Titel: Verbesserungen in der Fabrication von Seidenwaaren, worauf sich John Gibson, Seidenspinner, und John Gordon Campbell, Kaufmann, beide von Glasgow in der Grafschaft Lanark, am 19. November 1836 ein Patent ertheilen ließen.
Fundstelle: Band 71, Jahrgang 1839, Nr. LXXIII., S. 386
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LXXIII. Verbesserungen in der Fabrication von Seidenwaaren, worauf sich John Gibson, Seidenspinner, und John Gordon Campbell, Kaufmann, beide von Glasgow in der Grafschaft Lanark, am 19. November 1836 ein Patent ertheilen ließen. Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Dezember 1838, S. 345. Mit Abbildungen auf Tab. V. Gibson's und Campbell's verbesserte Fabrication von Seidenwaaren. Unsere Erfindung betrifft: 1) die Entschaͤlung der sogenannten Floretseide (silk-waste), wenn dieselbe bereits in Vorgespinnst verwandelt worden; 2) das Faͤrben derselben in eben diesem Zustande; 3) das Spinnen von Seidengarn aus gehechelter langfaseriger Floretseide, dieselbe mag vorher entschaͤlt worden seyn oder nicht; 4) das Spinnen von Garn aus langfaseriger Floretseide und aus Flachs von beilaͤufig gleicher Laͤnge; 5) das Spinnen von Garn aus langfaseriger Floretseide und Wolle; 6) die Anwendung unserer Verbesserungen auf die Drosselmaschine zum Behufe des Spinnens von Floretseide; 7) gewisse Verbesserungen an der Drosselmaschine, wodurch dieselbe noch weit geeigneter zum Spinnen von Floretseide wird; 8) endlich die Anwendung von Wasser beim Spinnen langfaseriger Floretseide. Wir erlauben uns, bevor wir auf die Beschreibung der von uns empfohlenen Methoden eingehen, einiges uͤber die bisherige Spinnung der Floretseide vorauszuschiken. Die im Handel vorkommende Floretseide ist sowohl in Hinsicht auf Qualitaͤt, als in Hinsicht auf Reinheit sehr verschieden, und gewoͤhnlich sehr verworren. Um sie von verschiedenen in ihr enthaltenen Abfaͤllen zu reinigen und auszuwirken, sezt man sie gewoͤhnlich zuerst der Einwirkung einer Maschine aus, welche man den Klopfer (breaker) nennt, und in der sie von den festeren Knoten und Knaͤueln gereinigt wird. Zunaͤchst hierauf wird sie in den sogenannten Zurichtmaschinen weiter gereinigt, wobei zugleich auch die Fasern gerade neben einander gelegt werden, so daß die Seide wie gehechelter Flachs aussieht, dessen Fasern jedoch, was die Laͤnge betrifft, mehr Gleichheit haben. Dieses Zurichten kann sowohl mit entschaͤlter als nicht entschaͤlter Floretseide vorgenommen werden; in lezterem Falle geht es leichter und mit einem geringeren Verluste an Abfall von statten; auch bekommt das Fabricat im Allgemeinen eine bessere Qualitaͤt. Die zugerichtete Floretseide gelangt nach dem gewoͤhnlichen Verfahren in die Schneidmaschine, in der sie je nach Umstaͤnden in Stuͤke von beilaͤufig, zwei Zoll oder etwas mehr oder weniger geschnitten wird. Ist die zerschnittene Seide noch nicht entschaͤlt, so geschieht dieß nunmehr, worauf man sie troknet. Nachdem die Seide hierauf in eine Art von Vließ gelegt oder so zu sagen gefacht worden, werden ihre Fasern in einer Maschine geoͤffnet; und wenn sie endlich sowohl durch diese als durch die Kardaͤtschmaschine gegangen, wird sie in einer aͤhnlichen Maschine, wie man sich ihrer in der Baumwollspinnerei bedient, in Vorgespinnst verwandelt, und zulezt in einer Art von Mule-Jenny zu Garn versponnen. Wir gehen nunmehr zur Beschreibung unseres verbesserten Verfahrens uͤber. Nachdem die Floretseide auf die uͤbliche oder irgend eine andere fuͤr vorteilhaft befundene Methode, wie z.B. durch Hecheln, die Zurichtung bekommen hat, bringen wir sie entschaͤlt oder nicht entschaͤlt in die Strek-, Vorspinn- und Spinnmaschine mit gaͤnzlicher Umgehung des Abschneidens ihrer Fasern, welches wir fuͤr eine ganz unnoͤthige Material verwuͤstende Operation halten. Die Maschine, welche sich unserer Erfahrung nach am besten zum Ausstreken und Vorspinnen der zugerichteten, gehechelten oder gekardaͤtschten, langfaserigen Floretseide eignet, ist die Flachsspinnmaschine. In dieser behandeln wir sie, wie man langen oder geschnittenen Flachs zu behandeln pflegt. Die Seide kommt zuerst in die Ausbreit- oder in die erste Strekmaschine; die Wikler, welche diese gibt, werden dublirt und in die zweite Strekmaschine gebracht, aus der sie endlich noch in eine dritte Strekmaschine gelangen, bevor man sie der Vorspinnmaschine unterwirft. Wie oftmal das Dubliren und Ausstreken zu geschehen hat, haͤngt von der Beschaffenheit der zu verarbeitenden Seide ab, was jeder sachverstaͤndige Fabrikant zu beurtheilen wissen wird. Es gibt verschiedene Arten von Maschinen, deren man sich zum Ausstreken und Vorspinnen des Flachses bedient; und da diese Maschinen sowohl auf Flachs als auf Werg angewendet werden und allgemein bekannt sind, so mag es genuͤgen, wenn wir sie bloß mit den uͤblichen Namen: Circular-, Spiral- und Kettenmaschine belegen. Die Maschinen zum Ausstreken und Vorspinnen des geschnittenen Flachses und Werges sind entweder nach dem Circular- oder nach dem Spiralsysteme gebaut. Das Kettensystem eignet sich wohl gleichfalls fuͤr geschnittenen Flachs, keineswegs aber fuͤr Werg. Unserer Erfahrung nach eignen sich die nach dem Spiralsysteme eingerichteten Ausstrek- und Vorspinnmaschinen am besten; und zwar weil an diesen die Hecheln dem auf der Strekwalze ausgebreiteten Vließe naͤher kommen, als dieß bei den beiden anderen Systemen der Fall ist, und weil hiedurch die kurzen Seidenfasern mehr gleichmaͤßig zwischen die langen vertheilt werden, als dieß der Fall ist, wenn die Hecheln weiter von der Strekwalze entfernt stehen. Fuͤr gehechelte Floretseide von groͤßter Faserlaͤnge bedienen wir uns der sogenannten langen Praͤparation (long-line preparation) der Flachsspinner; fuͤr Seide von mittlerer Faserlaͤnge der sogenannten geschnittenen Praͤparation (cut line preparation), und fuͤr kurze Seide endlich der Wergpraͤparation. Das Vorspinnen kann, wie bereits erwaͤhnt, entweder vor oder nach dem Entschaͤlen der Seide geschehen. Das Vorgespinnst selbst laͤßt sich je nach den Fabricaten, die man daraus erzielen will, verschieden verspinnen. Da die Nachfrage nach entschaͤltem Seidengarne viel groͤßer ist, als jene nach unentschaͤltem, so pflegen wir das Entschaͤlen an den aus der ersten Strekmaschine kommenden Wiklern vorzunehmen. Wir bilden zu diesem Zweke aus den Wiklern halbpfuͤndige Straͤhne, die wir einzeln in kleine, aus einem duͤnn geschlagenen Zeuge, z.B. lokerem Canefaß verfertigte Saͤke bringen. Je nach der Groͤße des Kessels bringt man eine beliebige Anzahl der gefuͤllten Saͤke in den Kessel, um sie in diesem nach dem uͤblichen Verfahren auszusieben, und hierauf sogleich gut auszuwaschen, um alle klebrigen Bestandtheile sowohl, als alle Seife, alles Alkali und alle sonstigen Unreinigkeiten wegzuschaffen. Nachdem dieß geschehen, wird die Seide mit Vorsicht aus den Saͤken herausgenommen, und nachdem sie vollkommen troken geworden, auf Haspel (swifts) gebracht, um sie, nachdem man das Ende aufgefunden, in Kannen zu legen, oder, wenn man es fuͤr besser haͤlt, auf Spulen aufzuwinden. Die einschaͤlten Wikler bringt man in die Strekmaschinen, in denen sie so oft dublirt und wieder ausgezogen werden, als es noͤthig erscheint. Manchmal nehmen wir die Entschaͤlung erst vor, nachdem die Seide bereits in Vorgespinnst verwandelt worden. In diesem Falle haspeln wir dieses von den Spulen ab in halbpfuͤndige Straͤhne, die wir auf die oben bei den Wiklern angegebene Weise gleichfalls in Saͤken aussieden. Das entschaͤlte Vorgespinnst bringen wir auf Spulen, von denen es abgesponnen wird. Wir halten uͤbrigens das in den Willem entschalte Vorgespinnst fuͤr besser. Ein weiterer Theil unserer Verbesserungen beruht darauf, daß wir die Seide vor dem Verspinnen derselben zu Garn, faͤrben. Am besten geschieht dieß nach unserer Erfahrung gleich in den Wiklern und zwar unmittelbar nach dem Entschaͤlen und Auswaschen derselben. Die gefaͤrbten Wikler werden wiederholt dublirt, ausgestrekt und in Vorgespinnst verwandelt, ganz so wie dieß mit der ungefaͤrbten Seide geschieht. Das Faͤrben kann auch mit Seide, welche vor dem Zurichten oder Hecheln entschaͤlt worden, vorgenommen werden; gewoͤhnlich faͤrben wir jedoch die aus den Wiklern der ersten Strekung erzeugten Straͤhne. Uebrigens faͤrben wir auch das Vorgespinnst, nachdem dasselbe von den Spulen herab in Straͤhne von einer dem Faͤrber entsprechenden Schwere gebracht worden. Nach dem Farben bringen wir es auf Spulen, von denen es abgesponnen wird. Man hat sorgfaͤltig darauf zu achten, daß die Seide, sie mag gefaͤrbt worden seyn oder nicht, gehoͤrig getroknet worden, bevor man sie dem Ausstrek- Vorspinn- oder Spinnprozesse unterwirft. Das Faͤrben der Seide, bevor sie zu Garn versponnen worden, gewahrt den Vortheil, daß der Farbstoff alle Fasern erreicht, und daß das Garn mithin eine gleichmaͤßigere und dauerhaftere Farbe bekommt. Ferner bekommt die Seide bei unserer Behandlung auch einen lebendigeren Glanz, als das spaͤter gefaͤrbte Garn zu haben pflegt. Der Grund hiefuͤr scheint darin zu suchen, daß beim Faͤrben viele Fasern brechen, wo dann ihr Parallelismus, und mithin auch ihr Glanz eine Stoͤrung erleidet. Um aus langfaseriger Floretseide und Flachs oder Wolle ein Vorgespinnst zu erzeugen, bedienen wir uns im Ganzen derselben Maschinerie, wie zum Vorspinnen der Floretseide allein. Das Mischungsverhaͤltniß beider Faserstoffe wechselt je nach den Fabricaten, die man zu erzielen gedenkt. Wir nehmen die aus der ersten Strekmaschine kommenden Flachs- oder Wollenwikler, und nehmen auf diese beim zweiten Ausstreken eine solche Anzahl von Seidenwiklern, wie sie dem fraglichen Zweke eben entspricht. Wir gehen nunmehr zur Beschreibung jener Maschine uͤber, in der das Vorgespinnst in Straͤnge, aus denen das Garn gesponnen wird, ausgezogen oder ausgestrekt werden soll. Die zur Erlaͤuterung beigegebene Zeichnung zeigt in der Hauptsache, eine nach dem Principe der langen Aushebung (long ratch) gebaute Drosselmaschine. Wir bedienen uns naͤmlich dieser Maschine, an der wir einige Verbesserungen angebracht haben, zum Spinnen langfaseriger Floretseide in Verbindung mit Flachs oder Wolle. Fig. 32 ist ein Fronteaufriß eines Theiles einer Drosselmaschine; die uͤbrigen Theile sind weggelassen, da sie nur eine Wiederholung der hier abgebildeten sind. Fig. 33 ist ein Aufriß, welcher unter rechten Winkeln gegen Fig. 32 genommen ist, und gleichfalls nur die Haͤlfte der Maschine darstellt, indem die andere Haͤlfte ebenfalls der abgebildeten entspricht. Fig. 34 ist ein Grundriß der zuruͤkhaltenden Walzen, deren Aufriß in Fig. 32 gegeben ist. Fig. 35 zeigt die Drukwalze einzeln fuͤr sich und zwar in doppelt groͤßerem Maaßstabe, als sie in Fig. 32 abgebildet ist. An saͤmmtlichen Figuren sind zur Bezeichnung gleicher Theile auch dieselben Buchstaben beibehalten. A, A'Fig. 32 und 33 ist eine fixe und eine lose Rolle. Leztere erhaͤlt die Kraft von einem Motor her mitgetheilt, und sezt mittelst ihrer Welle eine Rolle C in Thaͤtigkeit, die ihrerseits mittelst des endlosen Laufbandes X, X die Rollen D und B umtreibt. Leztere treibt das Getrieb E, welches in das Zahnrad F eingreift, damit dieses durch die in der Zeichnung nicht angedeutete Differentialbewegung die Strekwalze G. die Walzen H, H, H die Zwischenwalzen K und L und die Traversirbewegung in Thaͤtigkeit sezt. Bei N befindet sich ein mit Wasser gefuͤllter kupferner Trog, dessen Anwendung zu den wesentlichsten unserer Verbesserungen gehoͤrt. Die aus Holz gearbeiteten Drukwalzen O, O, O sind zum Theile in das in dem Troge befindliche Wasser untergetaucht und laufen auch in demselben um. Sie befeuchten hiedurch die messingenen Buͤchsen P, P, P der Strekwalze G, und saͤttigen auf diese Weise die Seidenfasern, waͤhrend sie nach Abwaͤrts und aus dem Vorgespinnste in Straͤnge gezogen werden, mit Feuchtigkeit. Aus den angezogenen Straͤngen wird mittelst der Spindeln und Fliegen Q, Q, Q, die wir, wie die Zeichnung andeutet, viel naͤher an der Strekwalze G anbringen, als es bisher zu geschehen pflegte, das Garn gesponnen. Die Form und Einrichtung der messingenen Fuͤhrer R, R ist am besten aus Fig. 36 und 37 zu sehen, wo sie einzeln fuͤr sich und in groͤßerem Maaßstabe abgebildet sind. S, S sind Walzen aus Mahagoniholz. Die uͤbrigen hier nicht besonders bemerkten Theile sind den Sachkundigen so bekannt, daß sie hier keiner weiteren Erlaͤuterung beduͤrfen. Die messingenen Buͤchsen P, P die wir an der Strekwalze G anbrachten, sowie die Anwendung von Wasser gehoͤren zu den wesentlichsten Verbesserungen, die wir in der Spinnerei von gefaͤrbter und ungefaͤrbter Floretseide einfuͤhrten. Das Messing schuͤzt die Seide vor dem Flekigwerden, welches bei der Anwendung von Eisen unfehlbar eintreten wuͤrde. Weder die messingenen Riefen P, noch die Drukwalzen O sind gerieft, indem wir diese Riefen beim Spinnen von langfaseriger Floretseide mit einer ihrer Laͤnge entsprechenden Aushebung nicht fuͤr noͤthig fanden. Große Vortheile erwachsen ferner aus der Anwendung der Drosselmaschine anstatt der Mulejenny zum Spinnen der Floretseide. Erstens ergibt sich naͤmlich hiebei eine große Kostenersparniß, weil man keine Arbeiter braucht, die einen so hohen Lohn bekommen; und zweitens erhaͤlt man in Folge der Anwendung einer der Laͤnge der Fasern entsprechenden Aushebung (ratch) ein Garn oder einen Faden, der nicht nur bedeutend staͤrker ist, sondern der sich auch bis auf weit hoͤhere Nummern, d.h. bis auf Nr. 200 und daruͤber nach der fuͤr die Baumwolle gebraͤuchlichen Scala spinnen laͤßt: ein Resultat, welches bisher mit der Drosselmaschine noch nie erzielt wurde. Die Befeuchtung der Seide mittelst der Drukwalze gibt ihr nicht nur eine groͤßere Zaͤhigkeit und Staͤrke, sondern die Fasern adhaͤriren einander auch besser, wodurch das Spinnen derselben erleichtert wird. Außerdem bekommen die Fasern eine groͤßere Biegsamkeit, in Folge deren sich ihre Enden leichter mit dem Garne verkoͤrpern. Wegen der geringen Entfernung der Spize der Spindel von den Buͤchsen der Strekwalze ist das Garn weniger Erschuͤtterungen ausgesezt, und aus diesem Grunde kann es auch auf feinere Nummern gesponnen werden, als mit Spindeln, die sich in groͤßerer Entfernung befinden. Das nach unserem Verfahren erzeugte Seidengarn hat ein glattes, drahtartiges Aussehen; und wenn ihm nur eine geringe Drehung gegeben worden, so behalten die Seidenfasern ihren natuͤrlichen Glanz bei, aͤhnlich jenem der Tram- oder Organsinseide. Die beschriebene Spinnmaschine eignet sich sowohl zum Spinnen reiner Floretseide, als auch zum Spinnen eines aus solcher und Flachs oder aus solcher und Wolle bestehenden Gemisches; man braucht nur die Aushebung nach der Laͤnge der Fasern zu verschieden.

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