Titel: | Beschreibung einer Waage von einer neuen Construction, und Angabe der Art diese Waage zu justiren; von T. Girgensohn. |
Fundstelle: | Band 72, Jahrgang 1839, Nr. LXXV., S. 378 |
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LXXV.
Beschreibung einer Waage von einer neuen
Construction, und Angabe der Art diese Waage zu justiren; von T. Girgensohn.
Aus dem Bulletin scientifique de l'Académie de St.
Petersbourg. No. 108.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Girgensohn's Waage.
Die mehrfachen Veraͤnderungen und Verbesserungen an Waagen, welche man in
neuerer Zeit ersonnen und angebracht hat, beweisen hinlaͤnglich, daß auch die
Waagen von der anerkannt besten Construction noch immer etwas zu wuͤnschen
uͤbrig ließen. Ramsden suchte durch besondere
Construction des Balkens eine große Laͤnge, vereinigt mit Steifigkeit und
Leichtigkeit, zu erzielen, und waͤhlte deßhalb zwei hohle Kegel, welche an
ihrer Basis vermittelst eines hohlen Wuͤrfels vereinigt sind. Auch hat Parrot, Vater, schon laͤngst bewiesen, daß die
Form der hohlen Kegel nicht das minimum von Materie mit
dem maximum der Kraft vereinigte, und brauchte zu seinen
Waagen flache Parallelepipeden mit Ausschnitten. Die Schneiden und Pfannen wurden
haͤufig aus harten Steinen und selbst Edelsteinen verfertigt, wodurch man die
Waagen sehr vertheuerte, ohne aber im Verhaͤltnisse des Preises viel gewonnen
zu haben. Ramsden hatte auch eine Vorrichtung angebracht,
um die Achse der Waage vom Hypomochlium abzuheben, auch wurden schon von ihm die
Schalen mit den Pfannen abgehoben. Die Schwierigkeit, die drei Schneiden parallel zu
bringen, brachte wahrscheinlich Mohr auf den Gedanken,
statt Schneiden, Spizen zu gebrauchen, und besonders Steinheil gab eine Kugelwaage an, welche sehr viele Vorzuͤge
vereinigt. Allein bei groͤßeren Gewichten und haͤufigem Gebrauche
moͤchten die Spizen ganz zu verwerfen, und die Kugelwaage auch nicht
anwendbar seyn, weil bei beiden nur ein Punkt widersteht; da hingegen bei einer gut
geschliffenen Schneide und ebenem Hypomochlium mehrere Widerstandspunkte vorhanden
sind. Zwar lassen sich Spizen und Kugeln schnell nacharbeiten, wenn sie verdorben
sind, aber dieser Umstand ist immer unangenehm, wogegen bei Schneiden von feinem,
gut gehaͤrtetem Stahle nach vielen Jahren erst eine Reparatur noͤthig
ist. Die Einrichtung, welche ich meiner Waage gegeben habe, soll bezweken, daß sie
richtige Resultate gebe, auch wenn die Schneiden nicht ganz parallel waͤren.
Da aber wegen einer moͤglichen Flexion des Balkens nach der Seite doch noch
eine Ungewißheit entstehen koͤnnte, so soll, im Falle man es noͤthig
erachtet, dieselbe Einrichtung Mittel an die Hand geben, die Schneiden ganz genau
parallel zu stellen, und die Angaben der Waage also sehr sicher zu machen.
Der Balken a, a
Fig. 1 der
Waage besteht aus einem durchbrochenen Messingbleche, ungefaͤhr eine
englische Linie dik fuͤr ein Pfund Belastung auf jeder Schale, und ist an den
Enden fuͤr die Schneiden verstaͤrkt. Die Schneiden sind unbeweglich
nach einem spaͤter anzugebenden Verfahren befestigt, und sind aus dem besten
englischen Stahle verfertigt, bei dessen Haͤrtung Vorsicht verwandt werden
muß, damit die Schneiden bei einer großen Harte nicht leicht ausbrechen. Unter dem
Balken der Waage befindet sich der Huͤlfsbalken b, b,
b, b, welcher vermittelst Hebel und Schraube durch die Stangen c, c vertical hinauf- und hinunterbewegt werden
kann. Dieser Huͤlfsbalken dient sowohl zum Abheben des Balkens und der
Pfannen vermittelst der Saͤulchen x, x, x', x',
als auch zur genauen Einstellung des Waagebalkens, wie es weiter unten angegeben
werden wird. Die Schalen h, h haͤngen mit den
harten Spizen der Buͤgel w, w in einer konischen
Vertiefung des Pfannentraͤgers und druͤken dadurch bei jeder Belastung
und bei jeder Verschiebung der Gewichte auf den Schalen immer auf denselben Punkt.
Der Zeiger z des Balkens geht durch den hohlen Kegel d, d hindurch, und kommt unten bei dem durchbrochenen
Stuͤke e, e zum Vorschein, wo auch der Gradbogen
p, p angebracht ist. Die beiden Tellerchen i, i werden mit dem Huͤlfsbalken zugleich durch
die Hebel e, e und die Schraube o in die Hoͤhe bewegt, und dienen dazu, den Zeiger immer auf O zu stellen, wodurch wegen der langsamen Oscillationen
eine große Zeitersparniß erreicht wird. Diese Tellerchen stoßen aber fruͤher
an die Schalen, ehe noch der Huͤlfsbalken die Waage mit den Pfannen erreichen
kann, und federn sich bei weiterem Hinaufgehen des Huͤlfsbalkens
zuruͤk. Die Ebene, welche als Hypomochlium dient, und die Ebene des mit
Schrauben zu stellenden Brettes muͤssen ziemlich parallel seyn, damit bei
horizontaler Stellung des Brettes das Hypomochlium auch horizontal liegt. Die ganze
Waage kommt in ein Gehaͤuse, in welchem die aͤquilibrirten
Thuͤren in Schlizen sich hinauf- und hinunterbewegen und in jeder
Hoͤhe stellen lassen.
Obgleich durch eine große Laͤnge des Balkens, verbunden mit Steifigkeit und
Leichtigkeit eine groͤßere Empfindlichkeit erzielt wird, so wird die Waage
doch dadurch so viel Raum einnehmen und vertheuert, daß ich vorzog, dem Balken eine
andere Form als die Ramsden'sche zu geben, um so mehr,
als eine uͤbertrieben große Empfindlichkeit wohl eher schaͤdlich als
nuͤzlich seyn koͤnnte. Die langsamen Oscillationen sind sehr
unangenehm und die geringe Anstellungskraft kann Unsicherheiten bei mehreren
Abwaͤgungen desselben Gewichtes erzeugen. Eine Ramsden'sche Waage soll den 10 millionsten Theil der Last bei 10 Pfd.
Belastung, eine Steinheil'sche den 4 millionsten Theil,
eine Waage von Gahn den 2 millionsten Theil der Last, und
endlich die Fortin'schen sollen gewoͤhnlich den 1
1/2 millionsten Theil des aufgelegten Gewichtes angegeben haben. Diese lezte
Empfindlichkeit schien mir die zwekmaͤßigste, weil der Balken ganz einfach
von einem durchbrochenen Messingbleche construirt, nicht uͤbermaͤßig
lang, und die Schneiden nur von Stahl zu seyn brauchen. Uebrigens habe ich die Waage
mit einem Laufgewichte v, v versehen, welches aus zwei
Haͤlften besteht, die hoͤher oder niedriger gestellt werden, und zum
Befestigen auf der Schraube gegen einander geschraubt werden koͤnnen.
Vermittelst dieser Laufgewichte kann man die Empfindlichkeit der Waage noch
erhoͤhen oder verringern. Der Balken muß in der Arbeit nach dem
Haͤmmern mit Fett so stark erhizt werden, daß lezteres abdampft, wodurch er
eine gleiche Spannung der Theile erhaͤlt, und dann erst mit dem Support
abgedreht werden. Das mittlere Prisma und die Endprismen sind dreiekig und
gleichseitig im Durchschnitt bei kleineren Waagen, bei groͤßeren aber
rechtwinklicht, wodurch die Schneide einen groͤßeren Widerstand leisten kann.
Um die mittlere Schneide recht unbeweglich in den Balken befestigen zu
koͤnnen, wird sie etwas verjuͤngt zulaufend geschliffen, damit sie
fest in die Scheiben o' hineingetrieben werden kann.
Diese Scheiben haben kleine Ansaͤze, welche von jeder Seite des Balkens bis
nahe in die halbe Dike desselben reichen, so daß zwischen ihnen ein schmaler leerer
Raum bleibt. Um zu bewirken, daß die mittlere Schneide q
oder Achse der Waage senkrecht auf die Seiten des Waagebalkens steht, werden
vorlaͤufig in die Scheiben, ehe sie noch gedreht werden, dreiekige
Loͤcher von der genauen Groͤße der Achse durchgearbeitet. Hierauf
werden in diese Loͤcher dreiekige Prismen von Kanonenmetall eingepaßt, und
die eingepaßten Stuͤke mit den Flaͤchen der Scheiben eben gefeilt;
durch die verschiedene Farbe der Metalle kann man an jeder Scheibe ganz deutlich die
Spize des Dreieks, welche zur Achse dienen soll, bemerken, und bohrt nun genau durch
diese Spize auf der Drehbank cylindrische Loͤcher von gleicher Weite
senkrecht in jede Scheibe. Wenn man nun diese Scheiben auf einem cylindrischen
Stifte senkrecht und auf demselben abdreht, und die Ansaͤze in den
Waagebalken eindreht, so muß die Kante des Dreieks oder die Achse der Waage
senkrecht auf die Seitenflaͤche des Balkens zu stehen kommen. Hat man die
Scheiben abgedreht, so schlaͤgt man die Prismen von Kanonenmetall heraus und
schraubt die Scheiben, nachdem man das staͤhlerne zur Achse dienende Prisma
durchgestekt hat, von den entgegengesetzen Seiten des Balkens sehr fest
gegeneinander und an den
Balken vermittelst der Schrauben s', s', s'. Die Achse
muß auf diese Art sehr fest und senkrecht im Balken liegen, da sie nur an den Enden
gefaßt wird und die dreiseitige Oeffnung in der Scheibe auf dem Balken senkrecht
steht. Die Endprismen der Waage zog ich vor, unbeweglich zu befestigen, damit die
Waage sich nicht veraͤndere, und ließ zu dem Zweke den Balken am Ende diker,
wo die Prismen in der gehoͤrigen Entfernung eingepaßt und eingeschlagen
werden.
Unterhalb des Waagebalkens a, a ist ein zweiter Balken
b, b, b, b angebracht, welchen ich oben den
Huͤlfsbalken genannt habe, der sich durch zwei parallele staͤhlerne
Stangen c, c, die oben bei d,
d und unten bei e', e' in gleich weit von
einander abstehenden Oeffnungen laufen, hinauf und hinunter bewegen laͤßt.
Diese Stangen c, c muͤssen an den Enden genau
cylindrisch gedreht und sehr parallel gestellt seyn. Unten sind diese Stangen durch
ein Querstuͤk r, r und oben durch den
Huͤlfsbalken vereinigt. Der Hebel q, Fig. 1 und Fig. 4, dient
dazu, vermittelst der Schraube o den Huͤlfsbalken
hinauf und hinunter zu bringen. Bei x', x' traͤgt
der Huͤlfsbalken zwei staͤhlerne Saͤulchen auf jeder Seite, auf
der hinteren Seite mit flachen Enden, auf der vorderen Seite aber das eine
Saͤulchen mit einer konischen Vertiefung, und das andere mit einer dreiekigen
Rinne dem Balken parallel. Diesen Saͤulchen entsprechend sind im Balken
zugespizte Schrauben t', t' angebracht, welche sich
schwer in ihrem Gewinde drehen. Es ist klar, daß wenn der Huͤlfsbalken
gehoben wird, die vorderen Schraubenspizen in die Vertiefung der Saͤulchen
einfallen, waͤhrend die hinteren nur aufliegen werden. Dadurch kann der
Waagebalken in keiner Richtung ausweichen, und wird bei jedesmaligem Abheben und
Herunterlassen in dieselbe Stellung kommen, und zwar wird er sich sehr genau
einstellen, da die Enden der Saͤulchen und der Schraubenspizen glashart und
sehr glatt geschliffen sind. Zur groͤßeren Sicherheit hat die konische
Vertiefung des einen Saͤulchens im Centrum ein feines Loͤchelchen, und
bei dem dreiekigen Einschnitte des anderen Saͤulchens ist die
gegenuͤberstehende Schraubenspize etwas abgestumpft. Da alle Schrauben sich
stellen lassen, so wird man mit der groͤßten Leichtigkeit bewirken
koͤnnen, daß die Schneide sich parallel auf das Hypomochlium aufsezt, und
zugleich dem Balken eine solche Lage geben koͤnnen, daß der Zeiger auf Null
steht, wenn die Schneiden in horizontaler Linie liegen. An jedem Ende des
Huͤlfsbalkens sind zwei Gabeln b', b', Fig. 1, 2 und 3, vorhanden,
welche eben solche Saͤulchen von Stahl x, x wie
der Huͤlfsbalken tragen, nur daß hier auf jeder Seite das eine
Saͤulchen oben eine konische Vertiefung, das andere einen transversalen
Einschnitt hat. Der
Pfannentraͤger g hat zwei zugespizte Schrauben
t, t, welche in diese Vertiefung fallen, und dadurch
werden sich diese Pfannentraͤger immer in derselben Lage auf den Balken
aufsezen. Zur naͤheren Erlaͤuterung der Notwendigkeit dieser
Einrichtung sey mir erlaubt, einiges zu bemerken.
Es sey e, f, Fig. 5, die Achse des
Balkens; ab und cd die zwei Endachsen, so wuͤrde man, wenn bei horizontaler Lage
die Schwerpunkte der Pfannentraͤger in g und h, und der Schwerpunkt des Balkens in i fielen, so lange justiren muͤssen, bis ig = ih. Es kann
aber diese gleiche Laͤnge der Arme bei nicht parallelen Endachsen nur so
lange bestehen, als die Pfannen oder der ganze Balken sich durchaus nicht
seitwaͤrts verschieben, in welchem Falle sich die Arme sogleich in der
Laͤnge andern wuͤrden. Denn gesezt, der Punkt g werde nach k geruͤkt, und der Punkt
h nach n, so wird kp > on, und die
Arme sind also sehr ungleich lang.
Angenommen also, daß die 3 Schneiden nicht parallel waͤren, und man
wuͤrde sie so berichtigen, daß die 3 Schneiden in einer horizontalen Ebene
laͤgen, und es wuͤrden die Pfannen durch den Huͤlfsbalken immer
auf derselben Stelle aufgesezt werden, so muͤßte die Waage nothwendig bei
mehreren Waͤgungen dieselben Resultate geben, da alle beweglichen Theile so
bleiben, als ob sie nicht verstellt worden waͤren. Bei den fruͤheren
Waagen konnte sich der Pfannentraͤger seitwaͤrts verstellen, und
erzeugte dadurch nicht uͤbereinstimmende Resultate, wenn die Schneiden nicht
genau parallel waren. Der groͤßeren Genauigkeit wegen kann man den
Huͤlfsbalken benuzen, die Endschneiden parallel mit der Achse zu stellen, wie
ich spaͤter anfuͤhren werde. Die Schrauben t,
t der Pfannentraͤger muͤssen so gestellt seyn, daß wenn der
Huͤlfsbalken in die Hoͤhe bewegt wird, zuerst der
Pfannentraͤger und dann erst der Balken aufgehoben wird. Die Pfannen selbst
sind sehr klein ausgehoͤhlte Rinnen, die in der Mitte durchgefeilt sind,
damit nur die Enden der Pfannen auf jeder Schneide ruhen. Wenn so die Schneide auch
nicht vollkommen gerade geschliffen waͤre, so muͤßten die Pfannen doch
immer in zwei Punkten, also einer geraden Linie, unveraͤnderlich
aufliegen.
Ehe man an die Berichtigung der gleichen Laͤnge der Arme geht, muß man
durchaus erst untersuchen, ob die Schaͤrfen der 3 Schneiden in einer
horizontalen Ebene liegen, und ich waͤhlte folgende Methode, welche mir am
bequemsten und sichersten schien: Man aͤquilibrirt den Waagebalken (ohne
angehaͤngte Schalen und Pfannen) vermittelst des oberen Laufgewichtes v, v in der Art, daß der Balken in mehreren Lagen stehen
bleibt, und so der Schwerpunkt des Balkens in die Drehungsachse fallen wird. Waren
jezt die Schneiden in
einer Ebene, so mußte der Balken nach angehaͤngten Schalen und
aufgehaͤngtem Gewichte, wenn dieselben abgeglichen werden, wieder in mehreren
Lagen stehen bleiben, weil der Schwerpunkt in Hinsicht des Balkens nicht im
Geringsten verruͤkt wird. Wenn es gelingt, diese Bedingung vollkommen zu
erreichen, so ist dieß zugleich Beweis, daß der Balken sich durch die aufgelegten
Gewichte nicht biegt. Ist aber die Drehungsachse oberhalb der Ebene, welche die
beiden Endschneiden verbindet, so wird der Schwerpunkt heruntergeruͤkt, und
der Balken wird sich nur in einer Lage einstellen oder oscilliren, im umgekehrten
Falle aber wird kein stabiles Gleichgewicht vorhanden seyn, der Balken sich um
180° umzudrehen suchen und also uͤberschlagen, wie man zu sagen
pflegt; durch vorsichtiges Biegen uͤber die Kanten wird es bald gelingen, die
3 Schneiden in eine Ebene zu bringen.
Um nun die gleiche Laͤnge der Arme des Balkens zu erhalten, verfertigt man
sich durch doppelte Waͤgung zwei genau gleich schwere Gewichte, und
verfaͤhrt folgendermaßen: Wenn ein Arm des Balkens nach Abgleichung desselben
und aufgelegten gleichen Gewichten zu kurz gefunden wird, legt man das zu
berichtigende Ende des Balkens auf eine harte Unterlage, und indem man mit einem
polirten staͤhlernen Punzen auf der noͤthigen Stelle seitwaͤrts
von der Schneide auf das Messing schlaͤgt, hat man es in seiner Gewalt, die
Schneide allmaͤhlich von der Achse zu entfernen. Wenn man so die Waage bis
auf ungefaͤhr 4° am Gradbogen berichtigt hat, nimmt man eine kleine
Spiegelscheibe und schleift von der noͤthigen Seite am Prisma mit dem
feinsten Schmirgel weg, so lange, bis die gleiche Laͤnge erzielt ist. Es ist
klar, daß bei der Einrichtung des Huͤlfsbalkens und der Pfannen ein
Nichtparallelismus der 3 Schneiden von keinem großen Belange seyn wird, aber der
groͤßeren Sicherheit wegen kann man den Huͤlfsbalken benuzen, um den
Parallelismus durch folgende Methode herzustellen: Die Pfannentraͤger y, y haben in der Gabel b',
b' seitwaͤrts einigen Spielraum, und werden durch die Schrauben und
die Saͤulchen x, x immer in der Mitte aufgesezt;
druͤkt man nun waͤhrend des Herunterlassens des Huͤlfsbalkens
die Gabel etwas seitwaͤrts, so wird sich die Pfanne y seitwaͤrts aufsezen, und der Zeiger, wenn die Waage oscillirt und
die Schneide nicht parallel der Achse waͤre, einen Unterschied ergeben, weil
in diesem Falle die Laͤnge des Armes des Balkens entweder laͤnger oder
kuͤrzer geworden ist. Da man nun weiß, in welcher Lage die Schneide sich
befindet, so wird man durch seitliches Biegen des Balkens sehr bald den
Parallelismus erzielt haben, in welchem Falle bei Verschiebung des
Pfannentraͤgers zu beiden Seiten der Zeiger keinen Unterschied geben soll. Sollte hiedurch die
gleiche Laͤnge der Arme wieder alterirt worden seyn, so verfahre man, wie
oben angegeben wurde. Es versteht sich von selbst, daß alle diese Operationen schon
vor dem Poliren des Waagebalkens gemacht seyn muͤssen, damit man nachher nur
sehr wenig nachzuhelfen hat, weil sonst das Ansehen der Waage durch vieles
Haͤmmern und Biegen leiden wird; besonders muß man die Schneiden noch vor dem
Haͤmmern oder Biegen so genau wie moͤglich einsezen. In der Regel wird
bei den Mechanikern nicht so sehr darauf gesehen, daß die 3 Schneiden der Waage auch
in einer horizontalen Ebene liegen, wenn nur der mittlere Aufliegepunkt durch eine
gerade Linie verbunden werden kann; aber auch zu dieser Untersuchung kann der
Huͤlfsbalken benuzt werden. Aequilibrirt man naͤmlich den Balken, bis
oben und unten Gleichgewicht ist, und also der Balken in mehreren Lagen stehen
bleibt, verschiebt hierauf die Pfannen seitwaͤrts, so wird nur dann der
Schwerpunkt mit der Achse zusammenfallend bleiben, wenn die 3 Schneiden in einer
Ebene liegen. Durch allmaͤhliches drehendes Biegen der Enden des Balkens
erlangt man die Lage der 3 Schneiden in einer Ebene. Natuͤrlich muß aber auch
dieses schon fruͤher mit einem Faden untersucht und der Balken danach aus dem
Groben gebogen seyn.
Manchem wird vielleicht scheinen, daß durch dieß viele Biegen und Haͤmmern der
Balken sehr leiden mochte; allein da die Schneiden schon vorher ziemlich genau
eingepaßt werden koͤnnen, und die grobe Justirung geschieht, ehe noch die
Waage polirt wird, so bleiben davon keine Spuren uͤbrig, und nur von den
Schlaͤgen mit dem polirten Punzen bei der Berichtigung der gleichen
Laͤnge der Arme bleiben Eindruͤke zuruͤk, welche aber wenig
bemerkbar sind, und nicht in die Augen fallen. Man koͤnnte auch eine
Correction mit Schrauben anbringen, aber hier finden sich so viele Nachtheile ein,
daß ein ganz einfacher Waagebalken mit festen Schneiden immer vorzuziehen seyn wird,
indem man ihn Jahre lang unveraͤndert brauchen kann.
Um die Flaͤche des Hypomochliums moͤglichst horizontal zu haben, werden
die oberen und unteren Flaͤchen der Saͤule, welche dasselbe
traͤgt, zugleich gedreht und der eingepaßte Chalcedon wird nach der
vorgedrehten Flaͤche des Hypomochliums geschliffen und polirt. Stellt man nun
das gerade Brett f, f vermittelst der Schrauben g, g horizontal, so wird auch die Flaͤche des
Hypomochliums horizontal stehen. Damit der Zeiger gut geschuͤzt sey, lasse
ich ihn durch den hohlen Kegel d durchgehen, und an dem
unteren durchbrochenen Staͤnder e, e zum
Vorschein kommen, wo sich auch der Gradbogen befindet. Es ist nothwendig, den Zeiger
breit und duͤnn zu machen, damit er sich bei den Oscillationen der Waage
nicht durch sein eigenes Gewicht seitwaͤrts biegen kann; auch mache ich ihn von Messing, weil die
senkrechten Stangen von Stahl c, c Magnetismus annehmen
und auf den Zeiger wirken koͤnnten. Bei ganz genauen Waͤgungen kann
man die aͤquilibrirte Thuͤr des Gehaͤuses etwas in die
Hoͤhe stellen, und mit einem Fernrohre aus der Ferne beobachten. Fuͤr
nahe Beobachtungen sind zur Vermeidung der Parallelachse auf dem Glase der
Thuͤre zwei Parallelstriche mit Diamant gezogen, zwischen welche man
hindurchsieht. Die Schalen haͤngen mit einer Spize in dem unteren Theile des
Pfannentraͤgers, wodurch erreicht wird, daß der Druk beim Auflegen der
Gewichte immer auf derselben Stelle Statt findet. Zu hydrostatischen Versuchen
laͤßt sich eine Schale abnehmen und eine andere kurze mit einem Haken
einsezen; anstatt des Tellerchens i wird eine Platte
eingesezt, auf welche man das Glas mit Wasser stellen kann. Beim Waͤgen
selbst muß man die Gewichte nur dann aufsezen, wenn Alles aufgehoben ist, und wenn
man nahe am Gleichgewichte ist, muß man zur Vorsicht ein paarmal den
Huͤlfsbalken in die Hoͤhe und zuruͤk schrauben, wodurch die
genaue Einstellung und dadurch uͤbereinstimmende Resultate erfolgen; auch die
Schwankungen der Schalen muͤssen durchaus vermittelst der kleinen Tellerchen
verhindert werden.
Ist also die Waage fertig, so muͤssen:
1) Schwerpunkt und Achse zusammenfallen koͤnnen, so daß der Balken nach
Regulirung des Laufgewichtes v, v sich mit oder ohne
Gewicht in mehreren Lagen einstellt; dann sind die drei Schneiden in einer
horizontalen Ebene;
2) muß der Zeiger nach aufgelegten gleichen Gewichten auf O stehen bleiben; dann sind die Arme gleich lang;
3) muß bei seitlicher Verschiebung der Pfannentraͤger y, y der Zeiger keinen Unterschied angeben, auch wenn Schwerpunkt und
Achse zusammenfallend gemacht sind; dann sind die drei Schneiden unter einander
parallel.
Sind diese drei Bedingungen erreicht, so ist die Waage richtig und gibt dasselbe
Resultat bei mehreren Waͤgungen desselben Gewichtes an.