Titel: | Ueber die neuen Kutschenfedern des Hrn. Fusz, Mechaniker in Paris. Auszug aus einem Berichte des Hrn. Masson-Four. |
Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. VIII., S. 13 |
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VIII.
Ueber die neuen Kutschenfedern des Hrn. Fusz, Mechaniker in
Paris. Auszug aus einem Berichte des Hrn. Masson-Four.
Aus dem Journal de l'Académie de l'Industrie.
Decbr. 1837, S. 190.
Ueber Fusz's neue Kutschenfedern.
Die von Hrn. Fusz erfundene Feder ist eine doppelte: d.h.
sie besteht aus zwei Federn, von denen sich die eine innerhalb der anderen befindet,
und von denen der Erfinder die aͤußere die Drukfeder (ressort de pression), die innere hingegen die Modulirfeder (ressort modulateur) nennt. Jede dieser Federn ward
urspruͤnglich oben und unten aus zwei Stahlblattern gebildet; fuͤr
jene Wagen, die schwere Lasten zu tragen haben, wie z.B. Postwagen, Eilwagen etc.
hat der Erfinder neuerlich noch ein drittes Stahlblatt hinzugefuͤgt.
Saͤmmtliche Blaͤtter haben gleiche Laͤnge und sind halbcentrirt
oder von der Mitte aus gegen die Enden hin zulaufend; an lezteren sind sie durch
einen einfachen Bolzen vereinigt. Im Zustande der Ruhe besteht zwischen der
Druk- und der Modulirfeder ein Zwischenraum von 4 Graden (der kleinste, gegen
die große Achse senkrecht gerichtete Durchmesser hat 20 Grade); im Zustande der
Spannung hingegen senkt sich die Drukfeder um 2 Grade, waͤhrend die
Modulirfeder um 2 Grade emporsteigt. Aus dieser Anordnung folgt, daß, wenn der Wagen
nicht befrachtet ist, die gespannte Modulirfeder die Drukfeder gegen sich anzieht,
und deren Biegsamkeit um eben so viel erhoͤht; daß aber in dem Maaße, als die
Befrachtung zunimmt, die Drukfeder sich herabsenkt, wodurch die Modulirfeder in
Ruhestand kommt, und hierauf Widerstand leistet, bis sie endlich den groͤßten
Theil der Ladung traͤgt. Die Modulirfeder besizt, da sie kuͤrzer ist,
eine groͤßere Kraft; und wenn sie stark comprimirt ist, so beruͤhren
sich ihre beiden Enden, wo sie dann nur mehr mit der Mitte, als mit ihrem diksten
Theile arbeitet. Wenn der Wagen leer ist, so gibt die Modulirfeder der Hauptfeder
eine groͤßere Geschmeidigkeit; ist er hingegen befrachtet, so verdoppelt sie
deren Widerstand. Die beiden Federn stehen nicht in unmittelbarer Beruͤhrung
mit einander, sondern es befindet sich zwischen ihnen eine Holzscheibe, durch die
der Bolzen geht.
Hr. Fusz hatte die gluͤkliche Idee, seinen Federn
eine solche Anordnung zu geben, daß man den Grad, in welchem ihnen der Wagen seine
Last, seine Schwingungen und seine Erschuͤtterungen mittheilt,
abaͤndern kann. So ist die Beruͤhrung auf dem Minimum, wenn die Last
Null ist; sie steigt hingegen in dem Maaße, als die Last oder die Intensitaͤt
der Erschuͤtterung zunimmt. Der Wagen stuͤzt sich also auf die Feder
in einer Curve, die er nur an einem Punkte beruͤhrt, wenn die Gewalt auf dem
Minimum ist, deren Beruͤhrung aber mit der Intensitaͤt der Last
waͤchst. Der Erfinder ist hiedurch in Stand gesezt, duͤnnere, um die
Haͤlfte leichtere und biegsamere Federn anzuwenden: Federn, welche unter
allen Umstaͤnden der Belastung und der Bewegung gleiche Geschmeidigkeit
haben, indem die Last und die Erschuͤtterungen auf eine groͤßere
Anzahl von Punkten so vertheilt sind, daß die Federn der Kraft, die sie zu biegen
oder zu brechen trachtet, einen verhaͤltnismaͤßigen Widerstand
entgegen sezt. Alles dieß sind Vortheile, welche die gewoͤhnlichen
Federsysteme nicht gewahren. Die nach dem neuen Systeme aufgehaͤngten Wagen
zeichnen sich daher auch durch eine große und constante Weichheit der Schwingungen,
die bei jeder Belastung dieselbe bleibt, aus.
Hr. Fusz konnte bisher aus seiner Erfindung noch nicht
alle Vortheile, die sie gewahren duͤrfte, ziehen, indem es hoͤchst
schwer ist, Arbeiter zu finden, die seine Federblaͤtter gehoͤrig zu
schmieden und sie an den Raͤndern in geeignetem Grade zu verduͤnnen
verstehen. Er hat, um diesem Hindernisse zu begegnen, eine Maschine ausgedacht, mit
der er, wenn seine Fabrikation ein Mal einige Ausdehnung erreicht hat,
Blaͤtter von constanter Dike und von groͤßerer Elasticitaͤt,
gleicherer und milderer Biegung zu verfertigen im Stande ist, als sie mit dem Hammer
geliefert werden koͤnnen.
Die neue Erfindung gewaͤhrt demnach eine weichere und regelmaͤßigere
Bewegung der ihr gemaͤß aufgehaͤngten Wagen, eine Ersparniß bei der
Ausstattung der Wagen und eine groͤßere Leichtigkeit derselben. Auch kann
man, im Falle ein Federblatt bricht, dasselbe leicht gegen ein anderes auswechseln.
Es duͤrfte also Hrn. Fusz, der sich schon durch
mehrere Verbesserungen und namentlich durch einen große Sicherheit
gewaͤhrenden Einsperrapparat fuͤr Eilwagen, wofuͤr ihm die
Akademie der Wissenschaften im Jahre 1837 einen Preis von 1000 Fr. zuerkannte,
fuͤr seine neue Erfindung die Ehrenmedaille der Gesellschaft zu ertheilen
seyn.