Titel: | Ueber die Anwendung des Elektromagnetismus auf Telegraphie; von J. Hülsse. |
Fundstelle: | Band 69, Jahrgang 1838, Nr. XXIV., S. 85 |
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XXIV.
Ueber die Anwendung des Elektromagnetismus auf
Telegraphie; von J.
Huͤlsse.
Aus dem polytechn. Centralblatt 1838, Nr. 31 und
32.
Mit Abbildungen auf Tab.
III.
Huͤlsse, uͤber die Anwendung des Elektromagnetismus
auf Telegraphie.
Die bis jezt eingefuͤhrten telegraphischen Methoden leiden unbeschadet der mit
ihnen verbundenen Vortheile an so wesentlichen Gebrechen, daß man schon
laͤngst auf Mittel bedacht gewesen ist, andere Methoden an die Stelle der
jetzigen treten zu lassen. Kein Mittel scheint aber mit groͤßerer Gewißheit
einen gluͤklichen Erfolg zu versprechen, als die Anwendung der durch Drahte
fortgeleiteten elektrischen Stroͤmungen, welche auf Magnetnadeln einwirken.
Die wesentlichsten Vortheile, welche den elektromagnetischen Telegraphen vor den
gewoͤhnlichen zukommen, sind: daß sie eine angenblikliche Verbindung zweier
noch so entfernten Orte ohne alle Zwischenstationen, ganz unabhaͤngig von
Tageszeit und Witterungszustand ermoͤglichen, ohne die Einrichtung
erforderlicher Zwischenstationen auszuschließen; daß die Mittheilung einzelner
Nachrichten in sehr kurzer Zeit bewirkt werden kann, und daß sie zwischen zwei sich
außen gar nicht weiter auszeichnenden Raͤumen erfolgt; daß sich der Anfang
einer Mittheilung leicht durch einen starken Weker annonciren laͤßt; ja daß
sich sogar die Mittheilungen selbst nicht allein einem mit dem Auge beobachtenden
Beamten, sondern sogar dem Ohre in Form von Toͤnen bemerkbar wachen lassen,
und daß die hoͤchste Wahrscheinlichkeit vorhanden ist, solche Mittheilungen
am entgegengesezten Endpunkte gleich mechanisch aufgeschrieben zu erhalten. Diese
gesammten Vorzuͤge werden sich deutlicher aus der Beschreibung der bis jezt
ausgefuͤhrten und projectirten Einrichtung dieser neuen Telegraphie entnehmen
lassen, welche wir folgen lassen werden, nachdem wir die geschichtlich
merkwuͤrdigen Entdekungen und Vorrichtungen angefuͤhrt haben, die als
Uebergangsstufen zu der jezigen Einrichtung erscheinen.
Nach dem Mechanics' Magazine 1837, No. 648, S. 160, wird in Youngs
Travels in France (1787, 4. ed.
Vol. I., p. 79) eines gewissen Lomond Erwaͤhnung gethan, welcher eine
gewoͤhnliche Elektrisirmaschine so eingerichtet hatte, daß er durch dieselbe
von dem Zimmer aus, worin sie aufgestellt war, Zeichen in ein benachbartes Zimmer
geben konnte, welche dort an einem mit Hollundermark-Kuͤgelchen
versehenen Elektrometer abgenommen wurden. Unstreitig liegt hier die erste Anwendung
der Reibungselektricitaͤt zur Telegraphirung vor, und zugleich ist eine
mechanische Wirkung der Elektricitaͤt die Vermittlerin der Zeichengebung.
1794 benuzte Reiser nach Voigt's Magazin, Bd. IX., St. 1, den elektrischen Funken zum Telegraphiren
auf folgende Art: er befestigte auf einer Glastafel Staniolstreifen, die mit
Buchstaben bezeichnet wurden, und stellte diese Tafel an dem einen Endpunkte der
telegraphischen Linie auf; am anderen Endpunkte befand sich eine Elektrisirmaschine,
und von dieser gingen bis zum anderen Ende Draͤhte in Glasroͤhren,
welche mit den Enden der Staniolstreifen verbunden waren. Die elektrische Wirkung
der Maschine wurde so auf den Staniolstreifen uͤbertragen, dessen Drahtenden
mit ihr verbunden waren. Ob diese Einrichtung je ausgefuͤhrt wurde oder nur
Idee blieb, ist unbekannt.
1798 errichtete Dr. Salva in Madrid einen
aͤhnlichen Telegraphen (vergl. Voigt's Magazin,
Bd. XI., St. 4.); er hatte die Genugthuung, vor dem Friedensfuͤrst zu
experimentiren, und von dem Infanten Don Antonio bei
Ausfuͤhrung eines bedeutend großen Modells unterstuͤzt zu werden.
Volta's Entdekung der nach ihm benannten Saͤule
brachte S. T. Soͤmmering im Jahre 1808 auf die
Idee, als Erregungsmittel die Beruͤhrungselektricitaͤt zu
waͤhlen, durch deren Anwendung die bedeutende Schwierigkeit der Isolation bei
den Drahtleitungen doch etwas vermindert wurde; eben so entschloß er sich, die
chemische Wirkung dem bloßen Funken beim Geben des Zeichens zu substituiren, weil
die erste beliebig lang unterhalten werden kann, waͤhrend der Funke
ploͤzlich verschwindet; weil selbst die geringste chemische Wirkung, z.B.
Gasentbindung, leicht in die Augen faͤllt, was mit dem Funken, am Tage
weniger deutlich Statt findet; weil es moͤglich war, durch Gasentbindung zwei
Buchstaben auf einmal zu signalisiren, und weil man so nur zwei Draͤhte
(gehoͤrig isolirt) zwischen zwei Orten zu legen braucht, waͤhrend es
beim Funken nach der fruͤheren Einrichtung gewiß Schwierigkeiten darbietet,
ein Seil von 30–40 Draͤhten so zu construiren, daß die einzelnen
Drahte gehoͤrig von einander isolirt sind, um die durch einen Funken sichtbar
zu machende Elektricitaͤt zu leiten.
Soͤmmering construirte einen elektrischen
Telegraphen in Muͤnchen, dessen Einrichtung nach den Denkschriften der
koͤnigl. Akademie der Wissenschaften in Muͤnchen fuͤr das Jahr
1809 und 1810 (Classe der Mathematik und Physik, S. 401–415) folgende war: am
einen Ende befand sich eine Anzahl horizontal liegender Draͤhte, von denen
jeder mit einem Buchstaben oder einer Zahl bezeichnet war; an dem anderen Ende war
ein laͤnglicher schmaler Wasserbehaͤlter aufgestellt, in welchen so
viele Spizen hineinragten, als an dem anderen Ende Drahte lagen; je eine Spize des
einen Endes war durch einen isolirten (umsponnenen) Draht mit einem horizontalen
Drahte verbunden, und trug denselben Buchstaben oder dieselbe Zahl, welche am
anderen Ende angeschrieben war. Am ersten Ende befand sich ferner eine galvanische
Saͤule, deren Pole mit Leitungsdraͤhten versehen waren, die sich mit
den horizontalliegenden Drahten verbinden ließen. Da es nun bekannt ist, daß eine
Wasserzersezung eintritt, sobald von beiden Polen einer solchen Saͤule
Draͤhte in ein Gefaͤß mit Wasser gefuͤhrt werden, indem sich an
dem einen Drahtende Wasserstoffblaͤschen, an dem anderen
Sauerstoffblaͤschen entwikeln, so wird es durch den beschriebenen Apparat
auch moͤglich seyn, zwei Buchstaben von dem einen Ende nach dem anderen zu
signalisiren. Bringt man naͤmlich die Poldrahte der Saͤule mit den
beiden Draͤhten in Verbindung, welche mit A und
L bezeichnet sind, so wird in demselben Augenblike
am anderen Ende bei den mit A und L bezeichneten Stiften Gasentwikelung eintreten.
Die Haupttheile des Soͤmmering'schen Telegraphen
sind auf Taf. III, Fig. 10–17, abgebildet. Fig. 10 zeigt eine obere
Ansicht der Drahtstifte C, E, welche neben einander und
isolirt in dem Stabe A, B angebracht sind; bei C ist jeder dieser Stifte mit einer kleinen Oeffnung
versehen, welche das Ende eines Fortleitungsdrahtes D
aufzunehmen vermag; an dem Ende E der Stifte befindet
sich aber ein groͤßeres conisches Loch, durch welches die Verbindung mit der
galvanischen Saͤule bewirkt wird. Die Draͤhte D, D sind in einiger Entfernung von A, B zu
einem Seile zusammengewunden, in welchem, wenn jeder Draht mit Seide umsponnen ist,
die gehoͤrige Isolirung der einzelnen Draͤhte Statt findet, und auf
dem Stabe A, B sind die einzelnen Buchstaben und Zahlen
aufgetragen, welchen die Draͤhte dienen. – Fig. 14 stellt einen
solchen Stift vom Stabe A, B in groͤßerem
Maaßstabe vor.
Fig. 11Fig. ist auf bezeichneter Tafel nicht vorhanden. ist eine Seitenansicht des am anderen Ende aufgestellten
Wasserbehaͤlters F, G, durch dessen Boden K, L die Stifte H, I gehen,
welche am unteren Ende H mit den Leitungsdraͤhten
D verbunden sind und bei I vergoldete Spizen haben, an welchen die Gasentwikelung Statt findet. Auf
der Außenseite des Gefaͤßbodens K, L sind die
Buchstaben und Zahlzeichen angebracht, welche denen auf A,
B in Fig.
10 entsprechen. – In Fig. 17Fig. ist auf bezeichneter Tafel nicht vorhanden. ist eine solche Spize einzeln in
groͤßerem Maaßstabe dargestellt.
Fig. 12 ist
eine Seitenansicht des Apparates Fig. 10, und Fig. 13 eine
Seitenansicht des Apparates in Fig. 11. In die groͤßeren Loͤcher E, Fig. 12, werden zwei
Vorsteker M und P (in Fig. 16 und
15
besonders abgebildet) mit ihren runden Enden N und Q eingestekt, um die von den Polen der hier nicht mit
abgebildeten Volta'schen Saͤule kommenden
Draͤhte O und R mit
den Stiften C, E zu verbinden. Einer dieser Vorsteker,
z.B. P, kommt von dem positiven, und der andere, M, von dem negativen Pole, und da auf diese Art an dem
anderen Ende jedes Mal in zwei Roͤhren zugleich Gasentwikelung eintritt, so
ist im Allgemeinen festgesezt, daß durch das positive Ende der erste, durch das
negative der zweite Buchstabe bezeichnet werden soll.
Es laͤßt sich aus dem Bisherigen leicht entnehmen, daß sich sehr einfache
Regeln fuͤr das wirkliche Telegraphiren mit diesem Apparate aufstellen
lassen, daß aber der Apparat vorzuͤglich durch die große Menge der zu
legenden Leitungsdrahte und die Notwendigkeit, am anderen Ende mit gespannter
Aufmerksamkeit einer doppelten und dabei noch verschiedenen Gasentwikelungen
entgegenzusehen, an Einfachheit und Bequemlichkeit des Gebrauchs verliert.
Oerstedt's Entdekung vom Jahre 1819, daß ein galvanischer
Strom, neben einer beweglichen Magnetnadel vorbeigefuͤhrt, auf dieselbe wirkt
und sie aus ihrer Gleichgewichtslage ablenkt, gab ein neues Mittel an die Hand,
Zeichen durch galvanische Stroͤme in bedeutender Entfernung hervorzurufen;
Fechner machte daher in seinem Lehrbuche des
Galvanismus (Voß, 1829) S. 269 darauf aufmerksam, daß sich die
elektro-magnetischen Wirkungen der galvanischen Stroͤmung weit
vortheilhafter zur Zeichengebung eignen wuͤrden, als Soͤmmering's Wasserzersezung, und fuͤhrt als Beispiel an,
daß man die Drahte von 24 Multiplicatoren, die in Leipzig aufgestellt waͤren,
bis Dresden fuͤhren und dort mit einer Saͤule abwechselnd verbinden
koͤnnte, um Nachrichten von dort nach Leipzig zu bringen; ja er wagt schon
vorauszusagen, daß vielleicht spaͤter einmal eine solche Verbindung zwischen
dem Centralpunkte einer Regierung und den verschiedenen Unterbehoͤrden
eingerichtet werden koͤnnte, wie sie im thierischen Koͤrper zwischen
dem Centralpunkte des Organismus der einzelnen Glieder und Nerven durch eine dem
Galvanismus verwandte Einrichtung getroffen ist. – Ampère schlug ebenfalls einen auf dem elektro-magnetischen
Multiplicator beruhenden Telegraphen vor, welcher von Ritchie im Modell ausgefuͤhrt
wurde (vergl. Froriep's Notizen, Bd. XXVII., S. 86, Nr.
6). Er befestigte gedrukte Buchstaben in schiklicher Stellung und verdekte sie durch
leichte Schirme aus Kartenpapier. Jeder dieser Schirme war am Ende eines leichten
Holzstaͤbchens befestigt, welches mit einer Magnetnadel versehen und an einem
Faden leicht drehbar aufgehangen war; befand sich die Magnetnadel in der Richtung
des magnetischen Meridians, so waren die Buchstaben von den Schirmen verdekt. Unter
jeder Nadel war ein Multiplicator angebracht, dessen Drahtenden nach dem Orte hin
gefuͤhrt waren, von welchem aus die Nachricht gegeben werden soll. Werden nun
an diesem Orte die Enden eines der Multiplikatoren mit den entgegengesezten Polen
einer Volta'schen Saͤule verbunden, so wird am
anderen Ende die Magnetnadel abgelenkt, der Schirm weggeschoben und der
fruͤher verdekte Buchstabe sichtbar. Nach Ampére sollen die Multiplicatordraͤhte unter einer Chaussee
(also im bewachten Boden) fortgefuͤhrt werden.
Fechner bemerkt zu diesem Vorschlage (Repertorium der
Experimentalphysik, Leipzig bei Voß, 1832, Bd. I., S.
403), daß bei so langen Leitungsdraͤhten, als hier erfordert werden, auf die
Groͤße der Plattenpaare und die Staͤrke der
Leitungsfluͤssigkeit wenig ankommen wuͤrde, dagegen die Wirkung mit
der Zahl der Plattenpaare der Saͤule und mit der Dike der
Leitungsdraͤhte wachsen wuͤrde. Nach seinen Versuchen wuͤrde
eine Saͤule von 107 kleinen Plattenpaaren hinreichen, eine telegraphische
Verbindung auf 10 geographische Meilen Entfernung zu bewirken, und dabei werden
fuͤr jeden Buchstaben uͤber 20 Meilen Drahtlaͤnge
(uͤbersilberten Kupferdrahtes, von dem 1 Fuß unuͤbersponnen 1,95 Gran
wiegt) erfordert.
Baron Schilling von Cannstadt, wirklicher russischer
Staatsrath, beschaͤftigte sich ebenfalls mit der Telegraphie durch
Elektricitaͤt (vergl. Allgem. Bauztg. 1837, Nr. 52, S. 440), und hat das
Verdienst, viel einfachere Vorrichtungen angegeben und einige Schwierigkeiten der
fruͤheren Angaben gehoben zu haben. Ampère
forderte fuͤr jeden Buchstaben einen Multiplicator, also etwa zur gesammten
telegraphischen Verbindung 60 bis 80 Draͤhte; Soͤmmering zwar nur 30 bis 40 Draͤhte; aber Schilling benuzt nur einen einzigen Multiplicator mit
zwei Draͤhten und bringt die telegraphischen Zeichen durch Verbindung von
rechts und links gerichteten Zukungen der Multiplicatornadel hervor. Wird
naͤmlich ein isolirter Metalldraht mehrmals, vielleicht einige hundert Male,
uͤber ein laͤngliches, kastenfoͤrmiges Gehaͤuse
gewunden, und in das Innere dieses Gehaͤuses eine Magnetnadel frei beweglich
gehangen, so wird, wenn man von den beiden Drahtenden A
und B das Ende A mit dem positiven Pole der Volta'schen Saͤule verbindet, das andere, B, mit dem negativen, je nach der Richtung der
Aufwindung des Drahtes (welcher mit der Richtung der Nadel parallel liegt) die Nadel
entweder nach Rechts oder nach Links heftig gestoßen werden, z.B. also nach Rechts;
verbindet man dann das Ende A mit dem negativen, B mit dem positiven Pole, so bewegt sich die Nadel nach
der entgegengesezten Seite, als vorher, also nach Links. Mehrere nach Rechts und
Links in bestimmter Ordnung erfolgende Ablenkungen gelten nun Schilling fuͤr ein einzelnes telegraphisches Zeichen. Da jedoch die
Nadel auf solche Art stark abgelenkt wird und nur nach mehrmals wiederholten
Schwankungen allmaͤhlich zur Ruhe kommt, so brachte Schilling an ihr ein
Platinstaͤbchen mit einer Schaufel an, welche in ein unter der Nadel
befindliches Queksilbergefaͤß tauchte und durch das bewirkte Hemmniß die
Schwankungen der Nadel in Zukungen verwandelte. Um den Beginn telegraphischer
Depeschen anzudeuten, loͤste Schilling auch einen
Weker vor Beginn des Telegraphirens. – Wie viel von diesen Apparaten dem
Baron Schilling eigenthuͤmlich angehoͤrt,
und ob nicht Einiges eine Nachahmung der Apparate von Gauß und Weber ist, welche gleich beschrieben
werden sollen, vermag der Verf. nicht zu entscheiden; daß aber Schilling bereits,
vielleicht mit unvollkommenerem Apparate, vor dem Kaiser Alexander und spaͤter vor Nikolaus
experimentirte, sagt die angefuͤhrte Quelle. – Die im Jahre 1836 von
Jacquin und von Ettinghausen in Wien angestellten Versuche mit einer telegraphischen Linie
uͤber zwei Straßen durch die Luft und unter der Erde des botanischen Gartens
fallen aber offenbar spaͤter als die Errichtung der Goͤttinger
Telegraphen.
Im Jahre 1831 wurde von Faraday die Umkehrung des Oerstedt'schen Versuches entdekt und bekannt gemacht, und
dadurch die galvanische Saͤule durch ein reinlicheres, bequemeres und
stetigeres, so wie sichereres Erregungsmittel fuͤr elektromagnetische
Telegraphenzeichen verdraͤngt und ersezt. Faraday
entdekte naͤmlich, daß, wenn man an einem ruhenden Magnetstabe einen Draht
voruͤberbewegt, in diesem Drahte eine galvanische Stroͤmung erregt
wird, welche nur so lange dauert, als der Draht gegen den Magnet in Bewegung ist,
und die entgegengesezte Richtung in dem Drahte annimmt, sobald dem Drahte selbst die
entgegengesezte Bewegung mitgetheilt wird. Die so erregte galvanische
Stroͤmung kann wieder am einfachsten dadurch bemerkbar gemacht werden, daß
man den bewegten Draht mit einem Multiplicator verbindet und so eine Magnetnadel
bewegen laͤßt, und die Stroͤmung kann vorzuͤglich dadurch
verstaͤrkt werden, daß man viele Theile eines und desselben Drahtes gleichzeitig an dem
Magnet voruͤber bewegt, d.h. daß man den Draht in eine spiralfoͤrmig
aufgewundene Rolle verwandelt, welche uͤber den Magnet geschoben wird.
In dem Vorhergehenden liegen die Grundzuͤge des von dem Hofrath Gauß und dem Professor Wilhelm
Weber in Goͤttingen 1833 ausgefuͤhrten elektro-magnetischen Telegraphen, welcher aus folgenden Theilen
besteht: 1) Apparat zur Hervorbringung des galvanischen Stromes; 2) Apparat zur
Fortleitung; 3) Apparat zur Wahrnehmung der gegebenen Zeichen; 4) Vorrichtung zur
bequemen und augenbliklichen Umkehrung des erregten Stromes. Saͤmmtliche
Apparate sind ihrer Haupteinrichtung nach in Fig. 18–32
dargestellt.
1) Erregungsapparat.
In der Saͤule A befinden sich zwei oder drei
kraͤftige Magnetstaͤbe, deren gleichnamige Pole bei B, C und D sichtbar sind;
uͤber diese Staͤbe, auf der Saͤule ruhend, ist die Rolle E gestuͤrzt, welche aus einem festen
hoͤlzernen Gestelle besteht, um welches in regelmaͤßigen Windungen ein
uͤbersponnener Kupferdraht gewunden ist, welcher, vielleicht noch
vortheilhaft mit Bernsteinfirniß getraͤnkt, aufgewunden werden kann. Die
beiden Enden dieses in einer metallischen Verbindung
befindlichen Drahtes, sind bei G, G' zu sehen; bei F, F befinden sich Griffe, um die Rolle E, welche wegen ihrer Wirkung die Inductionsrolle heißen mag, aufzuheben. Wird nun die Inductionsrolle
aufgehoben, so geht ein galvanischer Strom von G nach
G', da alle einzelnen Drahtwindungen an den
Magnetpolen voruͤberbewegt werden; wird die Inductionsrolle gesenkt und
wieder in ihre fruͤhere Lage gebracht, so geht ein galvanischer Strom in der
entgegengesezten Richtung durch den Draht, naͤmlich von G' nach G. Dieser Strom ist
desto staͤrker, je staͤrker der aus der Verbindung der einzelnen
Staͤbe entstandene Magnet, je groͤßer die Anzahl der Windungen des
aufgebrachten Drahtes ist, und je naͤher dieselben an dem Magnete selbst
liegen. – Ein Erregungsapparat mit Magneten von 120 Pfd. Gesammtgewicht und
einer Inductionsrolle, auf welcher etwa 30,000 Fuß umsponnener Draht aufgewunden
sind, kann fuͤr 300–350 Thlr. hergestellt werden.
2) Fortleitungsapparat.
Die Verbindung der beiden Endpunkte der telegraphischen Linie besteht in zwei
vollkommen isolirt fortgefuͤhrten Draͤhten. Wegen der groͤßern
Leitungsfaͤhigkeit empfehlen sich Kupferdraͤhte vor allen anderen;
Eisendraͤhte muͤssen ungefaͤhr die vierfache Staͤrke der
Kupferdraͤhte haben, um dasselbe zu leisten. Die Staͤrke der
Draͤhte muß mit der Entfernung im geraden und kann mit der Staͤrke des
erregten Stromes im
umgekehrten Verhaͤltnisse stehen. Werden die Draͤhte durch die Luft
gefuͤhrt, so genuͤgt es vollkommen, sie einmal mit gutem
Bernstein-Firniß zu uͤberziehen; angestellten Versuchen zufolge
isoliren sie so sogar bei ganz feuchter Witterung und Regenwetter. Werden die
Draͤhte, was bei Ausfuͤhrung im Großen vollkommen nothwendig scheint,
in die Erde gelegt, so ist es wuͤnschenswerth, daß sie auf bewachtem Boden
liegen, weßhalb sich der Grund und Boden der Eisenbahnen vorzuͤglich zu
Einlegung derselben zu eignen scheint. Jeder einzelne Drahtstrang muß, wenn er auch
aus einzelnen Stuͤcken besteht, als eine rein metallische Fortleitung in
einer umschließenden isolirenden Roͤhre erscheinen; die Verbindungsstellen
einzelner Drahtstuͤke sind daher besonders sorgfaͤltig so
herzustellen, daß sich an den einander zugekehrten Flaͤchen der
Drahtstuͤte keine Zersetzung bildet, welche die metallische Leitung
unterbricht. Um die Drahte vor Ableitung der galvanischen Stroͤmung durch den
feuchten Erdboden zu schuͤzen, duͤrfte es gut seyn, dieselben mit
isolirenden Harzen zu uͤberziehen, welche vorzuͤglich dann gut am
Drahte haften wuͤrden, wenn derselbe erst mit Hanf umsponnen oder in Hanf
eingesponnen wuͤrde. – Der fruͤher einmal
ausgesprochene Vorschlag, die Schienen einer Eisenbahn zur Fortleitung des
Stromes zu benuzen, duͤrfte vorzuͤglich deßwegen
unausfuͤhrbar erscheinen, weil sich die Enden der Schienen nur schwierig
in vollkommen metallische Verbindung sezen lassen, die sorgfaͤltige
Unterhaltung dieser Verbindung an so unzaͤhlig vielen
Zusammenstoßungsstellen aber eine hoͤchst laͤstige Zugabe
fuͤr die Bahnwartung waͤre, und endlich eine Telegraphie in dem
Falle Unmoͤglich scheint, wenn der auf den Schienen ruhende Dampfwagen
die beiden Schienen vielleicht nur momentan metallisch verbindet. –
Die Kosten fuͤr die metallische Verbindung zweier Orte wuͤrden immer
die betraͤchtlichsten der ganzen Anlage, zugleich aber auch der Theil des
gesammten Kostenaufwandes seyn, welcher im directen Verhaͤltniß mit der
Entfernung steht. – Sollte der Kupferdraht in Hanf eingesponnen werden, so
duͤrften 2/5 vom Gewichte des Kupferdrahtes an Hanf erforderlich seyn, wenn
der Kupferdraht 1/2 bis 3/4 Pariser Linien Staͤrke hat, und der Centner Hanf
wuͤrde nebst dem Arbeitslohn fuͤr das Umspinnen fuͤr 36 Thlr.
berechnet werden koͤnnen.
3) Der Observationsapparat,
in Fig. 18 im verticalen
Querschnitt, in Fig. 19 zum Theil in oberer Ansicht und in Fig. 20 theilweise in
Seitenansicht abgebildet, besteht aus dem kupfernen Gehaͤuse H, H, um welches ein umsponnener Kupferdraht in vielen Windungen
geschlagen ist, dessen Enden bei g, g' zu sehen und mit
den beiden Fortleitungsdraͤhten in Verbindung gebracht sind; diese
Drahtwindungen zeigt Fig. 19 bei I, I. In der obern Flaͤche des Gehaͤuses
befindet sich eine cylindrische Oeffnung, durch welche der Stab K hindurchgeht, der mittels des Schlittens L, L den Magnetstab M, M
traͤgt. Der Stab K traͤgt den
verstellbaren Spiegel N und haͤngt mittels des
Drahtes O an der Schraube P,
P, welche an Traͤgern der Dekplatte Q
befestigt ist. Der Spiegel N ist so gerichtet, daß sich
an ihm ein Bild der Scala T darstellt, wenn man durch
das Fernrohr R, R in denselben sieht; Fernrohr und Scala
liegen unverruͤkbar auf dem Gestelle S auf.
Sobald der Magnetstab sich ein wenig dreht, noͤthigt er den mit ihm
verbundenen Spiegel N, sich um denselben Winkel zu
drehen, um welchen er sich selbst drehte; dabei wird aber ein anderer Scalentheil
der Scala T durch das Fernrohr gesehen werden, als
fruͤher, und es laͤßt sich somit leicht uͤbersehen, daß eine
nach Rechts oder Links gerichtete Zukung des Magneten fuͤr den durch das
Fernrohr sehenden Beobachter bewirken wird, daß er glaubt, die Scala bewege sich
nach Links oder Rechts. Dieß ist im Allgemeinen die Art der Beobachtung der
telegraphischen Zeichen, welche von der Beobachtung der Intensitaͤt des
Erdmagnetismus und der Declinationsvariationen am Gauß'schen Magnetometer entlehnt ist.
Was nun die Einrichtung der einzelnen Theile anbelangt, um ihrem Zweke
gehoͤrig entsprechen zu koͤnnen so zeigt sich zuerst, daß das kupferne
Gehaͤuse H, H mit seinen Drahtwindungen und
Magnetstabe eigentlich ein im Großen ausgefuͤhrter Multiplicator ist. Gauß empfiehlt vorzuͤglich deßhalb das
Gehaͤuse aus Kupfer zu fertilgen, weil es so als Daͤmpfer wirkt; es beruhigt naͤmlich den schwingenden
Magnetstab durch seine inductorische Wirkung. Sollen naͤmlich Zukungen des
Magnetstabes deutlich wahrgenommen werden, so muß derselbe ploͤtzlich nach
einer Seite zu gehen, sogleich zuruͤkkehren und selbst durch eine mehrmals
auf dieselbe Art wiederholte Bewegung nicht zu so großen, laͤnger andauernden
Schwingungen veranlaßt werden. Einestheils erreicht man dieß dadurch, rolle schnell
nach einander hebt und senkt, so daß zwischen Hebung und Senkung nur ein
hoͤchst geringer Bruchtheil einer Secunde liegt; dadurch wird naͤmlich
der Magnetstab ploͤzlich etwas nach Rechts und augenbliklich eben so stark
nach Links gestoßen, wo der leztere Stoß die Bewegung sogleich aufhebt, welche in
Folge des ersten, wenn er allein Statt gefunden haͤtte, eingetreten
waͤre; das Gesammtresultat ist daher nur eine kleine Bewegung nach Links;
aber selbst durch diese kleine Bewegung ist der Magnetstab aus seiner
Gleichgewichtslage gekommen, und strebt, durch Schwingungen dieselbe zu erreichen;
solcher Schwingungen wird er nun sehr viele machen, sobald kein aͤußerer
Einfluß Statt findet, und er koͤnnte durch dieselben sogar eine bestimmte
Zukung undeutlich machen; hier wirkt nun das kupferne Gehaͤuse; der bewegte
Magnet erregt naͤmlich in demselben einen galvanischen Strom von der Art, daß
er auf den Magnet den Einfluß aͤußert, seiner jedesmaligen Schwingung
entgegenzuwirken. Die Wirkung eines solchen Daͤmpfers ist sehr
uͤberraschend. Ein Stab ohne Daͤmpfer macht, aus der
Gleichgewichtslage gebracht, Hunderte von Schwingungen, bevor er zur Ruhe kommt; ein
Stab mit Dampfer hat seine Gleichgewichtslage nach drei bis vier Schwingungen
erreicht.
Der Schlitten L, L, auf welchem der Magnetstab M, M ruht, ist in Fig. 22 in der
Endansicht, in Fig.
23 in der vorderen und in Fig. 24 in der oberen
Ansicht abgebildet. Er hat an seinen beiden Enden bei U,
U Blechverstaͤrkungen und ist in der Mitte durch die Traͤger
V, V mit dem durchlochten Oberstuͤk W verbunden. An den vier Enden gehen durch die Seiten
der Blechverstaͤrkungen U vier Justirschrauben
X, X hindurch, durch welche der Magnetstab M in einer solchen Lage befestigt wird, daß seine
magnetische Achse parallel mit der Hauptrichtung der Drahtwindungen I, I laͤuft, und daß sein Schwerpunkt, so wie der
Schwerpunkt des Schlittens, genau senkrecht unter dem Aufhaͤngepunkte liegt.
Der Cylinder K ist unten mit einer Verstaͤrkung
Y versehen, mit welcher er unter W greift und den Schlitten traͤgt. Da K cylindrisch ist, so kann auch W in jeder Lage auf Y ruhen und der Schlitten
so gedreht werden, daß eine gerade Stellung der Richtung des Magnetstabes dadurch
ermoͤglicht ist. K selbst ist durchbohrt und
gestattet dem Drahte O Durchgang, welcher mit dem
keilfoͤrmigen Ende Z den Cylinder K traͤgt. Der Stab K
ist bei a vierkantig gearbeitet, so daß an dieser Stelle
die Scheibe b (in Fig. 27 besonders
abgebildet) aufgestekt werden kann, welche an ihrer cylindrischen
Seitenflaͤche mit Zaͤhnen versehen ist, die sich fuͤr den
Eingriff einer Schraube ohne Ende eignen. Ueber diesem vierkantigen Stuͤke
a befindet sich wieder ein cylindrisches
Stuͤk des Stabes K, auf welches der in Fig. 26
abgebildete Spiegel nebst Gestell mit der Oeffnung d
geschoben werden kann, so daß er drehbar ist. An dem Gestelle e, e befindet sich auf der einen Seite der Spiegel N angeschraubt, an der andern Seite die Schraube f,
f so angebracht, daß dieselbe in die vorher erwaͤhnte Scheibe b einzugreifen vermag. Bei g
ist außerdem noch ein mit e verbundenes
Huͤlfsgewicht angedeutet, um den Schwerpunkt des Spiegels nebst Gestell in
die Umdrehungsachse zu ziehen. Beim Aufschieben dieser Vorrichtung kann dem Spiegel,
dessen Ebene irgend einen beliebigen Winkel mit der Richtung der Drahtwindungen I, I macht, die ungefaͤhre Richtung gegen das Fernrohr gegeben
werden, welche dann mit Huͤlfe der Schraube f, f
genauer bestimmt wird.
Die obere Befestigung des Drahtes O stellt Fig. 25 im
groͤßern Maaßstabe vor. Von der an der Deke befestigten Platte Q, Q gehen die beiden Traͤger i und k aus; i ist mit einer Mutterschraube, k mit einem cylindrischen Loche versehen. Durch beide Oeffnungen geht die
Schraube P, P, in deren Gewinde der Draht O eingelegt ist, und welche, wenn sie nach der einen
oder andern Richtung umgedreht wird, eine Verlaͤngerung oder
Verkuͤrzung des Aufhaͤngedrahtes bewirkt, ohne den
Aufhaͤngungspunkt zu verruͤken, da sie sich selbst in der
Mutterschraube i weiter fortschraubt. Die Mutter h dient zur Befestigung der Stellung der Schraube. Durch
diese Aufhaͤngung wird es moͤglich, dem Magnetstabe M, M innerhalb seines Gehaͤuses eine solche Lage
zu geben, daß er gleich weit von den oberen und von den unteren Drahtwindungen
entfernt ist, in welchem Falle er die groͤßte Gesammtwirkung von beiden
erfaͤhrt.
Ueber das Fernrohr R und Gestell S ist durchaus weiter nichts zu erinnern, als daß es gar nicht
erforderlich ist, daß die Richtungslinie des Fernrohrs parallel mit den
Drahtwindungen liege. – Die Scala T muß so mit
Zahlen versehen werden, daß dieselben im Spiegel als recht geschrieben erscheinen,
wie dieß die Abbildung der Scala Fig. 33 deutlich
macht.
Ein vollkommen eingerichteter Observationsapparat mit 30pfuͤndigem
Magnetstabe, einer Drahtlaͤnge von 30,000 Fuß und kupfernem Gehaͤuse,
kann fuͤr 400–500 Thlr. hergestellt werden und fordert ein Local von
etwa 30' Laͤnge und geringer Breite.
4) Der Commutator oder Gyrotrop nach
Gauß's Einrichtung.
Er ist in Fig.
28 von der Seite, in Fig. 29 von vorn und in
Fig. 31
von oben abgebildet; Fig. 30 ist eine Ansicht
der Dekplatte und Fig. 32 eine Ansicht der Bodenplatte. Er besteht aus zwei Platten nicht
leitenden Holzes, von denen die Bodenplatte l, m mit den
Traͤgern p, p' versehen ist, die oben Zapfenlager
haben, in welchen die Dekplatte n, o mit
Zaͤpfchen drehbar ruht; leztere traͤgt in ihrer Mitte das
Ausschlaggewicht q, welches verursacht, daß, wenn q nur ein wenig uͤber die Mittellinie
hinausbewegt wird, die obere Platte genoͤthigt wird, bis zur
Beruͤhrung mit der untern Platte umzuschlagen. Die untere Platte
enthaͤlt an jedem Ende vier Metallnaͤpfchen, die mit Queksilber
gefuͤllt sind, naͤmlich r, s, t, u auf der einen, v, w, x, y auf der andern Seite; von diesen stehen r und v, s und w, t und x, u und y mit einander in metallischer Verbindung, dagegen v und y mit den
Draͤhten G und G',
welche von der Inductionsrolle E kommen, und s und t mit den
Draͤhten g und g',
welche nach den Multiplicatorwindungen I,I
fuͤhren. Die obere Platte hat an ihrer untern Seite zwei Stiftreihen, welche
den Queksilbernaͤpfchen entsprechen und beim Umschlagen der Platte in
dieselben eintauchen, naͤmlich am einen Ende die Stifte v', w', x', y', am andern Ende die Stifte r', s', t', u'; von diesen Stiften stehen v' und w', x' und y', r' und t', s' und u' mit einander in metallischer Verbindung. –
Nimmt nun der Commutator die Stellung an, daß sich o und
m am naͤchsten sehen, also v' in v, w' in w, x' in x und y' in y taucht, so wird der
von G kommende galvanische Strom durch v nach w und uͤber
s nach g
uͤbergehen und von g' uͤber t, x und y nach G' zuruͤkkehren, d.h. der auf der rechten Seite
eintretende Strom geht auch rechts weiter. Sobald aber der Commutator nun so
gewendet wird, daß sich n und l am naͤchsten stehen, so taucht r' in
r, s' in s, t' in t und u' in u; dann geht der von G
kommende Strom uͤber v nach r, von r' nach r, durch t nach g', und kehrt uͤber g
nach s, s' und u durch u und y nach G' zuruͤk, d.h. der rechts eintretende Strom geht
links weiter. Waͤhrend also in dem Drahtstuͤk von E bis zum Commutator immer ein und derselbe Strom erregt
wird, kommt es auf die Stellung des Commutators an, wie der Strom weiter
fortgefuͤhrt werden soll, ob er auf die eine oder entgegengesezte Art den
Magnetstab umkreisen, d.h. also auch, ob er den Magnetstab nach Rechts oder Links
zum Ablenken bringen soll.
Die Art, wie telegraphirt wird, laͤßt sich aus dem Vorhergehenden leicht
entnehmen. Der Commutator, welcher sich ganz in der Naͤhe der Inductionsrolle
befindet, wird gestellt, hierauf die Inductionsrolle schnell gehoben und gesenkt,
dann, wenn es erforderlich ist, der Commutator gestellt und wieder gehoben und
gesenkt, bis die Anzahl Schwankungen der Nadel erregt sind, durch welche ein Zeichen
gebildet wird; dann erfolgt eine kleine Pause, und das neue Zeichen wird eben so wie
vorher gegeben. Beim Observationsapparate aber sieht der Beobachter ins Fernrohr und
schreibt die Art und Folge der Zukungen der Magnetnadel auf. Um eine Controle dieses
Aufschreibens zu haben, lassen sich eben so gut mehrere Fernroͤhre nach
demselben Spiegel richten, an denen Beobachter von einander unabhaͤngig
beobachten. Sezt man fest, daß fuͤnf Zukungen des Stabes einen Buchstaben
bedeuten sollen, und bezeichnet man mit l eine
Schwankung nach Links, mit r eine nach Rechts, so
koͤnnte etwa:
rrrrr = a
rrrrl = b
rrrlr = c
rrlrr= d
rlrrr = e
lrrrr = f
rrrll = g
rrlrl = i
u.s.w. seyn.
Im Ganzen erhaͤlt man durch die verschiedenen Anordnungen zu 5, welche man mit
den beiden Buchstaben r und l machen kann, 32 verschiedene telegraphische Zeichen, welche fuͤr
Buchstaben und Zahlen hinreichen wuͤrden, und von denen man diejenigen, in
welchen am mehrsten Wechsel zwischen r und l eintritt, fuͤr die gewoͤhnlichsten
Buchstaben waͤhlen wuͤrde, um dadurch bleibende Ablenkungen des
Magnetstabes moͤglichst zu beseitigen.
Der Anfang einer solchen telegraphischen Zeichendepesche laͤßt sich leicht
durch einen Weker andeuten. Fig. 34 gibt die Art an,
wie dieser Weker aufgeloͤst werden koͤnnte. Auf dem Gestelle A, B befindet sich bei C ein
Zapfenlager, auf welchem mit geringer Reibung der Hebel C,
D ruht. Durch die Schraube G, G wird derselbe
in der gezeichneten Lage erhalten, indem sich das Brettchen F des Hebels gegen den Endpunkt der Schraube stuͤzt; wird aber bei
D nur ein geringer Stoß in der Richtung des
angezeichneten Pfeiles gegen den Hebel gefuͤhrt, so geht er uͤber
seine Gleichgewichtslage weg, schlaͤgt um und faͤllt vermoͤge
des Gewichtes E, das sich an ihm befindet, in die
punktirte Stellung, wobei er die Hemmung H, welche den
Weker aufhaͤlt, in die Stellung H'
niederdruͤkt, bei welcher der Weker sein Spiel beginnt. Der Stoß wird dem
Hebel D durch das Ende M
eines in einem Multiplicator befindlichen Magnetstabes mitgetheilt, welcher dadurch
in eine starke Schwankung versezt wird, daß die Inductionsrolle am andern Ende nur
einmal uͤber den Magnet gezogen wird, ohne sich sogleich
zuruͤkzubewegen. Natuͤrlich koͤnnte es in einzelnen
Faͤllen vortheilhaft seyn, das Wekerzeichen mit einem andern Magnete zu
geben, als der ist, welcher die Depesche gibt; man koͤnnte daher, wenn nicht
telegraphirt wird, die Drahtleitung mit dem Wekermagneten verbinden, und nach
geschehener Ausloͤsung des Wekers ein aͤhnliches Zeichen nach der
ersten Station erwiedern und dann erst die Verbindung mit dem Hauptmagneten
herstellen; Manipulationen, die sich alle hoͤchst einfach durch ein Paar
Stuͤke Kupferdraht ausfuͤhren lassen.
Da die ganze Operation des Zeichengebens, wenn man sie auf ihre einzelnen Elemente
zuruͤkfuͤhrt, nur daraus besteht, daß fuͤr jede Schwankung
einmal der Commutator geruͤkt und dann die Inductionsrolle gehoben und
gesenkt wird, so laͤßt sich auch leicht eine Maschine construiren, durch
welche mit Einsezung gewisser veraͤnderlicher Theile, die den Commutatorstand
bestimmen, das Ganze auf eine Kurbelbewegung zuruͤkgefuͤhrt wird. Es
werde z.B. eine Scheibe an ihrem Umfange in 100 gleiche Theile getheilt, jeder
solche Theil mit einem Metallstuͤk belegt, welches sechs von einander
verschiedene Erhoͤhungen und Vertiefungen hat, von denen die ersten
fuͤnf den Commutator durch eine leicht zu erdenkende Einrichtung entweder
nach Rechts oder Links neigen, waͤhrend die sechste denselben in eine solche
Stellung versezt, daß weder das eine noch das andere Ende mit den
Queksilbergefaͤßen des Bodenbrettes communicirt; ferner sey diese Scheibe so
mit einer Kurbel verbunden, daß nach 600 Kurbelumdrehungen die Scheibe einmal
herumgekommen ist, jede Kurbelumdrehung verursache aber eine Hebung und Senkung der
Inductionsrolle: so ist leicht einzusehen, daß die mechanische Operation der
Zeichengebung von einem einfachen Arbeiter verrichtet werden kann, welcher die
Kurbel dreht, und daß nach 600maliger Umdrehung, deren Beendigung durch eine Gloke
angegeben werden kann, oder nach Telegraphirung von 100 Buchstaben eine neue
Scheibe, oder eine Scheibe mit neuer Umfangsbelegung fuͤr die
naͤchsten hundert Buchstaben eingelegt werden muß. Der Observator wird aber
jedesmal nach fuͤnf Zukungen der Nadel eine Pause von der Dauer einer Zukung
bemerken, wodurch das Ende eines Buchstabens angedeutet wird; eben so ließe sich
leicht eine Methode zur Signalisirung des Endes eines Wortes einrichten. Eine solche
Maschine forderte zu ihrer Bedienung außer dem mechanischen Arbeiter einen zweiten
Beamten, welcher die Stelle eines Sezers vertritt, indem er die Buchstaben der zu
gebenden Nachricht abliest und durch Typen auf dem Scheibenumfange
repraͤsentirt. Die Idee zur Haupteinrichtung von solchen Telegraphirmaschinen
wurde dem Verfasser von Hrn. Professor Wilhelm Weber mitgetheilt. Da nun elektrische
Stroͤmungen nach Wheatstone's Untersuchungen
groͤßere Geschwindigkeit als das Licht haben, folglich keine Zeit zwischen
Geben und Wahrnehmen des Zeichens verstreicht, so ist die Geschwindigkeit, womit
Depeschen durch den elektromagnetischen Telegraphen verbreitet werden
koͤnnen, wenigstens die eines gewoͤhnlichen Sezers, kann aber bei
weitem groͤßer werden, sobald man mit den telegraphischen Zeichen nicht
Buchstaben, sondern stenographische Zeichen andeutet.
Was nun speciell die in Goͤttingen aufgestellten elektromagnetischen Apparate
betrifft, so wurde im Jahre 1833 durch Professor
Weber vom physikalischen Cabinet aus uͤber die
Haͤuser der Stadt hin bis zur Sternwarte eine doppelte Drahtverbindung von
fast 7000 Fuß Laͤnge gefuͤhrt (vergl. Goͤtting. gelehrt. Anz.
1834, Nr. 128). Der Draht war groͤßtentheils Kupferdraht von der im Handel
mit 3 bezeichneten Nummer, wovon eine Laͤnge von 1 Meter 8 Gramme wiegt. Der
Draht des Multiplicators im magnetischen Observatorium ist uͤbersilberter
Kupferdraht Nr. 14, wovon 2,6 Meter einen Gramm wiegen. Die Laͤnge des
Magnetstabes ist 610 Millien, seine Breite 37, seine Dike 10 Millien, und 4 Pfd.
Gewicht; er haͤngt von der Deke des Saales an einem 200 fachen 7' langen
ungedrehten Seidenfaden, welcher eine Torsionskraft = 1/900 der Tragkraft des
Magnetstabes besizt, waͤhrend ein Metalldraht von gleichem
Tragvermoͤgen eine zehnmal staͤrkere Torsionskraft besizen
wuͤrde. Der Multiplicator besizt 200 Windungen mit 1100 Fuß
Drahtlaͤnge. Ein Plattenpaar von einem Zoll im Durchmesser brachte bei
Anwendung von bloßem Brunnenwasser die zur Telegraphie erforderlichen Schwankungen
hervor. – Ein anderer Multiplicator in der Sternwarte hat 270 Windungen von
2700 Fuß Drahtlaͤnge und einen Magnetstab von 25 Pfund aus Uslarschem
Gußstahl von 4' Laͤnge, 3'' Breite und 1/2'' Dike; er hing erst an einem 16'
langen 1000 fachen Seidenfaden, spaͤter an einem Stahldrahte (vergl.
Goͤtting. gelehrt. Anzeig. 1835, Nr. 36).
Obgleich sich schon mit hydrogalvanischer Erregung das Telegraphiren ganz gut
bewaͤhrt hatte, so erlangte es doch erst den Grad der vorher beschriebenen
Vollkommenheit durch Gauß's Construction einer
Inductorrolle im Jahre 1835 (vergl. Schumachers Jahrbuch
fuͤr 1836, S. 41), welche, im Lichten etwa 4 Zoll weit, 3537 Windungen eines
3600' langen, mit Seide uͤbersponnenen Kupferdrahtes enthaͤlt; die
inducirenden Magnete sind zwei Gußstahlstaͤbe, jeder von 25 Pfd. Gewicht, die
zu einem verbunden sind. Die gesammte Kette, durch welche der galvanische Strom
umzulaufen genoͤthigt ist, betraͤgt etwa 1/2 deutsche Meile in ihrer
Gesammtlaͤnge. – Von dem oben beschriebenen Daͤmpfer ist die
erste Notiz in den Goͤttinger gelehrten Anzeigen, 1837, Nr. 173, gegeben. Die
genaue Beschreibung und Abbildung der Vorrichtungen aber, welche, aͤhnlich
den hier beschriebenen, aber mit mehr zusammengeseztem Detail, zum Beobachten der
magnetischen Abweichung und zur Beobachtung der Staͤrke des Erdmagnetismus
dienen, die das eigentliche Magnetometer zusammensezten, finden sich in C. G. Gauß's und W. Weber's
Resultaten aus den Beobachtungen des magnetischen Vereins im Jahre 1836
(Goͤttingen 1837).
Waͤhrend Gauß die Erregung und Fortleitung der
Zeichen auf das
einfachste Princip gegruͤndet, Weber sogar eine
mechanische Vorrichtung fuͤr das Erste angegeben hatte, blieb es dem Prof.
Steinheil in Muͤnchen vorbehalten, die Art der
Beobachtung speciellen Versuchen zu unterwerfen, und einen bis jezt nur (in der
Augsb. Allgem. Zeitung, 1838, Nr. 89 bis 91 der außerordentlichen Beilage, und im
polytechn. Journal Bd. LXVII, S. 388
beschriebenen Apparat zu erfinden, durch welchen der elektromagnetische Telegraph
als vollendet erscheint. Aus den von Nicht-Technikern aufgestellten
Beschreibungen laͤßt sich nur so viel entnehmen, daß es Steinheil gelungen ist, kleinen Haͤmmern durch den Magnetstab
Bewegung mitzutheilen, welche entweder einen tiefen oder einen hohen Ton
hoͤren lassen, je nachdem eine Schwingung des Magnetes nach der einen oder
nach der andern Seite erfolgt; hiedurch wird das Sehen durchs Fernrohr entbehrlich
gemacht und ein Aufzeichnen der Signale von einer beliebigen Anzahl Personen
moͤglich; die Signale selbst sind so gewaͤhlt, daß sie Aehnlichkeit
mit den großen Buchstaben des lateinischen Alphabets haben; so bedeutet z.B.
tief-hoch-tief ∴ das A,
hoch-tief-hoch ∵ das V,
hoch-hoch-tief-tief ¨ ‥ das Z u.s.w. Aber zu einem wirklichen Telegraphen machte Steinheil die Vorrichtung
noch dadurch, daß er außer den Haͤmmern auch Stifte bewegen ließ, welche in
Naͤpfchen mit Oelfarbe tauchen und dann je nach der Bewegung des Magnetstabes
Punkte auf einen neben ihnen durch ein Uhrwerk vorbeibewegten Papierstreifen machen.
Die einzelnen Punkte gruppiren sich in ihrer Aufeinanderfolge dann zu der wirklich
geschriebenen Depesche; z.B. wuͤrden die drei vorher angegebenen Buchstaben
sich so aneinander reihen: ∴ ∵ ¨ ‥ . Welchen Mechanismus
der Erregung Steinheil anwendet, ist aus den oben
angegebenen Quellen nicht zu errathen; die eine spricht von einer mit den
Ausgaͤngen der Drahte umwundenen Scheibe (worunter jedenfalls der Inductor zu
verstehen ist), die andere von einem Balancier, welcher nach einer halben Umdrehung
ein Zeichen gibt. – Uebrigens hat Steinheil eine
Wohnung in der Lerchenstraße mit dem physikalischen Cabinet in Muͤnchen durch
eine 6000' lange Eisendrahtverbindung, die Werkstaͤtte der Akademie mit dem
leztern durch eine 1000' lange Eisendrahtverbindung, und die Sternwarte zu
Bogenhausen durch eine 3000' lange Kupferdrahtverbindung mit einander in
Communication gesezt. Alle Drahtleitungen endigen sich in einer im physikalischen
Cabinet angebrachten Buͤchse, wo die verschiedenen Drahte nach Erfordern mit
einander verbunden werden koͤnnen.
In Deutschland scheint somit die erste praktische Idee zum elektromagnetischen
Telegraphiren entstanden und bis zur groͤßten Anwendbarkeit ausgebildet zu
seyn (daß sich Mechanikus Popp in Eßlingen mit dem Modell eines
elektromagnetischen Telegraphen beschaͤftigt, fuͤhren wir nur als
Notiz an), waͤhrend das Vaterland des Maschinenwesens, England, die deutschen
Erfindungen gaͤnzlich zu ignoriren und gleichzeitig mit Deutschland einen von
lezterem laͤngst verlassenen unpraktischen Weg zu betreten scheint. Englische
Journale (The Scotsman, The morning chronicle, Dec. 30,
1837; Mech. Mag. 1837, Nr.
746, Nr. 751 etc.) erwaͤhnen des Telegraphen von Alexander, welcher, im Modell ausgefuͤhrt, weiter nichts als die
Ampère'sche Idee ist, mit dem einzigen
Unterschiede, daß bei dreißig zu gebenden Zeichen dreißig Hinleitungsdrahte und ein
gemeinschaftlicher Ruͤkleitungsdraht Statt finden. Ein Correspondent des Mechan. Magazin will diesen Mechanismus dadurch
vereinfachen, daß er jede Magnetnadel fuͤr zwei Buchstaben gebraucht, indem
sie nach Rechts gehend den einen, nach Links gehend einen andern entbloͤßt.
Der Erregungsapparat ist hier immer hydrogalvanisch, und eine leicht in ihrer
Einrichtung zu denkende Claviatur seze die ganze Vorrichtung in
Thaͤtigkeit.
Wheatstone ist (nach der Leipz. Allg. Zeit. 1838, Nr. 47)
immer noch auf einem sehr zusammengesezten, wenn auch vor dem vorigen einfacheren
Wege, wenn er vier Inclinationsnadeln an dem einen Ende in Drahtwindungen als
Multiplicatoren aufstellt, und acht von einander durch Kautschuk-Ueberzug
getrennte Draͤhte zu einem Seile zusammenwindet, welches die Verbindung der
beiden Stationen bewirkt. Jeder einzelne Multiplicator ist mit einem Commutator
versehen, und zur Ablenkung der Nadeln wird Hydrogalvanismus gebraucht. Seine Nadeln
geben durch die verschiedene Neigung ein Zeichen folgender Art: //// oder //∧
oder //∨ u.s.w. Nimmt man dazu die indifferente Stellung der Nadeln (die
senkrechte), so ergibt sich allerdings eine große Anzahl Formen fuͤr Zeichen;
doch ist die ganze Vorrichtung nicht im Mindesten einfach und sieht dem
eigentlichen, jezt gewoͤhnlichen Telegraphen noch sehr aͤhnlich.
––––––––––
Der vorhergehende Aufsaz war bereits dem Druke uͤbergeben, als mir noch die
folgenden Notizen uͤber den elektromagnetischen Telegraphen zugingen:
Im Jahre 1816 sprach sich in einem Briefe, welcher in Thomsons
Annals of Philosophy, Vol. VII, p. 162, abgedrukt ist,
Dr. John Redman Coxe, Prof. der Chemie zu
Philadelphia, dahin aus, daß man den Galvanismus zur telegraphischen Verbindung
benuzen koͤnne; er beklagt sich, daß uͤber Fortleitung galvanischer
Stroͤmungen durch Draͤhte sehr wenig Versuche angestellt werden seyen,
und schlaͤgt
als speciell anzuwendendes Mittheilungsprincip die Zersezung von Wasser oder
Metallsalzen in verschiedenen bestimmt angeordneten Gefaͤßen vor, die
noͤthigenfalls stationsweise eine Depesche fortbringen sollten. Im Ganzen ist
die Idee, wenn auch hoͤchst wahrscheinlich unabhaͤngig entstanden,
dieselbe, welche Soͤmmering vollkommener
entwikelte. Mech. Magaz. Nr. 757, p. 333.
Das Mech. Mag. Nr. 754, p.
261 sq. erwaͤhnt, wenn auch unvollstaͤndig
und zum Theil falsch aufgefaßt, die Einrichtung des elektromagnetischen Telegraphen
von Gauß und gibt dann an, daß Cooke im Verein mit Prof. Wheatstone im Junius
1837 ein Patent auf ihre Telegrapheneinrichtung genommen haben. Aus der dann
gegebenen kurzen Beschreibung ergibt sich, daß die Zeichen durch asiatische
Doppelnadeln, die vertical mit horizontalen Achsen angebracht sind, und von denen
drei oder vier oder mehrere neben einander stehen, gegeben werden. Die Nadeln werden
einzeln oder zusammen nach der einen oder andern Seite bewegt, und durch ihre
Stellung z.B. der Buchstabe bezeichnet, welcher in Fig. 35 am
Durchkreuzungspunkte der entsprechenden Richtungen steht.
Quetelet gibt in: La France
industrielle 1838, 5. April, p. 3, an, daß Wheatstone durch seine Versuche uͤber die
Bestimmung der Geschwindigkeit der Elektricitaͤt, die er vor 5 Jahren
anstellte, zur Construction des Telegraphen veranlaßt worden sey; es koͤnnten
durch seine Einrichtung 30 Zeichen in der Minute gegeben werden, und einige Zeichen
ließen sich sogar zu zweien auf einmal geben. Mit 5 Leitungsdraͤhten, welche
auf 5 Nadeln wirken, ließen sich, je nachdem man 1, 2, 3 etc. Nadeln zugleich in
Thaͤtigkeit seze, uͤber 200 verschiedene Zeichen geben. Auf der
Eisenbahn von London nach Birmingham ist ein Versuch zwischen zwei 1 1/2 engl.
Meilen entfernten Punkten angestellt worden, welcher eben so befriedigend ausfiel,
als ein anderer, bei welchem, ohne die wirkliche Entfernung zu vergroͤßern,
nur ein Leitungsdraht von 20 engl. Meilen Laͤnge angewendet wurde. Bei dem
leztern Versuche wurde Wheatstone durch Cooke unterstuͤzt, welchem alles das
uͤbertragen werden wird, was sich auf Ausfuͤhrung telegraphischer
Linien in England bezieht. Der Leztere hat zwar selbst einen eigenen elektrischen
Telegraphen erfunden, jedoch denselben Zu Gunsten der Wheatstone'schen Einrichtung wieder aufgegeben. Immer ist aber Wheatstone's Telegraph noch ein hydrogalvanischer; die Stroͤmung wird durch Plattenpaare und
feuchten Leiter erregt, und man benuzt diese Stroͤmung zu einer Allarmvorrichtung eigenthuͤmlicher Art; bevor
naͤmlich die Stroͤmung auf die Magnetnadeln wirkt, aͤußert sie
ihre Wirkung auf einen hufeisenfoͤrmigen, mit Drahtwindungen versehenen Elektromagneten, welcher
den Hammer der Allarmgloke bewegt. – Zur Hervorbringung der Stroͤmung,
von welcher die Zeichen abhaͤngen, bedient sich Wheatstone gewoͤhnlich eines Plattenpaares von der Groͤße
eines Quadratdecimeters, und nur bei sehr feuchtem Wetter wendet er eine
groͤßere Platte an. – Die Telegraphen von Alexander in Edinburgh, Davy in London, Gold in Leamington, Prof. Morse in Newyork und Anderer werden als durch Mittheilungen Wheatstone's hervorgerufen, von Quetelet bezeichnet.
Davy's Telegraph scheint nach dem Mechan. Mag. Nr. 754, p. 261 etc., Nr. 756, p. 296 und Nr. 758, p. 327, aus den
unvollkommenen Berichten mehrerer Beobachter eine Einrichtung zu haben, wie wir sie
oben zu beschreiben Gelegenheit hatten. Jeder Buchstabe wird durch eine Magnetnadel
verdekt oder gezeigt; so viel Buchstaben, so viel Drahtleitungen; das
Eigenthuͤmliche Davy's scheint zu seyn, daß die
Buchstaben nach Wegnahme der sie verbergenden Schirme, durch eine dahinter
angebrachte Vorrichtung erleuchtet erscheinen.
Morse's Telegraph ist von weit groͤßerem Interesse
als der vors hergehende; wir koͤnnen aus dem, was das Mech. Mag. Nr. 757, p. 332, daruͤber
aus dem Franklin Journal enthaͤlt, Folgendes
mittheilen: Morse, Professor an der Universitaͤt
Newyork, hatte vor 5 Jahren den Plan zu seinem Telegraphen schon gefaßt, bereiste
hierauf Frankreich und fing nach seiner Ruͤkkehr an der Ausfuͤhrung
desselben an; im Sept. 1837 war er damit so weit vorgeschritten, daß er Versuche
machen koͤnnte. Wie bei Gauß ist hier nur eine
Fortleitung, und wie bei Steinheil ist zugleich der
Schreibapparat vorhanden, welcher am 4. September 1837 die Depesche Fig. 36 aufschrieb. Die
Zahlen, welche in Fig. 36 beigeschrieben sind, bezeichnen nur die Anzahl Ausbeugungen der
Linie nach der einen Seite; die Ausbeugungen, welche eine einzige Zahl bilden
sollen, sind von den vorhergehenden durch kleine Zwischenraͤume getrennt; die
erste und lezte Schwankung eines Wortes graͤnzen an groͤßere
Zwischenraͤume; mehrere Zahlen zusammen bezeichnen ein Wort nach einem
besonders dazu entworfenen telegraphischen Woͤrterbuchs. In der
vorhergehenden Correspondenz heißt daher:
214
gelungener
36
Versuch
2
mit
58
Telegraph
112
Septbr.
Um anzudeuten, daß eine Schwankung nicht ein
Buchstabenzeichen, sondern eine wirkliche Zahl seyn soll, tritt vor dieselbe eine
nach der entgegengesezten Seile gerichtete Schwankung als Verwahrungszeichen daher bezeichnet das
Ende der telegraphischen Depesche den Monatstag und die Jahreszahl. – Der
hier nicht weiter angedeutete Apparat zum Aufschreiben scheint dem Steinheil'schen aͤhnlich zu seyn; von dem Apparate
zum Geben der Zeichen wird nur angegeben, daß sich in demselben ein Theil befinde,
bei welchem fuͤr jedes zu gebende Zeichen eine besondere Type eingesezt
wird.