Titel: | Ueber die Veränderungen, welche die unter der Benennung Argentan oder Neusilber bekannten Legirungen von Kupfer, Zink und Nikel, durch die Nahrungsmittel erleiden; von Darcet. |
Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. XXVII., S. 139 |
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XXVII.
Ueber die Veraͤnderungen, welche die unter
der Benennung Argentan oder Neusilber bekannten Legirungen von Kupfer, Zink und Nikel, durch die
Nahrungsmittel erleiden; von Darcet.
Aus dem Journal de Pharmacie. Mai 1837, S.
223.
Darcet, uͤber Anwendung des Argentans.
Die Legirungen des Nikels mit Kupfer, Zink, Zinn und Eisen, welche man schon seit
Jahrhunderten in China allgemein anwendet, kamen erst in der neuesten Zeit in Europa
theils fuͤr Luxusgegenstaͤnde, theils aber auch zu
Tafelgeraͤthe in Gebrauch.
Diese unter der Benennung Argentan oder Neusilber bekannten Legirungen haben eine so
große Aehnlichkeit mit Silber, besonders solchem von zweitem Gehalt (d.h. welches
800 Tausendtheile Feinsilber enthaͤlt), daß man sehr leicht getaͤuscht
werden kann; bisweilen enthalten sie nur Nikel, Kupfer und Zink; gewoͤhnlich
findet man darin aber auch Zinn und Eisen. Das Verhaͤltnis dieser Metalle ist
darin sehr verschieden; wir wollen, um dieß zu zeigen, die Zusammensezung zweier
Argentanproben mittheilen, wovon die mit A bezeichnete
die einfachste, die mit B bezeichnete aber die
complicirteste Legirung ist, welche uns vorkam.
Argentan A.
Argentan B.
Kupfer
50,00
Hupfer
55
Zink
31,25
Zink
17
Nikel
18,75
Nikel
23
––––––
Eisen
3
100
Zinn
2
Einige Sorten enthalten außerdem Schwefel und Hr. Henry
jun. fand in einer auch Spuren von Schwefelarsenik.
Wir wollen nun sehen, in wie fern das Argentan der Gesundheit nachtheilig werden
kann, wenn man es zu Tafel- oder Kuͤchengeraͤthe verwendet.
Die Silberwaaren koͤnnen (in Frankreich) gesezlich
von zweierlei Gehalt verfertigt werden; die von erstem
Gehalt bestehen aus 50 Kupfer und 950 Silber, die vom zweiten Gehalt aus 800 Silber und 200 Kupfer.
Vergleichung des Argentans mit Silberwaare von erstem
Gehalt.
Das Argentan ist weniger weiß und roͤthlicher als Silber von erstem Gehalt.
Man bemerkt den Unterschied besonders leicht, wenn man die Legirungen nach dem
Poliren mit einander vergleicht. Silberwaare von erstem Gehalt wird durch die fetten oder sauren
Nahrungsmittel, welche gewoͤhnlich in den Kuͤchen vorkommen, selbst
nach langer Zeit kaum angegriffen.
Ich ließ einen Loͤffel von diesem Gehalt fuͤnf Tage lang in Salat
liegen, welcher mit Holzessig stark gesaͤuert war; er zeigte dann bloß einige
irisirende Stellen und kleine braune Fleken und es bildeten sich durchaus keine
gruͤnlichen Kupfersalze auf seiner Oberflaͤche.Ich spreche hier bloß von der sichtbaren Veraͤnderung: denn es ist
bekannt, daß man nicht ohne Gefahr Nahrungsmittel verzehren koͤnnte,
die in einem Gefaͤß aus Silber von erstem Gehalt verweilten und
erkalteten; man braucht einen silbernen Loͤffel von diesem Gehalt nur
einige Stunden in einer gehoͤrig gezukerten Infusion von Veilchen
oder Lindenbluͤthen liegen zu lassen, um diesen Fluͤssigkeiten
einen sehr auffallenden und unangenehmen Metallgeschmak zu ertheilen.A. d. O.
Das Argentan verhaͤlt sich ganz anders, denn es wird unter denselben
Umstaͤnden stark angegriffen, wie wir sogleich sehen werden.
Vergleichung des Argentans mit Silberwaare von zweitem
Gehalt.
Diese Legirungen sind in der Farbe einander so aͤhnlich, daß es beinahe
unmoͤglich ist, sie dadurch von einander zu unterscheiden; die Reagentien
wirken aber sehr verschieden darauf. Man stellte damit folgende vergleichende
Versuche an:
Burgunder Wein. Silber von zweitem Gehalt blieb darin
weiß und ohne einen Flek von Kupfersalz; das Argentan faͤrbte sich
dunkelbraun, ohne gruͤne Fleken zu bekommen.
Tafelessig. Das Silber behielt darin seine Weiße, bekam
aber einige gruͤne Fleken; das Argentan faͤrbte sich darin
gruͤnlichschwarz und bekam viele gruͤne Fleken.
Olivenoͤhl. Das Silber blieb weiß und in das Oehl
kam kein Kupferoxyd; das Argentan wurde roͤthlich und faͤrbte das Oehl
ein wenig gruͤn.
Kochsalzaufloͤsung. Das Silber uͤberzog
sich mit einer gleichfoͤrmigen gruͤnen Schichte; das Argentan
faͤrbte sich roͤthlichbraun, ohne jedoch gruͤne Fleken zu
bekommen.
Cichoriesalat. Silber von zweitem Gehalt behielt darin
seine Weiße, jedoch zeigten einige Stellen weiße Punkte und andere uͤberzogen
sich mit einem gruͤnen Kupfersalz. Das Argentan faͤrbte sich
ungleichfoͤrmig schwarz und uͤberzog sich mit ein wenig
gruͤnlichem Kupfersalz.
Essigsaͤure. Das Silber blieb weiß, bekam aber
gruͤnliche Fleken; das Argentan wurde schwarz und erhielt noch mehr gruͤne Fleken als
das Silber.
Weinsteinsaͤure. Das Silber blieb weiß und erhielt
nur wenige gruͤne Fleken; das Argentan faͤrbte sich schwarz und bekam
einige gruͤnlichblaue Fleken.
Kleesaͤure. Das Silber blieb weiß und bekam keine
Fleken; das Argentan wurde schwarz, ohne gruͤnliche Fleken zu bekommen.
Salmiakaufloͤsung. Dieses Reagens greift das
Silber von geringerem Gehalt leicht an und erzeugt auf ihm viel gruͤnes
Kupfersalz; es faͤrbt das Argentan schwarz, erzeugt darauf jedoch nicht so
viel gruͤne Fleken wie auf dem Silber.
Aus diesen verschiedenen Versuchen geht nun hervor:
1) daß das Argentan von den Reagentien leichter angegriffen wird als Silber von
erstem Gehalt;
2) daß in dieser Hinsicht ein geringerer Unterschied zwischen Argentan und Silber von
zweitem Gehalt Statt findet und unter gleichen Umstaͤnden gewisse Reagentien
das Argentan sogar weniger anzugreifen scheinen als das Silber von zweitem
Gehalt.
Wir sind gewiß weit entfernt anzunehmen, daß das Argentan ohne allen Nachtheil
fuͤr die Gesundheit, zu Kuͤchengeraͤthe benuzt werden kann;
vergleicht man aber diese Legirung mit Silber von zweitem Gehalt, dessen Anwendung
hiezu gesezlich erlaubt und ziemlich haͤufig ist, so sieht man nicht ein, wie
seine Benuzung dazu mit Recht verboten werden koͤnnte.
––––––––––
Um die vorhergehenden Bemerkungen zu ergaͤnzen, fuͤgen wir ihnen noch
Liebig's Resultate bei, indem wir aus seinen Annalen
der Pharmacie folgende Thatsachen ausziehen:
Das Argentan besizt die Farbe des Silbers von 12/16 oder 750 Tausendtheilen Gehalt;
es ist sehr dehnbar und einer schoͤnen Politur faͤhig, oxydirt sich
schwer und verliert selbst nach mehrjaͤhrigem Gebrauch weder seine weiße
Farbe noch seinen Glanz.
Legt man einen 3 Unzen schweren Argentanloͤffel in starken Essig, so daß er
von der Fluͤssigkeit ganz bedekt und kein Theil desselben mit der Luft in
Beruͤhrung ist, so faͤrbt sich das Metall nach 36 bis 48 Stunden in
der Fluͤssigkeit schwarz; leztere enthaͤlt dann Spuren von Kupfer und
Zink, jedoch in fast unwaͤgbarer Menge; laͤßt man hingegen den
Loͤffel nur zur Haͤlfte von der Fluͤssigkeit bedekt, so bildet
sich an der Stelle, welche sowohl mit der Luft als dem Essig in Beruͤhrung
ist, ein Gruͤnspanring.
Man ließ auf diese Art in 6 Unzen Essig einen 3 Unzen schweren Loͤffel 48 Stunden lang
liegen; die 6 Unzen oder 187 Gramme Essig hatten dann 0,017 Gramme Kupferoxyd
aufgeloͤst, welche 0,013 metallischem Kupfer entsprechen.
Eben so wurden Loͤffel aus Messing, Kupfer und Silber von zweitem Gehalt
behandelt; nach 48 Stunden hatte der Loͤffel
aus Messing verloren
0,104
der aus Kupfer
0,087
und der aus Silber
0,0075
so daß, wenn man die Schaͤdlichkeit dieser
verschiedenen Substanzen nach der Menge des aufgeloͤsten Metalles in Zahlen
ausdruͤkt, man erhaͤlt fuͤr
das Messing
8
das Kupfer
7
das Argentan
1
und das Silber von zweitem Gehalt
1/2.
Hinsichtlich des im Argentan enthaltenen Zinks wurde durch directe Versuche erwiesen,
daß 6 Unzen Essig, welche mit einem Argentanloͤffel 48 Stuͤnden lang
in Beruͤhrung waren, zwar Zink aufgeloͤst hatten, aber in so geringer
Menge, daß es sich nur durch die empfindlichsten Reagentien entdeken ließ.
In Bezug auf einen Arsenikgehalt des Nikels ist zu bemerken, daß es schon deßhalb im
Interesse der Argentanfabrikanten liegt, das Nikel ganz von Arsenik zu reinigen,
weil selbst eine hoͤchst geringe Menge Arsenik das Argentan sproͤde
macht und ihm seine Dehnbarkeit benimmt. Liebig hat
mehrere Muster von Argentan aus verschiedenen deutschen Fabriken untersucht, welche
sich vollkommen arsenikfrei zeigten; niemals aber betrug der Arsenik uͤber
1/1000 vom Gewichte des Nikels. Gesezt nun das Nikel enthalte 1/1000 Arsenik und es
wuͤrden alle Bestandtheile der Legirung im Verhaͤltniß ihrer
respectiven Menge vom Essig aufgeloͤst, so muͤssen 6 Unzen Essig,
welche nach 48stuͤndiger Beruͤhrung mit Argentan 0,013 Gramme Kupfer
aufloͤsten, auch beilaͤufig 1/266 Milligramm Arsenik aufgenommen
haben, und wenn folglich Jemand taͤglich eine Unze von diesem ungesunden
Essig nehmen wuͤrde, so waͤren 98952 Tage oder 276 Jahre erforderlich,
damit er einen Gran Arsenik bekommt; auch enthalten viele von den gewoͤhnlich
gebraͤuchlichen Metallen, wie z.B. das Antimon und selbst das Zinn eine bei
weitem groͤßere Menge Arsenik.