Titel: | Verbesserungen im Baue von Brüken, Viaducten, Pfeilern, Dachstühlen, Bindebalken etc. für Bauten, worauf sich William Edward Newton, Patentagent am Patent-Office, Chancery-Lane, Grafschaft Middlesex, auf die von einem Ausländer erhaltenen Mittheilungen am 17. Okt. 1838 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. LXXIX., S. 348 |
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LXXIX.
Verbesserungen im Baue von Bruͤken,
Viaducten, Pfeilern, Dachstuͤhlen, Bindebalken etc. fuͤr Bauten, worauf
sich William Edward
Newton, Patentagent am Patent-Office, Chancery-Lane,
Grafschaft Middlesex, auf die von einem Auslaͤnder erhaltenen Mittheilungen am
17. Okt. 1838 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem London Journal of arts. Jul. 1839, S.
209.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Newton's Verbesserungen im Baue von Bruͤken etc.
Die Erfindungen, auf welche ich gegenwärtiges Patent nahm, wurden mir von Hrn.
Gg. L. Friedr. Laves,
königl. hannover'schem Baurathe und Ritter des Guelphen-Ordens, dessen
Interessen ich vertrete,
mitgetheilt. Gegenstand derselben ist der Bau einer eigenthümlichen Art von Balken,
welche sich zu den verschiedenen oben angegebenen Zweken eignen, und welche bei
verhältnißmäßig geringer Schwere sehr große Stärke und Festigkeit besizen. Bei der
Verwendung meiner Balken zum Baue von Brüken, Viaducten, Pfeilern und anderen derlei
Bauten, bedarf es an den Enden keiner Widerlager oder Strebepfeiler, welche dem
Seitendruke der Bogen entgegenzuwirken haben; und ebenso sind an den Ufern oder an
den Pfeilern, welche die Spannung einer Kettenbrüke zu vermitteln haben, die so
starken Befestigungsmittel überflüssig, indem der Bau vermöge seiner eigenen Schwere
und vermöge des Drukes, den er nach Abwärts zu ausübt, fest auf den Pfeilern,
Pfählen, oder sonstigen senkrechten Stüzen ausruht.
Die eben besprochenen Balken sind aus einander entgegengesezten, an ihren beiden
Enden mit einander verbundenen Bogen, welche durch Streben aus einander gehalten
oder durch Spannungsbalken zusammengehalten werden, gebildet. Jede Gewalt oder jeder
Druk, der auf den Bauch des einen Bogens wirkt, wird, da beide Bogen an ihren Enden
mit einander verbunden sind, aus beiden Bogen eine gerade Linie zu machen suchen,
was jedoch durch den Widerstand der Streben, die beide Bogen aus einander halten,
verhindert wird. Dabei wird das Bestreben, sich zu expandiren, welches der eine
Bogen in Folge der Gewalt, welche die Streben nach Außen zu üben, hat, durch das
Bestreben, sich zu contrahiren, welches an dem anderen Bogen durch den Zug nach
Innen, den die Streben an ihm bewirken, erzeugt wird, aufgehoben. Wirkt dagegen Druk
auf die Enden solcher Balken, so werden die beiden Bogen durch die Spannungsbalken
zusammengehalten. Man erhält auf diese Weise Balken, die in Betracht der geringen
Menge Eisen, Holz oder sonstigen dazu verwendeten Materiales leicht und dabei
dennoch sehr fest, stark und starr sind. Das hiebei zu Grunde liegende Princip gibt
ein Mittel an die Hand, welches die Wirkungen der Schwere oder des Drukes, durch den
das Material des Balkens nach der einen Richtung comprimirt, nach der anderen
dagegen expandirt wird, neutralisirt oder aufhebt.
Wenn auf die aus Fig.
1 ersichtliche Weise ein Bogen aus Quadern, Baksteinen oder einem anderen
Materiale aufgeführt wird, so wird der Druk, welcher auf den Scheitel des von den
Widerlagern b, b getragenen Bogens a, a wirkt, das Material in einen kleineren Umfang
zusammenzudrängen und aus dem Bogen eine gerade Linie zu machen suchen.
An der in Fig.
2 ersichtlichen Hängebrüke dagegen, an der eine Kette a,
a an ihren Enden in den Ufern b, b befestigt
ist, und von den Pfeilern c, c getragen wird, wird der
ganze Bau von den in Kettencurven aufgehängten Ketten getragen, wo dann das auf die
Brüke gebrachte Gewicht die Kettenenden aus ihren Befestigungen bei b, b zu ziehen oder das Material, aus welchem die
Kettencurve besteht, auszustreken trachten wird. Bei derlei Bauten von ersterer Art
sind bedeutende Widerlager nöthig; bei solchen von der zweiten Art dagegen ist es
oft sehr schwer, hinlänglich sichere, die Spannung aushaltende Befestigungen zu
erzielen.
Fig. 3 zeigt
eine nach dem neuen Systeme gebaute Brüke, welche aus einem horizontal gelegten
Balken der beschriebenen Art besteht. Der Widerstand sämmtlicher Theile liegt in der
Verbindung der beiden in dem Baumateriale enthaltenen Kräfte, nämlich ihres
Widerstandes gegen Compression und ihres Widerstandes gegen Extension. Der obere
Theil des Balkens a, b, c, d, e, f, g repräsentirt den
in Fig. 1
beschriebenen Bogen; der untere Theil a, h, i, k, l, m,
g dagegen die in Fig. 2 angedeutete Kette.
Durch Vereinigung der Enden beider Theile bei a und g, und durch die zwischen sie gebrachten Stüzen n, o, p, q, r entsteht ein Balken, an welchem die beiden
Kräfte, welche anfangs zu comprimiren und dann zu extendiren streben, gänzlich
neutralisirt sind, so daß also der ganze Bau einfach und lediglich mit senkrechtem
Druke auf den beiden Ufern aufruht. Man kann bei derlei Bauten zu größerer
Festigkeit, und um Schwingungen zu verhüten, auch noch diagonale Streben
anbringen.
In Fig. 4, 5, 6, 7 und 8 sieht man
verschiedene Modificationen der neuen Balken. Fig. 4 gibt verschiedene
Ansichten zweier hölzerner oder eiserner Balken, welche an ihren Enden durch Bolzen
oder eiserne Bänder mit einander verbunden und an mehreren Stellen so gestüzt sind,
daß die beiden Bogen offen erhalten werden. Fig. 5 gibt verschiedene
Ansichten eines aus drei Bogen bestehenden Balkens. Fig. 6 und 7 zeigen die Ausdehnung
desselben Principes auf Balken mit vier oder fünf Bogen, sowie sich denn überhaupt
die Anzahl der Bogen mannigfach modificiren läßt. Fig. 8 zeigt einen
massiven, gegen die Enden hin dünner zulaufenden eisernen Balken, aus welchem man
ersieht, wie man an Material sparen kann, ohne dabei etwas an der Stärke zu
opfern.
Fig. 9, 10, 11, 12, 13 und 14 sind
Aufrisse, Grundrisse und Durchschnitte von Brüken, welche aus zwei oder drei Balken
von der in Fig.
3 beschriebenen Art gebaut sind. Man kann je nach der für die Brüke
nöthigen Stärke eine beliebige Anzahl solcher Balken neben einander anbringen. Die
offenen Seiten der Balken lassen mannigfache Verzierungen zu, wenn nur eine hinlängliche Anzahl
senkrechter Streben beibehalten wird.
Fig. 15, 16, 17 und 18 sind
Aufriß, Grundriß und Querdurchschnitte einer Brüke von großer Spannung. Um den Bogen
a, b, c, d, e in Stand zu sezen, jedem Druke zu
widerstehen, ohne sein Gewicht zu sehr zu erhöhen, kann man denselben aus hohlen
gußeisernen Cylindern, welche bei b, c, d etc. mit
schmiedeisernen Bändern, Bolzen oder Schrauben verbunden sind, bauen. Die
senkrechten und diagonalen Streben können die in Fig. 4 bis 7 angegebene Anordnung
haben.
Fig. 19 zeigt
die Art der Verbindung der hohlen Stangen und Ketten an ihren Endgefügen.
Fig. 20 zeigt
die Verbindung zweier zusammengefügter Stüke der hohlen Stange mit einer senkrechten
und zwei diagonalen Streben, welche von einem Theile der Kette getragen werden. Die
Dimensionen der Stangen und Bänder hängen von dem Zweke, zu dem sie bestimmt sind,
und von der Größe des Baues ab; sie lassen sich bloß ermitteln, wenn man die Stärke
des Materiales auf die in solchen Fällen übliche Weise berechnet, und sie mit der
erforderlichen Widerstandskraft in Verhältniß bringt.
Die hier aufgestellten Principien finden ihre Anwendung auch auf die hölzernen
Brüken, die in manchen Gegenden zwekmäßiger und wohlfeiler sind; doch muß das in
diesem Falle verwendete Holz durch und durch vollkommen gesund seyn. Die einfachste
Methode, einen derlei hölzernen Balken zuzurichten, erhellt aus Fig. 21 und 22. Man nimmt
nämlich einen geraden massiven Balken a, b, und
schneidet ihn mit einer Kreissäge oder auf irgend andere Weise in der Mitte nach der
Linie c, d der Länge nach durch, wobei man jedoch die
Enden von a bis c und von
d bis b undurchschnitten
läßt. Diese undurchschnittenen Enden umgibt man bei l
und m, Fig. 22, mit eisernen
Bändern, und wenn dieß geschehen, so treibt man den mittleren Theil der Sägespalte
durch Keile, Holzblöke oder Streben bei e, f: g, h: i, k
und wenn es nöthig ist, auch an anderen Stellen aus einander. Der auf solche Art
behandelte Balken kommt im Principe ganz mit den oben beschriebenen eisernen Balken
überein. Fig.
23 zeigt das Ende eines derlei Balkens in größerem Maaßstabe.
Fig. 24 gibt
eine Ansicht eines Balkens dieser Art, welcher jedoch aus zwei Stüken besteht, die
in der Mitte eines jeden Bogens zusammengefügt sind, und zwar das obere mit fest
verbolzten Aufblattungen, das untere dagegen mit schwalbenschwanzförmig
geschnittenen Enden, welche durch entsprechende Verbindungsblöke fest
zusammengehalten werden. Einen auf ähnliche Weise, aber aus mehreren Stüken zusammengesezten
Balken sieht man in Fig. 25. Fig. 26 zeigt die beiden lezteren Balken im Querdurchschnitte. Kann man
sich keine Balken von solcher Stärke verschaffen, daß das Durchschneiden des
mittleren Theiles derselben der Länge nach thunlich ist, so kann man auch zwei
Balken an ihren Enden durch Bänder mit einander verbinden, wie dieß in Fig. 27 zu
sehen, und noch deutlicher in der in Fig. 28 in größerem
Maaßstabe gegebenen Ansicht des Endes.
Fig. 29, 30 und 31 zeigen eine
größere, nach den aufgestellten Principien gebaute Brüke im Aufrisse, Grundrisse und
Querdurchschnitte. Man sieht hier drei Balkenlängen bei a und b zu einem einzigen Bogen verbunden. Die
diagonalen Streben können selbst wieder aus Hölzern, die auf gleiche Weise behandelt
sind, wie die Balken selbst, bestehen. Die Art und Weise, auf welche die
Zusammenfügung bewerkstelligt ist, erhellt aus Fig. 32 und 33. Die Dike,
welche die einzelnen Theile haben müssen, wenn der Bau die erforderliche Stärke
bekommen soll, läßt sich bloß nach der Widerstandskraft und Zähigkeit des zum Baue
verwendeten Holzes berechnen.
Temporäre Brüken, wie z.B. für Gärten oder im Kriege, lassen sich nach demselben
Principe aus rohen Baumstämmen zusammensezen, wie Fig. 34 in einem
Längenaufrisse, Fig. 35 dagegen in einem Querdurchschnitte zeigt. a, b, c und d, a, c sind nämlich zwei rohe
gabelförmige Baumstämme, die in der Mitte auf die angegebene Weise mit einander
verbunden sind. Die Streben und Bänder lassen sich, wenn die Brüke nur für
temporären Dienst bestimmt ist, durch um sie geschlungene Strike befestigen. Man
glaubt nicht, mit welcher Leichtigkeit und Schnelligkeit auf diese Weise eine
hinreichend starke Brüke für den Uebergang von Truppen geschlagen werden kann. Fig. 36 zeigt
ein Ende einer solchen Brüke in größerem Maaßstabe.
Man mag Brüken nach dem neuen Principe aus Eisen oder aus Holz aufführen, so kann man
bei dem Baue derselben auch den Anforderungen der Schönheit und Zierlichkeit
vollkommen genügen. Fig. 37 und 38 zeigen eine große
Brüke, welche aus mehreren Balken der beschriebenen Art, die an den Enden an
einander gefügt sind, und auf senkrechten Pfeilern oder Pfählen ruhen, besteht. Wenn
die Ufer so hoch sind, daß unter den Bogen hinlänglicher Raum für die Durchfahrt von
Booten bleibt, so kann man die Brüke horizontal legen, oder man kann ihren beiden
Enden eine leichte Elevation geben, und den weiteren Theil horizontal legen. Da der
ganze Bau nur einen senkrechten Druk ausübt, und verhältnißmäßig leicht ist, so
werden schon dünne Tragepfeiler ausreichen. Solche Tragepfeiler lassen sich durch Verbindung
mehrerer Stangenhölzer und Umschließung derselben mit gußeisernen Cylindern
herstellen.
Fig. 39 zeigt
eine Brüke, welche mit einer einzigen Balkenlänge gespannt ist, und die in Fig. 40 im
Grundrisse dargestellt ist. Sie ruht auf sehr hohen Pfeilern, damit Schiffe unter
ihr passiren können. In dem Grundrisse sieht man die Auf- und Abfahrt zu ihr,
sowie auch die an sie hinauf führenden Stufen.
Fig. 41 ist
ein Aufriß und Fig.
42 ein Grundriß einer Brüke, in deren Mitte sich eine Oeffnung oder eine
Zugbrüke für den Durchgang großer Segelschiffe befindet. Fig. 43 und 44 geben
Darstellungen einer Brüke, an der die Zugbrüken an den Enden angebracht sind. Alle
diese Brüken sind nach dem bereits erläuterten Principe gebaut und bedürfen daher
hier keiner weiteren Beschreibung. Daß nach Umständen und Geschmak verschiedene
Modificationen daran gemacht werden können, versteht sich von selbst.
Man kann ähnliche Balken auch beim Baue von Dächern, die beinahe flach werden sollen,
sowie auch zum Legen von Fußboden benuzen. Die Art und Weise, auf welche dieß
geschehen kann, erhellt aus Fig. 45, 46 und 47. Für höhere Dächer
lassen sich die senkrechten Stüzen verlängern, wie man in Fig. 45 sieht; oder man
kann auch mehrere der neuen Balken auf die in Fig. 46 angedeutete Weise
verbinden. Man kann Fußboden von ungeheurer Spannung bloß an den Enden aufruhen
lassen, und stets werden sie einen hohen Grad von Festigkeit bewähren.
Dasselbe Princip findet endlich seine Anwendung auch noch auf den Bau von leichten
Leitern, besonders für den Gebrauchen Feuersbrünsten. Leitern dieser Art, wie man
sie in Fig.
48 und 49 sieht, dienen auch als Brüken, auf denen man im Nothfalle von einem
Hause zu einem anderen, oder über eine Straße hinüber gelangen kann. Man kann sie
zum Behufe des leichteren Transportes leicht zerlegen, und eben so schnell wieder
zusammensezen, wenn man ihrer bedarf.