Titel: | Einiges über die Verarbeitung des Kautschuks. Von Hrn. Dr. Andr. Ure, F. R. S. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. XV., S. 63 |
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XV.
Einiges uͤber die Verarbeitung des
Kautschuks. Von Hrn. Dr. Andr.
Ure, F. R. S.
Aus dem London Journal of arts. April 1839, S.
398.
Ure, uͤber die Verarbeitung des Kautschuks.
Die Verarbeitung des Kautschuk hat in wenigen Jahren eine solche Ausdehnung und
Wichtigkeit erlangt, daß sie mit manchen älteren Fabricationen zu wetteifern
beginnt, namentlich was die Mannigfaltigkeit der Zweke, zu denen man dieses Material
verwendet, betrifft. Drei Zweige sind es hauptsächlich, in welche sich die neue
Fabrication theilt, und diese sind: 1) die Verwandlung der rohen, aus Amerika,
Indien etc. eingeführten Klumpen in compacte, durch und durch gleichartige Blöke,
und das Zerschneiden dieser Blöke in Kuchen oder Blätter für den Gebrauch des
Schreibmaterialienhändlers, des Chirurgen, des Schuhmachers etc. 2) die Verwandlung
der Kautschukstaschen oder der Kautschukblätter in Bänder oder Fäden von der
erforderlichen Länge und Feinheit, welche, nachdem sie mit Seide, Baumwolle, Garn
oder Wolle übersponnen worden, zu verschiedenen elastischen Geweben verarbeitet
werden. 3) die Verwandlung der Abfälle und der schlechteren Kautschuksorten in einen
klebrigen Firniß, der zwischen zwei Zeugschichten gebracht die bekannten
luft- und wasserdichten Zeuge gibt.
I. Der Kautschuk, welcher in häutigen Stüken, faserigen Klumpen, käsartigen Kuchen oder anderen
unregelmäßigen Massen eingeführt wird, ist mehr oder weniger unrein, und zuweilen
sogar betrügerischer Weise mit Erdschichten verunreinigt. Um ihn zu reinigen,
schneidet man ihn in kleine Stüke, welche man in warmem Wasser auswäscht und in
eisernen, mit Dampf geheizten Mulden unter öfterem Umstieren troknet. Die
getrokneten Stüke läßt man, während man einen Strom Wasser auf sie wirken läßt,
durch ein Paar eiserner Walzen laufen, wodurch sie nicht nur nochmal abgewaschen,
sondern zugleich auch zusammengekittet werden. Die auf solche Art ausgewalzten Stüke
werden, im Falle sie eine nicht ganz gleichmäßige Beschaffenheit zeigen, in eine Art
von Trichter geworfen, aus welchem sie zwischen ein Walzenpaar gelangen, welches
1/16 Zoll weit von einander gestellt ist, und durch welches man sie mehrere Male
laufen läßt. Dieses Verfahren, aus welches Christopher Nickels im Oktober 1836 ein Patent nahm, wird in der schönen Fabrik der
HHrn. Keene und Comp. in Lambeth befolgt.Wir haben dieses Patent im polyt. Journal Bd. LXVI. S. 350 bekannt gemacht. A. d. R.
In dem großen Etablissement der Joint-Stock-Kautschuk-Compagnie
in Tottenham, welchem der berühmte Sievier vorsteht,
ersezt man das vorläufige Auswaschen und Auswalzen durch das sogenannte Mahlen (grinding), welches man besser das Kneten (kneading) nennt. Die Mühle, deren man sich bedient, um
die einzelnen Kautschukstüke in homogene elastische Klumpen oder Ballen zu
verwandeln, besteht aus einer cylindrischen gußeisernen Trommel von 8 bis 9 Zoll
Durchmesser und ebensolcher Länge, durch welche eine schmiedeiserne Welle läuft, an
der drei Reihen von Armen oder Knetstangen, die unter Winkeln von 120° gegen
einander gestellt sind, angebracht sind. Diese Arme wirken auf fünf meißelartige
Zähne, die schief aus dem vorderen Theile des Bodens der Trommel emporstehen. Die
Trommel selbst besteht aus zwei Halbcylindern, von denen der untere an einem starken
eisernen Gestelle festgemacht, der obere dagegen von Hinten mit einem Gewinde und
von Vorne mit Bolzen an dem unteren befestigt ist, so daß er eine Art von Dekel
bildet, den man zur Untersuchung des Kautschuks und zum Herausnehmen desselben aus
der Trommel nach Belieben öffnen und zurükschlagen kann. In der Mitte des Dekels ist
ein Trichter eingesezt, durch den man die Kautschukstüke einträgt, und durch den man
zugleich auch einen dünnen Wasserstrom, welcher die Unreinigkeiten wegzuschwemmen
hat, einfließen läßt. Man kann sich einen Begriff machen von der Kraft, welche
nöthig ist, um die Wellen dieser Trommeln oder Mühlen, wie man sie zu nennen pflegt, umzudrehen,
wenn man bedenkt, daß die Wellen leicht abgedreht werden, wenn sie nur 2 Zoll im
Durchmesser haben, und daß sie 3 Zoll haben müssen, um der Gewalt zu widerstehen,
die dadurch auf sie ausgeübt wird, daß die fixirten Zähne den Kautschuk gegen die
umlaufenden Arme andrüken. Dabei werden nicht mehr als 5 Pfd. Kautschuk auf einmal
eingetragen.
Eine der merkwürdigsten Erscheinungen beim Kneten ist die außerordentliche Hize,
welche sich bei der abwechselnden Ausdehnung und Zusammenziehung des Kautschuks
entwikelt, und welche so groß ist, daß das hinzufließende Wasser schnell bis zum
Sieden kommt. Läßt man kein Wasser zutreten, so steigt die Hize noch höher, so zwar,
daß man den elastischen Klumpen, obwohl er ein schlechter Wärmeleiter ist, kaum mit
der Hand berühren kann, ohne sich zu brennen. Da es sich gezeigt hat, daß der
Kautschuk auch durch den stärksten Druk, den man auf ihn auszuüben vermag, keine
beträchtliche oder permanente Volumsverminderung erleidet, so muß die bei dem
Knetprocesse entwikelte Hize den heftigen inneren Bewegungen, welche in sämmtlichen
Theilchen der elastischen Masse vor sich gehen, beigemessen werden.
Während des Knetens fließt durch die Löcher, welche in dem Boden der Trommel
angebracht sind, schlammiges Wasser ab. Nachdem der Proceß beiläufig eine halbe
Stunde lang angedauert, kleben die Kautschukstüke zu einem weichen, elastischen,
eiförmigen Ballen von röthlich-brauner Farbe zusammen. Diesen Ballen gibt man
in eine ähnliche eiserne Trommel, in welcher er der knetenden Wirkung von
Meißelspizen, welche in drei Reihen zu je 5 und unter Winkeln von 120° gegen
einander in die umlaufende Welle eingesezt sind, und welche 5 unbeweglichen, schief
aus dem Boden der Trommel emporragenden Meißelzähnen begegnen, unterliegt. In dieser
Trommel wird der Kautschuk mit etwas wenigem Aezkalk geknetet, wobei er sich rasch
stark erhizt, und durch die Löcher im Boden in Dampfgestalt das Wasser ausstößt,
welches er während des Waschens eingesaugt hat. Er wird hiedurch viel dichter und
erlangt auch in einer Stunde die dunkelbraune Farbe des in den
Schreibmaterialien-Handlungen vorkommenden Kautschuks. Während dieses
Processes ereignen sich in Folge der Ausdehnung und plözlichen Austreibung der
eingeschlossenen Luft und des eingeschlossenen Dampfes häufig Explosionen. Aus der
zweiten Trommel bringt man den Kautschuk in eine dritte Trommel, deren umlaufende
Welle mit flachen Drukarmen und senkrecht gegen diese mit parallelen scharfen
Meißeln versehen ist, wodurch die Masse gestochen und geknetet wird, so daß sie
einen durchaus
gleichmäßig beschaffenen oder homogenen Körper bildet. Sieben von den auf solche
Weise erzeugten Ballen, von denen, wie gesagt, jeder 5 Pfd. wiegt, werden hierauf in
eine ähnlich gebaute, viel größere und viel stärkere eiserne Trommel, deren Welle
rings herum mit stumpfen Meißeln besezt ist, gebracht, damit sie in dieser in eine
einzige Masse, in welcher keine Zellen oder Poren zu bemerken sind, und aus der sich
mit gehörigen gußeisernen Modeln und einer Schraubenpresse rechtekige oder
cylindrische Stüke formen lassen, verwandelt werben. Wenn der Kautschuk in den
Modeln auf das höchste gepreßt worden, so sezt man die Model gehörig fest
verschlossen für mehrere Tage bei Seite. Es ist eine merkwürdige Thatsache, daß es
Hrn. Sievier nicht gelang, den Kautschuk mittelst der
hydraulischen Presse in die Model zu pressen, indem die auf solche Art gepreßten
Kautschukkuchen sich viel stärker ausdehnten als die mittelst Schrauben gepreßten.
Die Form, welche man dem gemahlenen oder gekneteten Kautschuk zu geben Pflegt, ist
ein Rechtet von beiläufig 18 Zoll Länge, 9 Zoll Breite und 5 Zoll Dike.
Diese Rechteke werden für die Schreibmaterialienhändler in Kuchen, zur Fabrication
von Kautschukbändern und Fäden aber in Blätter geschnitten; und dieß geschieht
mittelst einer sehr sinnreich gebauten selbstthätigen Maschine. In dieser Maschine
bewegt sich eine gerade stählerne Klinge, mit ihrer Schneide schief nach Abwärts
gerichtet, in einer horizontalen Fläche rasch hin und her, während sich der
Kautschukkuchen, welcher zu beiden Seiten zwischen zwei Eisenstangen fest
eingespannt ist, mittelst einer Schraube, die dem Supporte an einer Drehebank
ähnlich ist, langsam gegen die Klinge vorwärts bewegt. Mit welcher Art von Messer
übrigens der Kautschuk geschnitten werden mag, so kommt es wesentlich darauf an, daß
entweder die Klinge oder die Schnittstelle beständig naß erhalten wird, indem sich
das Instrument sonst alsogleich sperren würde. Da die Schneide der oben erwähnten
geraden Klinge schief nach Abwärts gerichtet ist, so wendet sich das von ihr
abgeschnittene Blatt von selbst, und in dem Maaße als es sich von der Kautschukmasse
ablöst, über die Klinge nach Aufwärts. Die dikeren Stüke werden hierauf mit der Hand
und mittelst eines naß gemachten Messers für den Schreibmaterialien-Händler
in kleine Parallelopipeda geschnitten, wobei die Schnitte durch Spalten, welche in
einen hölzernen Rahmen gesägt sind, unter rechten Winkeln geführt werden. Man kann
mittelst einer Stellschraube, welche gegen ein Brett, auf dem der Boden des
Kautschukkuchens ruht, wirkt, und welche denselben um einen beliebigen Theil eines
Zolles vorwärts bewegt, Stüke von beinahe jeder Dike abschneiden. Diese dünnen
Kautschukstüke nennt man Blätter; sie dienen zur Verfertigung von Röhren für pneumatische Apparate und von
Scheiden aller Art; denn wenn man ihre Ränder mit reinen Scheeren schief
abschneidet, so lassen sie sich durch Anwendung eines gelinden Drukes so innig mit
einander vereinigen, daß die Vereinigungslinie weder mit dem Auge, noch auch beim
Aufblasen eines Sakes oder beim Einblasen durch eine Röhre entdekt werden kann.
Das unterm 24. Okt. 1836 patentirte Verfahren, nach welchem Hr. Nickels aus den Kautschukabfällen oder Schnizeln, so wie aus den unreinen
Kautschukstüken homogene elastische Kuchen erzeugt, weicht von dem oben
beschriebenen nicht wesentlich ab. Die Cylinder oder Trommeln seiner Mühle sind
geräumiger, an den Seitenwänden offen, und bedürfen keines Waschapparates, da der
Kautschuk schon vorläufig durch Auswaschen und Auswalzen gereinigt wird. In diesen
offenen Cylindern ist der Knetproceß beiläufig in 2 Stunden abgethan; die aus ihnen
kommenden großen Ballen werden mittelst Modeln und einer hydraulischen Presse in
käseförmige Kuchen geformt. Da es Hrn. Nickels gelingt,
mit dieser Art von Presse vollkommen compacte Kuchen zu erlangen, so muß sein
Kautschuk in seinen physischen Eigenschaften wohl etwas von dem nach dem Verfahren
Sievier's behandelten verschieden seyn. Er bedient
sich einer Presse von der Kraft von 70 Tonnen, die jedoch ihren Druk nicht plözlich,
sondern nur allmählich und in Zwischenzeiten von 2 bis 3 Minuten zwischen jedem Hube
ausüben darf. Nach vollendeter Pressung läßt er den Kautschuk bis zum Erkalten unter
der Presse, wo er ihn dann entweder ganz aus den Modeln herausnimmt, oder ihn
allmählich und während das oben beschriebene Schneiden von Statten geht, mittelst
der Schraubenvorrichtung heraustreibt. Die elegante Maschine, mit welcher dermalen
die Kautschukblätter so leicht und so genau geschnitten oder gespalten werden, ist,
wenn ich nicht irre, ursprünglich eine Erfindung des Hrn. Beale, Ingenieur im Church-Lane, Whitechapel.
II. Die HHrn. Rattier und Guibal errichteten schon im Jahre 1826 oder 27 in ihrer Fabrik in St.
Denis eine Maschine, in der Kautschukscheiben von ihrem Umfange aus gegen den
Mittelpunkt zu spiralförmig in einen ununterbrochenen Faden geschnitten wurden. Die
hiezu erforderlichen platten Scheiben verschafften sie sich dadurch, daß sie den
Boden der im Handel vorkommenden Kautschukflaschen in eisernen Modeln preßten. (Die
Beschreibung dieser Maschine wurde aus dem Dictionary
technologique im polyt. Journal Bd. LVI.
S. 345 mitgetheilt.) Eine auf demselben Principe beruhende Maschine ist
jene, auf welche Jos. Proctor Westhead von Manchester am 16. Febr. 1836 ein
Patent nahm, und welche genau gearbeitet treffliche Dienste leistet.Auch dieses Patent findet man im polyt. Journal Bd. LXIII. S. 58. A. d. R. Für diese Maschine werden die Boden guter, ausgewählter Kautschukflaschen
ausgeschnitten und durch Anwendung von Wärme und Druk in beinahe runde Scheiben von
gleichförmiger Dike verwandelt. Diese Scheiben befestigt man in ihrer Mitte mittelst
einer Schraubenmutter und eines Wäschers an dem Ende einer horizontalen Welle, die
mit beliebiger Geschwindigkeit umgetrieben werden kann, und während deren Umlauf ein
kreisrundes stählernes Messer, welches 3000 Mal in einer Minute umläuft, auf sie
einwirkt. Dieses Messer ist in einer Fläche aufgezogen, welche mit jener der Scheibe
rechte Winkel bildet, und bewegt sich allmählich an seiner Welle vorwärts, so daß
durch dasselbe fortlaufende gleichförmige Bänder oder Fäden von dem Umfange der
Scheibe abgeschnitten werden. Während das Schneiden von Statten geht, muß beständig
ein dünner Wasserstrom auf das Messer und den Kautschuk herabfließen. Von den
Bändern lassen sich dadurch, daß man sie in feuchtem Zustande und durch eine als
Führer dienende Spalte gegen die Schneide einer umlaufenden stählernen Scheibe
zieht, Fäden von jedem Grade der Feinheit abschneiden: eine Arbeit, welche
gewöhnlich von jungen Mädchen vollbracht wird. Die HHrn. Rattier und Guibal bedienten sich zu der oben
angegebenen Zeit eines Mechanismus, der aus mehreren kreisrunden stählernen Messern,
welche parallel und in geringen Entfernungen von einander mit dazwischen gelegten
Wäschern an einer umlaufenden Welle aufgezogen waren, und welche gegen eine
ähnliche, an einer parallelen Welle befindliche Messerreihe wirkten, bestand, und
durch den die Kautschukbänder ihrer ganzen Länge auf einmal in 8 oder mehrere Faden
geschnitten wurden. Eine Verbesserung und Modification dieses Apparates beschrieb
Hr. Nickels in seinem im Oktober 1830 genommenen
Patente.
Der Körper einer Kautschukflasche oder im Allgemeinen irgend ein hohler
Kautschukcylinder wird in Bänder geschnitten, indem man ihn auf eine Doke aus
weichem Holze und von solchem Durchmesser treibt, daß er dadurch überall gleichmäßig
ausgedehnt erhalten wird. Diese Doke wird hierauf an der Spindel einer Drehebank, in
deren Ende eine feine Schraube geschnitten ist, befestigt; und diese Schraube bewegt
sich in Folge ihrer Umwälzungen in einer unbeweglichen Schraubenmutter von Rechts
nach Links. Parallel mit dieser Spindel läuft eine Welle, an welcher sich eine
kreisrunde stählerne Scheibe dreht; die Entfernung der Spindel von dieser Welle ist
eine solche, daß die Scheibe durch den Kautschuk schneidet, so daß also dieser auf
solche Weise durch die Traversirbewegung der Doke spiralförmig in einen Faden
geschnitten wird, dessen Breite der Dike der Cylinderwand gleichkommt. Hr. Nickels hat zwei Methoden angegeben, nach denen sich der
in der Mühle behandelte Kautschuk in hohle Cylinder, aus denen dann die Fäden
geschnitten werden, formen läßt.
Es ist wahrscheinlich, daß die Fäden, welche aus den besten, von Para kommenden
Kautschukstaschen geschnitten werden, bedeutend stärker sind als jene, die aus dem
in der Mühle behandelten Kautschuk erzeugt wurden; und daß sie sich daher auch
besser zur Fabrication der schönen elastischen Strike, auf welche Hr. Sievier ein Patent nahm, eignen dürften. Wenn jedoch der
Knetproceß gut geleitet wurde, ist der sogenannte gemahlene Kautschuk meiner
Erfahrung nach zu allen elastischen Fabricaten vollkommen tauglich. Es ist dieß des
Preises wegen von großer Wichtigkeit, indem der in der Mühle behandelte Kautschuk
immer noch bedeutend wohlfeiler ist, als natürlicher Kautschuk von erster
Qualität.
Die Kautschukfäden lassen sich leicht stükeln; denn man braucht die Enden nur mit
Scheeren schief abzuschneiden, und dann mit reinen Fingern zusammenzudrüken, wobei
jedoch weder Fett noch Feuchtigkeit dazwischen gerathen darf. Bevor sich diese Fäden
zu Geweben verwenden lassen, muß ihnen ihre Elasticität genommen werden; und dieß
geschieht, indem man sie einzeln und auf das Achtfache ihrer natürlichen Länge
ausgedehnt auf Haspel aufwindet. Der Haspel wird hiebei von irgend einer Triebkraft
umgetrieben; das Ausdehnen hingegen bewirken Knaben oder Mädchen, indem sie die
Fäden durch den Daumen und Zeigefinger, welche sie beide befeuchtet erhalten,
durchlaufen lassen. Diese Ausdehnung ist, wie ich schon in einer früheren Notiz
andeutete, mit einer Verdichtung verbunden, und zugleich findet bei ihr auch eine
bedeutende Wärmeentwikelung Statt, wie dieß Gongh schon
vor 30 Jahren in Nicholson's Journal angab. Ich versuchte
die Kautschukfäden am Haspel auszudehnen; meine ungewohnten Finger waren jedoch
nicht im Stande die hiebei entwikelte Hize auszuhalten. Die auf die Haspel
gewundenen Fäden läßt man einige Tage auf diesen stehen, und zwar je nach der
Qualität des Kautschuks; der gemahlene Kautschuk braucht gewöhnlich länger als der
in Flaschen, um seine Elasticität zu verlieren. Ist dieser Zwek erreicht, so windet
man die Fäden auf Spulen, die je nach den Maschinen, in denen die Fäden mit
Baumwoll- oder einem anderen Garne übersponnen werden sollen, verschiedene
Größe haben müssen.
Die Joint-Stock-Kautschuk-Compagnie hat ihre Kautschukfäden von
1 bis 8 numerirt. Nr. 1 sind die feinsten Fäden, und von diesen gehen beiläufig 5000
Yards auf das Pfund. Von Nr. 4 gehen 2000 Yards auf das Pfund; und von dem gröbsten,
Nr. 8, 700 Yards. Die feinsten verarbeitet man zu feineren Gegenständen, wie z.B. zu
silbernen und goldenen Braceletten und Schärpen für Damen. Die Strike, welche Hr.
Sievier aus den stärksten Nummern, nachdem sie mit
Hanf übersponnen worden, fabricirt, sind, wenn ihnen durch Anwendung von Wärme
wieder ihre Elasticität gegeben worden, von außerordentlicher Stärke, und können
wegen der beinahe geradlinigen Richtung sämmtlicher Strähne, wie man sagt, eine
beinahe doppelt größere Gewalt aushalten, als die besten Patentstrike von gleichem
Durchmesser.Vergl. polyt. Journal Bd. XLVI. S.
39. A. d. R.
Mit wahrem Vergnügen mache ich hiebei auch noch auf die elastischen Bandwebestühle in
Holloway, die dem mechanischen Talente des Patentträgers Sievier so große Ehre machen, aufmerksam.Vergl. polyt. Journal Bd. LXIII. S.
137. A. d. R. Was diese Stühle leisten, mag man aus Folgendem abnehmen. Ein 18bändiger
Stuhl liefert wöchentlich 5000 Yards zollbreite elastische Bänder, wobei sich die
Weibsperson, die den Stuhl lediglich in seinen automatischen Bewegungen zu
beaufsichtigen hat, wöchentlich 10 Shill. (6 fl.) verdienen kann. Von zwei Zoll
breiten Bändern liefert ein ähnlicher Stuhl wöchentlich 3000 Yards. Eine der
interessantesten Erfindungen des Hrn. Sievier ist
übrigens die, daß er durch das Einschrumpfen der zur Kette verwendeten
Kautschukfäden erhabene Dessins hervorbringt, die jenen der Wagenborten höchst
ähnlich sind. Er erlangt auf diese Weise durch eine einfache physikalische
Operation, und für nicht mehr dann einen Penny Kostenaufwand, eine Wirkung, die er
auf mechanischem Wege nicht unter einem Shilling zu erzweken vermöchte.
III. Die Abschnizel, die Abfälle, welche sich bei den oben beschriebenen
Knetprocessen ergeben, und die gröbsten Kautschuksorten, wozu z.B. die aus Para
kommenden unelastischen Klumpen gehören, werden gewöhnlich zu einem Firnisse, womit
man zwei Zeugschichten zusammenkittet, verarbeitet. Man löst den Kautschuk zu diesem
Zweke entweder in Steinkohlentheer oder Bergnaphtha, oder in Terpenthingeist auf,
indem man ihn mit einem dieser Auflösungsmittel in einem verschlossenen gußeisernen
Topfe abreibt, was mittelst einer mechanischen Vorrichtung zu geschehen Pflegt. Die bei diesem Abreiben
sich entwikelnde Hize begünstigt die Auflösung in solchem Maaße, daß es gar keiner
künstlichen Wärmeanwendung bedarf. Die englischen Arbeiter nennen die dazu
verwendeten Töpfe Pug-mills, weil sie mit
umlaufenden Armen, welche in schiefer Richtung einen Druk ausüben, ausgestattet
sind. Sie haben 4 Fuß im Durchmesser und eben soviel in der Tiefe; sie fassen
ungefähr 13 Cntr. auf einmal; in ihrer Mitte läuft eine geradestehende
schmiedeiserne Welle von 4 Zoll im Durchmesser mit einer Geschwindigkeit von einem
Umgange in der Secunde um. Um die Kautschukmenge, welche ein Topf faßt, aufzulösen,
sind gewöhnlich drei Tage Zeit erforderlich. Das Verhältniß der auflösenden Oehle
ist je nach dem Zweke, den man im Auge hat, verschieden; stets steht es aber dem
Gewichte nach unter dem Gewichte des Kautschuks. Ist der Firniß zu feineren
Arbeiten, wie z.B. für die Buchbinderkunst, bestimmt, so muß er zu einem
gleichmäßigen Teige abgerieben werden, und dieß geschieht, indem man ihn in einen
Trichter gibt, und aus diesem zwischen ein Paar paralleler eiserner Walzen, die
beinahe in Berührung miteinander stehen, fallen läßt.
Das hölzerne Gebälke der Gallerie, in welchem wasserdichter Zeug fabricirt wird, soll
wenigstens 50 Yards in der Länge haben, damit zum Ausspannen, Lüften und Troknen der
Stüke hinreichend Raum vorhanden ist. Die Breite soll 2 Yards, die Höhe 5 Yards
betragen; und dabei soll es aus senkrecht stehenden Balken, welche sowohl an den
Seiten als an den Enden durch drei oder vier horizontale Latten miteinander
verbunden sind, gebaut seyn. An jenem Ende der Gallerie, an welchem der Firniß
aufgetragen wird, soll das Gewebe, welches damit bestrichen werden soll, auf einen
Baum aufgewunden seyn, der in jeder Beziehung mit dem Werkbaume eines Webestuhles
Aehnlichkeit hat. Von diesem Baume aus wird der Zeug in horizontaler Richtung über
einen Stab, der die Stelle des Brustbaumes versieht, gezogen, und von hier aus läßt
man ihn in einer etwas abfallenden Richtung über die Kante einer horizontalen Stange
laufen. Ueber dieser Stange und parallel mit ihr ist ein mit Stahl beschlagenes Stük
Holz so anzubringen, daß für den Durchgang des Firnisses und des Zeuges nur eine
enge Spalte Raum bleibt. Diese Spalte muß sich mittelst Daumenschrauben beliebig
erweitern oder verengern lassen, und zwar indem die Schrauben das oben bewegliche
Brett herabsenken oder aufziehen. Die Kautschukmasse wird mit einem langen hölzernen
Spatel dik auf den zwischen dem Brustbaume und der beschriebenen Spalte befindlichen
Theil des Zeuges aufgetragen, worauf man den Zeug dann mit Schnüren und in horizontaler Richtung durch
die Spalte zieht, damit er auf diese Weise gleichmäßig beschmiert wird. Wenn der
ganze, beiläufig 40 Yards lange Zeug mit Firniß überzogen worden, so spannt man ihn
horizontal über Walzen, welche sich in dem oberen Theile der Gallerie befinden, und
beläßt ihn zum Behufe des Trocknens einen oder zwei Tage in diesem Zustande. Auf
gleiche Weise trägt man eine zweite und dritte Schichte auf, bis man endlich zwei
solche überfirnißte Zeugstüke dadurch miteinander verbindet, daß man sie in dem
Augenblike, wo sie miteinander in Berührung kommen, zwischen einem Paare hölzerner
Walzen durchlaufen läßt. Man hat hiebei darauf zu sehen, daß keine Runzeln oder
Falten zum Vorscheine kommen. Das untere der beiden Zeugstüke, welches die Stelle
des Futters zu vertreten hat, soll um ein Paar Zoll breiter seyn, als das obere,
damit dieses sicher gleichförmig überzogen wird. Der gedoppelte Zeug wird endlich in
einem gut gelüfteten Troknenraume aufgehängt, bis er vollkommen troken und beinahe
geruchlos geworden. Die von dem unteren oder Futterzeuge abgeschnittenen Ränder
dienen zum Verkleben der Nähte wasserdichter Mäntel und anderer Kleidungsstüke; auch
sind bandartige Streifen der gedoppelten Zeuge von den Gärtnern zum Befestigen der
Zweige der in Spalier gezogenen Obstbäume sehr gesucht.
Hr. Walton von Sowerby-Bridge hat in neuester Zeit
Kautschukblätter anstatt des Leders zur Fabrication von Krazen für Baumwoll-
und Wollenwaarenfabriken verwendet. Er verspricht sich von der größeren Elasticität
des Kautschuks in mehrfacher Beziehung wesentliche Vortheile.