Titel: | Platinfeuerzeug mit neuem Ventil, nebst Anwendung des lezteren zu Gasometern, Eudiometern und andern Apparaten, von W. Eisenlohr. |
Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. X., S. 27 |
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X.
Platinfeuerzeug mit neuem Ventil, nebst Anwendung
des lezteren zu Gasometern, Eudiometern und andern Apparaten, von W. Eisenlohr.
Aus Poggendorff's Annalen der Physik und Chemie, 1839 Nr.
1.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Eisenlohr's Platinfeuerzeug mit neuem Ventil.
Bei der Versammlung der Naturforscher und Aerzte in Freiburg zeigte ich ein von mir
erfundenes Ventil vor, welches bei Zuͤndmaschinen, Gasometern und bei manchen
andern Apparaten von wesentlichem Nuzen seyn wird, indem es mit großer Einfachheit
die Vortheile vereinigt, daß es sich nie abnuzt, hermetisch schließt und
aͤußerst wohlfeil ist. Da man dieses Ventil am besten in seiner Anwendung auf
das Platinfeuerzeug kennen lernt, so lasse ich die Beschreibung des lezteren
Apparates hier unmittelbar folgen:
Dieses Platinfeuerzeug, welches in Fig. 3 und 4 im dritten Theil der
wirklichen Groͤße abgebildet ist, besteht: 1) aus einem, durch Queksilber,
verduͤnnte Schwefelsaͤure oder irgend eine andere Fluͤssigkeit
gesperrten Glasventile A, B; 2) aus einem Glascylinder
C, C; 3) einem Platinschwamm D; 4) einer elastischen Feder aus Metalldraht, und 5) einem Gefaͤß F, F von Glas, Porzellan oder einem anderen
Koͤrper.
Das Ventil A, B (besonders und in vergroͤßertem
Maaßstabe abgebildet in Fig. 5) besteht aus einem
Glasroͤhrchen, welches an zwei oder mehreren Stellen zu Kugeln A, B, a aufgeblasen ist. Die Kugel B ist oben oder zur Seite offen und communicirt mit A durch das krumm gebogene Glasroͤhrchen. Das
Roͤhrchen ist von A bis B mit einer beliebigen Sperrfluͤssigkeit, am besten mit einer
Mischung aus 4 Theilen Wasser auf 1 Theil Schwefelsaͤure, ganz oder zum Theil
angefuͤllt. Diese Mischung ist besonders zwekmaͤßig, weil die
Schwefelsaͤure und das Wasser sehr stark an das Glas adhaͤriren und
folglich hermetisch schließen; ferner weil diese Mischung wegen der Verwandtschaft
der Schwefelsaͤure zum Wasser nie verdunstet. Von der Kugel B kann das in dem Cylinder C
entwikelte Wasserstoffgas in die Kugel A treten, wenn
die Sperrfluͤssigkeit aus dem gekruͤmmten Roͤhrchen A, B durch Vermehrung der Elasticitaͤt des Gases
in die Kugel A gedruͤkt ist. Aus der Kugel A entweicht das Gas nach a,
dringt durch das Roͤhrchen a, b (Fig. 3) entweder in die
luftdicht umschließende Huͤlse d, e von Metall
oder Glas und stroͤmt durch die feine Oeffnung bei c aus; oder es stroͤmt (wie in Fig. 4) unmittelbar durch
die gekruͤmmte und ausgezogene Glasroͤhre aus. Der Zwek der zweiten
Kugel a ist, daß die Blasen, welche in A durch die Sperrfluͤssigkeit gebildet werden,
und etwa bis in die obere Oeffnung von A dringen, in der
zweiten Kugel zerplazen.
Der Cylinder C ist luftdicht in den Dekel G, G, welcher von Holz oder Metall seyn kann, gekittet.
Der Kitt muß, wenn der Cylinder warm ist, eingegossen werden und eine mehrere Linien
dike Schicht bilden. Er kann aus weißem Wachs, Harz und Terpenthin zusammengesezt
werden. Der Cylinder kann die Gestalt wie in Fig. 3 oder 4 haben; nur
ist leztere zwekmaͤßiger, weil der Wulst p, q das
zu weite Emporschnellen beim ploͤzlichen Aufhoͤren des Druks auf die
Feder verhindert.
Die Feder E, E, welche den Cylinder C umschließt, und ihn, wenn er herabgedruͤkt ist,
bei aufhoͤrendem Druk wieder emporschnellt, sizt auf dem Ringe H, H auf, dessen Mitte den Cylinder C, C aufnimmt und dessen Rand auf dem Gefaͤße F, F aufsizt. Dieser Ring ist von Holz oder Metall, und
paßt auf die Oeffnung des Gefaͤßes F, F, ohne
fest darin zu seyn. In dem Cylinder C, C haͤngt
an dem Ventil A, B ein Stuͤk Zink K an einem Blei- oder Kupferdraht. Die elastische
Feder kann auch durch irgend eine andere mechanische Vorrichtung ersezt werden.
Diese ist die wohlfeilste und zwekmaͤßiger, als wenn der Cylinder z.B. durch
einen Schwimmer in die Hoͤhe gedruͤkt wuͤrde.
Das Platinschwaͤmmchen D kann, wie in Fig. 3, durch
eine fingerhutartige Huͤlse m, m von Holz oder
Metall vor Staub geschuͤzt werden. Diese Huͤlse ist an einem Drahte
n, n befestigt, der in dem Ringe H, H fest gemacht ist. Oder das
Platinschwaͤmmchen ist, wie in Fig. 4, von einem
feststehenden metallenen Cylinder umgeben.
Die Fluͤssigkeit in dem Gefaͤß F, F besteht
aus der gewoͤhnlichen Mischung von 1 Schwefelsaͤure auf 6 Wasser dem
Gewicht nach. Das Niveau dieser Fluͤssigkeit außerhalb des Cylinders ist
durch die Linie r, r angegeben. Das Zink K wird an dem kupfernen Haken so aufgehaͤngt, daß
nach Entwikelung des Wasserstoffgases das Niveau des Wassers im Cylinder etwas
niedriger steht als außen, etwa in s, s.
Die Art wie dieses Feuerzeug in Gang gesezt wird, ist folgende: Zu Fig. 3 bringt man, nachdem
die Huͤlse d, e abgenommen ist, in der
Muͤndung b des Glasroͤhrchens einige
Tropfen Sperrfluͤssigkeit. Diese senken sich und fuͤllen alsdann das
gekruͤmmte Roͤhrchen von A bis B an. Hierauf wird die Huͤlse d, e entweder an das Glasroͤhrchen gekittet oder
aufgeschraubt. Zu Fig. 4 bringt man die Sperrfluͤssigkeit dadurch nach A, B, daß man den Cylinder C,
C mit H, H aus dem Gefaͤß F herausnimmt, die Spize c
in ein Schaͤlchen mit Sperrfluͤssigkeit taucht, das offene Ende des
Cylinders C in den Mund nimmt, und so lange saugt, bis
einige Tropfen Sperrfluͤssigkeit in das Glasroͤhrchen eingedrungen
sind.
Hierauf wird das Zink mittelst eines Haͤkchens an dem Ventil A, B aufgehaͤngt und der Cylinder C mit dem Ringe H, H auf das
Gefaͤß I, I gesezt. Druͤkt man nun auf den
Dekel g, g, so geht der Cylinder C in die Fluͤssigkeit herab, das aͤußere Niveau r, r steigt, die Luft in dem Cylinder C wird dadurch zusammengepreßt und druͤkt die
Sperrfluͤssigkeit aus dem gekruͤmmten Roͤhrchen A, B in die Kugel A. Ein
Theil der Luft entweicht durch die Oeffnung c, und die
Saͤure kann darum an das Zink gelangen. Sobald dieß geschieht, entwikelt sich
das Wasserstoffgas, entweicht anfaͤnglich mit Luft vermischt, zulezt aber in
solcher Mengung, daß es sich an dem Platinschwamm D
entzuͤndet. Nun ist die Maschine im Gange. So oft man Feuer haben will,
druͤkt man auf den Dekel g, g; dadurch geht der
Cylinder herab, die Huͤlse m, m in Fig. 3 bleibt
aber stehen, der Platinschwamm wird von dem comprimirten, bei c ausstroͤmenden Gasstrom getroffen, und lezterer entzuͤndet
sich. Hat man von der entstandenen Flamme Gebrauch gemacht, so laͤßt man den
Dekel g, g wieder los, die elastische Feder E, E druͤkt ihn wieder in die Hoͤhe, die
Sperrfluͤssigkeit in A tritt zuruͤk in das
Roͤhrchen A, B und das uͤbrige
Wasserstoffgas ist
hermetisch abgeschlossen. An dem Zink aber wird das entwichene Gas durch neu
entstehendes ersezt. Von den in Fig. 3 und 4 abgebildeten Maschinen
gebe ich der lezteren den Vorzug, weil sie einfacher ist und die Oeffnung c sich nie oxydirt. Sie schmilzt auch nicht zu, wenn sie
weit genug ist, und man durch Feilen so viel Glas von der Spize abgenommen hat, daß
die Masse desselben an der Muͤndung nicht zu klein ist.
Der Vorzug dieses neuen Platinfeuerzeugs vor dem Doͤbereiner'schen und anderen Zuͤndmaschinen besteht darin,
daß es
1) viel wohlfeiler ist, indem der messingene Hahn wegfaͤllt;
2) viel dauerhafter ist, indem sich das Ventil nicht abnuzt, wohl aber der Hahn;
3) viel sicherer ist, weil das Wasserstoffgas hermetisch abgeschlossen ist,
waͤhrend der beste Hahn immer einiges Gas durchlaͤßt;
4) aus derselben Ursache viel weniger Zink und Schwefelsaͤure erfordert, also
seltener nachgefuͤllt werden muß;
5) ohne kuͤnstliche Vorrichtung niemals offen bleiben kann und daher ganz
gefahrlos ist, und
6) dem in dem Laboratorium und anderwaͤrts entstehenden Rost nicht ausgesezt
ist, weil sich kein Metall daran befindet.
Die Form dieser Maschinen kann leicht zu jeder Art von Eleganz gebracht werden. Sie
sind aber bei dem wohlfeilen Preise die sichersten und gefahrlosesten Feuerzeuge,
und werden darum nach dem Unheil derer, welche einige ohne Kunst von mir verfertigte
Apparate dieser Art sahen, ganz allgemein verbreitet werden. Fuͤr die
Dauerhaftigkeit buͤrgen die von mir seit laͤnger als einem Jahre
angestellten Versuche. Die Anwendung des oben beschriebenen Ventils auf Gasometer
ergibt sich aus Fig.
6 von selbst; indem man den Glasgefaͤßen nur groͤßere
Dimensionen gibt. Eben so ist leicht einzusehen, daß wenn in Fig. 7 der Raum a von b durch eine
Scheidewand getrennt und der Boden m, n einen Zoll hoch
mit Aezkalilauge bedekt ist, das Wasserstoffgas aus b
nicht nach a gelangen kann, ohne durch die Aezkalilauge
gegangen zu seyn. Indem es dadurch chemisch rein wird, laͤßt es sich durch
das Ventil und durch die gekruͤmmte Roͤhre d,
c leicht in das Eudiometer bringen. Andere Anwendungen dieses Ventils
behalte ich mir vor in der Folge mitzutheilen.
Mannheim, im Oktober 1838.