Titel: | Ueber das Oehl der aus Getreide destillirten Getränke. |
Fundstelle: | Band 66, Jahrgang 1837, Nr. LXXXI., S. 371 |
Download: | XML |
LXXXI.
Ueber das Oehl der aus Getreide destillirten
Getraͤnke.
Ueber das Oehl der aus Getreide destillirten
Getraͤnke.
Die interessanten Untersuchungen von Liebig und Pelouze uͤber den
Denanthsaͤure-Aether, welcher den Weinen ihren charakteristischen
Geruch ertheilt (polyt. Journ. Bd. LXIV. S.
61) mußten zu der Vermuthung fuͤhren, daß das aͤtherische
Oehl der aus Getreide destillirten geistigen Getraͤnke demjenigen gleich
kommt, welches man bei der Destillation des eigentlichen Branntweins erhaͤlt.
Diese Vermuthung hat Hr. G. J. Mulder wirklich
bestaͤtigt gefunden und wir theilen aus seiner ausfuͤhrlichen
Abhandlung uͤber diesen Gegenstand (Pogg. Annalen 1837, Nr. 8)
folgendes den Technikern Wissenswerthe mit:
Bei erster Destillation der Fluͤssigkeit aus gegohrenem Getreide bleibt in dem
Apparat, durch welchen die uͤberdestillirte schwache Fluͤssigkeit
gegangen ist, eine dunkelbraune, fette und uͤbelriechende Substanz
zuruͤk, die nach einer abermaligen Destillation gruͤnlich ist, von
Kupfergehalt.
Destillirt man diese fettige Substanz mit einer schwachen Aufloͤsung von
kohlensaurem Natron, so bekommt man auf dem Wasser in der Vorlage ein Oehl in ganz
geringer Menge, welches man durch abermalige Destillation uͤber eine schwache
Loͤsung von kohlensaurem Natron, und durch sorgfaͤltiges Troknen
uͤber Chlorcalcium rein erhaͤlt.
Dieß Oehl ist hell gruͤngelb, sehr durchdringend von Geruch und scharf von
Geschmak. Von kohlensauren Alkalien wird es nicht veraͤndert, von
aͤzenden aber zersezt und eine fette Saͤure daraus abgeschieden,
welche Oenanthsaͤure ist. Dieselbe laͤßt sich dann aus dem Alkali, mit
dem das rohe Oehl destillirt worden ist, durch Schwefelsaͤure absondern.
Das rohe Fuseloͤhl von Malzbranntwein ist naͤmlich kein einfaches Oehl,
sondern besteht aus zwei aͤtherischen Oehlen, aus Oenanthaͤther und einem eigenen Oehl, welches man Kornoͤhl (Oleum
siticum) nennen kann. Durch die Destillation des rohen Oehls uͤber
Aezkali wird der Oenanthaͤther zersezt und Oenanthsaͤure gebildet,
welche wie erwaͤhnt durch Schwefelsaͤure von dem Kali abgesondert
werden kann. Wird bei der Destillation des rohen Oehls die Kalilauge concentrirt
angewandt, so loͤst sich das Oehl ganz in Kali auf, zu einer klaren, nicht
braunen Fluͤssigkeit. Destillirt man aber die Kalilauge, nach
Hinzufuͤgung von Wasser, so geht erst Alkohol und dann das fluͤchtige
Kornoͤhl uͤber, welches aͤhnlich aber starker als das rohe
riecht und von dikfluͤssiger Consistenz ist. Es besteht aus:
Kohlenstoff
85,46
24
Atom.
Wasserstoff
9,88
34
–
Sauerstoff
4,66
1
–
––––––
100,00
Durch eine starke Kalilauge wird das Kornoͤhl in eine braune feste Substanz
verwandelt und ganz zersezt.
Destillirt man das rohe Oehl, so kocht es bei 281° C., wird aber schon bei
150° C. braun.
Was nach dem Abdestilliren von dem rohen Oehl in der Retorte zuruͤkgeblieben
ist (S. 370), enthaͤlt neben der fetten Saͤure und dem
uͤberschuͤssigen kohlensauren Natron auch Kupferoxyd. Dieß Gemenge mit
Wasser ausgekocht, filtrirt und die Fluͤssigkeit mit Schwefelsaͤure
gesaͤttigt, gibt auf der Oberflaͤche eine Lage Fettstoff. Dieser mit
Wasser abgespuͤlt und in Alkohol geloͤst, zeigt sich beim Verdunsten
in dreierlei Gestalten. Geschieht die Verdunstung schnell, so bekommt man einen
butterartigen Stoff, welcher ein Monohydrat von Oenanthsaͤure ist. Geschieht
die Verdunstung sehr langsam, aus einem hohen Cylinderglase, so bekommt man obenauf
eine Lage eines klaren Oehls, und unten an dieser Lage bilden sich Krystalle, denen
beim Niedersinken
andere folgen. Diese Krystalle sind wasserfreie Oenanthsaͤure; das Oehl ist
ein Bihydrat derselben.
Aus diesen Versuchen folgt, daß die schoͤne Entdekung von Liebig und Pelouze auch
uͤber den Malzbranntwein oder den aus Getreide destillirten Weingeist Licht
verbreitet, und daß vermuthlich der Oenanthaͤther bei allen
Weingaͤhrungen gebildet wird.
Den Gehalt des Branntweins und Malzbranntweins an Oenanthaͤther und
Oenanthsaͤure kann man durch aͤzendes und kohlensaures Natron ganz
leicht bestimmen. Man destillirt die Fluͤssigkeit mit dieser Substanz und
fuͤgt Schwefelsaͤure zu dem Ruͤkstande, filtrirt, und berechnet
aus dem Atomverhalten des Aethers, der Saͤure und des Kornoͤhls die
Quantitaͤten.
5 Kilogr. Malzbranntwein wurden mit 30 Gr. kohlensaurem Natron destillirt. Nachdem
die Haͤlfte uͤbergetrieben worden war, wurde diese wieder in die
Retorte gethan und abermals destillirt. Nach Filtration des Ruͤkstandes,
Hinzufuͤgung von Schwefelsaͤure und Sammlung des Fettes auf einem
Filtrum, blieb an Oenanthsaͤure zuruͤk 0,155 Grm. 5 Kilogr.
Malzbranntwein mit 10 Grm. Aeznatron destillirt, gaben 0,189 Grm.
Oenanthsaͤure.
Es sind also in 1000 Theilen Malzbranntwein:
I. Versuch
II. Versuch.
Oenanthsaͤure
0,031
0,038
Oenanthaͤther
0,009
0,009
Kornoͤhl
0,005
0,005
1000 Theile Franzbranntwein enthielten:
Oenanthsaͤure
0,011
Oenanthaͤther
0,007.