Titel: | Ueber ein verbessertes Sicherheitsventil für stehende Dampfmaschinen. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. II., S. 10 |
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II.
Ueber ein verbessertes Sicherheitsventil
fuͤr stehende Dampfmaschinen.
Aus dem Mechanics' Magazine No. 809, S.
330.
Mit einer Abbildung auf Tab. I.
Ueber ein verbessertes Sicherheitsventil fuͤr
Dampfmaschinen.
Bei den großen und wichtigen Veränderungen und Verbesserungen, welche beinahe alle
Theile der Dampfmaschine erfahren haben, ist es wirklich merkwürdig, daß einer ihrer
vorzüglichsten Theile, das Sicherheitsventil, noch wenig über den Zustand, in
welchem es uns sein Erfinder Papin übergab, hinaus
gekommen, ja in manchen Dingen sogar entschieden schlechter geworden ist.
Es ist in England eine sehr häufige Praxis, daß man auf einem Kessel von 10
Pferdekräften ein Ventil von nicht mehr als 2 Zoll anbringt, und daß man dem Ventile
für je 10 weitere Pferdekräfte einen Zoll mehr im Durchmesser gibt. Wenn nun derlei
Ventile selbst vollkommen frei spielen, – was in vielen Fällen wegen der
Stopfbüchsen, mit denen sie versehen sind, nicht einmal gesagt werden kann, –
so wird dem Dampfe doch kein hinreichender Raum zum Austritte gestattet seyn; und
zwar aus dem Grunde, weil ein viel größerer Druk als jener, für den die Belastung
des Ventiles berechnet ist, erforderlich ist, um das Ventil auf eine irgend
bedeutende Höhe von seinem Size aufzuheben. Ich sah noch ein Sicherheitsventil auf
1/8 Zoll hoch heben, selbst wenn der Dampf mit einem viel größeren als dem
berechneten Druke entwich. Nimmt man nun z.B. 1/8 Zoll und multiplicirt man mit dem
Umfange der Ventile, welche 2, 3 und 4 Zoll Durchmesser haben, so gibt dieß 0,7854,
1,178 und 1,568 als die respectiven Flächenräume der Oeffnungen, durch welche der
Dampf aus einem Kessel von 10, 20 oder 30 Pferdekräften entweichen kann. Solche
Ventile werden doch in der That den Namen Sicherheitsventile nicht verdienen!
Die schlechteste Einrichtung eines Sicherheitsventils, und eine, welche dessen
ungeachtet sehr allgemein in Gebrauch zu kommen scheint, ist die Belastung desselben
mit einer Feder anstatt mit einem Gewichte. Bei dieser Einrichtung wird nämlich das
Entweichen des Dampfes durch eine Extrakraft erschwert werden, und zwar in einem
Momente, wo gerade das Gegentheil Statt finden sollte. Ein Sicherheitsventil,
welches diesen Namen auch verdienen soll, muß all den Dampf entweichen lassen, der
in dem Momente, wo derselbe einen bestimmten Grad von Elasticität erlangt hat,
erzeugt werden kann. Von diesem Gesichtspunkte ausgehend kam mir die Idee eines
Ventiles, welches, wenn es auch für Dampfboote und Locomotiven ungeeignet seyn
sollte, doch an allen stehenden Kesseln, sie mögen mit hohem oder niederem Druke
arbeiten, leicht und mit Vortheil angewendet werden könnte.
In der beigegebenen Zeichnung 51 sey A, B, C, D ein
gewöhnlicher Dampfkessel von niederem Druke, an welchem die Linie E, F den Wasserstand andeutet, während G, H die Röhre ist, welche das Wasser zuführt. Hieraus
wird nun folgen, daß sich in dieser Röhre eine Wassersäule befindet, deren Höhe von
der Spannkraft des im Kessel eingeschlossenen Dampfes abhängt. Betrüge diese Kraft 5
Pfd. auf den Quadratzoll, so würde die Wassersäule H, I
ungefähr 11 Fuß 6 Zoll Höhe haben. Denkt man sich bei J
mittelst der krummen Röhre K einen kleinen Behälter an
der Speisungsröhre G, H angebracht, so ist klar, daß,
wenn der Dampf das Wasser in dieser Röhre bis zu dem Striche I hinauf getrieben hat, es in dem Behälter K
auf gleiche Höhe kommen muß. Es ist ferner klar, daß, wem das Ventil an der Röhre L, M angebracht und mittelst eines Hebels mit einem
Gewichte N belastet würde, welches in dem Behälter J aufgehängt ist, in dem Momente, wo der Dampf das
Wasser bis in diesen Behälter emportreibt, ein großer Theil des Gewichtes von dem
Wasser gehoben würde, wo dann sein Druk auf das Sicherheitsventil um ebensoviel
abnehmen müßte. Denkt man sich das Gewicht hohl gegossen, so daß es im Wasser
schwimmt, so würde sein Druk gänzlich aufhören, indem das Wasser in der Röhre G, H auf jedes Pfund Drukzunahme beinahe um 28 Zoll
steigen würde. Es ist offenbar, daß ein auf solche Weise ausgerüsteter Kessel bei
jedem vorher bestimmten Druke arbeiten könnte, ohne daß auch nur die geringste Menge
Dampf beim Sicherheitsventile austreten würde; so wie aber dieser Druk auch nur um
1/6 oder 1/7 Pfd. auf den Zoll höher steigen würde, würde das Ventil so gehoben
werden, daß es als gar nicht vorhanden betrachtet werden könnte.
Sollte man mir einwenden, daß der Dampf bei dieser Einrichtung jeder Zeit und wenn er
den bestimmten Druk auch nur um ein Geringes überstiege, ausgetrieben wird, so muß
ich bemerken, daß die Belastung des Ventiles ja auch so regulirt werden könnte, daß
sich dasselbe erhebt, bevor das Wasser bis zu dem Gewichte N emporgetrieben worden. Würde das Ventil an seinem Size ankleben,
– ein Fall, der sehr häufig vorkommt, – oder würde mehr Dampf erzeugt,
als unter den eben angegebenen Verhältnissen entweichen kann, so würde der vermehrte
Dampfdruk das Wasser emportreiben, bis es das Gewicht N
umfließt, wo dann das Ventil befreit werden würde. Das Ventil braucht unter diesen
Umständen nicht so hoch über dem Kessel fixirt zu werden, daß die Säule H, J aus Wasser bestehen muß; denn eine gut angeordnete
Hebelvorrichtung einerseits, und andererseits die Benuzung von Queksilber anstatt
Wasser würde allen Zweken entsprechen.