Titel: | Ueber einen Holzbohrer zum Gebrauch auf der Drehbank; vom Director Karmarsch. |
Fundstelle: | Band 67, Jahrgang 1838, Nr. CVI., S. 409 |
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CVI.
Ueber einen Holzbohrer zum Gebrauch auf der
Drehbank; vom Director Karmarsch.Mittheilungen des hannoͤver'schen Gewerbevereins, 1837, 14. Lief.
Mit Abbildungen auf Tab.
VII.
Karmarsch's Holzbohrer fuͤr die Drehbank.
Die Kenntniß des im Nachfolgenden beschriebenen Bohrers verdanke ich einer
gefaͤlligen Mittheilung des Hrn. Professors Schneider in Braunschweig. Ein Holzdrechsler daselbst
bedient sich dieses Bohrers, wie er angibt, mit vielem Vortheile, um Loͤcher
rein und gerade nach der Richtung der Fasern in das Holz zu bohren. Er soll sich
naͤmlich nicht leicht verlaufen. In Leipzig und der dortigen Gegend sollen
sich die Drechsler solcher Bohrer bedienen, um Pfeifenroͤhre, und namentlich
die langen Pfeifenspizen von Horn, zu bohren.Auch die hiesigen Drechsler gebrauchen einen etwas
aͤhnlichen Bohrer zu Horn. Bekanntlich sind diese Pfeifenspizen oft 9 bis 12 Zoll lang, und
muͤssen genau gebohrt werden, wozu sich ein gewoͤhnlicher
Loͤffelbohrer von der erforderlichen Dimension (hoͤchstens 1 1/2 Linie
Durchmesser) nicht gut
eignet: einerseits wegen des Einreißens in das blaͤttrige Horn, andererseits
wegen Mangels der noͤthigen Staͤrke bei der in Beziehung auf seinen
Durchmesser bedeutenden Laͤnge.
In Fig. 73 ist
A die Seitenansicht, B
die vordere Flaͤchenansicht, C die hintere
Flaͤchenansicht, D der Querdurchschnitt (nach x, y) des Bohrers, welcher von allen sonst
gebraͤuchlichen Holzbohrern sehr abweicht, und sich mehr der Gestalt eines
Metallbohrers naͤhert. Das schneidende Ende wird anfaͤnglich wie die
Bohrspize eines Metallbohrers zugerichtet (s. die Seitenansicht bei E), mit dem Unterschiede, daß die schneidigen Kanten an
einer und derselben Flaͤche liegen; hierauf abgebogen (wie A angibt), gehaͤrtet und geschliffen. Der Schaft
ist rund (walzenfoͤrmig); die schraͤgen, in der Spize a zusammenlaufenden Linien a, o,
a, o bezeichnen die zwei Schneiden, von welchen immer nur Eine – bei
derselben Richtung der Umdrehung – wirkt. Der Bohrer wird mittelst eines
Heftes in der Hand gehalten, und an das in der Drehbank umlaufende Holzstuͤk
angedruͤkt. –
Ich habe nach der mir mitgetheilten Zeichnung einige Bohrer, von 3 Linien bis zu 1
Zoll im Durchmesser, verfertigen und damit Versuche anstellen lassen. Bei den
lezteren zeigten sich bald, ungeachtet der Bohrer ziemlich leicht und schnell selbst
auf hartem Holze angriff, einige Maͤngel. Der Bohrer wich naͤmlich
leicht vom Centrum ab; mußte oft herausgezogen werden, da er wenig Raum fuͤr
die Spaͤne darbot, und machte starke Reifen in das Loch, weil beim
jedesmaligen Wiedereinsteken die Eken o, o in den schon
fertigen Theil des Loches einschnitten. Die stumpfe Eke c auf der hinteren Flaͤche (s. Fig. 73, A) rieb sich stark an dem Holze, und schien den Bohrer
aus der Mitte des Loches wegzudraͤngen.
Nach diesen Beobachtungen wurden folgende Abaͤnderungen, und zwar mit dem
besten Erfolge, unternommen:
1) Die Eken o, o wurden stark
abgerundet, so daß nun die Schneiden a, o, a, o
durch einen sanften Bogen in den Hals des Bohrers uͤbergehen;
2) die Eke c wurde weggeschliffen, so daß an deren Stelle
eine kleine fast ebene Flache getreten ist, durch welche die Abplattung n (Fig. C
) unmerklich gegen die Spize hin verlaͤuft;
3) auf der vorderen Flaͤche wurde der Bohrer staͤrker (ungefaͤhr
nach Angabe der punktirten Linie o, z in Fig. A
) abgefeilt, so daß ein groͤßerer Raum fuͤr die Spaͤne
entstanden ist.
Wichtig ist, daß die Spize a genau in der Achse (der
gewoͤhnlichen Sprechart nach im Mittelpunkte) des Bohrers liege, wie die
punktirte Linie a, b andeutet; und daß man die Schneiden
a, o, a, o
scharf genug mache, was
durch eine hinreichend schraͤge Lage der zwei in Fig. C
sichtbaren Facetten erreicht wird.
In der angegebenen, etwas veraͤnderten Gestalt arbeitet der Bohrer zu
vollkommener Zufriedenheit. Selbst ein zollgroßes Loch wird damit ohne Anstrengung
und ohne mit einem kleineren Bohrer vorzubohren, schnell hergestellt. Er dringt auch
in harte Hoͤlzer (Nußbaum, Apfelbaum, Roth- und Weißbuchen) rasch ein,
geht selbst auf bedeutende Tiefe ganz gerade, und macht ein sehr glattes, rundes und
regelmaͤßiges Loch. Tannenholz laͤßt sich damit nicht weniger
schoͤn und rein bohren, als die harten und dichten Holzarten.
Hienach ist dieser Bohrer, gut gemacht, den Holzdrechslern unbedenklich zu
empfehlen.