Titel: | Ueber die Anwendung des Braunsteins zur Analyse verschiedener Körper. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LXX., S. 297 |
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LXX.
Ueber die Anwendung des Braunsteins zur Analyse
verschiedener Koͤrper.
Aus dem Echo du monde savant, No. 411.
Ueber die Anwendung des Braunsteins zur Analyse verschiedener
Koͤrper.
Hr. Ebelmen theilt in den Annales des mines ein neues analytisches Verfahren mit,
um mit Genauigkeit, jedoch indirect, die Sauerstoffmenge zu bestimmen, womit sich
verschiedene oxydirbare Körper bei ihrer Auflösung in Säuren verbunden haben und
dadurch auch die Quantität gewisser oxydirbarer Körper in einer zu untersuchenden
Substanz auszumitteln, wenn man nämlich im Voraus weiß, mit wieviel Sauerstoff sie
sich verbinden müssen. Sein Verfahren besteht in der Hauptsache darin, daß er auf
den zu untersuchenden Körper, während er sich in einer sauren Flüssigkeit befindet,
einen Ueberschuß von Chlorgas im Moment von dessen Entbindung wirken läßt.
Bekanntlich löst die Salzsäure die Manganoxyde auf, indem sie soviel Chlor entbindet,
als dem Sauerstoff, welchen das angewandte Oxyd bei seiner Verwandlung in Oxydul
abgibt, entspricht. Ein Gemenge von Salzsäure mit Braunstein wirkt aber gerade so
wie Königswasser mit überschüssiger Salzsäure; wenn man also den zu untersuchenden
Körper mit einem bestimmten Gewicht eines Braunsteins von bekannter Zusammensezung
vermengt und das Gemenge mit reiner Salzsäure behandelt, dann das sich entbindende
Chlorgas bestimmt und es von demjenigen abzieht, welches der Braunstein geliefert
hätte, wenn er allein aufgelöst worden wäre, so ergibt die Differenz das Gewicht des
absorbirten Chlors und folglich sein Aequivalent Sauerstoff.
Das Gewicht des entbundenen Chlors kann nach den verschiedenen Methoden, welche man
bisher bei der Analyse der Manganerze einschlug, bestimmt werden. Man kann nämlich
entweder geradezu das Volum desselben messen oder es auch auf flüssiges Ammoniak
wirken lassen und das bei der Zersezung freigewordene Stikgas messen, dessen Volum
nur ein Drittel von demjenigen des vorhanden gewesenen Chlors beträgt. Indessen sind
diese pneumatischen Methoden etwas schwierig mit Genauigkeit auszuführen. Hr.
Ebelmen schlägt vor
– und dieses ist das Vortheilhafte seines Verfahrens – das Chlor in
einer klaren Auflösung von schweflicher Säure zu sammeln, welche mit salzsaurem
Baryt vermischt ist. Durch die Einwirkung des Chlors entsteht dann schwefelsaurer
Baryt, aus dessen Gewicht man den Sauerstoff berechnen kann.
Diese Operation läßt sich auf folgende Art ausführen. Die zu untersuchende Substanz
wird fein pulverisirt, besonders wenn sie schwer angreifbar ist und mit einem
bestimmten Gewichte fein gepulverten Braunsteins vermengt, wovon man ungefähr
doppelt so viel nimmt, als nöthig ist, um den zur Oxydation der Substanz
erforderlichen Sauerstoff zu liefern. Uebrigens verfährt man gerade so, als wenn man
den Braunstein selbst Probiren wollte, nur muß man die Gasentbindung mehr mäßigen,
damit die braune Manganauflösung Zeit hat auf die angewandten Substanzen zu wirken.
Nach beendigter Auflösung des Braunsteins und wenn alles Chlor in das Gefäß getreten
ist, welches die flüssige schwefliche Säure enthält, versezt man leztere mit
salzsaurem Baryt, kocht sie, um die überschüssige schwefliche Säure zu verjagen,
filtrirt dann den gebildeten schwefelsauren Baryt ab, glüht und wiegt ihn. 145,8
schwefelsaurer Baryt entsprechen 10 Sauerstoff und 44,26 Chlor. Man weiß im Voraus,
wieviel schwefelsauren Baryt der Braunstein für sich allein geliefert hätte, und die
Differenz ergibt also denjenigen, welcher dem in der Metallauflösung gebliebenen
Chlor oder Sauerstoff entspricht.
Hr. Ebelmen führt folgende
Fälle an, wo sein Verfahren anwendbar ist:
1) Behandelt man nach der angegebenen Methode ein bestimmtes Gewicht eines Metalles,
welches wenig oder gar nicht von Salzsäure angegriffen wird, so ergibt sich
unmittelbar die Zusammensezung des gebildeten Chlorids oder des Oxyds, welches in
der überschüssigen Salzsäure aufgelöst geblieben ist.
2) Besonders gute Dienste leistet dieses Verfahren, wenn sich das Gewicht einer
Substanz, die man höher oxydiren will, nicht wohl mit Genauigkeit bestimmen läßt,
was z.B. bei allen Oxydationsstufen des Phosphors unter der Phosphorsäure der Fall
ist; diese lassen sich nun dadurch analysiren, daß man die durch das Chlor gebildete
Phosphorsäure und den Sauerstoff, welcher die höhere Oxydation bewirkte, bestimmt.
Der schwefelsaure Baryt, woraus der Sauerstoff berechnet wird, wiegt 14 1/2 Mal
soviel als dieser.
3) Das Verhältniß des Eisenoxyduls zum Eisenoxyd läßt sich ebenfalls sehr leicht
bestimmen, indem man die Verbindung derselben mit überschüssigem Braunstein vermengt
und in Salzsäure auflöst. Dieses Verfahren ist natürlich auch anwendbar, wenn die
beiden Oxyde in einem Silicate vorkommen, welches in Salzsäure auflöslich ist.
Manche Mineralien, z.B. das Wolfram, worin das Eisen zum Theil als Oxydul und zum
Theil als Oxyd enthalten zu seyn scheint, werden von Salzsäure nicht angegriffen,
während sie sich leicht in Königswasser auflösen; auf diese ist das Verfahren also
ebenfalls anwendbar.
4) Endlich kann die Prüfung einer zusammengesezteren Verbindung nach diesem Verfahren
immer als Controle für eine Analyse dienen, wenn man nämlich weiß, welche Producte
die verschiedenen Körper bei der Behandlung mit einem aus Braunstem und Salzsäure
bestehenden Königswasser geben müssen. So wird sich der Schwefel immer in
Schwefelsäure, der Arsenik in Arseniksäure, das Eisen in Oxyd etc. verwandeln. Die
Summe der Sauerstoffmengen, welche alle diese Körper bei ihrer Oxydation aufnehmen,
muß der durch die Probe gefundenen Zahl sehr nahe kommen.