Titel: | Ueber die Verwandlung des Wassers in Dampf bei höheren Temperaturgraden, und über das Bersten der Dampfkessel. Von Dr. Carl Schafhäutl. |
Fundstelle: | Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXV., S. 351 |
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LXV.
Ueber die Verwandlung des Wassers in Dampf bei
hoͤheren Temperaturgraden, und uͤber das Bersten der Dampfkessel. Von Dr.
Carl
Schafhaͤutl.
Aus dem Mechanics' Magazine. No. 799.
Schafhaͤutl, uͤber die Dampferzeugung und die
Dampfkesselexplosionen.
Das Wasser kann bekanntlich bei allen Temperaturgraden in Dampf verwandelt werden;
doch geht die Verdampfung in gewissen Faͤllen mit Schwierigkeit von Statten,
besonders wenn der Waͤrmeleiter, welcher den Waͤrmestoff an das Wasser
fortzupflanzen hat, eine hoͤhere Temperatur hat als jene, bei der die
Fluͤssigkeit in Dampf verwandelt werden soll.
Ich brauche, um einen Beweis hiefuͤr zu liefern, nur auf den von Leidenfrost im Jahre 1756 angestellten Versuch zu
verweisen, bei welchem
ein Wassertropfen, den man in einen weißgluͤhenden Platintiegel fallen ließ,
rasch darin herumtrieb, ohne zum Sieden zu kommen; und aus welchem hervorging, daß
die Verdampfung in dem Maaße langsam erfolgt, als die Temperatur des Gefaͤßes
hoch ist. Klaproth ließ sechs Wassertropfen in ein
weißgluͤhendes eisernes Gefaͤß fallen, waͤhrend er dieses an
der Luft kuͤhl werden ließ. Der erste Tropfen brauchte hiebei 40, der zweite
20, der dritte 6, der vierte 4, der fuͤnfte 2 Secunden zur Verdampfung; der
sechste war beinahe augenbliklich verschwunden. Gießt man einen Wassers tropfen,
welcher einige Secunden lang in einem weißgluͤhenden Platintiegel verweilte,
auf die Hand, so erregt er kaum das Gefuͤhl von Waͤrme. Die
Verdampfung der Wassertropfen geht in dem Maaße rascher, als die Temperatur der
Tiegel sinkt; doch ist jener Temperaturgrad uͤber 8° R., bei dem der
Tropfen am schnellsten verschwindet, noch nicht ermittelt.
Außer Klaproth haben auch noch Doͤbereiner, Berzelius, Muncke, Laurent und Tomlinson diese Versuche mit verschiedenen Modifikationen wiederholt und
auch verschiedene Erklaͤrungen derselben gegeben. Die Ursache, warum der
Wassertropfen nicht verdampft Und nicht heißer wird, ward im Allgemeinen darin
gesucht, daß er von der heißen Oberflaͤche abgestoßen wird, und also nicht
mit dem erhizten Koͤrper in Beruͤhrung bleiben kann. Dieser
hypothesischen Annahme der Repulsion des Wassertropfens ungeachtet war man, um
dessen Herumtreiben zu erklaͤren, gezwungen anzunehmen, daß da, wo der
Tropfen die heiße Oberflaͤche beruͤhrt. Dampf erzeugt wird, wodurch
der Tropfen von der Stelle getrieben wird. Ich will versuchen in Kuͤrze die
Ursache der Erscheinungen anzudeuten und sie mit einigen anderen aͤhnlichen,
noch nicht bekannten oder wenigstens nicht beschriebenen Erscheinungen in
Zusammenhang zu bringen.
Gesezt, es soll eine Fluͤssigkeit an einer bestimmten Stelle erhizt werden,
d.h. es soll einer Stelle ihrer aͤußeren Oberflaͤche
Waͤrmestoff mitgetheilt, und dieser dann von diesem Punkte aus durch die
ganze Masse verbreitet werdenMelloni hat durch seine interessanten Versuche
uͤber die Waͤrmeausstrahlung dargethan, daß die
Waͤrmestrahlen um so weniger von durchsichtigen Koͤrpern
absorbirt werden, je hoͤher die Temperatur des ausstrahlenden
Koͤrpers ist. A. d. O., so muͤssen zwei Kraͤfte, von deren Wirkung die Verbreitung
der Hize von dem Punkte, auf den sie zuerst wirkte, in das Innere bedingt ist, im
Auge behalten werden. Die erste dieser Kraͤfte ist die
Cohaͤsionskraft, mit welcher ein Molecul das andere in unendlich kleinen
Entfernungen anzieht. Die zweite ist die Gravitation oder jene Kraft, mit der jedes
Molecul umgekehrt wie
das Quadrat seiner Entfernung von der Erde angezogen wird. Laͤßt man einen
Wassertropfen auf eine Basis, die auf die Molecuͤle des Wassers keine
Attraction ausuͤbt, naͤmlich auf einen festen Koͤrper, oder
laͤßt man Queksilber auf Glas fallen, so nimmt der Tropfen die Kugelform an,
d.h. die Cohaͤsionskraft, welche die Molecuͤle auf einander
uͤben, ist so uͤberwiegend, daß die Gravitation, die gleichfalls auf
jedes Molecul wirkt, nicht im Stande ist, den Tropfen uͤber der ganzen
Oberflaͤche auszubreiten; und daß nur ein leichter Eindruk an der Seite, an
welcher der Tropfen auffallt, bleibt, indem saͤmmtliche Molecuͤle
desselben durch ihre Cohaͤsionskraft in vollkommenem Gleichgewichte erhalten
werden.
Anders verhaͤlt es sich jedoch mit einer Wassermasse, die, wenn ihr
Gleichgewicht erhalten werden soll, in ein Gefaͤß gebracht werden muß.
Betrachten wir diese Wassermasse als aus einzelnen Tropfen bestehend, so hat ein am
Grunde des Gefaͤßes befindlicher Tropfen das Gewicht aller jener
Wassertropfen zu tragen, die sich in einer senkrechten Linie uͤber ihm
befinden. Seine Cohaͤsionskraft wird also gar bald durch die Gravitation der
uͤber ihm stehenden Tropfen uͤberwaͤltigt werden, und er
wuͤrde sich sogleich ausbreiten, wenn er nicht durch das Gefaͤß hieran
gehindert wuͤrde. Der einzige Theil dieser Wassermasse, welcher, ohne von
einem festen Koͤrper gestuͤzt zu seyn, in vollkommenem Gleichgewichte
ist, ist demnach dessen Oberflaͤche. An einem Wassertropfen dagegen ist das
Ganze ohne fremde Beihuͤlfe in vollkommenem Gleichgewichte.
Will man Hize auf einen Punkt eines Wassertropfens wirken lassen, so hat deren
Einwirkung natuͤrlich auf die Oberflaͤche des Kuͤgelchens zu
geschehen; will man Hize auf eine in einem Gefaͤße enthaltene Wassermasse
wirken lassen, so hat deren Einwirkung gleichfalls wieder auf die Oberflaͤche
zu geschehen. Wenn nun z.B. die Kugel eines Thermometers auf den Boden des
Gefaͤßes gebracht, und auf die Oberflaͤche des Wassers Aether gegossen
wird, so wird, wenn man diesen Aether entzuͤndet und immer wieder durch
frischen ersezt, das Wasser, selbst wenn man Tage lang auf diese Weise
fortfaͤhrt, doch nie zum Sieden kommen; ja der Thermometer wird nicht einmal
steigen, ausgenommen das Gefaͤß erhizt sich, wo dann durch dieses
Waͤrmestoff mitgetheilt wuͤrde. Ebenso wird es unmoͤglich seyn,
einen Wassertropfen zum Sieden zu bringen, indem man die Waͤrme auf dessen
aͤußere Oberflaͤche wirken laͤßt. Jener Theil seiner
Oberflaͤche, der mit dem erhizten Koͤrper in Beruͤhrung kommt,
wird sogleich in Dampf verwandelt werden. Wendet man dieß auf den im heißen
Platintiegel befindlichen Wassertropfen an, so wird man sehen, daß da, wo der
Tropfen mit dem weißgluͤhenden Metalle in Beruͤhrung ist, mit Explosion Dampf entwikelt
wird, durch dessen Elasticitaͤt der Tropfen emporgetrieben wird, bis er in
Folge der Gravitation herabfaͤllt, an einer anderen Stelle mit dem heißen
Metalle in Beruͤhrung kommt, und durch eine abermalige Explosion wieder
emporgeschleudert wird. Zugleich erzeugt aber die heiße Luft im Tiegel um den
Tropfen herum eine Dampfwolke, die sich zum Theil ausdehnt und zerstreut,
waͤhrend ein anderer Theil vermoͤge der Molecularattraction
zuruͤkgehalten wird, so daß keine weitere unmittelbare Beruͤhrung der
heißen Luft moͤglich ist.Dieß erinnert mich an den oft wiederholten Versuch, bei welchem ein Mann,
ohne eine Beschaͤdigung zu erleiden, auf einem Ofen sizt, in welchem
ein Huhn gebraten wird. Der Mann kann die Hize hier nur so lange aushalten,
als man ihm reichlich zu trinken gibt. Die Erklaͤrung hiefuͤr
liegt auf der Hand. Die erste Einwirkung der Hize erzeugt unter diesen
Umstaͤnden eine reichliche Hautausduͤnstung, in Folge deren
der Koͤrper mit einer Dampfatmosphaͤre umgeben wird, die ihn
als schlechter Waͤrmeleiter gegen die Absorbirung der Hize und mithin
gegen die nachtheiligen Folgen dieser lezteren schuͤzt. A. d. O.
Da sich ergab, daß es unmoͤglich ist, die Hize von der freien
Oberflaͤche einer Fluͤssigkeit in deren Inneres zu leiten, indem nach
Graf Rumford die
Waͤrmeausstrahlung von einem Molecuͤle zum anderen in
Fluͤssigkeiten = 0 ist, so muß, wenn eine Fluͤssigkeit erhizt werden
soll, jedes einzelne ihrer Molecuͤle in absolute Beruͤhrung mit der
Quelle, von der die Waͤrme ausstroͤmt, gebracht werden. Es bedarf kaum
der Erwaͤhnung, daß dieß mit einer in einem Gefaͤße befindlichen
Wassermasse, in der die Gravitation nicht durch die Cohaͤsionskraft
beeintraͤchtigt ist, der Fall ist, wenn man die Hize auf jenen Theil, der dem
staͤrksten Druke ausgesezt ist, naͤmlich auf den Boden, wirken
laͤßt. Der mit dem erhizten Boden in Beruͤhrung kommende Theil des
Wassers dehnt sich aus, wird leichter und durch die kuͤhleren und mithin
schwereren Theile des Wassers emporgetrieben; und dieß dauert so lange fort, bis
jeder Theil der Fluͤssigkeit mit dem Boden in Beruͤhrung gekommen ist.
Laͤßt man Hize auf einen Wassertropfen wirken, so erhizen sich dessen
aͤußere Schichten zuerst; und da ihr specifisches Gewicht geringer als jenes
des kalten Wassers, so werden sie natuͤrlich stets an der aͤußeren
Oberflaͤche des Wassertropfens verbleiben. Als Beweis hiefuͤr gilt ein
Versuch Tomlinson's, bei
welchem auf etwas Oehl, das bis auf 450–500° F. erhizt worden, ein
Tropfen mit Tinte gefaͤrbten Wassers und ein Tropfen Aether, dessen spec.
Gewicht im Vergleiche mit dem Wasser 0,7155 war, gebracht wurde. Beide Tropfen
amalgamirten sich alsogleich, wobei das Wasser als das schwerere den Mittelpunkt des
gebildeten Kuͤgelchens einnahm, waͤhrend der Aether die aͤußere
Schichte bildete.
Daß die Attraction, welche das Gefaͤß auf das Wasser ausuͤbt, nicht
mehr bemerkbar erscheint, wenn das Wasser eine Temperatur erreicht, bei der es nicht
mehr fluͤssig ist, ist klar. Man braucht daher nicht zur Repulsion zu
greifen, wenn die Entwikelung von Dampf allein schon zur Erklaͤrung der
saͤmmtlichen besprochenen Erscheinungen genuͤgt.Hr. Tomlinson bemerkt
in einer Notiz, in welcher er der Arbeit des Hrn. Dr.
Schafhaͤutl und dem tiefen wissenschaftlichen Forschen der
Deutschen im Allgemeinen Lob spendet, hieruͤber Folgendes.
„Daß die Repulsion mit ein Element ist, welches man bei der
Generalisirung dieser merkwuͤrdigen Erscheinungen nicht umgehen
kann, duͤrfte aus folgendem, wenn ich nicht irre, von Perkins angestellten Versuche hervorgehen.
Wenn man durch eine Platinschale viele kleine Loͤcher bohrt, wie
sie z.B. an einem Kaffeeseiher zu seyn pflegen, so wird Wasser, welches
in dieselbe gegossen wird, durchfließen; bringt man sie aber mit gut
zubereiteter gluͤhender Holzkohle, die keine Flamme gibt, zum
Weißgluͤhen, so kann man Wasser in dieselbe tropfen lassen, ohne
daß etwas davon durchsikert, ja die Wassertropfen werden sich darin ganz
ebenso verhalten, wie in einem undurchloͤcherten
Platintiegel.“ A. d. R. Wenn es nun aber auch unmoͤglich scheint, unter den oben
angefuͤhrten Umstaͤnden einen Tropfen Wasser selbst mittels einer
ungeheuren Menge angesammelter Waͤrme in Dampf zu verwandeln, so laͤßt
sich dieß doch ganz leicht nach folgenden Methoden bewerkstelligen.
Man hat gesehen, daß jedesmal, so oft der Wassertropfen mit der heißen
Oberflaͤche in Beruͤhrung kommt, eine gewisse Quantitaͤt des
Wassers sogleich in Dampf verwandelt wird; naͤmlich jener Theil des Tropfens,
der mit dem Gefaͤße in unmittelbare Beruͤhrung kommt. Soll daher der
ganze Tropfen mit einem Male in Dampf verwandelt werden, so muß man ihn in so viele
kleine Theilchen trennen, daß alle diese Theilchen gleichzeitig das Gefaͤß
beruͤhren. Eine aus Schießpulver geformte Kugel braucht, um ein Analogon
aufzustellen, lange Zeit zur Verbrennung, und wuͤrde kaum im Stande seyn,
eine Flintenkugel aus einem Flintenlaufe zu treiben; theilt man die Kugel hingegen
in kleine Koͤrner, wie sie das Schießpulver darstellt, so wird bei der
Entzuͤndung die ganze Masse auf einmal explodiren und die Flintenkugel mit
Gewalt austreiben.
Die Zertheilung des Wassertropfens laͤßt sich 1) durch mechanische Mittel
bewirken, wie z.B. dadurch, daß er mit Heftigkeit gegen ein gluͤhendes
Gefaͤß geschleudert wird. Der Tropfen wird hiedurch in ganz kleine Theilchen,
die sich unmittelbar in Dampf verwandeln, zerstieben. Ich baute nach diesem Principe
eine Dampfmaschine, welche mit einem Cylinder von 6/8 Zoll Durchmesser eine halbe
Pferdekraft lieferte. Sie laͤßt sich aber 2) auch auf chemischem Wege
erzielen, indem man die Cohaͤsionskraft, durch welche die Kugelform des
Tropfens bedingt ist, durch die Capillaritaͤts-Thaͤtigkeit
eines eben erhizten Koͤrpers ausgleicht oder aufhebt.
Nehmen wir, um diesen lezteren Punkt zu beleuchten, an, daß der Boden eines Sandbades
bis zum dunkeln Rothgluͤhen erhizt und beilaͤufig zwei Linien hoch mit
feinem, gut ausgewaschenem Sande bedekt worden, so bildet diese Sandmasse ein
Aggregat von kleinen rundlichen Koͤrpern, die zugleich mit den zwischen ihnen
befindlichen Zwischenraͤumen in hohem Grade capillarisch auf
Fluͤssigkeiten wirken werden. Wie man also einen Wassertropfen auf den
erhizten Sand fallen laͤßt, theilt jedes der Sandkoͤrnchen, womit
derselbe in Beruͤhrung kommt, seinen Waͤrmestoff einem gleichen Theile
der Oberflaͤche des Tropfens mit. Hiedurch wird jedes der
Sandkoͤrnchen vollkommen abgekuͤhlt, waͤhrend die
Wassertheilchen in Dampf verwandelt werden. Die abgekuͤhlte Sandschichte
saugt alsogleich den uͤbrigen Theil des Wasserkuͤgelchens ein, so daß
eine weitere Repulsion desselben ganz unmoͤglich ist. Je groͤßer die
Hoͤhe, von der man den Tropfen herabfallen laͤßt, d.h. je
groͤßer die Kraft, womit das Wasser in den Sand eingetrieben wird, um so mehr
Wasser wird in Dampf verwandelt werden, und um so staͤrker wird die hiedurch
bewirkte Explosion ausfallen.
Denken wir uns nun das Sandbad gegen 2 Zoll tief mit derselben Art von Sand
gefuͤllt, und ein Abdampfschaͤlchen mit halbkugelfoͤrmigem
Boden ungefaͤhr 1 1/4 Zoll tief so in den Sand eingedruͤkt, daß der im
Sande entstandene Eindruk genau dem gewoͤlbten Boden des Schalchens
entspricht. Taucht man hierauf dieses Schaͤlchen so tief, als es in den Sand
eingedruͤkt worden ist, in kaltes Wasser, und nimmt man es aus diesem mit
Sorgfalt heraus, damit so viel als moͤglich von dem Wasser an dem Boden des
Schaͤlchens haͤngen bleibe, und sich in Folge seiner Schwere an der
Mitte des Bodens in Form eines halbrunden Tropfens mit breiter Basis ansammle, so
wird, wenn man das Schaͤlchen in diesem Zustande in den ihm entsprechenden
Eindruk im Sande auf solche Weise bringt, daß nur der aͤußerste Theil des
Tropfens den Sand beruͤhrt, nichts weiter zu bemerken seyn, als ein
momentanes leises Zischen. Laͤßt man dagegen das Schaͤlchen mit seiner
ganzen Schwere in den Eindruk sinken, so daß der Wassertropfen zwischen dem Sande
und dem Schaͤlchen platt gedruͤkt wird, so wird alsogleich eine
heftige Explosion erfolgen, durch die das Schalchen einige Zoll weit aus dem Sande
hinaus getrieben wird. Nach dem Versuche wird man den Boden des Schaͤlchens
mit feuchtem Sande bedekt finden, und zwar in welligen Strahlen, welche sich vom
Mittelpunkte aus gegen den Umfang hin erstreken. Dieser feuchte Sand wird genau
dieselbe Temperatur haben, wie sie das Wasser hatte, bevor man das Schaͤlchen
in den Sand einsenkte.
Diese Art der augenbliklichen Uebertragung des Waͤrmestoffes von einem kleinen
massiven Kuͤgelchen an eine Fluͤssigkeit dient als Einleitung zu einer
anderen Art der Dampferzeugung. Bei all den bisherigen Versuchen geschah die
Uebertragung von einem heißen festen Koͤrper an eine Fluͤssigkeit; ich
will nunmehr aber eine Methode augenbliklich Dampf zu erzeugen angeben, welche
meines Wissens noch nirgendwo beschrieben worden ist: naͤmlich die
Uebertragung des Waͤrmestoffs von fluͤssigen, gluͤhenden
Koͤrpern an das Wasser. Bei dem mit dem heißen Sande angestellten Versuche
hat sich gezeigt, daß das durch die Explosion hervorgebrachte Geraͤusch ganz
jenem aͤhnlich ist, welches durch die Explosion einer Quantitaͤt
Schießpulver in freier Luft erzeugt wird: zum Beweise dafuͤr, daß die
gesammte Wassermenge innerhalb eines gewissen meßbaren Zeitraumes in Dampf
verwandelt wurde. In dem nunmehr zu betrachtenden Falle gibt aber der geschmolzene
gluͤhende Koͤrper in demselben Momente, in welchem er krystallisirt,
seinen Waͤrmestoff an das Wasser ab; und durch diese augenblikliche
Krystallisation des einen Koͤrpers mit gleichzeitiger Verdampfung des anderen
entsteht ein lauter Knall, aͤhnlich deck durch Knallsilber oder
Knallqueksilber erzeugten.
Ein einfacher Versuch wird zur Erklaͤrung genuͤgen. Wenn man einige
Tropfen Wasser auf die Oberflaͤche eines Schmiedamboßes bringt; hierauf in
einer dem Amboße nahe gelegenen Esse das eine Ende eines Eisenstabes von 3 1/2 Zoll
Breite zum Weißgluͤhen erhizt, dieses erhizte Eisen mit der breiten
Flaͤche auf die Wassertropfen legt, und einen starken Schlag mit dem Hammer
darauf faͤhrt, so wird ein lauter Knall wie beim Abfeuern einer Vogelflinte
zu hoͤren seyn. Wiederholt man diesen Versuch mit der Modifikation, daß man
das weißgluͤhende Eisen, bevor man es auf die Wassertropfen legt, durch ein
Paar Zuͤge mit einer großen Feile von allem Oxyde befreit, so wird kein Knall
zu hoͤren seyn, obwohl man einen großen Theil des Wassers unter dem Eisen
verdampft finden wird. Wiederholt man den Versuch auf die erste Weise, jedoch mit
dem Unterschiede, daß man die Wassertropfen auf dem Amboße uͤberall,
ausgenommen da, wo das Eisen aufgelegt wird, mit einem Walle aus Eisenblech oder
Papier umgibt, so wird man nach der Explosion eine bedeutende Menge schwarzen
sandigen Pulvers an dem Amboße sowohl, als an den Seiten des Papieres haͤngen
finden. Dieses Pulver besteht bei naͤherer Untersuchung aus kleinen
Kuͤgelchen Eisenhammerschlag, aus dem sich bei dessen Aufloͤsung in
einer Saͤure auch keine Spur von Gas entwikelt, der ganz dieselben
Eigenschaften besizt wie der gewoͤhnliche, und der aus Eisenoxydul, Eisenoxyd
und ein wenig Kieselerde besteht. Der Eisenstab selbst zeigt sich nach der Explosion an der
Stelle, an der er mit dem Wasser in Beruͤhrung kam, ganz frei von allem
Sinter und mit Strahlen, die durch das Entweichen des krystallisirten Sinters
veranlaßt wurden, umgeben.
Hieraus folgt, daß der Knall nicht dadurch veranlaͤßt wird, daß das Wasser
durch das weißgluͤhende Eisen in Dampf verwandelt wird; denn die Mittheilung
seines Waͤrmestoffes geht zu langsam von Statten, als daß diese Wirkung
eintreten koͤnnte. Der Knall wird vielmehr durch den Schlag mit dem Hammer
erzeugt, indem durch diesen die Cohaͤsion des geschmolzenen Sinters an der
Oberflaͤche des Eisens und die Cohaͤsion zwischen dem Wasser und dem
Amboße aufgehoben wird, so daß beide zugleich durch ihren gegenseitigen Widerstand
in unendlich viele kleine Theilchen zertheilt werden, von denen jedes
waͤhrend der Krystallisation viel rascher eine groͤßere Menge
Waͤrmestoff an das Wasser abgibt, als dieß mit den rothgluͤhenden
Sandkoͤrnchen der Fall ist.
Der Bratherd der Eisenhuͤtten ist, wenn Eisen darauf behandelt worden, mit
geschmolzener weißgluͤhender Schlake bedekt, aͤhnlich dem eben
beschriebenen Ueberzuge der Eisenstange bei dem zulezt erwaͤhnten Versuche.
Auf diese weißgluͤhende Schlake kann man ohne alle Gefahr des Eintrittes
einer Explosion eine Pinte Wasser gießen. Das Wasser wird darauf wie in dem
weißgluͤhenden Platintiegel in Kuͤgelchen, oder wie auf einer heißen
Oberflaͤche in großen, flachen, kreisrunden Massen herumlaufen. Diese Massen
werden sich fortwaͤhrend in wogender Bewegung befinden, welche durch die
Erzeugung von Dampf an den Stellen, an denen die Massen mit der heißen Schlake in
Beruͤhrung kommen, bewirkt wird. Es ist sehr schwer, diese Wasserkugeln oder
Wassermassen mit einem Instrumente in die Schlake hineinzudraͤngen, indem die
Tropfen stets seitwaͤrts zwischen dem Instrumente und der fluͤssigen
Schlake ausweichen; gelingt es jedoch, und ist man im Stande gewesen durch den Druk
eine geringe Menge Wasser mit der Schlake zu vermengen, so erfolgt augenbliklich
eine fuͤrchterliche Explosion, durch welche die Schlake nach allen Richtungen
umhergeschleudert wird, und durch die selbst der ganze Ofen zerstoͤrt werden
kann.Wenn man die aus den Anlaßoͤfen kommenden Eisenstangen zum Behufe
ihrer Schweißung und Ausstrekung durch ein ausgekehltes Walzenpaar laufen
laͤßt, so laͤßt man, um die Walzen kuͤhl zu erhalten,
kaltes Wasser auf dieselben herabtropfen. Das aus dem Ofen kommende Eisen
ist mit fluͤssiger Schlake uͤberzogen, und da es
oͤfters geschieht, daß Wassertropfen auf dasselbe herabfallen, so
werden diese mit dem Eisen zwischen die Walzen hinein gezogen. So oft nun
dieser Fall eintritt, entsteht sogleich ein lauter Knall, wobei die Schlake
zwischen den Walzen herausgetrieben wird. Befindet sich keine Schlake auf
dem
Eisen, so wird unter uͤbrigens ganz gleichen Umstaͤnden kein
Knall zu vernehmen seyn. A. d. O. Dafuͤr kann man einen Theil dieser Schlake mit aller Sicherheit in ein mit
kaltem Wasser gefaͤlltes Wasserbeken laufen lassen; denn in diesem Falle wird
sich langsam Dampf aus dem Wasser entwikeln, und man wird einige Minuten lang die
gluͤhende Schlake am Boden des Bekens beobachten koͤnnen. In beiden
Fallen verhuͤtet die Cohaͤsionskraft des Wassertropfens sowohl, als
jene des Schlakentropfens die gegenseitige Vermischung beider Tropfen ohne
Einwirkung einer aͤußeren Gewalt. Wenn aber die Cohaͤsion des
Wassertropfens theilweise durch die Attractionskraft eines anderen Koͤrpers
aufgehoben wird, – wenn man z.B. auf eine kalte Eisenstange einen
Wassertropfen bringt, und wenn man diese Stange so schnell als moͤglich in
die Schlake taucht, so wird augenbliklich eine Explosion erfolgen. Ebenso wird eine
heftige Explosion entstehen, wenn man heiße Schlake in nassen Sand laufen
laͤßt, obwohl man dieselbe Schlake ohne allen Nachtheil in Wasser fließen
lassen kann.
Wenn man statt freien Wassers Wasser nimmt, welches chemisch an irgend einen
Koͤrper gebunden ist, wie dieß z.B. mit jenem Wasser der Fall ist, welches
sich mit den Salzen verbindet, so wird bei der Krystallisation leicht eine Explosion
eintreten. Wenn man z.B. einen Glaubersalzkrystall auf fluͤssige Schlake
legt, so wird er zu einer klebrigen Masse fließen, die ihr Krystallisationswasser
sehr langsam entweichen laͤßt. Waͤhrend dieses Vorganges kann man den
Krystall leicht in die Schlake eindruͤken und dadurch eine Explosion
veranlassen. Auf dieselbe Weise, wie die geschmolzene Schlake, wirken auch alle
weißgluͤhenden geschmolzenen Metalle, wie Kupfer, Zink, Zinn etc.Ich kann hier eine haͤufig vorkommende Erscheinung, welche in einiger
Beziehung zu obigen Bemerkungen steht, nicht unerwaͤhnt lassen. Wenn
naͤmlich in gesaͤttigten Salzaufloͤsungen die
Krystallisation nicht allmaͤhlich, sondern ploͤzlich von
Statten geht, so wird eine große Menge Waͤrmestoff frei. Eine
gesaͤttigte heiße Glaubersalzaufloͤsung z.B., welche man an
einem ruhigen Orte abkuͤhlen laͤßt, beginnt bei der geringsten
Erschuͤtterung augenbliklich zu krystallisiren, wodurch das Gefaͤß
so heiß werden wird, daß man es nicht in der Hand zu halten vermag. A. d.
O.
Es ist bekannt, daß beim Gießen von Kupfer ein einziger Wassertropfen eine ganze
Gießerei in die Luft sprengen kann, und daß die Model vollkommen troken seyn
muͤssen, wenn nicht eine heftige Explosion erfolgen soll. Das Gußeisen macht
jedoch eine Ausnahme hievon. Es ist naͤmlich in fluͤssigem Zustande
ein aͤußerst schlechter Waͤrmeleiter; und da es mit einer großen Menge
Kohlenstoff und Silicium verbunden ist, so krystallisirt es auch sehr langsam. Kommt
es in fluͤssigem Zustande mit Wasser in Beruͤhrung, so verbindet es
sich mit einem seiner Bestandtheile, und es wird sehr langsam gekohltes Wasserstoffgas
frei. Aus diesem Grunde kann man Eisen ohne alle Gefahr in feuchte Model gießen.
Concentrirte Schwefelsaͤure, welche einige nicht fluͤchtige Substanzen
aufgeloͤst enthaͤlt, kann bekanntlich durch Destillation davon
gereinigt werden; enthaͤlt sie jedoch Blei, so ist dieses Verfahren nicht
anwendbar. Wenn naͤmlich diese unreine Saͤure concentrirt zu werden
beginnt, so krystallisirt schwefelsaures Blei, welches zu Boden faͤllt; und
dabei findet eine so heftige Dampfentwikelung Statt, daß selbst die
staͤrksten Retorten zertruͤmmert werden. Ebendieß ist auch der Fall
mit der Kieselerde, die durch Schmelzung mit einem Alkall in Wasser
aufloͤslich gemacht wurde. Wird naͤmlich diese Aufloͤsung mit
einer Saͤure neutralisirt und dann abgedampft, so scheidet sich die in ihr
enthaltene Kieselerde sehr oft in Form einer stetigen Krystallisation ab, und
zugleich hiemit findet auch eine so ploͤzliche Dampfentwikelung Statt, daß
ein großer Theil der Fluͤssigkeit aus der Abdampfschale gesprizt und diese
leztere selbst nicht selten umgeworfen wird. Dieselbe ploͤzliche
Dampfentwikelung tritt ein, wenn man die Aufloͤsung unter einem Druke von 1
1/2 Atmosphaͤren in einer glaͤsernen Flasche zum Sieden bringt, wobei
das Glas immer zersprengt wird. Einige Secunden vor der Explosion wird der
Dampfaustritt an dem Sicherheitsventile partiell verhindert; es laͤßt sich
ein eigenthuͤmliches vibrirendes Geraͤusch mit einem weichen hohlen
Tone verbunden vernehmen, worauf stets eine Explosion der Flasche eintritt. Wenn ich
auf dieselbe Weise reines Wasser bis auf den lezten Tropfen verdampfte, so konnte
ich nie eine Veraͤnderung in dem Tone des entweichenden Dampfes vernehmen,
selbst wenn das siedende Wasser in Bewegung gesezt wurde. Die erwaͤhnte
vibrirende Bewegung ist jederzeit ein sicherer Vorlaͤufer einer raschen
Krystallisation der in dem Wasser aufgeloͤsten Stoffe.
Bevor ich nunmehr zur Anwendung dieser Bemerkungen auf die Erklaͤrung der
Dampfkesselexplosionen schreite, will ich zeigen, daß deren Ursache in keinem Falle
in einer Zersezung des Wassers zu suchen ist. Ich habe zu diesem Zweke einen 28 Zoll
langen Flintenlauf an seinem dikeren Ende luftdicht zugeschweißt, und ihn innen dem
zugeschweißten Ende zunaͤchst in einer Laͤnge von 4 Zoll mittelst
eines Bohrers von dem waͤhrend der Schweißung gebildeten Oxyde befreit. In
dem anderen Ende des Laufes bewegte sich luftdicht ein Kolben, der in der Mitte
seiner ganzen Laͤnge nach durchbohrt und an dem Ende mit einem Hahne
versperrt war. Ferner war eine solche Einrichtung getroffen, daß dieser Kolben mittelst
einer Schraube in jeder Stellung fixirt werden konnte. An dem Ende der Kolbenstange
war eine Schale angebracht, in welche ich Gewichte legte, um den Zwek des Dampfes im
Inneren des Laufes aufzutragen und den Kolben in irgend einer beliebigen Stellung zu
erhalten. Nachdem ich nun in diesen Flintenlauf einige Tropfen Wasser gebracht, den
Kolben beinahe bis an das Ende des Laufes hinab getrieben und seinen Hahn
geschlossen hatte, sezte ich den Lauf mit seinem zugeschweißten Ende 2 Zoll tief
senkrecht in einen kleinen Windofen ein, und zwar durch eine Oeffnung, die eben zu
seiner Aufnahme groß genug war. Bei der raschen Erhizung des Laufendes, welche ich
auf diese Weise bewirkte, stieg der Kolben schnell empor, wo ich ihn dann durch die
aufgelegten Gewichte genau 22 Zoll hoch uͤber dem zugeschweißten Ende
erhielt. Als das Laufende die Rothgluͤhhize erreicht hatte, hoͤrte der
Kolben zu steigen auf; und als es sogar weißgluͤhend geworden war, erlitt die
Stellung des Kolbens doch keine Veraͤnderung. Ich schraubte nunmehr den
Kolben in dieser Stellung fest, nahm den Apparat aus dem Ofen und kuͤhlte ihn
so schnell als moͤglich ab. Nach gehoͤriger Abkuͤhlung
oͤffnete ich den Apparat unter Queksilber und untersuchte das gebliebene Gas.
Bei drei auf diese Weise angestellten Versuchen ergaben sich mir folgende
Resultate.
Bei dem ersten Versuche bestand der Inhalt des Laufes aus einem Volumen Stikstoff und
8 Volumen Wasserstoff; bei dem zweiten war dieses Verhaͤltniß wie 1 zu 6, und
bei dem dritten wie 1 zu 5. In keinem Falle war eine Spur von Sauerstoff zu
entdeken. Das Innere des Laufes zeigte sich mit einer Schichte Eisenoxyd, die bei
jedem Versuche diker wurde, ausgekleidet. Ich vermengte in demselben Apparate ein
Volumen Wasserstoff mit zwei Volumen atmosphaͤrischer Luft, und erhizte das
Ganze unter einem Druke von zwei Atmosphaͤren. Wie zu erwarten stand,
erfolgte hier bei eintretender Rothgluͤhhize eine Explosion.
Um nun zu ermitteln, welchen Einfluß der Dampf auf ein derartiges Gasgemisch und auf
dessen Explosionsfaͤhigkeit ausuͤbt, brachte ich in das
kuͤrzere Ende einer heberfoͤrmig gebogenen Glasroͤhre eine
Mischung aus einem Volumen Wasserstoff und zwei Volumen atmosphaͤrischer
Luft. Diese Gasmischung brachte ich, nachdem ich sie mit Queksilber abgesperrt,
unter einen Druk von 1 1/2 Atmosphaͤren. Das genau fuͤr den Versuch
berechnete Wasser ließ ich von einem Asbestgewebe absorbiren, und mit diesem
fuͤhrte ich es mittelst eines Drahtes durch das Queksilber in die in der
Roͤhre enthaltenen Gase. Den ganzen Apparat brachte ich in einen mit
Queksilber gefuͤllten eisernen Cylinder, welcher auf einer Temperatur von
beilaͤufig 236° F. erhalten wurde; und hierauf erhizte ich, um eine
Explosion zu bewirken, das verschlossene Ende der Glasroͤhre mittelst eines
Loͤthrohres sorgfaͤltig bis zum Rothgluͤhen. Die Resultate
meiner Versuche waren, wie folgt.
Ein Volumen Knallgas mit 0,1 Volumen Wassergas vermengt explodirte und zersprengte
die Roͤhre. Mit 0,2 Volumen Wassergas war die Explosion beinahe ebenso
heftig; mit 0,3 war die Detonation bedeutend schwaͤcher; mit 0,4 war sie noch
schwaͤcher; mit 0,5 trat eine schwache Explosion ein, eben als die erhizte
Glasroͤhre durch den Druk des Gases Gas auszulassen begann; mit 0,6 kam es
bei sechsmaliger Wiederholung des Versuches nur einmal zur Explosion; mit 0,7 bis 2
Volumen Wassergas war es zu keiner Explosion zu bringen.
Aus diesen Versuchen laͤßt sich der Schluß ziehen, daß, selbst wenn sich in
der Dampfkammer eines Dampfkessels ein Explosionsfaͤhiges Gasgemisch bilden
sollte, dieses wenigstens in der doppelten Menge des Dampfes vorhanden seyn
muͤßte, um eine Explosion zu bewirken. Daß dieß unter allen Umstaͤnden
hoͤchst unwahrscheinlich ist, ist klar.
Ich will bei der Pruͤfung der Umstaͤnde, unter denen die Dampfkessel
zur Explosion kommen, uͤber jene Faͤlle hinweggehen, in welchen
Unthaͤtigkeit des Sicherheitsventils oder ungeeignete Groͤße desselben
als Ursache angenommen werden koͤnnen, und dafuͤr sogleich auf jene
Faͤlle uͤbergehen, in denen die Ursache nicht so klar ist.
Ein aus dem besten, mit Holzkohlen behandelten Eisenbleche von 0,2 Zoll Dike
gearbeiteter Kessel von 9 Fuß Laͤnge und 9 Zoll im Durchmesser, welcher wie
gewoͤhnlich mit einem Sicherheitsventile ausgestattet war, und mit einem
kleinen Dampfmaschinen-Modelle, so wie auch mit einer Einsprizpumpe
communicirte, ward auf solche Art mit dem Feuerzuge eines Puddlirofens in Verbindung
gebracht, daß die Flamme den Kessel auf die gewoͤhnliche Weise
umspuͤlte und ihn Tag und Nacht in Thaͤtigkeit hielt. Der Kessel
arbeitete am ersten Tage mit einem Druke von 20 Atmosphaͤren, den
uͤbrigen Theil der Woche uͤber mit einem Druke von drei
Atmosphaͤren. Hierauf wurde das Spiel der Pumpe unterbrochen und das Wasser
um einen Zoll unter seinem gewoͤhnlichen Stande gehalten, so daß die
Seitenwaͤnde des Kessels zum Rothgluͤhen kommen konnten.
waͤhrend sich die Waͤnde in diesem Zustande befanden, wurde das Wasser
mittelst des Schwimmers und bei einem Druke von 10 Atmosphaͤren so stark als
moͤglich in Bewegung gesezt. Nachdem der Versuch unter diesen
Umstaͤnden 3 Stunden lang gedauert, wurde die Einsprizpumpe wieder in Gang gesezt, so daß
der Kessel bis zum Ende der Woche mit einem Druke von drei Atmosphaͤren
weitet arbeitete. Am ersten Tage der folgenden Woche arbeitete der Kessel mit
demselben Druke und bei der gewoͤhnlichen Hoͤhe des Wasserstandes. Ich
belastete das Sicherheitsventil allmaͤhlich, und unter Anwendung aller
Vorsicht, damit das Spiel des Ventiles nicht beeintraͤchtigt werden sollte,
bis zu 10 und 11 Atmosphaͤren. Als noch ein Gewicht aufgelegt wurde, welches
den Druk bis auf 12 Atmosphaͤren steigern sollte, erfolgte eine
fuͤrchterliche Explosion des Kessels, bei der dessen oberer Theil so hoch
emporgeschleudert wurde, wie der große Dampfmaschinen-Schornstein, welcher 66
Fuß Hoͤhe hatte.
Bei genauer Pruͤfung der Raͤnder der Bruchstelle zeigte sich, daß jener
Theil des Kessels, welcher zum Rothgluͤhen gekommen war, eine
merkwuͤrdige Veraͤnderung erlitten hatte. Ein von dem oberen Theile
des Kessels abgeschnittener Blechstreifen von einem Zoll Breite wurde durch ein
Gewicht von 3 Cntrn. beinahe unter einem rechten Winkel gebogen; ein Streifen,
welcher genau dieselbe Groͤße hatte, aber aus jenem Theile, der zum
Rothgluͤhen gekommen, geschnitten worden, brach schon unter der Last von 2
Cntrn. Das Bruchende dieses lezteren Streifens, welches ich abschnitt und mit einer
feinen Feile polirte, zeigte mit dem guten, unter einem Winkel gebogenen Streifen
verglichen und unter das Mikroskop gebracht dunkelgraue elliptische Fleken (greys), deren Zahl sich gegen die Außenseite hin
steigerte. Die Außenseite selbst, deutete bis auf eine betraͤchtliche Tiefe
hinein an, daß sie eine Verbindung mit Schwefel eingegangen hatte.
Bei genauer Untersuchung von Stuͤken anderer geborstener Dampfkessel fand ich
die Bruchenden stets auf gleiche Weise veraͤndert. Namentlich waren die
Raͤnder eines Stuͤkes, welches man mir als ein Bruchstuͤk des
geborstenen Kessels des Dampfbootes von Hull uͤbergab, so sproͤde, daß
sie schon unter einem leichten Schlage mit dem Hammer absprangen. In einer Retorte
mit Salzsaͤure behandelt entwikelte sich aus den Bruchstuͤken
Schwefelwasserstoffgas in so bedeutender Menge, daß ich dessen Menge mittelst einer
Aufloͤsung von salpetersaurem Blei zu messen vermochte.
Aus diesen Versuchen scheint mir nun klar hervorzugehen, daß die Eisenplatten, welche
durch den Druk des in ihnen enthaltenen Wassers in einem gewissen Grade von
Ausdehnung erhalten werden, durch die Einwirkung der Flamme, und namentlich der
Steinkohlenflamme, die immer etwas schweflige Saͤure enthaͤlt, sehr
geschwaͤcht werden, indem die Textur des Eisens dadurch aufgelokert wird. Je
mehr Schwefelkies die Steinkohle enthaͤlt, um so schlimmer ist es; besonders wenn die
Kesselwaͤnde durch Sinken des Wassers oͤfters zum Gluͤhen
kommen, und darauf durch Steigen des Wassers wieder abgekuͤhlt werden.
Die Expansivkraft des Dampfes sucht stets die Fasern des Eisens von einander zu
trennen, wozu noch kommt, daß das Eisen durch den Waͤrmestoff, den es
einsaugt, wenn man es zum Gluͤhen kommen laͤßt, in ausgedehntem
Zustande erhalten wird. Die unvermeidliche Contraction, welche entsteht, wenn das
auf zweifache Weise ausgedehnte Metall mit dem Wasser in Beruͤhrung kommt,
muß eine maͤchtig nachtheilige Wirkung auf das Eisen ausuͤben. Hierin
ist meiner Ansicht nach die Grundursache der meisten Dampfkesselexplosionen zu
suchen. Die geringste Unregelmaͤßigkeit in der Dampferzeugung muß
natuͤrlich einen auf solche Art geschwaͤchten Kessel, seine
Waͤnde moͤgen gluͤhen oder nicht, noch eher zum Bersten
bringen.
Bei dem Probiren der Staͤrke der Kesselplatten wird gar haͤufig auf
deren Faͤhigkeit, einem ploͤzlichen Stoße zu widerstehen, zu wenig
Ruͤksicht genommen, und doch darf diese nie außer Acht gelassen werden,
vielmehr ist sie bei der Erzeugung der Platten wohl im Auge zu behalten.Die Eisenstuͤke, aus denen die Platten ausgewalzt werden, sollen von
sehr kleinem und dichtem Korne seyn, so daß das Korn der fertigen Platten
eben ein etwas Blaͤtteriges Aussehen zu bekommen beginnt. Sind die
Eisenstuͤke, bevor sie noch zu Platten von gehoͤriger Dike
ausgestrekt worden, von zu offenem Korne, so wird die Granulation zu lose,
wodurch die Platten wesentlich an Staͤrke verlieren. Man ist der
Meinung, daß alle Metalle durch das Auswalzen ein dichteres Korn und ein
groͤßeres specifisches Gewicht bekommen; dieß gilt aber nicht von dem
Eisen und uͤberhaupt von keinem Metalle, welches durch das Auswalzen
ein faseriges Aussehen bekommt. Broling, der das
spec. Gewicht von ausgehaͤmmertem und ausgewalztem Eisen
pruͤfte, war erstaunt, zu finden, daß das Eisen ein um so geringeres
spec. Gewicht bekam, je laͤnger es gewalzt wurde. Er schrieb dieß dem
Umstaͤnde zu, daß die Eisentheilchen das Wasser, in welchem sie
gewogen wurden, zuruͤkfließen. A. d. O. Eine lange Reihe von Versuchen hat mich von dem großen Unterschiede
uͤberzeugt, der zwischen dem Probiren der Staͤrke der Platten durch
die allmaͤhlich steigende Gewalt einer hydraulischen Presse und durch die
ploͤzliche heftige Anwendung derselben Kraft besteht. Eisen, welches in hohem
Grade faserig aussteht, ist im Allgemeinen am wenigsten geeignet, einer
ploͤzlich wirkenden Gewalt zu widerstehen. Je mehr die Fasern rund, von
einander geschieden und strangartig erscheinen, und je mehr Fleken (greys) auf der Oberflaͤche der polirten Platten
zu sehen sind, um so weniger taugt das Eisen zur Verfertigung eines sicheren
Kessels. Das beste Eisenblech zu diesem Zweke ist solches, welches aus
aͤußerst duͤnnen Blaͤttchen von hellgrauer Farbe zu bestehen
scheint, und dessen Raͤnder nicht sehr zakig, sondern beinahe eben sind.
Das ploͤzliche Aufschießen von Dampf, welches bisweilen in den Kesseln vorkommt, ist
gewoͤhnlich dadurch bedingt, daß das Wasser mit gewissen erdigen Salzen,
worunter schwefelsaurer Kalk, Kieselerde und Thonerde die hauptsaͤchlichsten
sind, gesaͤttigt ist.
Ich habe oben gezeigt, daß nicht bloß alle poroͤsen Koͤrper die
Dampfentwikelung beschleunigen, sondern daß auch die Erschuͤtterung, welche
durch das Aufschießen des Dampfes waͤhrend der Krystallisation der in der
Fluͤssigkeit aufgeloͤst enthaltenen Koͤrper erzeugt wird,
fuͤr sich allein schon hinreichend ist einen auf die angegebene Weise
geschwaͤchten Kessel zum Bruche zu bringen, besonders wenn das Wasser durch
die Erschuͤtterung gegen die rothgluͤhenden Kesselwaͤnde
geschleudert wird.
Die Incrustationen, welche sich in den Kesseln bilden, und die man gewoͤhnlich
mit dem Meißel zu entfernen pflegt, bestehen in den meisten Faͤllen aus
mehreren Schichten, welche oft eine bedeutende Dike haben: zum Beweise, daß sie sich
rasch und in gewissen Zwischenraͤumen absezten. Mit erdigen Salzen
gesaͤttigtes Wasser, welches sich in Dampfkesseln mit engen Kammern befindet,
wird beim Sieden in Schaum verwandelt; es ist daher kaum zu verhuͤten, daß
die Kessel zum Gluͤhen kommen, und man kann sich auf die Haͤhne, die
zur Bestimmung der Hoͤhe des Wasserstandes dienen, nicht verlassen.
Eine ploͤzliche Veraͤnderung des Tones, mit dem der Dampf bei dem
Sicherheitsventile entweicht, ist meiner Ansicht nach stets ein sicheres Zeichen,
daß in dem Kessel rasch die Bildung einer Krystallisation oder eines Bodensazes von
Statten gehe. Einer der Zeugen, die uͤber die Explosion des Dampfbootes von
Hull vernommen wurden (wenn ich nicht irre, war es ein weibliches Individuum), hat
auch angegeben, daß vor Eintritt der Explosion der Dampf mit einem
eigenthuͤmlichen fremdartigen Geraͤusche bei dem Sicherheitsventile
entwich.
Zum Schluͤsse erlaube ich mir nur wiederholt darauf aufmerksam zu machen, daß
Kessel, deren Waͤnde oͤfter zum Gluͤhen kommen, nie, und selbst
unter den guͤnstigsten Umstaͤnden nicht, sicher sind; und daß die
Anwendung von destillirtem Wasser anstatt Fluß- oder Seewasser viel zur
Verminderung der Gefahr beitragen, ja manchen unheilvollen Explosionen vorbeugen
duͤrfte.