mit einem Fourneyron'schen Kreiselrade in Gisors. |
Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. I., S. 2 |
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I.
Arago's Versuche mit
einem Fourneyron'schen
Kreiselrade in Gisors.
Arago's Versuche mit einem Fourneyron'schen
Kreiselrade.
Die Stadt Paris wird durch vier Dampfmaschinen an verschiedenen Punkten mit
Seinewasser versehen, an einem fuͤnften Punkte durch ein Wasserrad, dessen
Wirkung dem Anscheine nach sich, ohne die uͤbrigen Verhaͤltnisse des
Stromes zu stoͤren, bedeutend verstaͤrken laͤßt, wenn man eine
kraͤftigere Maschine an dessen Stelle sezt. Nach genaueren Messungen ergab
sich, daß eine Kraft gewonnen werden konnte, welche gleich der Wirkung von 100
Kubikmeter Wasser in der Secunde auf 1 1/2 Meter Gefalle, oder gleich 2000
Pferdekraͤften ist. Nichtsdestoweniger sollte zur Bewegung der Maschine das
vortheilhafteste Bewegungsmittel angewendet werden, und Arago schlug ein Fourneyron'sches Kreiselrad
vor und ließ vom Erfinder selbst den Plan dazu entwerfen.Die Theorie des Fourneyron'schen Kreiselrades ist
in der Beschreibung desselben im Polyt. Journal Bd. LIII. S. 241 entwikelt.A. d. R. Freilich fand dieser Vorschlag manchen Widerspruch, vorzuͤglich in
Folge des Mißtrauens, welches man in die vortheilhafte Wirkung der
Kreiselraͤder sezte, und es schien daher fast nothwendig. Versuche mit
Kreiselraͤdern, namentlich unter solchen Verhaͤltnissen anzustellen,
unter welchen das hier zu bauende wirken sollte, naͤmlich bei niederem
Gefaͤlle, und wenn das Rad tief im Wasser wendet.
In der Naͤhe von Paris, in Irval bei Gisors, befindet sich ein Kreiselrad mit
einem Gefaͤlle von wenigstens 2 Meter; es sezt 400 Webstuͤhle in
Bewegung und schien sich nicht zu dem Versuche zu eignen, da bei dessen Stillstand
3–400 Arbeiter der Arbeit beraubt wurden; der Besitzer uͤberließ
jedoch mit Uneigennuͤzigkeit aus Interesse fuͤr das Gemeinwohl,
dasselbe waͤhrend 2 1/2 Tagen einer Commission zur Anstellung von Versuchen,
welche aus den HH. Mary, de Saint-Léger,
Maniel und Fourneyron bestand. Die mitgetheilte
Tabelle enthaͤlt die Resultate der mit groͤßter Genauigkeit
angestellten Versuche, durch welche das Kreiselrad ebenfalls zu den besten der
bekannten hydraulischen Maschinen erhoben wird.
In Bezug auf das Detail der Versuche erwaͤhnen wir, daß fuͤr
gewoͤhnlich das zum Versuche benuzte Rad mit 2 Meter Gefaͤlle arbeitet und nur
4–5 Decimeter eingetaucht ist. Man construirte daher im Abflußcanale einen
Schuz, welcher hoͤher als das Niveau des Kreiselrades lag, und vor welchem
das Abflußwasser aufgestaut wurde, bevor es seinen Abzug nehmen konnte; dadurch
erhielt man Gelegenheit, das Kreiselrad so tief einzutauchen, als man wollte, und
das abfließende zu kubiciren. Die verschiedenen Hoͤhen des Aufschlagwassers
bei den drei auf einander folgenden Versuchsreihen regulirte man mit der
Aufschlagsschuͤze, durch welche das Wasser im Aufschlagcanale gestellt werden
konnte.
Bei der ersten Versuchsreihe erhoͤhte man die Abflußschwelle so, daß das
Gefaͤlle des Aufschlagwassers auf 1,177 und 1,127 Meter ermaͤßigt
wurde; beim zweiten Versuche erreichte man durch dasselbe Mittel eine
Gefaͤllverminderung bis auf 0,598 und 0,626 Meter; bei der dritten
Versuchsreihe endlich erlangte man durch Regulirung der Aufschlagwasserhoͤhe
ein Gefaͤlle von 0,293 und 0,317 Meter. In der ersten Versuchsreihe war das
Rad schon vollkommen eingetaucht und hatte 1,15 Met. Wasserhoͤhe uͤber
der unteren, 0,77 Met. uͤber der oberen Ebene. Bei der zweiten und dritten
Reihe betrug die Tiefe der Eintauchung 1,505 und 1,36 uͤber der oberen, und
1,885 und 1,74 uͤber der unteren Ebene. Die Kubicirung erfolgte durchgehends
durch Beobachten der Wasserhoͤhe der uͤber die Abflußschwelle
fließenden Wasserschicht mittelst eines Schwimmers, welcher in ruhendem Wasser
stand. Der Nullpunkt des Schwimmers entsprach dem Niveau der Abflußschwelle.
Zugleich beobachtete man die moͤglichen Verluste, welche man an Wasser
erfahren konnte, und berechnete die uͤberfließende Wassermenge nach der von
d'Aubuisson angegebenen Formel.
Das Bremsdynamometer, welches zur Ausmittelung der Leistung diente, hatte 1,308 Meter
Durchmesser, und bestand aus einem auf der Welle befestigten gußeisernen Ringe; um
denselben und dadurch die reibenden Flaͤchen immer kuͤhl zu halten,
wurde in eine ringfoͤrmige Rinne auf demselben immer Wasser gesprizt, welches
durch eine Hebervorrichtung wieder abfloß. Der Ring wurde von zwei Dynamometerbeken
umfaßt, welche an Balken befestigt waren, die ein geschikter Arbeiter immer mit der
erforderlichen Kraft zusammenpreßte; der obere Balken trug an seinem Ende ein
Zirkelstuͤk von 4,103 M. Kruͤmmungshalbmesser, von welchem ein Seil
uͤber eine Rolle nach einer Waagschale fuͤhrte. Indem man die
Ringflaͤche immer geschmiert erhielt und die ganze Vorrichtung sehr
aufmerksam behandelte, erreichte man es, daß die Gewichtsschale nur Oscillationen
von 0,2 Meter Laͤnge machte. Natuͤrlich war fuͤr Widerlager
gesorgt, durch welche jeder Unfall vermieden worden waͤre, wenn der Hebel zum Ausschlagen gekommen
waͤre. Bei den Versuchen wurde der Zaun durch Gegengewichte im Gleichgewichte
erhalten, daß er nicht auf den Ring preßte.
Der Zaum selbst war nicht an der vertikalen Radwelle, sondern an einer durch
Winkelraͤder mit ihr verbundenen horizontalen Welle angebracht. Uebrigens
sind die fuͤr den Wirkungsgrad in der lezten Colonne enthaltenen Werthe
offenbar zu klein, da sie um das ganze Hinderniß, welches durch die Fortleitung der
Kraft in die Maschine gebracht wurde, vermehrt werden muͤßten.
Textabbildung Bd. 66, S. 3
Wirkliches Gefaͤlle;
Belastung des Dynamomet; Zahl der Umdrehungen; Wasserhoͤhe uͤber
der Abflußschwelle; Wirksames Wasservolum. in der Secund.; Theoretischer Effect
in Pferdekraͤften; Beobachteter Effect in Pferdekraͤften;
Wirkungsgrad; Meter; Kilogr.; Kubikmeter; Erste Reihe; Zweite Reihe; Dritte
Reihe; Mittel
(Aus den Comptes rendus
hebdomaires des séances de l'academie des sciences 1837 No.
9, im polyt.
Centralblatt, No. 36.)