Titel: | Ueber die von William Bell in Edinburgh erfundenen Verbesserungen in der Dampferzeugung. |
Fundstelle: | Band 68, Jahrgang 1838, Nr. XVIII., S. 81 |
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XVIII.
Ueber die von William Bell in
Edinburgh erfundenen Verbesserungen in der
Dampferzeugung.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 750, S.
178.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Bell's verbesserte Dampferzeugung.
Hr. William Bell nahm kuͤrzlich ein Patent auf
Verbesserungen im Erhizen und Verdampfen von Fluͤssigkeiten, wovon man sich
große Resultate verspricht, und die in folgender Anwendung von heißer Luft
bestehen.
Man sieht in Fig.
17 einen Laͤngen- und in Fig. 18 einen
Querdurchschnitt eines Dampfkessels, der der neuen Erfindung gemaͤß gebaut
ist, und mit den auf den Locomotiven gebraͤuchlichen Kesseln Aehnlichkeit
hat. Da der Bau und die Einrichtung der zum Erhizen und Verdampfen von
Fluͤssigkeiten bestimmten Kessel hinreichend bekannt ist, so bedarf es nur
einer naͤheren Bezeichnung jener Theile, in denen die Erfindung eigentlich
gelegen ist. A, A sind zwei Roͤhren, welche durch
den Ofen laufen und mit dem in diesem befindlichen Feuer in Beruͤhrung
stehen, so daß die durch sie getriebene Luft auf einen hohen Grad erhizt wird. Diese
Roͤhren A, A stehen durch ein Rohr B mit den Roͤhren C, C,
C in Verbindung; die durch erstere getriebene Luft stroͤmt daher
durch leztere, gibt ihre Waͤrme an das dieselben umgebende Wasser ab, und
kann, nachdem sie aus dem Kessel ausgetreten, zu verschiedenen anderen Zweken
dienen. Die Roͤhren A, A sind mit einem
Geblaͤse, wie z.B. mit einer Luftpumpe oder einem rotirenden Windfange in
Verbindung zu bringen.
Aus dieser Beschreibung erhellt, daß man anstatt der Roͤhren A, A auch hohle Roststangen anwenden kann. Da die aus
den Roͤhren des Kessels austretende Luft noch einen bedeutenden Hizgrad
besizt, so kann man sie, indem man sie durch einen in einem Behaͤlter
befindlichen Roͤhrenapparat stroͤmen laͤßt, auch zur
Erwaͤrmung der zur Speisung des Kessels bestimmten Fluͤssigkeit
benuzen. Eben so kann man die aus dem Kessel austretende heiße Luft bei d in das Aschenloch des Kesselofens oder auf andere
Weise in den Ofen leiten.
Hr. Bell nimmt uͤbrigens die Speisung des Ofens mit
heißer Luft nicht als seine Erfindung in Anspruch; noch beschraͤnkt er sich
gerade auf die
beschriebene Anordnung des Kessels und der Roͤhren, da diese je nach
Umstaͤnden mannigfach modificirt werden kann. Eben so wenig bindet er sich an
irgend eine Vorrichtung, womit die erhizte Luft zum Behufe der Verdunstung des im
Kessel enthaltenen Wassers durch die Kesselroͤhren getrieben werden soll.
Obschon er es am Geeignetsten findet, die Roͤhren, durch welche die Luft zum
Behufe ihrer Erhizung zu stroͤmen hat, in dem Kesselofen selbst
unterzubringen, so kann doch diese Erhizung offenbar auch mittelst eines eigenen
Feuers geschehen. Die Erfindung beruht, wie der Patenttraͤger sagt, lediglich
darin, daß er Stroͤme heißer Luft, welche nicht mit den Producten der
Verbrennung des zu deren Erhizung dienenden Brennstoffes vermengt ist, durch
Roͤhren oder Canaͤle leitet, welche mit einem Kessel oder einem
anderen Verdampfungsgefaͤße in Verbindung stehen, um auf diese Weise die
entwikelte Hize vortheilhafter zur Erhizung und Verdampfung der in dem Kessel
enthaltenen Fluͤssigkeit zu verwenden.
Wie wir hoͤren hat ein ausgezeichneter Chemiker, wenn wir nicht irren Dr. Tife, nach Monate lang fortgesezten Versuchen mit
einem Kessel von zwei Pferdekraͤften und von der gewoͤhnlichen auf
Schiffen gebraͤuchlichen Form gefunden, daß sich durch die neue Verbesserung
eine Ersparniß von 33 Proc. an Brennmaterial ergibt, wenn auf einen Kubikfuß
verdampften Wassers 10 bis 13 Pfund Steinkohlen kommen; und daß sich die Ersparniß
auf 40–43 Proc. belaͤuft, wenn die Verbrennung eine groͤßere
ist. Die Erfindung ist demnach auf die Erhizung und Verdampfung von
Fluͤssigkeiten im Allgemeinen anwendbar. Da der Dampf eine bedeutende Menge
gebundener Waͤrme mit sich fuͤhrt, so kann er, wenn er zum
Zukersieden, Salzsieden, Destilliren u. dergl. verwendet wird, den
Fluͤssigkeiten nur jene Waͤrme mittheilen, die er uͤber den
bestimmten Waͤrmegrad hinaus besizt. Dagegen kann die Temperatur der erhizten
Luft bis auf jene der Fluͤssigkeit, welche sie durchstroͤmt, reducirt
werden, so daß sie also an diese Fluͤssigkeit von dem durch das Feuer
erlangten Waͤrmestoff mehr abzugeben vermag, als der Dampf. Die Wirksamkeit
der heißen Luft muß mithin eine groͤßere seyn als jene des Dampfes, der, wenn
er als Heizmittel angewendet werden soll, immer wieder als solcher entweichen, und
folglich eine große Menge des von dem Feuer entwikelten Waͤrmestoffes mit
sich fortfuͤhren muß. Wie wir hoͤren sind dermalen groͤßere
Versuche mit der neuen Methode im Gange, deren Resultate zur oͤffentlichen
Kenntniß gebracht werden sollen.
Anhang.
Hr. Bell selbst richtete an das Mechanics' Magazine folgende Notiz, die man in Nr. 751 dieser Zeitschrift
abgedrukt findet.
Es duͤrfte wohl wenige mit der Wissenschaft und der Industrie in Verbindung
stehende Fragen geben, die sowohl von Seite der Gelehrten als von Seite der
Praktiker reiflichere Erwaͤgung gefunden, als die Ersparniß von Brennmaterial
beim Erhizen und Verdampfen von Fluͤssigkeiten und bei der raschen Erzeugung
von Dampf. Es gibt daher auch wenige Processe, deren Principien sorgfaͤltiger
studirt und genauer entwikelt worden waͤren, und in denen man richtiger auf
die im Wege stehenden und zu beseitigenden Schwierigkeiten hingewiesen
haͤtte. Der Scharfsinn und die Kenntnisse der Ingenieurs haben es in der
Anwendung der aus dem Brennstoffe entwikelten Hize wirklich beinahe bis zum
Wunderbaren gebracht; es mag sich um die Verdunstung der groͤßten Menge
Fluͤssigkeit mit dem geringsten Aufwande an Brennstoff, oder um die rascheste
Erzeugung der groͤßten Menge Dampf ohne Ruͤksicht auf den Verbrauch an
Brennmaterial, oder um eine Verbindung dieser beiden Resultate miteinander handeln.
Dessen ungeachtet ist aber immer noch Vieles zu thun uͤbrig.
Beim Destilliren, Brauen, Salzsieden und verschiedenen anderen Operationen, so wie
auch an den stationaͤren Dampfmaschinen, laͤßt sich die Ausdehnung der
Heizoberflaͤche, auf der die wirksamste und directe Anwendungsweise der Hize
beruht, auf einen hohen Grad treiben, obschon uͤbrigens auch hier gewisse
Graͤnzen gestekt sind. In vielen anderen Faͤllen dagegen war man zur
Beschraͤnkung der Heizoberflaͤche und zur Anwendung der
Feuerzug-Oberflaͤche gezwungen, um dem Rauche, der bei
Beschraͤnkung der Heizoberflaͤche mit einem hoͤheren Hizgrade
entweichen wuͤrde, auf seinem Durchgange durch die Feuerzuͤge diese
uͤberschuͤssige Waͤrme zu entziehen. Allein auch diese Methode
der Mittheilung der Waͤrme hat ihre Graͤnzen, und diese
Graͤnzen sind durch Umstaͤnde bedingt, zu deren Beseitigung
verschiedene Vorschlaͤge gemacht wurden. Dazu gehoͤrt die
Verstaͤrkung des Schornsteinzuges durch Anwendung eines Geblaͤses; und
die auf verschiedene Weise bewerkstelligte Vermengung der atmosphaͤrischen
Luft mit dem Rauche und mit den Producten der Verbrennung uͤberhaupt.
Alle diese Methoden haben jedoch ihre Nachtheile. Der Rauch und die Luft werden, wenn
sie ein Mal in den Schornstein uͤbergegangen sind, nicht wohl verwendbar, so
daß man sie entweichen lassen muß, welche Temperatur sie auch haben moͤgen.
Die Oberflaͤche der Feuerzuͤge und selbst die Heizoberflaͤche uͤberzieht sich
unvermeidlich mit den Ueberbleibseln des Brennstoffes, die als schlechte
Waͤrmeleiter die Fortpflanzung der Waͤrme mehr oder weniger
beeintraͤchtigen. Die Notwendigkeit einer raschen und kraͤftigen
Dampfentwikelung, welche an den nunmehr so allgemein in Gebrauch gekommenen
Locomotiven besteht, fuͤhrte zu einer solchen Intensitaͤt der Hize der
Oefen sowohl als der Feuerzuͤge, und zu einer solchen Staͤrke des
Zuges in lezteren, daß die Fortpflanzung der Hize nicht rasch genug von Statten
gehen kann, und daß die zum Baue der Maschine verwendeten Stoffe nothwendig in
Kuͤrze Schaden leiden, wo nicht ganz zu Grunde geben muͤssen. Selbst
an den Kesseln der Dampfboote klagte man bereits uͤber diese Schwierigkeiten,
abgesehen von den manchen anderen, nicht minder gewichtigen Maͤngeln, denen
sie unterliegen. Es ist wohl auch kein Zweifel, daß bei der dermalen
uͤblichen raschen Verbrennung großer Massen von Brennstoff in den Oefen, eine
große Menge des in dem heftigsten Theile des Feuers entbundenen Waͤrmestoffes
weder direct noch nuzvoll auf den fraglichen Zwek verwendet wird, waͤhrend in
vielen Faͤllen der starke Zug in den Feuerzuͤgen die Duͤnste
verhindert, die ihnen inwohnende Hize gehoͤrig abzugeben. Es erhellt daher
offenbar, daß, wenn einige dieser Schwierigkeiten auf entsprechende Weise beseitigt
werden koͤnnen, wenn sich die Heizoberflaͤche entsprechend, namentlich
ohne Vergroͤßerung des Kessels erweitern laͤßt, hieraus fuͤr
den Verdampfungsproceß, zu welchem Zweke er auch unternommen werden mag, ein
Vortheil erwachsen wird.
Diese Betrachtungen fuͤhren zu der Erwaͤgung, ob Luft, welche auf einen
hohen Grad erhizt ist, und welche in Roͤhren oder anderweitig unvermengt mit
den Producten der Verbrennung und unter einer von dem Zuge in den Feuerzuͤgen
unabhaͤngigen controlirenden Kraft durch die Fluͤssigkeit getrieben
wuͤrde, den fraglichen Proceß nicht maͤchtig beguͤnstigen
muͤßte. Verschiedene lange fortgesezte Versuche, welche ein beruͤhmter
Chemiker uͤber diese hauptsaͤchlich chemische Frage anstellte,Dieser Mann gab folgenden Aufschluß: „An einem Kessel, der wie ein
einfacher Dampfkessel gebaut war, dessen Feuerzuͤge durch das
Wasser liefen, und der gegen 12 Kubikfuß faßte, belief sich, wenn zum
Verdampfen eines Kubikfußes Wasser 10 bis 13 Pfd. Steinkohlen
erforderlich waren, die durch Anwendung der heißen Luft bedingte
Ersparniß auf 33 Proc. In Faͤllen, wo der Verbrauch an Brennstoff
im Verhaͤltnisse zu der Quantitaͤt des verdampften Wassers
groͤßer war, stieg die Ersparniß selbst auf 40 bis 43 Proc. Ich
bin daher der vollen Ueberzeugung, daß man sich in allen diesen
Faͤllen der heißen Luft mit entschiedenem Vortheile bedienen
kann.“
ergaben wichtige Resultate, weßhalb denn auch diese Anwendung der erhizten
Luft zum Erhizen und Verdampfen von Fluͤssigkeiten zum Gegenstande eines
Patentes gemacht wurde.
Es ergaben sich bei diesen Versuchen einige unerwartete Resultate. Es wird der Luft,
welche durch die in dem Kesselofen befindlichen Roͤhren stroͤmt, rasch
und leicht ein hoher Hizgrad mitgetheilt. Es folgt dieß vielleicht aus der im
Inneren der Roͤhren bestaͤndig Statt findenden
Waͤrme-Ausstrahlung, so wie aus der Beruͤhrung, in die die Luft
mit den Roͤhrenwaͤnden geraͤth.
Die auf diese Weise erhizte Luft theilt auf ihrem Durchgange durch die in dem Kessel
angebrachten Roͤhren ihren uͤberschuͤssigen Waͤrmestoff
leicht der Fluͤssigkeit mit, indem 7 Fuß Laͤnge einer
5/8zoͤlligen Roͤhre zur Erzielung dieses Resultates genuͤgen.
Wenn dem erhizten Luftstrome hinreichender Spielraum gestattet ist, so laͤßt
sich derselbe mit geringer Kraft durch die Roͤhren treiben. Endlich hat sich
gezeigt, daß die noch bedeutend heiß aus dem Zuge austretende Luft mit Vortheil zur
Unterhaltung der Verbrennung auf der Heizstelle verwendet werden kann.
Aus der Anwendung dieser Methode, die man im Gegensaze zur Heiz- und zur
Feuerzug-Oberflaͤche die Roͤhren-Oberflaͤche
nennen kann, erwachsen mehrere offenbare Vortheile. Beim Destilliren, Zuker-,
Salz- und Seifensieden z.B., so wie in allen Faͤllen, wo man dermalen
Dampf zum Erhizen von Fluͤssigkeiten anwendet, laͤßt sich mit erhizter
Luft dasselbe wohlfeiler und besser erreichen. Bei anderen Processen laͤßt
sich die Heizoberflaͤche auf eine Weise vergroͤßern, die den
Einwuͤrfen, welche sich gegen die dermalen gebraͤuchlichen Methoden
machen lassen, nicht unterliegt. Da die Roͤhren immer rein bleiben, so
erleidet die Fortpflanzung und Mittheilung des Waͤrmestoffes keine
Stoͤrung. Der der Luft mitgetheilte Hizgrad und die davon verwendete
Quantitaͤt erleidet bloß durch die Kraft, sie zu erhizen und die Hize
mitzutheilen eine Beschraͤnkung. Die im Inneren des Feuers Statt findende
Hize wird gleichmaͤßig und nuzbringend vertheilt, indem sie da wo sie am
wenigsten Nuzen bringt entzogen, und dafuͤr im Inneren der
Fluͤssigkeit mit groͤßtem Vortheile verwendet wird. Auch wird die
Temperatur der ganzen Heizoberflaͤche eine mehr gleichmaͤßige. Kein
Theil der dem Feuer entzogenen Hize geht verloren; sondern der Ueberrest gelangt
wieder in das Aschenloch oder auch in irgend einen anderen Theil des Ofens
zuruͤk, was fuͤr die Verbrennung hoͤchst vortheilhaft ist:
besonders wenn man sich der Anthracitkohle bedient. Durch Verschließen des
Aschenloches laͤßt sich das Ausstrahlen der Waͤrme verhuͤten;
und man wird besonders an Locomotiven finden, daß der Schornsteinzug in dem ganzen
Roͤhrensysteme eine solche Stroͤmung unterhaͤlt, daß man keines
Geblaͤses bedarf. Der durch die Stroͤmung der Luft durch die
Heizroͤhren bedingte Kuͤhlproceß schuͤzt sie nicht nur zum Theile gegen den
zerstoͤrenden Einfluß des Feuers, sondern er vermindert auch die
uͤbermaͤßige und schaͤdliche Intensitaͤt des
Ofenfeuers.
Da sich auf diese Weise ganz geeignet eine rasche und kraͤftige Dampferzeugung
erzielen laͤßt, waͤhrend zugleich auch eine große Menge Brennmaterial
erspart wird, so braucht man nicht zu jenen Methoden, gegen die sich
augenscheinliche Einwendungen machen lassen, seine Zuflucht zu nehmen. Uebrigens
laͤßt sich die neue Verbesserung mit allen bisherigen in Einklang bringen und
an allen dermalen gebraͤuchlichen Kesseln anwenden. In manchen Faͤllen
ließe sich eine solche Einrichtung treffen, daß mittelst Roͤhren, die zum
Behufe der Erhizung der Luft in dem Aschenloche der Locomotiven oder in der
Rauchkammer, in welche bei rascher und heftiger Verbrennung die mit starker Hize
entweichenden Daͤmpfe eingeleitet werden, untergebracht sind, viel von dem
dermalen verloren gehenden Waͤrmestoffe erspart wird. Es unterliegt wohl
keinem Zweifel, daß die Ingenieurs der Einwendung, welche man allenfalls wegen der
raschen Zerstoͤrung der Heizroͤhren gegen die neue Methode machen
koͤnnte, bald dadurch zu begegnen wissen werden, daß sie diese Roͤhren
da anbringen, wo sie der nachtheiligen Einwirkung des Feuers am wenigsten ausgesezt
sind; so wie sie denn auch bald deren beste Form und Mittel auffinden werden,
wodurch im Nothfall eine schnelle Auswechslung derselben, und ein Schuz durch Wasser
u. dergl. moͤglich ist.