Titel: | Theorie der Cementation; von den HH. F. Leplay und A. Laurent. |
Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XIV., S. 49 |
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XIV.
Theorie der Cementation; von den HH. F. Leplay und A. Laurent.Wir haben bereits im polytechnischen Journal Bd. LXIII. S. 282 und Bd. LXVI. S.
395 einen Auszug aus dieser Abhandlung mitgetheilt.A. d. R.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. August 1837,
S. 403.
Leplay's und Laurent's Theorie der Cementation.
Erster Theil.
Betrachtet man die zahlreichen Reactionen, welche Statt finden, wenn zwei
verschiedenartige Koͤrper mit einander in Beruͤhrung kommen, so zeigt
sich, daß immer wenigstens einer von beiden im fluͤssigen oder
gasfoͤrmigen Zustande seyn muß; nur ein Koͤrper, der Kohlenstoff, zeigt eine auffallende Anomalie bei den
meisten seiner Reactionen. Bekanntlich vermag er naͤmlich eine große Anzahl
unschmelzbarer oxydirter Koͤrper zu reduciren, ohne daß man die reagirenden
Molekuͤle in innige Beruͤhrung mit einander zu bringen braucht.
Einer von uns hat schon fruͤher in den Annales des
Mines nachgewiesen, daß auf den Eisen-, Blei-, Kupfer-
und Zinkhuͤtten die Kohle stets nur sehr unvollkommen mit den zu reducirenden
Oxyden in Beruͤhrung ist, und daß die Reduction sogar um so besser erfolgt,
je unvollkommener diese Beruͤhrung ist: er schloß daraus, daß sie ganz
unnuͤz ist und daß, weil notwendig ein fluͤssiger reducirender Koͤrper vorhanden
seyn muß, dieser nur das Kohlenoxydgas seyn kann.
Noch viel auffallender ist aber die Reduction des rothen Eisenoxyds bei der
Cementation desselben in gefuͤtterten Tiegeln. Man weiß durch die Versuche
Berthier's: 1) daß dieser Koͤrper zuerst in
schwarzes Oxyd verwandelt wird, und daß, so lange in der Mitte noch ein Kern von
rothem Oxyd vorhanden ist, auf der Oberflaͤche desselben keine Spur von
reducirtem Eisen bemerklich wird; 2) daß, waͤhrend das schwarze Oxyd in den
Zustand von weichem Eisen uͤbergeht, sich kein Kohlenstoffeisen bildet, so
lange noch schwarzes Oxyd in der Mitte vorhanden ist.
Wenn der feste Kohlenstoff das reducirende Agens waͤre, so muͤßte man
also annehmen, daß er im ersten Fall eine Schichte schwarzen Eisenoxyds von irgend
einer Dike durchstreicht, ohne sie zu reduciren und daß er im zweiten durch eine
Masse weichen Eisens filtrirt, ohne sich im Geringsten damit zu verbinden.
Wirkung des Kohlenoxydgases auf verschiedene oxydirte
Verbindungen.
In keinem Handbuch der Metallurgie wird das Kohlenoxydgas speciell als desoxydirender
Koͤrper erwaͤhnt. Einige Schriftsteller bemerken zwar, daß die
Eisenerze durch die in den Hohoͤfen sich entbindenden kohlenstoffhaltigen
Gasarten zum Theil desoxydirt werden; sie lassen uns aber
in Ungewißheit, ob dieses durch Wasserstoff, Kohlenwasserstoff, Kohlenoxyd
geschieht, oder durch verschiedene brennbare Daͤmpfe, die sich aus einer
unvollkommen ausgegluͤhten Kohle entwikeln koͤnnen.
In vielen Handbuͤchern der Chemie ist von der Wirkung des Kohlenoxyds auf die
meisten Oxyde und Salze gar nicht die Rede. Endlich hat man bisher immer die
Reduction des Eisenoxyds der Einwirkung des festen Kohlenstoffs zugeschrieben, indem
man annahm, daß derselbe bei Anwendung gefuͤtterter Tiegel seine
urspruͤngliche Stelle verlaͤßt und in den Hohoͤfen ohnedieß
hinreichend mit dem Eisenoxyd in Beruͤhrung komme; den Umstand, daß man in
den Hohoͤfen die Kohle von den zu reducirenden Oxyden stets zu trennen
besorgt ist, vermochte man gar nicht zu erklaͤren.
Schon ohne positive Versuche ließ sich vermuthen, daß das Kohlenoxyd die meisten
durch Wasserstoff reducirbaren Oxyde zu desoxydiren im Stande ist. Bekanntlich geben
auch mehrere kleesaure Salze beim Gluͤhen ein Metall, ein Suboxyd oder ein
Kohlenmetall, waͤhrend sich gewoͤhnlich gleiche Volume Kohlenoxyd und
Kohlensaͤure entbinden: auf diese Art verschafft man sich das metallische
Kobal und Nikel, das
Kohlenstoffcerium etc. Uebrigens lassen folgende Versuche keinen Zweifel
daruͤber, welche Rolle das Kohlenoxyd in fast allen Faͤllen spielt, wo
man Kohle anwendet.
Wir brachten in eine Porzellanroͤhre, die durch einen Ofen gelegt war,
verschiedene Oxyde und Salze, und ließen uͤber dieselben bei
25–30° Wedgew. einen Strom trokenes Kohlenoxydgas streichen, welches
aus doppeltkleesaurem Kali und Schwefelsaͤure bereitet war, wobei wir
folgende Resultate erhielten.
Reines rothes Eisenoxyd, welches aus einer salpetersauren Aufloͤsung mit
Ammoniak niedergeschlagen war, gab vollkommen haͤmmerbares weiches Eisen. Ein
Stuͤk natuͤrliches rothes Eisenoxyd (Blutstein) wurde ebenfalls
reducirt. Als man lezteres bei einem Versuche gegen die Mitte der Operation
herausnahm, war es in sehr dichtes schwarzes Eisenoxyd verwandelt und mit einer
duͤnnen Schichte weichen Eisens uͤberzogen.
Kobalt-, Nikel- und Zinnoxyd wurden zu Metall reducirt; beßgleichen die
Wolframsaͤure.
Die Oxyde des Ceriums, Chroms und Titans erlitten hingegen keine
Veraͤnderung.
Krystalle von schwefelsaurem Baryt und Kalk wurden vollkommen in Schwefelmetalle
verwandelt.
Die Temperatur, bei welcher diese Reduction bewirkt wird, scheint dieselbe zu seyn,
welche das Wasserstoffgas unter gleichen Umstaͤnden erfordert. Wir ließen
zwei Apparate, wovon der eine Wasserstoff- und der andere Kohlenoxydgas
entwikelte, zu gleicher Zeit gehen und leiteten die Gasarten in zwei
Glasroͤhren, welche Eisenoxyd enthielten und auf demselben Rost schwach
erhizt wurden. Das Oxyd wurde in den zwei Roͤhren mit derselben Leichtigkeit
reducirt.
Theorie der Desoxydation durch das Cementiren.
Um zu beweisen, daß das Kohlenoxydgas das reducirende Agens in den
gefuͤtterten Tiegeln ist, stellten wir folgenden Versuch an, welcher zeigt,
daß die feste Kohle bei dieser Erscheinung keine Rolle spielt.
Wir legten einen Krystall von rothem Eisenoxyd auf einer kleinen laͤnglichen
Platinschale in eine Porzellanroͤhre, und vor ihn stellten wir ebenfalls auf
einer Platinschale ein Stuͤk Kohle in dieselbe Roͤhre. Das eine Ende
der Roͤhre wurde verschlossen, das andere aber mit einer Glasroͤhre
versehen, die unter Gloken in einer Queksilberwanne fuͤhrte. Die Temperatur
wurde auf 30–35° Wedgew. getrieben. Waͤhrend der ganzen Dauer
der Operation entband sich ein Gemisch von Kohlenoxydgas und kohlensaurem Gas; das
Volum des ersteren war
immer groͤßer als das des lezteren, welches sich in dem Maaße verminderte,
als die Operation ihrem Ende nahte. Nach beendigtem Versuche zogen wir das Eisenoxyd
vollstaͤndig zu Metall reducirt heraus, obgleich es nicht mit der Kohle in
Beruͤhrung gekommen war.
Diese Reaction ist sehr leicht zu begreifen: damit sie Statt finden kann, braucht
offenbar nur ein einziges Molekuͤl Sauerstoff in gasfoͤrmigem Zustande
in der Roͤhre vorhanden zu seyn; dasselbe bildet mit der Kohle Kohlenoxyd,
welches das Eisenoxyd reducirt, indem es sich selbst in Kohlensaͤure
verwandelt; leztere nimmt dann wieder Kohle auf, wird dadurch zu Kohlenoxyd, das
eine andere Portion Eisenoxyd reducirt und so fort; die Menge des Kohlenoxyds
verdoppelt sich also immer: daher die Gasentbindung, welche sich waͤhrend der
ganzen Dauer der Operation zeigt. Auch muß schon deßwegen sich nach und nach immer
mehr Kohlenoxyd bilden, weil zwar im Anfange eine gewisse Menge Kohlenoxyd und
Kohlensaͤure hinreicht, um das rothe Eisenoxyd auf schwarzes Oxyd zu
reduciren, diese aber dann nicht mehr genuͤgt, um lezteres in Metall zu
verwandeln.
Wenn es moͤglich waͤre das Eisenoxyd und die Kohle in einem vollkommen
luftleeren Raum oder in einer mit reinem Stikgas gefuͤllten Roͤhre zu
erhizen, so koͤnnte die angegebene Reaction nicht Statt finden. Wir haben
auch wirklich lezteren Versuch angestellt, dabei aber bloß bemerkt, daß die Reaction
viel langsamer war; und wie konnte es auch anders kommen? Erstens ist es nicht
moͤglich eine Roͤhre mit Stikgas zu fuͤllen, so daß auch nicht
ein Atom Sauerstoff hineinkommt und selbst wenn dieses moͤglich waͤre,
wie will man sich eine Kohle verschaffen, welche keine Spur Wasser oder Wasserstoff
enthaͤlt? Lezteres Gas muͤßte aber wie das Kohlenoxyd wirken, denn es
wuͤrde sich zuerst Wasser bilden und dieses sich dann in Wasserstoff und
Kohlenoxyd verwandeln, hierauf in Wasser und Kohlensaͤure und so fort.
Der Hergang in der Porzellanroͤhre ist genau derselbe wie in den
gefuͤtterten Tiegeln, und dieser Versuch beweist also offenbar, daß die Kohle
das Eisenoxyd nicht zu beruͤhren braucht. Man hat uns entgegnet, daß er
keineswegs beweise, daß die Beruͤhrung dieser Substanzen im
gefuͤtterten Tiegel wirklich ohne allen Einfluß sey, indem das Eisenoxyd
gleichzeitig sowohl durch das Kohlenoxyd als durch Cementation darin reducirt werden
koͤnne. Was versteht man aber unter dem Worte Cementation? Dasselbe wurde nur
erfunden, um eine unbekannte Ursache, eine unerklaͤrliche Wirkung und eine
Anomalie ganz eigener Art zu bezeichnen.
Wir haben gezeigt, daß diese Anomalie nur scheinbar ist, und warum sollte man ferner
noch eine geheimnißvolle Wirkung annehmen, da sich eine einfache, mit den chemischen
Gesezen uͤbereinstimmende Erklaͤrung darbietet?
Um das Eisenoxyd durch Kohle zu reduciren, ohne daß es damit in Beruͤhrung
gebracht wird, ist, wie wir gefunden haben, eine groͤßere Hize erforderlich,
als bei directer Anwendung von Kohlenoxydgas; der Grund davon ist, daß die
Kohlensaͤure eine hoͤhere Temperatur erheischt, um sich in
Beruͤhrung mit Kohle in Kolenoxyd verwandeln zu koͤnnen, als zur
Reduction des Eisenoxyds noͤthig ist.
Theorie der Verwandlung des Eisens in
Kohlenstoffeisen.
Da die Reduction der Oxyde sich so leicht durch die Gegenwart von Kohlenoxydgas
erklaͤrt, so war es natuͤrlich zu vermuthen, daß auch die
Durchdringung der Metalle mit Kohlenstoff bei dem Cementiren, ebenfalls durch die
Beruͤhrung eines gasfoͤrmigen Koͤrpers hervorgebracht wird.
Zwar scheint auf den ersten Blik leztere Erscheinung durch die Nothwendigkeit einer
oberflaͤchlichen Beruͤhrung noch eher erklaͤrlich zu seyn, als
die Cementation der Oxyde; allein man muͤßte auch hier im Widerspruche mit
allen anderen chemischen Reactionen annehmen, daß zwei feste Koͤrper auf
einander wirken koͤnnen, und daß sogar ein fester Koͤrper in einen
anderen festen Koͤrper bis auf jede Tiefe eindringen kann.
Wenn man uͤber die verschiedenen metallurgischen Operationen, durch welche das
Eisen mit Kohlenstoff versehen wird, nachdenkt, so findet man, daß dieses nur durch
drei Gasarten geschehen koͤnnte: durch Kohlenoxyd, Cyan (Blaustoff) und
Kohlenwasserstoff.
Das Cyan kann wohl das Eisen in Kohlenstoffeisen verwandeln und auch in den
Cementirkaͤsten vorkommen, wenn zum Cementirpulver thierische Substanzen
angewandt werden. Da das Eisen aber auch ohne die Gegenwart dieser Substanzen
Kohlenstoff aufnimmt und dieses Gas in den gefuͤtterten Tiegeln nicht
vorkommt, so wollen wir uns nicht weiter dabei aufhalten.
Der Kohlenwasserstoff vermag bekanntlich die Metalle vollkommen in Kohlenstoffmetalle
zu verwandeln; nach den bisherigen Erfahrungen kann dieses Gas aber bei hoher
Temperatur nicht lange bestehen, ohne sich zu zersezen. Ueberdieß ist es nicht
wahrscheinlich, daß es in den Hohoͤfen in hinreichender Menge erzeugt wird,
um allen Kohlenstoff fuͤr das Eisen zu liefern.
Das Kohlenoxyd muß nothwendig sowohl in den Cementirkaͤsten als in den Hohoͤfen
vorkommen, und wird auch durch die Hize nicht zersezt. Bei demselben zeigt sich aber
eine andere Schwierigkeit: man begreift naͤmlich nicht, wie ihm das Eisen den
Kohlenstoff soll entziehen koͤnnen, da die Kohlensaͤure das
Kohlenstoffeisen zersezt. Wir haben uns diese Reaction durch den Einfluß der Massen
zu erklaͤren gesucht.
Die Kohlensaͤure oxydirt zwar das Eisen, dieß geschieht aber nicht mehr, wenn
sie in einem gewissen Verhaͤltnisse mit Kohlenoxyd vermischt ist; nun
koͤnnte es aber wohl seyn, daß in einer Atmosphaͤre von ganz reinem
Kohlenoxyd ein wenig Kohlenstoffeisen und ein wenig Kohlensaͤure entsteht;
leztere muͤßte sich dann in Beruͤhrung mit dem Cementirpulver sogleich
wieder in Kohlenoxyd verwandeln. Andererseits weiß man auch, daß bei der Zersezung
des kleesauren Ceriumoxyds ein Kohlenstoffcerium entsteht, obgleich dabei Kohlenoxyd
und Kohlensaͤure frei werden.
Um die Wirkung des Kohlenoxyds auf das Eisenoxyd zu probiren, mußten wir es
nothwendig einer sehr hohen Temperatur und auch lange genug aussezen; dieß ging in
einem chemischen Laboratorium nicht wohl an und wir wandten uns daher an Hrn. Al.
Brongniart, welcher uns die Porzellanoͤfen in
Sèvres zur Disposition stellte, worin wir folgende Versuche anstellten.
Wir legten auf eine irdene Platte Stuͤke von Eisenerzen etc. und bedekten sie
mit einem umgekehrten Gefaͤße, welches mit einigen Loͤchern versehen
war. Dieser Apparat wurde dann in ein irdenes Gefaͤß gebracht, welches wir
mit Kohle fuͤllten und mit einer genau passenden Platte verschlossen. Endlich
wurde das Ganze in ein anderes Gefaͤß gebracht, dasselbe mit Kohle
aufgefuͤllt und vollkommen verschlossen und lutirt. Die zum Versuch
angewandten Proben befanden sich also neben Kohle, ohne mit derselben in
Beruͤhrung zu kommen und konnten auch mit den oxydirenden oder reducirenden
Gasarten des Porzellanofens nicht in Beruͤhrung kommen. Die Temperatur wurde
ungefaͤhr sechs Stunden lang auf dem Grade erhalten, welcher zu einer
Eisenprobe im gefuͤtterten Tiegel erforderlich ist.
Nachdem der Apparat aus dem Ofen gezogen war, nahmen wir ihn sorgfaͤltig
auseinander; die Kohle in dem aͤußeren Gefaͤße war den lutirten Fugen
gegenuͤber kaum eingeaͤschert, die im zweiten Gefaͤße aber
schien gar keine Veraͤnderung erlitten zu haben. Die eingesezten Proben
lieferten folgende Resultate:
1) Ein 5 Millimeter diker Draht von weichem Eisen war in Stahl verwandelt;
2) ein faustdikes Stuͤk von sehr dichtem faserigem Blutsteine gab eine gespaltene Masse,
welche bis in die Mitte vollkommen reducirt war;
3) verschiedene Proben von Eisenoxydhydrat, kohlensaurem und oxydulirtem Eisen, mehr
oder weniger mit Gangart gemengt, wurden reducirt;
4) Koͤrner von Eisenoxydhydrat, welche in einem Ammonshorn zerstreut waren,
wurden zu Metall reducirt, ungeachtet der Dike der thonigen Gangart;
5) ein Stuͤk titanhaltiges Eisen wurde desoxydirt; ob das darin enthaltene
Titanoxyd ebenfalls reducirt wurde, haben wir nicht untersucht;
6) die im Mineralreiche vorkommenden Oxyde von Kobalt, Nikel, Wolfram und Zinn wurden
zu Metall reducirt;
7) die Oxyde des Ceriums, Titans und Chroms wurden nicht reducirt;
8) Mangansuperoxyd wurde in Oxydul verwandelt und die Reduction waͤre
wahrscheinlich noch weiter gegangen, wenn das Oxydul nicht seine Unterlage
zerfressen haͤtte, womit es ein sehr schmelzbares Silicat bildete, welches
selbst in gefuͤtterten Tiegeln nicht reducirt werden kann;
9) Krystalle von schwefelsaurem Baryt und Kalk wurden in Schwefelmetalle
verwandelt;
10) Zinkblende erlitt keine Veraͤnderung.
Die Oxyde des Titans, Ceriums und Chroms wurden, wie wir gesehen haben, nicht
reducirt, und doch uͤberziehen sie sich bekanntlich in gefuͤtterten
Tiegeln auf ihrer Oberflaͤche, wo sie mit Kohle in Beruͤhrung kommen,
mit einem duͤnnen Metallhaͤutchen, zum Beweis, daß ein
feuerbestaͤndiges, unschmelzbares und durch Kohlenoxydgas nicht reducirbares
Metalloxyd zwar durch innige Beruͤhrung mit Kohle, nicht aber durch
Cementation in den metallischen Zustand zuruͤkgefuͤhrt werden kann.
Man koͤnnte also die Metalle nach ihrer Verwandtschaft zum Sauerstoff in
mehrere Classen eintheilen und als Maßstab dieser Verwandtschaft die Wirkung des
Kohlenstoffs, des Kohlenoxyds und verschiedener Gemische von Kohlenoxyd und
Kohlensaͤure auf ihre Oxyde benuzen. Die erste
Classe koͤnnte die durch Kohle nicht reducirbaren Oxyde, die zweite die durch innige Beruͤhrung mit Kohle
reducirbaren umfassen; die dritte die durch Cementation,
d.h. durch reines Kohlenoxydgas reducirbaren; die vierte
die durch verschiedene Gemische von Kohlenoxyd und Kohlensaͤure reducirbaren
Oxyde; die fuͤnfte endlich die durch bloße Hize
reducirbaren.
Das Schwefelzink wurde bei unseren Versuchen nicht reducirt, und doch wird es bekanntlich in
gefuͤtterten Tiegeln vollstaͤndig zersezt: der Grund davon ist, daß in
lezteren ungeachtet der Unschmelzbarkeit der Substanzen und der Lage der
Kohlenfuͤtterung eine bestaͤndige Beruͤhrung, nicht aber eine
Cementation zwischen der Kohle und dem Schwefelmetalle Statt findet; die sich
beruͤhrenden Theile erzeugen naͤmlich Schwefelkohlenstoff und Zink,
welche beide fluͤchtig sind, daher verdraͤngt werden und so den
anderen Theilen sich ebenfalls zu beruͤhren gestatten.
Man koͤnnte gegen die oben angefuͤhrten Versuche einwenden, daß die
poroͤsen Ueberfaͤnge und die Kitte, deren wir uns bedient haben, das
Kohlenwasserstoffgas des PorzellanofensDie Gasarten im Porzellanofen sind bald oxydirende, bald reducirende. Nicht
selten wird das kieselsaure Kobalt zum Theil reducirt, so daß die
Gefaͤße, auf welche es aufgetragen wurde, schwaͤrzliche
metallische Fleken bekommen.A. d. O. bis in die Proben eindringen ließen, so daß dieselben dadurch Kohlenstoff
erhalten konnten. Wir nahmen daher zu einem aͤhnlichen Versuche eine glasirte
Porzellanroͤhre, welche nach Thenard's Versuchen
von den Gasarten nicht durchdrungen wird, und legten sie in einen kleinen Ofen, der
durch ein Geblaͤse gespeist wurde. In diese Roͤhre stellten wir zwei
laͤngliche Platinschalen, wovon die eine Kohle und die andere Draht von
weichem Eisen enthielt. Die Hize wurde so lange gesteigert, bis die Roͤhre in
Fluß kam; nach beendigter Operation hatten wir einen gut geschmolzenen Stahlregulus,
worin wir bei der Analyse mit trokenem Chlor 7 Tausendtheile Kohlenstoff fanden.
Gegen diesen Versuch ließe sich noch einwenden, daß die angewandte Kohle
Kohlenwasserstoff lieferte, welches Gas das Eisen carbonisirte. Um diese
Schwierigkeit zu heben, ließen wir reines Kohlenoxydgas in einer
Porzellanroͤhre uͤber weiches Eisen streichen. Da aber die geringste
Spur Kohlensaͤure unsere Resultate aͤndern konnte, so ergriffen wir
alle moͤglichen Vorsichtsmaßregeln dagegen. Der Versuch entsprach jedoch der
Erwartung nicht, denn das Eisen war zwar geschmolzen, aber so haͤmmerbar wie
zuvor. Da der Metallklumpen in Folge der theilweise in Fluß gekommenen Roͤhre
mit Schlake umgeben und diese durch Eisenoxydul schwach gruͤn gefaͤrbt
war, so vermutheten wir, daß unser Gas nicht vollkommen rein war, sondern noch
Spuren von Wasser oder Kohlensaͤure enthielt, die sich der Carbonisirung
widersezten. Wir wiederholten daher diesen Versuch und suchten unser Gas noch mehr
zu reinigen, das Resultat war aber dasselbe.
Es blieb uns nun noch ein Versuch uͤbrig, der alle Schwierigkeiten heben
mußte; er bestand darin, in einer Porzellanroͤhre weiches Eisen mit stark calcinirter
Kohle zu erhizen. Wir brachten also Kohle, welche im verschlossenen Gefaͤße
in einem Porzellanofen ausgegluͤht worden war, in einiger Entfernung von
einem Stuͤk Eisendraht in die Roͤhre. Nachdem die Temperatur bis zum
Erweichen der Roͤhre gesteigert worden war, unterbrachen wir die Operation
und erhielten einen geschmolzenen Klumpen, worin sich bei der Analyse durch Chlor
bloß Spuren von Kohle vorfanden.
Aus allen unseren Versuchen geht also hervor:
1) Daß Eisen, wenn es in Beruͤhrung mit gewoͤhnlicher Holzkohle erhizt
wird, sich mit Kohlenstoff verbindet;
2) daß Eisen, wenn es in einiger Entfernung von stark calcinirter Kohle erhizt wird,
sich nicht mit Kohlenstoff verbindet;
3) daß die Eisenoxyde sich selbst in Entfernung von calcinirter oder nicht
calcinirter Kohle reduciren.
Das Kohlenwasserstoffgas ist also die Ursache der Vereinigung des Eisens mit
Kohlenstoff und das Kohlenoxydgas die der Desoxydation.
Diesen Schluͤssen lassen sich jedoch folgende Betrachtungen entgegensezen:
1) In den Lehrbuͤchern der Chemie wird angegeben, daß sich der
Kohlenwasserstoff beim Erhizen zersezt; es fragt sich jedoch noch, ob derselbe dabei
vollstaͤndig und in kurzer Zeit in Kohlenstoff und Wasserstoff zersezt
wird;
2) es ist schwer zu begreifen, daß dieses Gas uͤberhaupt und uͤberdieß
in hinreichender Menge in den Hohoͤfen an derjenigen Stelle vorkommen soll,
wo die Vereinigung des Eisens mit Kohlenstoff erfolgt; denn diese scheint sich nicht
weit uͤber die Duͤse hinauf zu erstreken, und Hr. Berthier hat sich uͤberzeugt, daß die Kohle
daselbst keinen Wasserstoff mehr enthaͤlt.Vergl. Polyt. Journal Bd. LIX. S.
38.
3) Dieselbe Schwierigkeit zeigt sich auch bei den Cementiroͤfen, welche 15 bis
20 Tage lang gefeuert werden. Koͤnnte die Kohle waͤhrend dieser ganzen
Zeit Kohlenwasserstoff entbinden?
Man muͤßte also folgenden Versuch im Großen anstellen: es waͤre Kohle
40 bis 50 Tage lang zu calciniren und dann zu versuchen, ob sie durch das
gewoͤhnliche Cementirverfahren noch Stahl liefern kann.
Jedenfalls geht aus unseren Versuchen evident hervor, daß es keine eigentliche
Cementirung zwischen feuerbestaͤndigen und unschmelzbaren Koͤrpern
gibt, und daß sowohl die Reduction der Oxyde als die Vereinigung der Metalle mit
Kohlenstoff nur durch Dazwischenkunft gasfoͤrmiger Koͤrper erfolgen
koͤnnen, naͤmlich jene durch Kohlenoxyd-, diese durch
Kohlenwasserstoffgas und vielleicht auch noch ein anderes Gas; das Axiom der alten
Chemiker: corpora non agunt nisi soluta gestattet daher
keine Ausnahme.
Ueber die Cementation des Eisens; von Hrn. Aug. Laurent.
Zweiter Theil.
Da Hr. Leplay eine lange Reise antreten mußte, wodurch
unsere Versuche uͤber die Cementation unterbrochen wurden, so brachte ich das
Resultat derselben Hrn. Thenard, der mich veranlaßte, die
Luͤken in unserer ersten Abhandlung auszufuͤllen und meine
Aufmerksamkeit besonders darauf zu richten, welche Wirkung gut calcinirte Kohle auf
das Eisen ausuͤbt, wenn sie damit in Beruͤhrung gebracht wird.
Ich beeilte mich, diesen Versuch anzustellen, uͤberzeugt, daß keine Reaction
Statt finden koͤnne; ich brachte also in einer Porzellanroͤhre weiches
Eisen mit Kohle in Beruͤhrung, welche bei der Temperatur der Eisenproben
ausgegluͤht worden war. Die Roͤhre wurde verpfropft und in ein
Porzellangefaͤß gestekt, welches man mit calcinirter Kohle fuͤllte und
verschloß: das Ganze wurde dann in einem Porzellanofen zu Sèvres erhizt. Als
ich den Apparat auseinandernahm, fand ich jedoch anstatt weichen Eisens einen
Klumpen Roheisen mit schwarzen, sehr glaͤnzenden Flaͤchen; die Kohle
war hie und da zerfressen und durch Roheisentropfen, welche daruͤber
geblieben waren, ausgehoͤhlt.
Ich suchte mir dieses Resultat zuerst auf die Art zu erklaͤren, daß ich
annahm, es sey etwas Kohlenwasserstoff vorhanden gewesen, dessen Kohlenstoff eine
geringe Menge schmelzbares Kohlenstoffeisen bildete, welches in Beruͤhrung
mit Kohle sich damit saͤttigte, worauf die Verbindung Eisen aufloͤste,
hierauf wieder Kohle u.s.f.; auf diese Art waͤre also die Vereinigung des
Eisens mit Kohlenstoff durch Dazwischenkunft von etwas fluͤssigem Roheisen,
welches sich anfangs bildete, erfolgt.
Ich wiederholte nun diesen Versuch, indem ich statt der Kohle ganz reinen,
krystallinischen und glaͤnzenden Graphit anwandte, welcher keinen Wasserstoff
enthaͤlt, und den ich zu groͤßerer Sicherheit noch 24 Stunden lang bei
150° Wedgew. calcinirt hatte.
Die Resultate waren dieselben, und ich erhielt graues Roheisen. Auch diese Reaction
suchte ich mir durch die Annahme zu erklaͤren, die mit einander in
Beruͤhrung gekommenen Eisen- und Kohlenstoffmolekuͤle haͤtten sich zu
einem schmelzbaren Kohlenstoffeisen verbunden, welches dann abwechselnd Eisen und
Graphit aufloͤste. Wenn dieser Versuch ein entscheidendes Resultat
haͤtte geben sollen, muͤßte er also bei einer Temperatur angestellt
werden koͤnnen, wo weder der Stahl noch das Roheisen in Fluß kommen kann, so
daß sich die Vereinigung des Metalls mit Kohlenstoff nicht der Dazwischenkunft einer
Fluͤssigkeit zuschreiben laͤßt.
Folgende Versuche hatten Hrn. Leplay und mich
uͤberzeugt gelassen, daß die Vereinigung des Eisens mit Kohlenstoff nur durch
eine Gasart bewirkt werden kann, und daß diese nicht immer Kohlenwasserstoff
ist.
1) Wir hatten gesehen, daß eine Probe von kieselerdehaltigem Eisenerz, welche man
durch die Duͤse eines Hohofens herauszog, in Roheisenkoͤrner
verwandelt worden war, ohne ihre Form veraͤndert zu haben. Die Koͤrner
waren durch Kieselerde von einander getrennt, und die Uebertragung des Kohlenstoffs
konnte also nur durch Cementation, d.h. von Molekuͤl zu Molekuͤl
geschehen seyn.
2) Man huͤtet sich wohl in den Cementiroͤfen die Eisenstangen in
zertheilte Kohle zu legen, was doch vortheilhaft seyn muͤßte, wenn eine
Beruͤhrung nothwendig waͤre; und man kann doch unmoͤglich
annehmen, daß wenn eine Eisenstange an ganz wenigen Stellen ihrer Oberflaͤche
mit Kohlenstuͤken in Beruͤhrung ist, saͤmmtliche Kohle, die
sich in allen Richtungen in der Stange verbreiten muß, durch diese Stellen
hineindringt.
3) Die Kohle, welche bereits zum Cementiren gedient hat, kann nochmals zum Vereinigen
des Eisens mit Kohlenstoff benuzt werden, obgleich sie allerdings nicht mehr so
wirksam ist; man mengt der gewoͤhnlichen Kohle auch immer solche bei. Dieß
waͤre aber ganz unnuͤz, wenn nur der Kohlenwasserstoff das wirksame
Agens waͤre.
Ich sah hienach kein anderes Mittel mehr uͤbrig, um die Cementation zu
erklaͤren, als die Annahme, daß der Kohlenstoff fluͤchtig ist, und wie der metallische Arsenik, die arsenige
Saͤure, der Kampher und viele andere feste Koͤrper Daͤmpfe
verbreiten kann, ohne in Fluß zu kommen.
Um hieruͤber Gewißheit zu erhalten, schnitt ich ein Prisma aus dem Graphit,
welcher zu den vorhergehenden Versuchen gedient hatte, und stellte es auf eine
Unterlage von Porzellan. Dem Prisma gegenuͤber und in geringer Entfernung von
demselben legte ich ein Eisenblech, welches ich durch kleine Zaͤhne aus
Porzellan davon trennte, um eine zufaͤllige Beruͤhrung zu verhindern.
Der kleine Apparat wurde dann in eine glasirte Roͤhre gebracht, diese mit
Graphitstuͤken gefuͤllt, verschlossen und in ein mit calcinirter Kohle
gefuͤlltes Gehaͤuse gelegt. Das Ganze wurde hierauf in einem Porzellanofen der
Temperatur der Eisenproben ausgesezt.
Nach beendigter Operation tauchte ich das gluͤhende Eisenblech in kaltes
Wasser, wodurch es hart und sproͤde wurde; ich ließ dann einen Strom trokenes
Chlorgas daruͤber streichen, worauf eine schwarze Masse von der Form des
Blechs zuruͤkblieb, die 5 Tausendtheile wog. Als man diese Masse in
Beruͤhrung mit der Luft calcinirte, hinterließ sie 1 Tausendtheil Kieselerde,
so daß also die in dem Stahlblech enthaltene Kohle 4 Tausendtheile wog.
Die Kohle ist folglich ein fluͤchtiger
Koͤrper; dafuͤr sprechen auch noch folgende Thatsachen: Man
wird mir zugeben, daß wenn das Kohlenoxyd sich in Beruͤhrung mit Eisen
zersezt, dieß von der Verwandtschaft des Metalls zur Kohle herruͤhrt, und
daß, wenn diese Verwandtschaft nicht vorhanden waͤre, die Hize allein die
Zersezung des Gases nicht bewirken wuͤrde. Ich erhizte in einer glasirten und
verschlossenen Porzellanroͤhre Graphit fuͤr sich allein; die
Roͤhre war wie bei den vorhergehenden Versuchen in ein mit Graphit
gefuͤlltes Gehaͤuse gelegt. Nach beendigtem Versuche wurde sie
zerschlagen und ihre innere Oberflaͤche war nun um den Graphit herum
schwaͤrzlichgrau gefaͤrbt. Man kann gewiß nicht sagen, daß bei diesem
Versuch ein kohlenstoffhaltiges Gas die Roͤhre von Außen nach Innen
durchstrich und Kohle absezte, denn die beiden Oberflaͤchen der Roͤhre
waren zwar schwarz, auf dem Bruch hingegen war sie vollkommen
weiß.
Eine andere, nicht weniger fuͤr meine Behauptung sprechende Thatsache ist
folgende: Hr. Regnault fand Graphitblaͤtter in den
Rizen eines Hohofens abgelagert; diese konnten sich offenbar nur durch Sublimation
bilden.
Die Verfluͤchtigung des Kohlenstoffs zugegeben, bleibt noch ein anderes
Problem zu loͤsen: dringt die Kohle in gasfoͤrmigem Zustand in das
Innere des Eisens ein, um es in Kohlellstoffeisen zu verwandeln, oder findet
vielmehr eine Art elektrischer Strom Statt, welcher die Kohle in Folge einer
Zersezung und Wiederzusammensezung von Molekuͤl zu Molekuͤl in das
Eisen einfuͤhrt, wie dieses bei der Zersezung des Wassers durch die
galvanische Saͤule der Fall ist?
Die Metalle scheinen bei der gewoͤhnlichen Temperatur oder bei 100 und
150° C. von den Gasarten nicht durchdrungen zu werden, selbst unter einem
sehr starken Druk; kann man daraus folgern, daß dieses auch bei der
Weißgluͤhhize der Fall ist, also wenn sie dem Schmelzpunkte nahe und ihre
Molekuͤle durch den Waͤrmestoff von einander entfernt sind?
Folgende Thatsachen sind in dieser Hinsicht zwar nicht entscheidend, aber doch nicht
ohne Werth.
Als ich Wasserstoff- oder Kohlenoxydgas uͤber ein Stuͤk sehr
dichten Blutsteins leitete und die Operation unterbrach, nachdem derselbe auf
schwarzes Eisenoxyd reducirt war, zeigte sich lezteres sehr dicht, war auf dem Bruch
glaͤnzend und schien nicht poroͤs zu seyn. Das Wasserstoffgas hatte
also eine Schichte von 4 bis 5 Linien Dike durchdrungen. Man kann freilich
einwenden, daß das dem Eisenoxyd entzogene Sauerstoffatom atomistische Poren
zuruͤkließ, in welche der Wasserstoff einfiltriren konnte, und dieß ist auch
moͤglich, denn als ich auf den Bruch des schwarzen Oxyds einen Tropfen Wasser
fallen ließ, wurde er verschlukt. Jedenfalls kann man hieraus den Schluß ziehen, daß
das Sauerstoffmolekuͤl viel kleiner ist, als der Raum, welcher es
enthaͤlt, weil ein Wassermolekuͤl, das wahrscheinlich
voluminoͤser als ein Sauerstoffmolekuͤl ist, die Poren durchdringen
kann, in welchen lezteres eingeschlossen war.
Folgender Versuch ist noch entscheidender. Die Porzellanroͤhre, in welcher ich
den Graphit calcinirt hatte, war nicht bloß auf der inneren glasirten
Oberflaͤche, sondern auch noch bis auf eine geringe Tiefe in ihrer Masse
schwarz gefaͤrbt. Die Mitte war vollkommen weiß; von hier aus aber wurde die
graue Farbe immer dunkler, bis auf die Oberflaͤche der Glasur, welche fast
schwarz war. Die Glasur und die Masse waren also von der Kohle durchdrungen worden,
und da zwischen der Kiesel- oder Thonerde und der Kohle keine Verwandtschaft
Statt findet, so kann man nicht annehmen, daß diese von Molekuͤl zu
Molekuͤl in Folge einer Verbindung damit und nachherigen Trennung weiter
befoͤrdert wurde, wie sich dieses beim Eisen vermuthen ließ.
Ich will nun noch zeigen, daß das Eisenoxyd und mehrere andere Koͤrper, welche
man als feuerbestaͤndig betrachtet, bei einer hohen Temperatur Daͤmpfe
verbreiten koͤnnen. Ich wollte einmal die Wirkung eines Gemisches von
gleichen Volumen Kohlensaͤure und Kohlenoxyd auf verschiedene Metalle und
ihre Oxyde erfahren, und erhizte daher Eisen, Kobalt, Nikel, Zinn, sowie die Oxyde
dieser Metalle auf 30° Wedgew.; das Resultat war, daß sich das metallische
Eisen in schwarzes Oxyd umaͤnderte und das rothe Oxyd auf schwarzes
reducirte. Die anderen Metalle erlitten keine Veraͤnderung, nur das Zinn
uͤberzog sich mit einer duͤnnen Oxydhaut; ihre Oxyde aber wurden
vollstaͤndig reducirt, selbst das des Zinns. Die Porzellankapseln, in welche
ich die Metalle und ihre Oxyde gelegt hatte, waren bis auf eine ziemlich große
Entfernung vom Beruͤhrungspunkte stark gefaͤrbt. Ich fuͤhre
diesen Versuch jedoch nur wegen der Oxydations- und Reductionserscheinungen an,
denn hinsichtlich der Erscheinung der Oxyde an einer entfernten Stelle
koͤnnte man ebenfalls behaupten, daß, weil eine Beruͤhrung Statt fand,
die Faͤrbung durch Cementation erfolgte. Bei folgenden zwei Versuchen kann
man diesen Einwurf aber unmoͤglich machen.
Ich sezte dem starken Feuer des Porzellanofens drei Porzellanplatten aus, wovon die
eine mit Kobaltoxyd, die andere mit Nikeloxyd und die dritte mit Eisenoxyd belegt
war; als ich sie aus dem Ofen zog, zeigte sich das gefaͤrbte Email gut
geschmolzen. Ich stellte dann jeder gefaͤrbten Flaͤche
gegenuͤber und in zwei bis drei Linien Entfernung davon, eine andere Platte
von weißem Porzellan; das Ganze wurde einem starken Feuer ausgesezt, und als ich sie
wieder herausnahm, sah ich, daß sich die weißen Platten gefaͤrbt hatten, die
eine schwach durch Eisenoxyd, die andere stark blau durch Kobaltoxyd und die lezte
stark braunbrann durch metallisches Nikel oder sein Oxyd.Ich sage durch das eine oder andere, denn ich habe mich uͤberzeugt,
daß die Gasarten im Porzellanofen fast immer das Nikeloxyd reduciren
koͤnnen. Einige Chemiker haben das Nikel fuͤr ein edles Metall
erklaͤrt, weil sie sein Oxyd durch bloßes Erhizen zu reduciren
vermochten; ich habe diesen Versuch wiederholt und gefunden, daß dieses Oxyd
wirklich in einem verschlossenen irdenen Tiegel zu Metall reducirt werden
kann, daß die Reduction aber nicht mehr erfolgt, wenn man es in fuͤnf
oder sechs verschlossene und in einander gestellte Tiegel legt. Das
Kobaltoxyd wird auch bisweilen zu Metall reducirt, selbst im Zustande von
Silicat, und dieses Metall ist es, welches bisweilen
schwaͤrzlichgraue Fleken auf blau gefaͤrbten
Porzellangefaͤßen hervorbringt. A. d. O. (In Deutschland weiß man
durch Liebig's und Woͤhler's Versuche schon seit dem J. 1831, daß das
Nikeloxyd bloß durch die Flamme des Ofens reducirt wird, was Hr. Gay-Lussac als Herausgeber der Annales de Chimie et de Physique wohl
haͤtte bemerken koͤnnen. A. d. R.)
Nach den in dieser Abhandlung angefuͤhrten Versuchen laͤßt sich nun
leicht der Hergang in den Hohoͤfen sowohl als in den Cementirkaͤsten
erklaͤren.
Man braucht, was die Hohoͤfen betrifft, der sinnreichen Theorie des Hrn. Leplay bloß noch beizufuͤgen, daß die Vereinigung
des Eisens mit Kohlenstoff durch den Kohlenstoffdampf erfolgt, welcher sich bei
einem raschen Strome von Kohlenoxydgas nothwendig in groͤßerer Menge erzeugen
muß, als in verschlossenen Gefaͤßen.
In den Cementirkaͤsten geschieht die Verbindung des Eisens mit Kohlenstoff
anfangs durch den in der Kohle enthaltenen Kohlenwasserstoff, und endlich vollends
durch den Kohlenstoffdampf. Man begreift nun:
1) Warum man zum Cementiren uncalcinirte Kohle, thierische Substanzen etc., welche
Kohlenwasserstoff oder Cyan entbinden, anwendet;
2) warum die bereits gebrauchte Kohle weniger wirksam ist, aber doch noch an das
Eisen Kohlenstoff abgeben kann;
3) warum man endlich die Eisenstangen in Kohlenstuͤke, aber nicht in
Kohlenpulver stekt, welches leztere doch geeigneter seyn muͤßte, wenn eine
unmittelbare Beruͤhrung zur Abgabe von Kohlenstoff an das Eisen erforderlich
waͤre.
Ist die Entkohlenstoffung des Stahls in Beruͤhrung mit Eisenfeile schwieriger
zu erklaͤren? Kann man annehmen, daß das Eisen (im Zustand von Stahl) durch
die Hize den Kohlenstoff, womit es verbunden ist, fahren lassen wird, und zwar um
ihn an eine andere Portion Eisen abzugeben? Diese Reaction ist nicht schwerer zu
begreifen, als folgende: Wenn man ein Silicat von Thonerde und Blei in einem irdenen
Gehaͤuse erhizt, wird sich das Bleioxyd allmaͤhlich
verfluͤchtigen und das Gehaͤuse es absorbiren. Dieß wird so lange
fortdauern, bis sich das Gleichgewicht hergestellt hat. Nimmt man das innere Silicat
weg und ersezt es durch ein nicht bleihaltiges Silicat, so wird das Gehaͤuse
einen Theil des von ihm aufgenommenen Bleioxyds als Dampf fahren lassen und dieser
von dem inneren Silicat so lange absorbirt werden, bis sich das Gleichgewicht
neuerdings hergestellt hat. Diese Thatsache ist den Toͤpfern wohl bekannt.
Bringt man Stahl in ein irdenes Gehaͤuse, so verbreitet er eine
Atmosphaͤre von Kohlenstoff um sich, deren Gegenwart ihn verhindert, noch
mehr Kohlenstoff zu entbinden; besteht das Gehaͤuse hingegen aus einem
Koͤrper, welcher Verwandtschaft zum Kohlenstoff hat, wie das Eisen, so wird
diese Atmosphaͤre absorbirt, worauf der Stahl eine neue
Kohlenstoff-Atmosphaͤre entbindet, welche neuerdings absorbirt wird
u.s.f., bis sich das Gleichgewicht zwischen dem Stahl und dem Eisen hergestellt
hat.
Werden die von Hrn. Leplay und mir entwikelten Theorien
einige Verbesserungen in die Praxis bringen? Ich zweifle
nicht. Bereits habe ich davon eine vortheilhafte Anwendung auf einem großen
Huͤttenwerk gemacht und obgleich ich dieselbe nicht mittheilen darf, so will
ich doch einige analoge Faͤlle anfuͤhren, woraus eine Art diese Ideen
zu benuzen erhellt.
Auf den Puddelwerken erhizt man das schon gehaͤmmerte Eisen zum
Rothgluͤhen, um es sodann zu streken. Waͤhrend dieses
Ausgluͤhens oxydirt sich ein großer Theil des Eisens, so daß der Verlust in
der Regel 10 bis 12 Proc. betraͤgt. Da man nun weiß, daß die Kohle nicht mit
dem Eisen in Beruͤhrung zu seyn braucht, um seine Oxydation zu verhindern, so
koͤnnte man ja das Eisen im Kohlenoxydgas erhizen.
In einer Drahtzieherei empfahl ich den Eisendraht jedes Mal in gußeisernen Trommeln
auszugluͤhen, auf deren Boden man ein wenig Kohle bringt; und man befindet
sich gut dabei.
In den Eisenblechfabriken, und besonders denjenigen, wo das Blech zu verschiedenen
Gegenstaͤnden verarbeitet wird, wobei man es 8 oder 10 Mal behufs des
Haͤmmerns ausgluͤhen muß, reinigt man es durch Oxydation vor dem
Verzinnen; der Verlust betraͤgt dabei 10 bis 12 Procent. Wuͤrde man es
aber in verschlossenen Gefaͤßen, welche ein wenig Kohle enthalten, oder in
zwekmaͤßig construirten Oefen ausgluͤhen, so ließe sich einerseits
dieser Verlust vermeiden und andererseits wuͤrde man alles zum
Abbrennungsprocesse bestimmte Brennmaterial ersparen, was schon viel waͤre,
weil man eben so viel Kohle verbrennt, um das Eisenblech abzubrennen, als
noͤthig ist, um es 8 oder 10 Mal auszugluͤhen.