Titel: | Miszellen. |
Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LI., S. 247 |
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LI.
Miszellen.
Miszellen.
Parkes, uͤber die Verdampfung des Wassers in den
Dampfkesseln.
Hr. Josiah Parkes hat der Institution of Civil Engineers zu London in der
Versammlung vom 6. Maͤrz 1838 eine Abhandlung vorgetragen, welche dem London Journal zu Folge einen klaren Ueberblik des
dermaligen Standes unseres Wissens bezuͤglich der Kraft der Steinkohlen Dampf
aus dem Wasser zu erzeugen gibt. Wir entnehmen demnach das Wesentlichste aus dem
Berichte, den das angefuͤhrte Journal uͤber diese Abhandlung
enthaͤlt. – Aus den Versuchen, welche man anstellte, theils um den
durch das Entweichen großer Rauchmassen bedingten Verlust zu verhuͤten,
theils um die daraus erwachsenden Unannehmlichkeiten zu beseitigen, ergab sich, daß
die zur Verbrennung des Rauches bestimmte Luft direct und ehe sie noch durch das
Hinstreichen uͤber entzuͤndetes Brennmaterial verdorben worden, an
denselben abgegeben werden muß, und zwar da, wo die staͤrkste Hize
stattfindet, indem zur Entzuͤndung des Rauches wenigstens die
Gluͤhhize erforderlich ist. Hr. Parkes will daher die Luft an dem Stege des Ofens eingeleitet
wissen. – Bei aufmerksamer Pruͤfung verschiedener Feuerungsmethoden
fand er, daß bei seltnerer Feuerung weniger Rauch entwikelt wird, als bei
haͤufigerer; daß in ersterem Falle bei gleicher Menge Brennmaterial mehr
Wasser verdampft wird; und daß sich eine geringere Menge Schlaken bildet. Von diesem
Principe ausgehend, will er, daß des Tages nur zwei Trachten Kohlen eingetragen
werden sollen: eine des Morgens, und eine des Mittags. Die hiedurch bedingte große
Ersparniß an Brennmaterial steigert sich noch hoͤher, wenn man die Oefen so
vergroͤßert, daß sie die fuͤr einen ganzen Tag erforderliche Menge
Brennstoff fassen. Bei diesem Systeme war nach Parkes von
7 Uhr Morgens an kein Rauch mehr sichtbar; die Register wurden stark niedergezogen,
und der Dampf wechselte viele Stunden hindurch um keinen Achtelzoll. Um Mittag
wurden die Register so fest geschlossen, als es mit Sicherheit geschehen konnte, und
eine große Menge Wasser nachgetragen. Waͤhrend der Nacht, waͤhrend der
die Maschine still stand, wurde wieder Wasser nachgetragen. Auf diese Weise wurde
die Hize der Feuerzuͤge zu Nuzen gebracht, und da die Kessel eine gute
Verkleidung hatten, so ging die Nacht uͤber nur wenig Hize verloren. –
Hr. Parkes beschreibt hierauf
im Detail die von ihm als die beste befundene Feuerungsmethode, bei der es ihm
gelang, mit Einem Pfunde Steinkohlen 10,2 Pfd. Wasser bei einer Temperatur von
212° F. zu verdampfen, waͤhrend nach dem gewoͤhnlichen Systeme
auf eine gleiche Menge Steinkohlen nur 7 Pfd. Wasser kommen. Die groͤßte
Verdampfung war bei 212° F. 18 1/2 Cubikfuß Wasser mit 112 Pfd. Steinkohlen.
Wenn man wohlfeil Dampf
erzeugen will, so darf die Wasserflaͤche im Kessel nicht unter 10 Quadratfuß
auf die Pferdekraft betragen; im Lancashire gestattet man gewoͤhnlich nur 7
1/2 Quadratfuß, und Boulton und Watt beschraͤnkten sich gar auf 5 Fuß. Die an den
waggonfoͤrmigen Kesseln der Hize ausgesezte Oberflaͤche
betraͤgt, die inneren Feuerzuͤge nicht mitgerechnet, beinahe das
Doppelte. Dieses System, auf welches ein Patent genommen wurde, ward an mehr als 500
Oefen angebracht, kam jedoch großen Theils wieder in Verfall, und zwar einfach aus
dem Grunde, weil dabei viel auf den Heizer ankommt, und weil man sich nicht die
Muͤhe geben wollte, sich der Ersparniß einiger Kohlen wegen damit vertraut zu
machen. Hr. Parkes geht
hierauf auf einige Punkte uͤber, mit denen wir bisher noch gaͤnzlich
unbekannt geblieben, obschon sie fuͤr die Praxis von hoͤchster
Wichtigkeit sind. Hiezu gehoͤrt: ein Maaß fuͤr die absolute Menge des
in einem Pfunde Steinkohlen oder eines anderen Brennstoffes enthaltenen
Waͤrmestoffes; das Verhaͤltniß, in welchem sich Luft und Brennstoff
waͤhrend der Verbrennung miteinander verbinden; die Verhaͤltnisse
zwischen dem Brennstoffe und dem Traͤger der Verbrennung; die relative
Heizkraft der festen und gasartigen Bestandtheile der Steinkohlen, und zwar vom
Anthracite angefangen bis zur Cannelkohle, welche bekanntlich 85 Procent Gas gibt.
Ebenso fehlen uns noch Versuche uͤber die relative Heizkraft von Steinkohle
und Kohks. Hr. Parkes fand,
daß 75 Pfd. aus 100 Pfd. Steinkohle von St. Etienne gewonnener Kohks eben soviel
Wasser verdampfen, als 100 Pfd. dieser Kohle. Die Erklaͤrung hiefuͤr
ergibt sich, wenn man erwaͤgt, daß die Hize der Verbrennung nicht bloß von
dem Brennstoffe, sondern auch von der Menge Sauerstoff, die sich mit ihm verbindet,
abhaͤngt. – Von den Tabellen, welche der Abhandlung beigegeben sind,
enthaͤlt die erste die Resultate zahlreicher Versuche, welche in London und
im Lancashire an gewoͤhnlichen oder waggonfoͤrmigen Dampfkesseln mit
dem gewoͤhnlichen Feuerungssysteme und jenem des Hrn. Parkes angestellt wurden. Sie gibt das Gewicht
der Kohle an, welche verbraucht wurde, um das Wasser auf 212° F. zu erhizen
und von diesem Punkte aus in Dampf zu verwandeln; und ebenso deutet sie an, welcher
Nuzeffect dem gasfoͤrmigen und kohligen Bestandtheile zugeschrieben werden
muß. – In der zweiten Tabelle findet man die Wassermenge, welche in den
lezten 8 Monaten von Cornwalliser Kesseln an den United
mines verdampft wurde. Die groͤßte Menge ist 15,3, die geringste 9,6
und die mittlere 11,8 Pfd. Wasser von 212° F. per
Pfund Steinkohle. Nach Herwood's Angaben betrug die Quantitaͤt 14 Pfd. Wasser per Pfund Steinkohle. – Die dritte auf die
Versuche de Pambour's
gegruͤndete Tabelle gibt die in Locomotivkesseln verdampfte Wassermenge an.
Im mittleren Durchschnitte kommen hier 5 bis 6 Pfd. Wasser auf ein Pfund Steinkohle,
vorausgesezt, daß 8/10 Pfd. Kohks an Kraft einem Pfunde Steinkohle gleichkommen.
– Die vierte Tabelle enthaͤlt eine vergleichende Zusammenstellung, aus
welcher hervorgeht, daß nach mittleren Durchschnitten auf 112 Pfd. Steinkohle bei
den Versuchen in Cornwallis 24, in Warwik 18 1/2, in London 14, im Lancashire 13 1/2
und an den Locomotiven 40 Cubikfuß verdampftes Wasser von 212° F. kommen.
– Endlich gibt Hr. Parkes auch noch den Verlust an, der erwachst, wenn die Kessel und
Dampfroͤhren keine Bekleidung erhalten. Schluͤßlich fordert er alle,
die sich mit Versuchen uͤber diesen Gegenstand beschaͤftigen, auf,
jedesmal folgende Punkte anzugeben: die Form und Dimensionen der Kessel; den
Flaͤchenraum des Rostes; die der Hize ausgesezte Oberflaͤche, wobei
jener Flaͤchenraum, der die ausstrahlende Waͤrme aufnimmt, zu
unterscheiden ist; die Temperatur des in die Kessel eintretenden Wassers; das
Gewicht der verbrannten Kohlen; das Gewicht oder das Maaß des verdampften Wassers
und die Dauer des Versuches.
Explosion des Kessels einer Locomotive auf der
Liverpool-Manchester-Eisenbahn.
Am 12. Novbr. 1838 Abends begegnete dem von Liverpool nach Manchester abgefahrenen
Transporte beim Ansteigen einer schiefen Flaͤche ein Unfall, der dem
Maschinisten und dem Heizer das Leben kostete. Der Zug bestand aus 13 Waggons, die
von zwei Maschinen gezogen und von zwei anderen Maschinen geschoben wurden. Der Zug
stieg die schiefe Flaͤche, deren Gefall 1 in 90 Fuß betraͤgt, ruhig
und langsam hinan, als die Maschine der ersten Locomotive mit einem Knalle explodirte, den man auf
eine engl. Meile Entfernung hoͤrte. Die Maschine machte sich von dem
Wagenzuge los, und flog 200 bis 400 Yards weit auf der Bahn pfeilschnell fort. Die
Personen auf den anderen Wagen erlitten keine Beschaͤdigung, indem der
Munitionswagen der explodirten Locomotive gleichsam eine Schuzmauer bildete. Die
geborstene Locomotive haͤtte 5 Jahre lang Dienste geleistet; ihr Kessel
haͤtte 1/4 Zoll Metalldike, und sollte der Berechnung nach einen Druk von 50
Pfd. auf den Quadratzoll aushalten. Das Heizende des Ofens war weggerissen. Es
scheint nicht, daß die Explosion durch Wassermangel im Kessel hervorgebracht wurde,
denn in diesem Falle waͤren die Metallpfroͤpfe geschmolzen und das
Feuer ausgeloͤscht worden. Dagegen scheint es wahrscheinlich, daß der
Maschinist das Ventil uͤberlud, indem er, wie sich aus den Zeugenaussagen
ergab, oͤfter auf dessen Hebel zu druͤken pflegte. Auf den beiden
lezteren Maschinen fuͤhlte man gar nichts von den Wirkungen der Explosion.
(Civil Engineer and Architects Journal. Decbr.
1828.)
Field's Versuche uͤber
die Menschenkraft.
Hr. Joshua Field stellte
mehrere Versuche an zur Ermittlung der Kraft, welche ein an der Kurbel eines Krahnes
angestellter Mann ausuͤbt, und zwar vergleichsweise, je nachdem die Arbeit
nur kurze oder laͤngere Zeit anwahrt. Der Apparat, ein gewoͤhnlicher
roh gearbeiteter Krahn, welcher auf keine Weise zu den Versuchen vorbereitet worden,
bestand aus zwei Raͤdern zu 92 und 41 Zahnen und aus zwei Getrieben zu 11 und
10 Zahnen. Der Durchmesser der Trommel betrug bis zur Mitte der Kette 11 5/4, jener
der Kurbel 36 Zoll. Das Verhaͤltniß des Gewichtes zur Kraft war 105 zu 1. Das
Gewicht wurde in allen Faͤllen 16 1/2 Fuß hoch gehoben, und bei den
verschiedenen Versuchen so proportionirt, daß es den Armen des Arbeiters einen
Widerstand von 10, 15, 20, 25, 30 und 35 Pfunden plus
der Reibung des Apparates bot. – Um die Versuche miteinander vergleichen zu
koͤnnen, mußten die Resultate auf ein gemeinsames Maaß reducirt werden, wozu
sich, wie zur Schaͤzung der Pferdekraͤfte, am besten die Zahl der
Pfunde eignete, welche innerhalb einer Minute einen Fuß hoch gehoben wurden. Diese
Zahl ward z.B. bei dem ersten Versuche auf folgende Weise erhalten. Hier wurden
naͤmlich 1050 Pfd. in 90 Secunden 16 1/2 Fuß hoch gehoben; dieß ist
aͤquivalent mit 1050 × 16,5 = 17,325 Pfd., welche in 90 Secunden einen
Fuß gehoben werden; und dieß ist wieder aͤquivalent mit 11,550 Pfd., die in
einer Minute einen Fuß hoch gehoben werden, so daß also in diesem Falle die
Manneskraft 11,550 ist. Hienach wird folgende Tabelle verstaͤndlich:
Textabbildung Bd. 71, S. 249
Statistischer Widerstand an der
Kurbel; Gehobenes Gewicht; Zeit in Secunden; Zeit in Minuten; Bemerkungen;
Manneskraft; Leicht von einem starken Englaͤnder; Ziemlich leicht von
demselben; Nicht leicht von einem starken Irlaͤnder; Schwer von einem
starken Englaͤnder; Schwer von einem Londoner; Mit groͤßter
Schwierigkeit von einem großen Irlaͤnder; Mit groͤßter
Schwierigkeit von einem Londoner, demselben wie bei Versuch V; Mit aͤußerster Anstrengung von einem
großen Irlaͤnder; Mit großer Anstregung von dem bei Versuch III
verwendeten Irlaͤnder; Mit der aͤußersten Anstrengung von einem
Walliser; Der Versuch ward von dem Irlaͤnder aufgegeben
Der Versuch IV kann annaͤherungsweise als das Maximum der Kraft, die ein
Arbeiter durch 2 1/2 Minuten hindurch auszuuͤben im Stande ist, betrachtet
werden; denn bei allen spaͤtern Versuchen war der Arbeiter so
erschoͤpft, daß er nicht mehr im Stande war, das Gewicht herabzulassen. Der
groͤßte Nuzeffect ergab sich bei Versuch VI; er kommt, die Reibung der
Maschine mit in Anschlag gebracht, einer Pferdekraft oder 33000 Pfd., die in einer
Minute einen Fuß hoch gehoben werden, gleich. Es scheint demnach, daß ein sehr
kraͤftiger Mann bei der aͤußersten Anstrengung durch 2 Minuten eben
soviel leistet, wie ein Pferd bei einer Tagarbeit von 8 Stunden. (Transactions of the Institution of Civil Engineers Vol.
II.)
Das erste englische Dampfboot.
Das erste Dampfboot, welches Will. Symington fuͤr
den sel. Miller von Dalswinton baute, welches auf dem
Forth und Clyde-Canale gebraucht wurde, und von dem Fulton die Idee der Einfuͤhrung von derlei Booten auf den
amerikanischen Fluͤssen entnahm, ward kuͤrzlich mit verschiedenem
alten Geraffel zum Ausfuͤllen eines kleinen, in der Naͤhe des
genannten Canals gelegenen Flußbettes verwendet! (Mechanics'
Magazine, No. 794.)
Mechanische Flachspinnerei in Frankreich.
Jedermann weiß, daß Napoleon in einem Decret vom 7. Mai 1810 dem Erfinder der besten
Maschine zum Hanfspinnen eine Million Fr. versprach. Er that es aus Haß gegen
England, um dem Beduͤrfnisse von Baumwollenwaaren durch eine wohlfeilere
Bereitung der Leinwand entgegenzuarbeiten, aber die Aufgabe ist seitdem von den
Englaͤndern in ihrem Interesse geloͤst worden, und der Augenblik einer
neuen Revolution in der Fabrication eines der verbreitetsten Erzeugnisse von Europa
ist jezt auch fuͤr den Continent gekommen. Die Hanfspinnereien sind im
Begriff, die lezte haͤusliche Manufactur zu zerstoͤren, was ein wahres
Ungluͤk fuͤr die ganze laͤndliche Bevoͤlkerung von
Europa ist, und die Sache ist namentlich fuͤr Deutschland von einem sehr
großen Interesse. Es ist daher wohl der Muͤhe werth zu sehen, wie die Sache
in Frankreich, das in dieser Ruͤksicht mit Deutschland in derselben Lage ist,
steht, und welche Schritte die Regierung thun zu muͤssen glaubt. Die
Production von Linnen ist von großer Ausdehnung in Frankreich, und man rechnet, daß
etwa 180,000 Hectaren mit Hanf und Flachs besaͤet werden, welche an Pachtgeld
und Arbeitslohn 115 Millionen Fr. jaͤhrlich kosten, 125 Mill. Pst. Product
liefern, das einen Werth von etwa 175 Will. Fr. hat. Man sieht daraus, daß Linnen
noch immer ein wichtigerer Artikel geblieben ist als Baumwolle, von der nur 80 Mill.
Pfd. jaͤhrlich verbraucht werden, obgleich die Baumwollenmanufacturen die
Aufmerksamkeit der Regierung und des Publicums weit mehr auf sich ziehen, weil sie
in den Haͤnden großer und concentrirter Etablissements sind, welche ihre
Klagen leicht vorbringen koͤnnen, waͤhrend die Cultur und Manufactur
von Linnen eine vereinzelte haͤusliche Industrie ist. Aber doch haben die
Klagen derselben seit einiger Zeit so zugenommen, daß man sich genoͤthigt
sah, darauf Ruͤksicht zu nehmen. Der von Napoleon ausgesezte Preis
haͤtte naͤmlich bald die Erfindung von Flachsspinnmaschinen zur Folge,
die in mehreren Orten eingefuͤhrt wurden, ohne jedoch eine namhafte Ersparniß
an Material und Arbeitslohn hervorzubringen; aber die Englaͤnder erfanden
gegen das Jahr 1825 eine Art, den Flachs vor dem Spinnen so zu bereiten, daß er sich
so leicht als Baumwolle und in bei weitem einfacheren Maschinen spinnen
laͤßt. Namentlich Marshall in Leeds
uͤberwand die Schwierigkeiten, welche das dem Flachs eigene Harz dem Spinnen
entgegensezte, so vollkommen, daß sich bald eine große Menge Fabriken dieser Art
erhoben.Man vergleiche uͤber dessen Manufactur das polyt. Journal Bd. LXVI. S. 75. Leeds allein besizt deren gegenwaͤrtig 113, und ganz England 178, und
so große, daß eine einzige Fabrik in Leeds 2100 Arbeiter beschaͤftigt. Die
Vortheile der Maschinenspinnerei uͤber Handspinnerei sind sehr bedeutend: die
Maschine spinnt wohlfeiler und gleicher; sie spinnt das Werg eben so sein als den Flachs selbst, und
auf eine Art, die es selbst einem geuͤbten Fabrikanten schwer macht, den
Faden von Werg von dem andern zu unterscheiden; dieser lezte Vortheil allein ist so
groß, daß er bei dem großen Abgange, den fruͤher das Werg gab, die
Handspinnerei verdraͤngen wuͤrde. Eine Zeit lang wurde aller Flachs,
der auf diese Art gesponnen ward, in England selbst verbraucht, und die Spinnereien
dehnten sich auf Irland und Schottland aus, wo in Belfast und Dundee große
Etablissements dieser Art entstanden. Aber nach und nach sing die Concurrenz im
Innern an zur Ausfuhr anzutreiben, und im Jahre 1830 erhielt Frankreich zum
erstenmal 6000 Pfd. flaͤchsenes Maschinengarn; im Jahre 1831 stieg die
Quantitaͤt auf 21,000 Pfd., im Jahre darauf auf 112,000 Pfd. Dieß erlegte die
Aufmerksamkeit des Handelsrathes, der sogleich nach alter beliebter Sitte sein
Universalrecept eines Prohibitivzolls darauf anzuwenden bereit war, und den
ehemaligen Zoll von 12 Fr. per Centner auf 50 Fr. zu
erhoͤhen vorschlug. Der Minister wollte ihn jedoch nur auf 25 Fr.
erhoͤhen; die Commission der Kammer wollte nur 15 zugeben, und am Ende
geschah gar nichts; denn die Ideen von Handelsfreiheit hatten schon angefangen,
einen Eindruk zu machen. In der alten guten Zeit, vor 30 oder 20 Jahren,
haͤtte man mit dem Verbote der Einfuhr angefangen, um die Errichtung
einheimischer Fabriken hervorzurufen, aber diese Zeiten sind vorbei, und in der
Deputirtenkammer ließen sich Stimmen hoͤren, daß man einen Versuch machen
muͤsse, die neue Industrie ihrem eigenen Gange zu uͤberlassen, und daß
die kuͤnstlich hervorgerufenen und durch Prohibitionen erhaltenen Industrien
besser ganz unterblieben. Dieses erwachende Vertrauen von Frankreich auf seine
eigenen Kraͤfte war ein ungeheurer Fortschritt, der aber unter dem hohlen
Laͤrmen gewoͤhnlicher politischer Streitigkeiten unbeachtet
voruͤberging. Die Sache blieb daher beim Alten, d.h. der Zoll blieb auf 12
Fr. vom Cntr. Flachsgarn, und 7 Fr. vom Cntr. Werggarn – eine Unterscheidung,
die seit der Vervollkommnung der mechanischen Spinnerei keinen Sinn mehr
haͤtte, und deren Folge war, daß fast alles Garn als Werggarn
eingefuͤhrt wurde. Unter diesen Umstaͤnden nahm die Einfuhr schnell
zu: im Jahre 1833 stieg sie auf 836,000 Pfd.; im Jahre 1834 auf 1,654,000 Pfd.; im
J. 1835 auf 2,590,000 Pfd.; im J. 1836 auf 3,802,000 Pfd.; im J. 1837 auf 6,400,000
Pfd., und im J. 1838 muß sie, so viel man aus den Douanentabellen der acht ersten
Monate sehen kann, 12,000,000 Pfd. uͤberstiegen haben. Die noͤrdlichen
Provinzen, welche hauptsaͤchlich Flachs und Hanf bauen, klagten nun, daß die
Einfuhr von Maschinengarn die Concurrenz des franzoͤsischen Akerbaues und der
Handspinnerei unmoͤglich mache, daß die Englaͤnder russischen Flachs
wohlfeil kaufen und als Garn in Frankreich einfuͤhren, daß daher die
Produktion in Frankreich abnehme, und daß besonders die ganze weibliche
Bevoͤlkerung von der Bretagne, Normandie und Picardie durch die Concurrenz
des Maschinengarnes unendlich leide, indem das Handspinnen so gut als gar nicht mehr
bezahlt werde, und eine Spinnerin den ganzen Tag nur 2 Sous verdiene. Die armen
Leute in der Bretagne glauben, es gehe mit Hexerei zu, und daß eine boͤse
Fee, genannt la mère Canique (la mécanique), die sieben Faͤden zugleich
spinne, ihnen das Brod nehme. Die Regierung veranstaltete nun eine Enquete, deren
Bericht dem Geseze zur Basis dienen sollte, das der Kammer in der
gegenwaͤrtigen Sizung vorgelegt werden soll, und diese Enquete, so wie der
Bericht, der darauf gefolgt ist, sind einer der erfreulichsten Beweise, daß gesunde
Ideen uͤber Nationaloͤkonomie in die Hauptcitadelle des
Prohibitivsystems eingedrungen sind. Die Commission erklaͤrt, daß der Akerbau
kein Recht zu klagen habe, indem der Boden von Frankreich der Flachscultur
vollkommen angemessen sey, und daß jede Ausdehnung des Gebrauchs von Linnen, welche
durch wohlfeileres Spinnen herbeigefuͤhrt werde, am Ende dem Akerbau zu gut
kommen muͤsse, und daß an keine directe Huͤlfe fuͤr ein
voruͤbergehendes Uebel, das am Ende sich nothwendig in einen großen Gewinn
fuͤr den Akerbau selbst verwandeln muͤsse, zu denken sey. Die Roth der
Spinnerinnen wurde in der Commission mit herzbrechenden Farben geschildert, und
diese erkennt an, daß der Zerfall dieser Industrie ein großes Ungluͤk sey,
daß es aber kein Mittel gebe, sie gegen die Macht der Maschinen zu retten, eben so
wenig als sich die bisherigen franzoͤsischen Spinnmaschinen gegen die neueren
halten lassen. Diese Maschinen, sagt die Commission, machen wiederholtes
Kaͤmmen noͤthig, das viel Abfall gibt; sie erfordern eine Spinnerin zu
je 28–36 Spindeln, waͤhrend in Leeds Eine Person 132 Spindeln besorgt.
Ein Fabrikant, der bisher nach diesem Systeme gesponnen haͤtte, ging aus
Veranlassung der Enquête nach England, wo er uͤber die Resultate der
dortigen Spinnereien erstaunte. Er schrieb von Leeds, daß es ihm unbegreiflich sey,
daß er so lange habe in der Unwissenheit dessen bleiben koͤnnen, was bei
seinen Nachbarn geschehe, und sich mit einem Systeme von Maschinerie beholfen habe,
dessen Maͤngel ihm der erste Anblik einer englischen Spinnerei gezeigt habe.
Aber, sagt er, es ist umsonst, uͤber das Geschehene zu klagen, ich muß
anfangen, auf eine neue Art zu arbeiten, und will und muß mir die vollkommensten
Maschinen verschaffen. Daher rathet die Commission den Besizern alter Spinnereien,
sich die Vervollkommnung ihrer Industrie angelegen seyn zu lassen, indem sie
fuͤr ihre bisherige keine Aussicht auf Schuz haben. Alles concentrirt sich
daher auf die Frage, was fuͤr die Errichter von Spinnereien nach dem neuen
Systeme geschehen soll. Die Commission erkennt an, daß ihre Lage sehr delicat sey,
ihre Maschinen koͤnnen bis jezt noch nicht in Frankreich in
hinlaͤnglicher Menge gebaut werden, sie muͤssen sie daher aus England
kommen lassen, wo ihre Ausfuhr verboten ist, und 70–100 Proc. fuͤr die
heimliche Ausfuhr bezahlen. Die Maschinen sind bei der Einfuhr in Frankreich einer
neuen Auflage von 15 Proc. unterworfen, und brauchen englische Arbeiter zur ersten
Einrichtung. Der Fabrikant muß seine Arbeiter erst bilden, seine Steinkohlen theurer
bezahlen, und mit einer schon ausgebildeten und reichen Industrie concurriren. Die
Fabrikanten haben daher einen Einfuhrzoll von wenigstens 30 Proc. verlangt. Dieß
waͤre noch vor nicht sehr vielen Jahren maͤßig erschienen, und
Tuchfabrikanten, Baumwollenspinner, Eisenhuͤttenbesizer etc. wuͤrden
es auf diesen Tag als ihren augenbliklichen Ruin ansehen, wenn sie nicht besser
beschuͤzt waͤren. Aber die Commission hat ihnen geantwortet, daß es
unmoͤglich sey, die Einfuhr von Maschinengarn durch einen hohen Zoll auch nur
temporaͤr zu unterbrechen, daß viele Fabrikstaͤdte bloß durch diese
Einfuhr (wie z.B. Chottel, Lisieux, Vilmoutiers u.s.w.) ihre Industrie wieder
gehoben haͤtten, daß der Verbrauch linnener Stoffe sich seit zwei Jahren um
ein Drittheil vermehrt habe, bloß weil die mechanische Spinnerei eine Reduktion der
Preise von etwa 25 Proc. hervorgebracht habe und so die Anwendung dieser Zeuge
anstatt baumwollener zu einer Menge von Zweken erlaube, wo fruͤher
baumwollene troz ihrer geringen Dauer vorgezogen worden seyen, daß bei hohen
Zoͤllen auf Maschinengarn an Ausfuhr von Linnen gar nicht mehr zu denken
waͤre, und somit England vollends alle Markte in Besiz nehmen wuͤrde,
und endlich, daß die franzoͤsische Industrie offenbar keiner so
uͤbertriebenen Beschuͤzung beduͤrfe, um im Spinnen mit der
englischen zu concurriren. Denn auf den bisherigen Zoll hin seyen nicht nur schon
vier große Spinnereien entstanden, sondern vier neue werden in diesem Augenblike
eingerichtet, und die Einrichtung von noch sechs anderen sey beschlossen; die
bisherigen haben nicht nur mit den Englaͤndern concurrirt, sondern verkaufen
ihre Garne um 10 Procent theurer, als die englischen, weil sie mit besserem Flachs
arbeiten als die englischen, welche ihn aus Rußland in mittelmaͤßiger
Qualitaͤt einfuͤhren. Der Anstoß sey gegeben, die Fabriken
koͤnnen nicht liefern, so viel man von ihnen verlange, und es sey in diesem
Augenblik ein großes Etablissement in Paris bloß fuͤr Erbauung der, Maschinen
zu Flachsspinnereien im Gange, dessen Preise schon gegenwaͤrtig nur 20 Proc.
hoͤher als die englischen seyen, und das die sichere Hoffnung gebe, daß sie
bald zu denselben Preisen werden geliefert werden. Die franzoͤsischen
Fabriken seyen in der Mitte der Gegenden, welche das Material hervorbringen, und
wenn sie noch in irgend einem Nachtheile stehen, so sey die bisherige
Beschuͤzung durch einen Zoll, der auf 15 Proc. berechnet sey, wehr als
hinlaͤnglich. Dagegen erkennt die Commission an, daß die Einfuhr der
Maschinen erleichtert werden muͤsse, und schlaͤgt vor, daß der Zoll
auf Einfuhr der Spinnmaschinen aufgehoben werde, bis England die Ausfuhr derselben
erlaube. Ferner erkennt sie an, daß die Unterscheidung des Zolls zwischen Garn aus
Flachs und aus Werg wegfallen muͤsse, indem diese beiden Produkte nicht mehr
unterschieden werden koͤnnen, und schlaͤgt daher vor, anstatt der
respectiven Zoͤlle von 7 und 12 Fr. per Centner
das Garn von Flachs und Werg in den Nummern 1–20 mit 10 Fr., in den Nummern
20–40 mit 30 Fr., in den hoͤhern mit 50 Fr. zu belegen, d.h. mit
hoͤchstens 10 Proc. Die Commission sezt hinzu: „Man wird sagen,
dieß sey eine kleine Beschuͤzung und ein unbedeutender Zoll auf eine
Waare, die Frankreich hervorzubringen ein so großes Interesse habe; aber wir
glauben, daß in unserer Zeit die Industrie in Frankreich hinlaͤnglich
Vertrauen auf sich selbst hat, hinlaͤngliche Fortschritte gemacht hat,
hinlaͤnglich auf verbreitetere wissenschaftliche Kenntnisse und auf
groͤßere Consumtion zaͤhlen kann, als daß sie noch der
Huͤlfe beduͤrfte, welche ihr die Gesezgebung ehemals
gewaͤhrte.“ Wenn man bedenkt, daß diese Phrase von dem
franzoͤsischen Handelsministerium ausgeht, so wird man darin den baldigen und
gaͤnzlichen Ruin des Prohibitivsystems, dieses groͤßten Irrthums
neuerer Zeit, erkennen, denn wenn es hier faͤllt, so wird man nirgends mehr
versuchen, es zu vertheidigen. (Augsb. Allgem. Zeitung.)
Prof. Airy, uͤber die Correctionsmittel fuͤr die Compasse
auf den eisernen Dampfbooten.
Der koͤnigl. Astronom, Professor Airy, richtete unterm 21. Aug. 1833 ein Schreiben an die British Association folgenden wesentlichen Inhaltes:
„Ich beschaͤftige mich in Auftrag der Admiralitaͤt mit
einer Reihe von Beobachtungen und Versuchen uͤber die Correction der
localen magnetischen Wirkung, welche an dem eisernen Dampfboote „the
Rainbow“ auf den Compaß Statt findet. Der Compaß ward in der Nahe
des Verdekes an vier verschiedenen Stationen, und beilaͤufig 13 Fuß
uͤber dem Verdeke gleichfalls an vier Stationen untergebracht. Das Schiff
wurde fuͤr jede dieser Stationen umgedreht, und die Abweichung dann in
verschiedenen Stellungen beobachtet. Die Abweichungen waren selbst an den oberen
Stationen noch bedeutend, an den unteren waren sie sehr groß, und an der dem
Hintertheile zunaͤchst gelegenen Station enorm. Der Gesammtbetrag war
100° (von – 50 bis + 50°), in einem Falle, in welchem das
Fahrzeug um 14° gewendet worden, bewegte sich die Nadel um 74°
nach der entgegengesezten Richtung. Es waͤre mit schwierig gewesen, dieß
auf Geseze zuruͤkzufuͤhren, wenn ich nicht fruͤher einige
Beobachtungen uͤber die horizontale Intensitaͤt an den vier
unteren Stationen bei verschiedenen Stellungen des Schiffes angestellt
haͤtte. Nach diesen gelang es mir zu ermitteln, wie viel von der
Abweichung auf Rechnung des permanenten Magnetismus des Fahrzeuges und wieviel
auf Rechnung des indirecten Magnetismus zu sezen sey, und danach die Correctoren
zu verfertigen. Diese Correctoren gaben an der Station am Hintertheile bei dem
ersten Versuche eine beinahe vollkommene Correction, indem die aͤußerste
Abweichung, welche fruͤher uͤber 100° betrug, mit dem
Corrector kaum 1° uͤberstieg Fuͤr die anderen Stationen
haͤtte ich noch nicht Zeit, den Apparat zu adjustiren; allein ich hoffe
auch an ihnen dasselbe guͤnstige Resultat zu erlangen: ein Resultat,
welches von großem praktischen Nuzen seyn duͤrfte. Auch einige
theoretische Resultate, die ich nicht, erwartet haͤtte, ergaben sich mir
hiebei. An dem Hintertheile wird die Abweichung beinahe gaͤnzlich durch
den permanenten Magnetismus hervorgebracht, da auf den inducirenden Magnetismus
nur 1/25 der Gesammtwirkung kommt. Gegen den Vordertheil hin nimmt die Wirkung
des permanenten Magnetismus ab, waͤhrend jene des inducirenden zunimmt,
bis leztere ungefaͤhr 1/3 der Gesammtwirkung betraͤgt.“
(Mechanics' Magazine, No. 790.)
Nachtraͤgliches uͤber Daguerre's Erfindung die Bilder der Camera obscura zu fixiren.
Wir fuͤgen der im vorhergehenden Hefte S. 173 enthaltenen Notiz uͤber
Daguerre's Erfindung,
nachdem der Bericht Arago's
daruͤber im Compte rendu der Pariser Akademie
(Echo du monde savant, No. 404) erschienen ist, noch
Folgendes bei: Aus den Tafeln des Hrn. Daguerre produciren sich die Bilder wie eine Tuschzeichnung; man
unterscheidet darauf nur Weiß, Schwarz und Grau, nur Licht, Dunkelheit und
Halbschatten. Die Formen der aͤußeren Gegenstaͤnde werden aber durch
das Licht auf den praͤparirren Tafeln mit einer fast mathematischen
Genauigkeit producirt; die photometrischen Verhaͤltnisse der verschiedenen
weißen, schwarzen und grauen Theile sind genau beibehalten) aber Halbschatten
repraͤsentiren das Roth, Gelb, Gruͤn etc.
Die zur Ausfuͤhrung eines Gemaͤldes noͤthige Zeit ist, wenn man
kraͤftige Toͤne erzielen will, nach der Lichtstaͤrke und
folglich nach der Tages- und Jahreszeit verschieden. Im Sommer und Mittags
reichen in unserem Klima acht bis zehn Minuten hin; in anderen Klimaten aber, z.B.
in Aegypten, koͤnnte man sich wahrscheinlich auf zwei oder drei Minuten
beschraͤnken.
Hr. Daguerre mußte, um seinen
Zwek zu erreichen, nicht nur eine Substanz entdeken, welche gegen die Einwirkung des
Lichts empfindlicher als alle diejenigen ist, womit sich die Physiker und Chemiker
schon beschaͤftigt haben; sondern er mußte auch ein Mittel ausfindig machen,
wodurch man ihr diese Eigenschaft jeden Augenblik wieder benehmen kann, und dieß
gelang ihm auch, denn feine Zeichnungen koͤnnen, nachdem sie fertig sind, der
Sonne ausgesezt werden, ohne sich dadurch im Geringsten zu veraͤndern.
Das von Hrn. Daguerre benuzte
Praͤparat unterscheidet sich jedoch nicht bloß durch feine außerordentliche
Empfindlichkeit von dem Chlorsilber. Lezteres ist bekanntlich vor ihm schon zum
Zeichnen von Silhouetten benuzt worden; es ist weiß und das Licht schwaͤrzt
es; der weiße Theil der Bilder wird also auf der Chlorsilberschichte schwarz,
waͤhrend im Gegentheile die schwarzen Theile weiß bleiben. Auf Daguerre's Tafeln wird aber die
Zeichnung dem Gegenstande ganz aͤhnlich; denn das Weiß entspricht dem Weiß,
die Halbschatten den Halbschatten, das Schwarz dem Schwarz.
Daguerre's Entdekung ist
keineswegs ein unerwarteter gluͤklicher Fund, sondern die Frucht
langjaͤhriger Versuche. Schon auf dem jezigen Standpunkte derselben
laͤßt sich voraussehen, daß sie nicht ohne wichtige Folgen fuͤr Kunst
und Wissenschaft bleiben wird. Die Darstellung der Gegenstaͤnde ist so
vollkommen, daß die Bilder, wenn man sie mit dem Vergroͤßerungsglase
untersucht, selbst die kleinsten Details zeigen, die dem bloßen Auge verborgen
bleiben. Man erhaͤlt also keine Nachahmung mehr, sondern die absolute und
vollkommene Wahrheit, und ein Reisender braucht kuͤnftig nicht mehr zeichnen
zu koͤnnen, um bessere Bilder von Monumenten und Ansichten von
Gegenstaͤnden mitzubringen, als der groͤßte Maler sie haͤtte
liefern koͤnnen. Bei Landschaften hat die Methode den Nachtheil, daß die
Baͤume etwas undeutlich werden, theils weil die gruͤnen Lichtstrahlen
die Materie, womit die Platte bedekt ist, weniger zu afficiren scheinen, theils weil
die Blaͤtter immer etwas vom Winde bewegt werden, was natuͤrlich den
Eindruk verwischt; aber fuͤr Gebaͤude, fuͤr Kunstwerke,
fuͤr Gebirge, fuͤr Perspektive ist sie unvergleichlich. Fuͤr
Portratiren hat sie den Nachtheil, daß die Augen des Modells sich immer etwas
bewegen und daher undeutlich werden; aber fuͤr Copien von Gemaͤlden
ist sie vortrefflich. Die erste Anwendung, die auf wissenschaftliche
Gegenstaͤnde gemacht werden wird, besteht ohne Zweifel im Fixiren der Bilder,
welche das Mikroskop gibt, und man kann bei Hrn. Daguerre mikroskopisch vergroͤßerte und
so fixirte Insekten sehen, welche ahnen lassen, welche Erleichterung seine Erfindung
den Physiologen gewahren muß, die bisher mit so vieler Muͤhe und mit
Aufopferung ihrer Augen nach dem Mikroskop zeichnen mußten.
Seignette's Methode thierische
und vegetabilische Stoffe aufzubewahren.
Die Beschreibung des Patentes, welches Hr. Louis Elisée Seignette, Kaufmann zu London, am 21. Maͤrz 1836 auf Verbesserungen
im Aufbewahren thierischer und vegetabilischer Stoffe nahm, und welches ihm von
einem Auslaͤnder mitgetheilt worden, enthaͤlt mehrere zu dem
fraglichen Zweke empfohlene Methoden, welche jedoch saͤmmtlich auf einem und
demselben Principe, naͤmlich auf Abhaltung des Sauerstoffes von den
auszubewahrenden Substanzen beruhen. Nach dem ersten Verfahren soll das Fleisch
entweder roh oder zum Theile gesotten, je nach der Groͤße des Stuͤkes,
4 bis 12 Stunden lang in eine Aufloͤsung von Kochsalz und Salpeter gelegt,
und hierauf in blechene Buͤchsen gepakt werden, aus denen die Luft mit einer
Luftpumpe oder auf andere Weise ausgepumpt wird, waͤhrend man das gebildete
partielle Vacuum mit Salzaufloͤsung ausfuͤllt. Diese Buͤchsen
sollen umgestuͤrzt in ein mit Salz und Wasser gefuͤlltes Gefaͤß
gebracht werden, worauf man dann kohlensaures Gas in die Buͤchsen eintreten
laͤßt, bis die in ihnen befindliche Salzaufloͤsung wieder ausgetrieben
wurde. Endlich muͤssen die Buͤchsen luftdicht verschlossen werden.
– Bei dem zweiten Verfahren, welches vortheilhafter seyn soll, braucht kein
Vacuum mit der Luftpumpe erzeugt zu werden, sondern es genuͤgt, die
Blechbuͤchsen, in welche das Fleisch gepakt worden, mit Salzlake zu
fuͤllen, dann in ein mit Salzlake gefuͤlltes Gefaͤß
umzustuͤrzen, und kohlensaures Gas in sie einzuleiten. Zu noch
groͤßerem Schuze gegen die Wirkung des Sauerstoffes will der
Patenttraͤger oben in den Buͤchsen ein Beutelchen mit
Eisenfeilspaͤnen oder anderen kleinen Eisenstuͤken angebracht wissen, damit diese den wegen
seiner Leichtigkeit in den Buͤchsen emporsteigenden Sauerstoff an sich
saugen. – Bei dem dritten Verfahren soll anstatt der Salz- und
Salpeteraufloͤsung Essig angewendet werden; die weitere Behandlung bleibt
aber dieselbe. Nebst dem Eisen kann man nach des Patenttraͤgers Meinung in
dem oberen Theile der Buͤchsen auch etwas gegluͤhte Kohle anbringen,
welche die allenfalls entwikelten uͤblen Geruͤche beseitigen soll.
Fische sollen nur schwach gesalzen werden. Vegetabilische Stoffe muͤssen
zuerst mit heißem Wasser gebruͤht werden, damit sie sowohl ihre Form als ihre
Farbe behalten. (London Journal, Novbr. 1838, S.
103.)
Leversidge's Surrogat
fuͤr Senegal-Gummi fuͤr Calico-Drukereien.
Hr. Walter Leversidge von
Dorchester im Staate Massachusetts, nahm am 30. Mai 1837 ein Patent auf eine
Composition, welche er als Surrogat des Senegal-Gummi beim Calicodruk
verwendet haben will, und welche er unter dem Namen „kuͤnstliches
Senegal-Gummipulver“ in den Handel bringt. Die Composition
besteht aus Sago, Kartoffelstaͤrke und Kalk. Als das beste
Mischungsverhaͤltniß wird Folgendes angegeben. Man vermengt 40 Theile Sago,
55 Theile Kartoffelstaͤrke und 5 Theile Aezkalk, verwandelt das Ganze in ein
seines Pulver, und unterhalt dieses in einem offenen Gefaͤße so lange auf
einer Temperatur, die nicht uͤber 81° R. betragen darf, bis es alles
bei dieser entweichende Wasser verloren und eine leichte Faͤrbung erlangt
hat. Damit die Einwirkung des Feuert gleichmaͤßig stattfinde, muß die Masse
fortwaͤhrend umgeruͤhrt werden. Wenn das Gefaͤß hierauf so
verschlossen worden, daß nur fuͤr das Entweichen der Daͤmpft und zum
Behufe des Herausnehmens von Proben mit einer Spatel eine kleine Oeffnung gestattet
ist, so steigert man die Temperatur allmaͤhlich bis auf 261° R., wozu
3 1/2 bis 4 Stunden Zeit erforderlich sind, und wodurch die Masse eine dunkel
orangebraune Farbe erlangt. Ist dieser Zustand erreicht, so dekt man das
Gefaͤß ad, ruͤhrt die Masse gut um, bedekt sie abermals, verstopft die
kleine Oeffnung, welche man fruͤher im Dekel ließ, mit einem Pfropfe, und
unterhaͤlt die angegebene Temperatur, ohne sie merklich zu steigern. In Folge
der hiebei eintretenden Reaction, wird die Masse etwas klebrig und sie bekommt ein
Aussehen, als waͤre sie zum Theile in Fluß gerathen. Man uͤberzeugt
sich hievon, indem man von Zeit zu Zeit den Pfropf, luͤftet und mit der
Spatel etwas herausnimmt. In dem angegebenen Zustande breitet man die Masse auf
einem Brette aus, aus dem man sie so lange umkehrt, bis sie kuͤhl geworden.
Sie wird dann gemahlen, durch ein seines Sieb getrieben, und in den Handel gebracht.
Man bedient sich ihrer ganz auf dieselbe Weise, wie des wahren Senegal-Gummi.
Zuweilen nimmt der Patenttraͤger nur Kartoffelstaͤrke allein ohne
Sago, zuweilen nur Sago allein; er erzielt dadurch nach dem angegebenen Verfahren
ein Praͤparat, welches zwar nicht ganz so gut ist, wie das zuerst
beschriebene, welches aber doch in vielen Faͤllen mit Vortheil anwendbar ist.
(Franklin Journal, Jun. 1838.)
Soll man die Runkelruͤben zur vollkommenen Reife
gelangen lassen oder nicht?
In Betreff dieser wichtigen Frage enthaͤlt die France
industrielle einen kurzen Artikel, der wenigstens einiger Beachtung
wuͤrdig zu seyn scheint, und den wir daher auch unseren Lesern zur
Einsichtsnahme vorlegen. „Es ist nicht bloß unnuͤz,“
heißt es naͤmlich, „wenn man zur Ernte der Runkelruͤben ihre
vollkommene Reife abwartet, sondern es ist selbst weit vortheilhafter, wenn man
die Runkelruͤben einsammelt, sobald sie 3/4 ihrer Reife erlangt haben.
Die gar große Entwikelung der Runkelruͤbe traͤgt nichts mehr zur
Erhoͤhung ihrer fuͤr den Zukerfabrikanten schaͤzbaren
Eigenschaften bei; und die gewoͤhnliche Aufbewahrung derselben, die nicht
einmal jeder Zeit sicher ist, erhoͤht diese Eigenschaften gewiß nicht.
Wenn man schon fruͤhzeitig wissen will, welche Resultate man von einer
Runkelruͤbensaat zu erwarten hat, so braucht man nur einige Pflanzen,
sobald sich die Runkelruͤbe daran gebildet hat, auszuziehen, und deren
Wurzeln zu analysiren. Denn man erhaͤlt hiebei dasselbe
Verhaͤltniß an Wasser, Zuker, Eiweiß und Holzfaser, welches sich
spaͤter bei der Analyse der reifen Runkelruͤben ergeben wird. (Man vergl. S.
128 im vorhergehenden Hefte dieses Journals.) Aus dem Gesagten ergibt sich
fuͤr die Praxis Folgendes: H) Man kann viel fruͤher als bisher zur
Runkelruͤbenernte schreiten, weil das vollkommene Ausreifen nicht
noͤthig ist. 2) Die Silos sind entbehrlich und unnuͤz, indem man
die Ernte und die Zukergewinnung in eine fruͤhere Zeit verlegen kann. 3)
Man kann die Runkelruͤben viel dichter saͤen, weil deren Volumen
ihre Guͤte nicht erhoͤht, und weil man bei der
fruͤhzeitigen Ernte die Fabrication im Maaße derselben leiten kann, ohne
daß man fuͤr die Aufbewahrung viel zu sorgen braucht.“
Ueber einige Benuzungen des Dammarharzes.
In neuerer Zeit kamen mit den ersten Lieferungen Dammarholz, welche in England aus
dem indischen Archipel einliefen, und welche man hauptsaͤchlich zu
Mastbaͤumen zu verwenden gedenkt, bedeutende Quantitaͤten des aus der
Dammar-Fichte ausschwizenden Harzes an. Man wußte dieses Harz, welches im
Handel unter dem Namen Dammarharz, Gummi-Kauri, Gummi-Cowdee vorkommt,
bisher nur wenig zu benuzen. Nach den von Prideaux
angestellten Versuchen eignet es sich aber wegen seiner Haͤrte, wegen seines
angenehmen Geruches, seines Glanzes, seiner Weiße und seiner Aufloͤslichkeit
in Alkohol ganz trefflich zur Bereitung von Weingeistfinissen. Es ist
haͤrter, weißer, zehnmal wohlfeiler und beinahe ebenso aufloͤslich wie
Mastix. Aus seiner Haͤrte, seinem angenehmen Geruͤche, seiner
Entzuͤndbarkeit und seiner Eigenschaft in der Waͤrme weich zu werden
schloß Hr. Prideaux auf dessen
Brauchbarkeit zur Siegellakfabrikation. Er fand diese auch wirklich bewaͤhrt;
doch muß das Dammarharz zu diesem Zweke mit Gummilak und Terpenthin verbunden
werden. Das beste Mischungsverhaͤltniß ist angeblich auf eine Unze Dammarharz
eben so viel Gummilak, 3/4 Unzen Pech, 1/2 Unze Terpenthingeist, und 1 Unze
Zinnober. Man puͤlvert die drei ersten Ingredienzien, sezt dann den Zinnober
und endlich den Terpenthingeist zu, worauf man das Ganze einige Stunden lang in
einem bedekten Gefaͤße digeriren, und endlich uͤber einem sehr
gelinden Feuer zerfließen laͤßt. Der einzige Vorwurf, den man diesem
Siegellake machen kann, ist der, daß es manchmal nicht fest genug an dem Papiere
haͤlt, und daß dieß an ihm oͤfter der Fall ist, als an dem
gewoͤhnlichen Siegellake. – Endlich kann man aus dem Dammarharze noch
sehr gutes Leuchtgas bereiten, wenn dasselbe in hinreichender Menge und zu billigen
Preisen geliefert werden wird. Die zur Bereitung des Oehlgases dienenden Apparate
beduͤrfen zu diesem Zweke nur einer geringen Modification. (Journal de l'académie de l'Industrie.)
Ueber die Anwendung von Messingdraht in der
Schuhmacherkunst.
Hr. Sellier, der Besizer eines
Patentes auf lederne, mit Metalldraht genaͤhte Schlauche fuͤr
Feuersprizen, dehnte in den lezten Jahren die Anwendung des Messingdrahtes auch auf
die Fabrication von Stiefeln und Schuhen aus. Er behauptet, daß bei dieser Art von
Naht, die weder groͤßere Muͤhe, noch groͤßere Kosten
verursacht, als die gewoͤhnliche Naht mit gewichstem Faden, weder
Feuchtigkeit, noch Staub in die Stiefel eindringe, und daß das Oberleder nie vom
Rahmen loslaͤßt. Ein Mitglied der Société d'encouragement hat sich im Laufe von 18 Monaten,
waͤhrend denen es Stiefel des Hrn. Sellier trug, von der Richtigkeit dieser Angaben uͤberzeugt,
und auf dieses Zeugniß hin empfahl der Berichterstatter, Hr. Labarraque, die Naht der Sohlen mit
Messingdraht. Ueber die Originalitaͤt dieses Verfahrens spricht der Bericht,
den man im Bulletin der genannten Gesellschaft, Sept. 1838, findet, nicht ab; doch
wird bemerkt, daß schon vor 30 Jahren ein Schuhmacher in Toulouse die Sohlen mit
Draht genaht haben soll. In Deutschland datirt unseres Wissens diese Naht noch von
weit aͤlteren Zeiten her.