Titel: | Ueber die von Lieutenant Hall erfundenen Ruderräder mit schiefen Schaufeln. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LIII., S. 247 |
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LIII.
Ueber die von Lieutenant Hall erfundenen Ruderraͤder mit
schiefen Schaufeln.
Aus dem Mechanics' Magazine, No. 813, S.
402.
Mit Abbildungen auf Tab.
IV.
Ueber Hall's Ruderraͤder mit schiefen Schaufeln.
Der Zwek, den sich Hr. Lieutenant Hall bei seiner neuen Erfindung sezte, ist wie beinahe an allen
verbesserten Ruderrädern: Verhütung der so unangenehmen und den Schiffen
nachtheiligen Erschütterungen, welche durch das Aufschlagen der Schaufeln auf das
Wasser entstehen; Verhütung des Aufziehens von Rükwasser, und möglich
vortheilhafteste Verwendung der Maschinenkraft.
An dem neuen Rade stehen die von den beiden Enden der Welle divergirenden Arme oder
Speichen nicht einander gegenüber oder in Bezug auf einander parallel, wie dieß an
dem gewöhnlichen Ruderrade der Fall ist, sondern die an dem einen Wellenende
befindlichen Speichen wechseln mit jenen an dem anderen Wellenende ab. Die
Schaufeln, durch welche die Speichen mit einander verbunden sind, bilden folglich
mit der Welle des Rades einen Winkel; auch sind sie auf solche Weise zusammengefügt,
daß sie durch ihre ganze Breite gegen einander im Winkel stehen und mit der Seite
des Schiffes vorspringende und einspringende Winkel bilden. Um den Speichen die
erforderliche Gestalt zu geben sind sie etwas Weniges gedreht, und zwar abwechselnd
von Rechts nach Links und umgekehrt. Durch vorläufiges Dämpfen des Holzes wird diese
Drehung sehr erleichtert. Ferner sind die Schaufeln so gerundet, daß sie unter allen
Verhältnissen des Rades stets gleich tief in das Wasser untertauchen. Es ist auf
solche Weise eine fortlaufende Oberfläche, welche gleichsam nur eine einzige
Schaufel bildet, und welche in abwechselnden Richtungen von einer Speiche zur
anderen um das Rad herumläuft, bis die Enden auf einander treffen, erzielt.
Die Schaufeln sind an jedem der Räder auf solche Art angebracht, daß die
vorspringenden Winkel des einen Rades gleichzeitig mit den vorspringenden Winkeln
des anderen Rades in das Wasser eintreten, woraus nothwendig folgt, daß die einspringenden Winkel ebenfalls
gleichzeitig eintreten. Der Widerstand ist daher derselbe wie beim Rudern, nur mit
dem Unterschiede, daß er hier ein unterbrochener ist. Durch dieses Zusammentreffen
des Ein- und Austrittes der correspondirenden Schaufeln an beiden Rädern wird
der seitlichen Bewegung, welcher die Radwelle in ihren Anwellen ohne diese Vorsarge
ausgesezt wäre, vorgebeugt.
Bei dem Spiele dieser Räder treten ihre auf die angegebene Weise angeordneten
Schaufeln gleichsam in einer endlosen Reihe, ohne Geräusch und ohne eine
Erschütterung zu erzeugen, in das Wasser ein, dem sie während des ganzen Umganges
des Rades einen beständig gleichbleibenden Widerstand darbieten. Ihre Wirkung auf
das Wasser üben sie unter rechten Winkeln mit der Bewegungslinie. Die Folge dieser
Einrichtung ist: Beseitigung aller der Erschütterungen, welche den Dampfschiffen
sonst durch die Schaufeln mitgetheilt zu werden Pflegen; Beseitigung des
unangenehmen Lärmens, der durch das Aufschlagen der Schaufeln auf das Wasser erzeugt
wird; Verhütung des Aufziehens von Rükwasser beim Emporsteigen der Schaufeln;
größere Regelmäßigkeit und Stätigkeit im Spiele der Maschine; und endlich bei
gleichem Kraftaufwande eine größere Geschwindigkeit der Fahrt, indem das Aufziehen
des Rükwassers verhindert ist, und indem statt der bisher abwechselnden Triebkraft
eine ununterbrochen wirkende in Anwendung kommt. Wenn das Schiff über seine
gewöhnliche Ladung hinaus befrachtet wird, oder wenn man überhaupt aus irgend einem
Grunde tiefer getauchte Schaufeln anzuwenden für nöthig erachtet, so sind die
Vortheile, welche das neue Ruderrad gewährt, verhältnißmäßig noch größer. Der ganze
Bau hat die Eigenschaften einer Reihe von Bogen, die abwechselnd auf einander ruhen,
und bietet daher die stärkste Form dar, die man getrennten Theilen geben kann. Die
neuen Räder sind ferner einfach und kosten auch nicht mehr als die ganz gewöhnlichen
Ruderräder. Daß man die Schaufeln auch aus Eisen anstatt aus Holz arbeiten kann,
versteht sich von selbst.
Fig. 20 zeigt
eines der neuen Räder von der Fronte betrachtet; seine Welle befindet sich etwas
weniges unter dem Niveau des Auges. Fig. 21 gibt eine
seitliche Ansicht desselben Rades. A, A ist die Welle;
B, B sind die dem Auge zunächst liegenden Scheiben;
C, C jene Speichen, welche von dem entgegengesezten
Wellenende auslaufen; D, D die Naben; E, E der äußere, dem Auge zunächst liegende Radkranz;
F, F der äußere Radkranz an dem entgegengesezten
Wellenende. Die Zahlen, mit denen die Schaufeln bezeichnet sind, deuten die Ordnung
an, in welcher diese auf einander folgen, ohne daß ein Raum zwischen ihnen gelassen
ist. Jede dieser Schaufeln wird von der nächst vorhergehenden getragen und folgt
derselben durch den ganzen Umfang des Rades.
Das in Fig. 22
abgebildete Rad unterscheidet sich von Fig. 20 und 21 nur
dadurch, daß es zwei Schaufelreihen hat, die übrigens ganz auf dieselbe Weise
angebracht und bezeichnet sind, wie die Schaufeln in Fig. 20 und 21. Diese Art
des Baues verdient dann den Vorzug, wenn das Rad eine solche Breite hat, daß nach
dem gewöhnlichen Baue zur Unterstüzung einer jeden Schaufel drei Speichen
erforderlich wären.
Die Admiralität hat mit den Ruderrädern des Hrn. Hall an dem Dampfboote Dasher einen Versuch
anstellen lassen, welcher nach einem von Sir John Barrow
erstatteten Berichte sehr günstige und genügende Resultate gab. In Liverpool benuzte
man drei Monate hindurch ein nach dem neuen Systeme ausgerüstetes Dampfboot mit
bestem Erfolge und bei dem stürmischsten Wetter zum Hinausbugsiren von schweren
Schiffen aus dem Hafen. Mehrere andere Berichte lauten nicht minder günstig.