Titel: | Beschreibung der Gußstahl-Fabrication auf der königlich hannover'schen Eisenhütte bei Uslar im Solling. |
Fundstelle: | Band 73, Jahrgang 1839, Nr. XCIII., S. 418 |
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XCIII.
Beschreibung der Gußstahl-Fabrication auf
der königlich hannover'schen Eisenhütte bei Uslar im Solling.Auszug aus einer von dem Hrn. Hüttenschreiber Werlisch
zur Sollinger Hütte verfaßten Darstellung des gesammten dortigen
Hüttenbetriebes.
Aus den Mittheilungen des Hannover'schen
Gewerbe-Vereins, 19. Lief. S. 253.
Beschreibung der Gußstahl-Fabrication.
Anfang der Darstellung des
Gußstahls.
Ein Betriebszweig, der mit so viel Schwierigkeiten zu kämpfen hat, wie es bei der
Darstellung des Gußstahls der Fall ist, wird selten bei der Ausführung im Großen
gleich anfänglich Glük machen, wenn nicht Versuche im kleinen Maaßstabe
vorhergingen. Ganz besonders findet dieses deßhalb auf die
Gußstahl-Fabrication Anwendung, weil die ersten Versuche im großen Maaßstabe mit sehr bedeutenden Geldopfern
verbunden sind.
Von diesem Gesichtspunkte ausgehend, hat man hier eine Reihefolge von Vorversuchen
über die Darstellung des Gußstahls angestellt, die von der Benuzung des Probirofens
anhebt, danach sich durch den Bau des kleinen Gußstahl-Schmelzofens und
Temper-Ofens in der vormaligen Zerrennesse auf der Unterhütte und durch die
darin unternommenen Schmelzungen erweiterte, und endlich durch die Operationen in
einem größern, auf der Oberhütte vor dem Hohofen erbauten Gußstahlofen, sich an den
nachherigen wirklichen Gußstahlbetrieb auf dem ehemaligen Kupferhammer anschloß.
Wenn gleich die damaligen, bei den Versuchen in Gebrauch gekommenen Schmelzofen ganz
anderer Bauart und hauptsächlich dadurch von den jezigen unterschieden waren, daß
sie mittelst Gebläseluft (nicht wie jezt durch Zug) zu dem erforderlichen hohen
Temperaturgrade gebracht wurden, so sind doch zwei Hauptzweke, nämlich: Ausmittelung
der besten Tiegelmasse und ihrer Behandlung, und Prüfung der Qualität verschiedener
Gußstahlsorten, damit erreicht worden.
Erst nachdem durch die Uebergabe des ehemaligen Kupferhammers an die Eisenhütte ein
passendes Local erlangt war, konnte die Gußstahl-Fabrication ein
eigentümliches Feld gewinnen und als wirklicher Betriebszweig auftreten.
Umfang der Anlage.
So weit das Local es gestattete, wurde die in dem alten Bereithause im Jahre 1831
begründete Anlage im größern Maaßstabe unternommen, so daß unter günstigen
Conjuncturen ein Quantum von circa 1000 Cntr. Gußstahl in einem Jahre dargestellt
werden kann.Das fabricirte Quantum hat betragen:im Jahre1831 440
Pfund köln. –1832 2530
– –1833 2200
– –1834 3960
– –1835 2640
– –1836 5579
– –1837 6400
– –1838 7000
–Dieses steigende Verhältnis beurkundet, wie der Gußstahl allmählig die
verdiente Anerkennung findet. Neuerlichst sind nicht unbeträchtliche
Bestellungen selbst aus entfernten Theilen von Deutschland auszuführen
gewesen. A. d. R.
Vier Gußstahl-Schmelzöfen mit eben so vielen Schlotten, die in einen
Mauerverband gebracht sind, machen mit dem zugehörigen Temperofen die eigentliche
Gußstahl-Werkstätte aus.
Die Gußstahlöfen gehören in die Kategorie der Zugöfen und gleichen sich unter
einander; bei 3' Höhe, 2' Länge, 1 1/3' Weite gibt jeder 2 Tiegeln hinreichenden
Raum, so daß im Ganzen in 8 Tiegeln zugleich geschmolzen werden kann, was indeß bei
dem jezigen schwachen Betriebe, wo 2 Oefen hinreichende Production geben, nicht
geschieht. Unter jedem Ofen ist ein Aschenfall von 6 1/4' Tiefe, vor denen sämmtlich
ein gemeinschaftlicher Zugcanal ausgemauert ist, der nach Osten und Westen mündet
und nach Gefallen geöffnet oder geschlossen werden kann, und in welchen ein
bedeutender Strom Wasser zur schnellen Abkühlung der durchfallenden Zinder geleitet wird. Die Roste der
Gußstahlöfen, aus einzelnen Stäben bestehend, sind beweglich und können nach
Erforderniß enger oder weiter gestellt, auch beim Reinigen des Ofens ganz ausgezogen
werden.
Zum Verschluß der Gußstahlöfen dienen Dekel von feuerfesten Steinen, die in
Stabeisenrahmen eingemauert und festgeschroben sind. Die Communication jedes Ofens
mit seinem Schlotte ist durch einen horizontalen Fuchscanal, der dicht unter dem
Dekel mündet und einen Querschnitt von 8'' Breite bei 6'' Höhe hat, hergestellt. Die
Höhe der Schlotte beträgt 40 Fuß, der Querschnitt 10'' im Gevierte. Sowohl die
Ofenschächte, als Fuchscanäle und die Hälfte der Schlotte sind mit feuerfesten
Steinen ausgemauert, welche aus Pfeifenthon mit Zusaz von 2/3 gebrannten Thons
derselben Sorte geformt und stark gebrannt werden.
Bei der außerordentlich großen Hize, der die Ofenschächte und Fuchscanäle ausgesezt
sind, müssen diese Theile nach höchstens 3 Wochen anhaltendem Gebrauch erneuert
werden, selbst der unterste Theil der Schlotte bedarf von Zeit zu Zeit einer
Reparatur.
Zum Gebrauch für 2 Gußstahlöfen ist der jezige Temperofen, unter einer alten Esse
stehend, 2' und 2' hoch zur Ausnahme von 4 Tiegeln eingerichtet; der
Aschenfall ist nur 1 Fuß hoch, und ein Schlott findet sich dabei nicht, weil nur
eine hohe Rothglühhize darin erzeugt werden soll. Erforderlichen Falls wird der
Temperofen mit einem Hute von Blech bedekt.
Außer dieser Gußstahl-Werkstätte und den in demselben Hause befindlichen
Räumen zum Troknen und Aufbewahren der Tiegel, ist ein anderes geeignetes Local für
die Tiegelbereitung und erste Austroknung eingerichtet, welches die zur
Tiegelfabrication erforderlichen Werkzeuge und mehrere Trokengerüste, jedoch weiter
keine bemerkenswerthe Vorrichtung enthält.
Zum Zerkleinern des gebrannten und rohen Thons dient ein deßhalb erbautes Pochwerk
mit 3 Stempeln von gewöhnlicher Einrichtung, wobei nur zu bemerken ist, daß der
Pochtrog eine gußeiserne Ausfütterung hat, die zum selbstthätigen Aufwenden der zu
pochenden Thonmasse während der Zerkleinerung geeignet ist.
Durch die Anlage des unmittelbar an die Gußstahlhütte angränzenden Rekhammerwerks
bietet sich künftig die Gelegenheit dar, den Gußstahl gleich am Orte seiner ersten
Darstellung zu verschmieden, und dadurch zum verkäuflichen Fabricate zu machen, ohne
denselben einem weiteren Transport zu unterwerfen.
Bisher geschah die Ausschmiedung des Gußstahls beim Zainhammerwerke auf der
Oberhütte.
Tiegel-Fabrication.
Das Schmelzen des Gußstahls geschieht in feuerfesten Schmelzgefäßen, deren Bereitung
auf dem hiesigen Werke selbst unternommen wird.
Als Material dazu dient der nahe bei dem Dorfe Schoningen vorkommende, sogenannte
Pfeifenthon, der indeß zu diesem Zweke ganz besonders ausgewählt und durch
sorgfältiges Sortiren und Abpuzen von allen Eisenadern und von anhängendem Sande
befreit wird.
Der größte Theil dieses Thons muß, bevor er zur Tiegel-Fabrication verwendet
wird, gebrannt werden, und zu diesem Zweke formt man denselben in vierekige Platten
von etwa 8 bis 9 Zoll Seitenmaaß, 5/8 bis 3/4 Zoll dik (Charmotten), die nach
gehöriger Austroknung in einem Pfeifen-Brennofen aufs Vollkommenste gebrannt
werden, ohne daß sie jedoch eine Glasur bekommen, die für die Tiegelmasse sehr
nachtheilig seyn würde.
Nach dem Pochen der gebrannten Charmotten bis zur Größe der Körner wie halbe Linsen
und darunter, wird die Mengung mit dem zu Mehl verwandelten, getrokneten rohen Thon
und mit gepulverter Holzkohle dergestalt vorgenommen, daß
14 Theile
gebrannter Thon
9
–
roher Thon
6
–
Holzkohle
nach dem Gemäße zusammenkommen und möglichst überall gleiche
Färbung nach der Mengung erhalten.
Bedeutende Quantitäten dieses pulverisirten und gemengten Materials werden in großen
Kasten gleichmäßig mit Wasser befeuchtet, und nachdem die Feuchtigkeit gehörig
durchgezogen, mittelst hölzerner Keulen durchgestampft, umgestochen und wieder
gestampft, bis die Anfeuchtung der ganzen Masse möglichste Gleichförmigkeit erlangt
hat, und damit eine Consistenz erreicht ist, die eben das Ballen der Masse zuläßt,
ohne sich im Geringsten dem breiartigen Zustande zu nähern.
In große Klumpen abgetheilt, wird die Tiegelmasse etwa 2 Wochen hindurch in bedekten
Kasten aufbewahrt und mindestens allemal den 2ten Tag auf einer standfesten Bank,
mittelst eines 3/4'' haltenden Schlageisens so durchgearbeitet, daß von dem
Klumpen regelmäßige ganz dünne Scheiben abgetrennt werden, bis dessen Masse
erschöpft ist. Diese dünnen Scheiben nochmals in entgegengesezter Richtung
durchgeschlagen, geben zur vollkommensten und innigsten Mengung der verschiedenen
Bestandtheile der Tiegelmasse und zur ganz gleichmäßigen Vertheilung der
Feuchtigkeit die beste Gelegenheit, und man kann zugleich nach jedesmaligem Durcharbeiten die
Zunahme der Zähigkeit und des bessern Zusammenhangs der Tiegelmasse wahrnehmen, die
nach einer solchen Procedur wieder in längliche Klumpen gedrükt, dem fernem
Durchliegen und vollkommnern Durchdringen der Feuchtigkeit überlassen bleibt.
Ist der Zwek genügend erreicht und schließlich noch durch das sogenannte Wellen der
Tiegelmasse mit der Hand (eine Procedur, die mit dem Kneten des Brodteiges
Aehnlichkeit hat) befördert, so bleibt dann nur noch übrig, die in den Klumpen der
Tiegelmasse etwa noch befindlichen Luftblasen durch kraftvolles Werfen kleiner
Theile derselben auf einen harten Körper zu entfernen, wobei aufs Neue wieder
Klumpen von solcher Größe, wie zu einem Tiegel erforderlich, gebildet werden, deren
innige Verbindung durch stetes Rauhmachen der geworfenen Masse vor dem nächsten
Werfen herzustellen ist.
So aufs Sorgfältigste zubereitet, wird von der Tiegelmasse genau die zu einem Tiegel
erforderliche Quantität durchs Gewicht ermittelt, etwas konisch geformt und der
Tiegelform übergeben.
Die Vorrichtung zum Pressen der Tiegel besteht aus 2 Theilen, nämlich aus der äußern
Hülle, Tiegelform genannt, und aus dem sogenannten Mönch, der ganz der innern
länglich eirunden Form des Tiegels entspricht und mit dem Rande am obern Theile sich
genau in die Tiegelform einschließt.
Für die Tiegelform, welche aus Gußeisen besteht, und deren Boden beweglich ist, wählt
man eine feste Unterlage auf einem Holzblöke, mit dem sie mittelst Haken und Oehren
leicht und doch haltbar verbunden werden muß. Dem Mönch, der aus Gußeisen bestehen
kann, jedoch weit vorteilhafter aus hartem Holze mit Eisenbeschlag angefertigt wird,
gibt man am untern Theile eine lange Spize, die als Leitung für den Mönch im Mittel
der Tiegelform dient und mit einem, in deren beweglichen Boden befindlichen, in der
Mitte gebohrten Loche, correspondirt.
Der über dem Rande des Mönchs erhabene Kopf ist behuf der Handhabe zum Umdrehen
durchbohrt, oben aber platt, um die Schläge einer Ramme gleichmäßig aufzunehmen, die
den Mönch durch die in der Tiegelform befindliche Thonmasse treiben und den Tiegel
bilden.
Ein Durchstechen der Thonmasse in der Mitte, um dem Stifte des Mönchs die richtige
Einleitung in das Loch des Tiegelformbodens zu geben, ist vor dem Rammen
erforderlich; sobald diese Einleitung bewerkstelligt ist, erfolgen unter beständigem
Drehen des Mönchs erst leise und dann immer kräftiger gegebene Schläge der Ramme auf
den Kopf des Mönchs, bis der Rand desselben in die Tiegelform ganz eingedrungen ist,
und man durchs Auspressen kleiner dünner Thonblättchen, die sich zwischen Mönchrand und Form
herausschieben, die Ueberzeugung von gänzlicher Ausfüllung der Form und gehöriger
Dichtigkeit des Tiegels erlangt hat.
Hienach wird der Mönch mit Vorsicht aus der Form genommen, dann die Tiegelform
mittelst Hebevorrichtung auf einen 1 1/2' erhabenen runden Holzblok gestellt, der
einen etwas geringeren Durchmesser als die Bodenplatte der Tiegelform hat, und
dadurch die Bodenplatte mit dem Tiegel auf sich ruhend erhält, während die Form an
dem Blöke niedergleitet.
Auf diese Art wird der Tiegel ohne besondere Anstrengung für die Arbeiter und ohne
Verlezung aus der Form gebracht; doch ist ein Lösungsmittel für die Tiegelform
sowohl, als für den Mönch erforderlich, da außerdem der zähe Thon zu fest ankleben
würde.
Zu diesem Ende wird in der Tiegelform eine Hülle von Leinwand ausgebreitet und in
dieselbe der zum Tiegel zu pressende Thon gegeben; der Mönch wird vor dem Gebrauche
mit Schweinfett eingerieben, jedoch vor jedem Ueberfluß an Fett bewahrt.
Nach der Aushebung des Tiegels aus der Form bleibt derselbe einen Tag in seiner
Leinwandhülle ohne Weiteres stehen, dann schreitet man zur Vollendung, indem die
Leinwand abgenommen und die äußere wie die innere Fläche des Tiegels mit einem
löffelartigen Instrumente nachgestrichen und geglättet, das Loch im Boden des
Tiegels mit Tiegelmasse zugestopft und dauerhaft geschlossen und endlich der obere
Rand des Tiegels nach Innen um etwas, gewölbartig, eingezogen wird.
Das hierauf folgende Austroknen der Tiegel muß sehr vorsichtig geleitet werden und
erfordert mindestens 1/4 Jahr, da erst nach völliger Lufttrokniß künstliche
Hülfsmittel zum Nachtroknen angewendet werden dürfen.
Nach beschaffter Austroknung sind die jezt in Anwendung stehenden Tiegel
15'' hoch,
6 1/2'' unten im äußern Durchmesser,
8'' oben vor dem Zusammenziehen des Randes,
6 1/2'' nach dem Zusammenziehen desselben.
Die Wände der Tiegel messen unten am Boden 1 1/2'', oben am Rande 1'' Dike.
Der innere Raum eines Tiegels faßt 25 bis 27 Pfd. des Schmelzmaterials.
Zu jedem Tiegel ist ein 1 1/4'' diker Dekel und ein 3'' bis 4'' hoher Untersaz oder
Käse erforderlich, deren Durchmesser mit dem obern und untern äußern Durchmesser der
Tiegel correspondiren muß.
Die Dekel werden von der Tiegelmasse, die Untersäze von feuerfester Thonmasse, nach
Art der feuerfesten Steine, mittelst eiserner Formen hergestellt.
Antempern der Tiegel.
Die Tiegel werden nach erlangter Lufttrokniß in ein erwärmtes Zimmer gebracht,
anfänglich entfernt vom Ofen aufgestellt, dann aber auf einem unmittelbar über dem
Ofen angebrachten Gerüste der ganzen Wärme eines stark geheizten Stubenofens
ausgesezt.
Ohne vor dem Gebrauche gebrannt zu werden, wie dieß bei andern Schmelzgefäßen in der
Regel geschieht, kommen die Tiegel in handwarmem Zustande in den Temperofen, um da
einen höchst nothwendigen, allmählichen Uebergang von der Handwärme bis zur hohen
Rothglühhize als Vorbereitung zur Schmelzhize zu erleiden. Der Temperofen wird zuvor
etwas erwärmt, wenn er nicht durch den vorherigen Betrieb noch warm genug ist, dann
werden die Tiegel, deren 4 Stük zusammen in den Temperofen kommen, mit kleinen
Kohlen gefüllt, durch alte Dekel mit untergelegten einzelnen alten Dekelstüken (so
daß Luft zum innern Raum des Tiegels kommen kann) bedekt und umgekehrt, das obere
Ende unten, auf den Rost des Temperofens gestellt. – Wenn die Entfernung der
Tiegel von einander möglichst gleichmäßig eingerichtet, und eine geringe Quantität
brennender Kohlen auf dem Roste vertheilt ist, wird der Temperofen voll Holzkohlen
gefüllt, die hinsichtlich ihrer Größe zwischen der Wallnuß und dem Hühnerei stehen.
Zu kleine Kohlen würden den Rost versezen, zu grobe Kohlen würden das Feuer zu
schnell durchdringen lassen und zum Zerspringen der Tiegel beitragen. Gleich beim
Einsezen der Tiegel in den Temperofen wird der Aschenfall mittelst Thür verschlossen
und in den gebliebenen Fugen mit Lehm verstrichen.
So überläßt man die Tiegel der höchst langsamen Verbreitung des Feuers von Unten nach
Oben, wo circa 3 Stunden erforderlich sind, und dann erst gibt man durch geringe
Oeffnung der Thür etwas Zug, der nun allmählich verstärkt und endlich bis zum
erforderlichen höchsten Grade gebracht wird.
Gewöhnlich vergehen darüber noch vier Stunden, in welcher Zeit nochmals Kohlen
nachgegeben werden müssen, und es dauert daher das Antempern der Tiegel in der Regel
7 Stunden, wonach der Anfang dieser Arbeit nach Maaßgabe des projectirten Beginnens
der Schmelzung festgestellt werden muß.
Aus dem Temperofen kommen die Tiegel unmittelbar in die Stahlöfen, nachdem sie von
etwa anhängenden Kohlen, besonders inwendig, vorsichtig befreit sind.
Brennmaterial.
Zum Schmelzen des Gußstahls in feuerfesten Schmelzgefäßen ist eine sehr hohe
Temperatur erforderlich, die mit Holzkohlen auf vortheilhafte Weise nicht zu
erreichen steht, wenigstens hat dieser Versuch in Zugöfen für große Tiegel hier
nicht gelingen wollen.
Doch auch im Falle des besten Gelingens würbe wegen erforderlicher Einschränkung des
Holzkohlenverbrauchs Zuflucht zu Kokhs als Brennmaterial genommen werden müssen; nur
ist zu beklagen, daß die für das hiesige Werk sich jezt noch am vortheilhaftesten
stellenden Gaskohks von Hannover bedeutend mit Brandschiefer, Schieferthon und sogar
mit Sphärosiderit verunreinigt sind, und durch den weiten Transport so sehr
verteuert werden. 1 Balge Kokhs, á 2 Kubikfuß, kommt circa auf 5 Ggr. hier
zur Stelle zu stehen.
Die leichtern Obernkircher Kokhs sind, wenn sie auch zu gleichem Preise erstanden
werden, ihrer schwammigen aufgelokerten Natur wegen, weniger wirksam und daher jenen
nachzustellen. Indeß wird eine geringe Quantität davon, zur ersten Füllung der
Oefen, wegen leichterer Entzündbarkeit, gern bezogen und gebraucht.
Materialstahl.
Wenn hier eine Abweichung von der gewöhnlichen Art und Weise, den Gußstahl aus
Cementstahl darzustellen, Statt findet, indem Rohstahl als Material angewendet wird:
so beruht dieser Unterschied nicht auf unbedingt gewonnener Ueberzeugung, daß auf
diese Weise ein besserer Gußstahl darzustellen sey, sondern die mit der Bereitung
des Cementstahls unabänderlich in Verbindung stehende bedeutende Erweiterung der
Anlage, welche, nach dem bisherigen Umsaz zu beurtheilen, eine unverhältnißmäßige
Vermehrung des Betriebscapitals zur Folge haben würde, hat Veranlassung dazu
gegeben, und ist daher für die Zeit günstigerer Conjuncturen eine Umänderung des
bisherigen Princips nicht ausgeschlossen.
Der zu Königshütte aus Gitteldeschem Stahlroheisen bereitete Rohstahl wird in dünne
Stangen gerekt, gehärtet und in kurze Stüke zerschlagen, die durchschnittlich etwa
3/4 bis 1 1/2 Kubikzoll enthalten.
In einzelnen Fällen wird auch Schmalkalder bereits gerekter Rohstahl bezogen.
Beschikung.
Schon beim Zerschlagen läßt sich bei einiger Erfahrung über den Kohlengehalt des
Stahls ein vorläufiges Urtheil fällen, und wird danach von einem großen, zum
Schmelzen vorbereiteten Haufwerke ein und derselben Sorte Materials eine
Probeschmelzung mit dem für erforderlich gehaltenen Kohlenzusaz veranstaltet. Die schnelle Prüfung des aus
dieser Probeschmelzung hervorgegangenen Gußstahls gibt nun Belehrung, wie die
projectirte Beschikung des Rohstahls beizubehalten oder zu modificiren sey, wonach
in einzelnen Fällen eine zweite Probeschmelzung nothwendig erscheinen kann.
In Folge verschiedener Anforderungen, die an die Qualität des Gußstahls gemacht
werden, darf derselbe mit Berüksichtigung der sich gleichbleibenden Zunahme an
Kohlengehalt aus der Tiegelmasse entweder gar keinen Zusaz erhalten, um die
schweißbare Gußstahlsorte darzustellen, oder der Kohlenzusaz für die sogenannte
unschweißbare Sorte (weniger schweißbare Sorte ist richtiger bezeichnend) wird nach
bereits erläuterter Probearbeit ermittelt.
Nach früheren Versuchen über den Kohlengehalt der beiden Hauptgußstahlsorten, soweit
derselbe durch möglichst genaue Wägung zu erforschen war, hat sich der summarische
Kohlengehalt der schweißbaren Sorte zu 1/120 ergeben, während die weniger
schweißbare Sorte 1/90 berechnen ließ.
Daß zu einem oder dem andern Zweke mehrere zwischenliegende Sorten zu erzielen nöthig
erscheint, ist schon oft vorgekommen, und liegt gerade darin ein großer Vortheil der
Gußstahl-Fabrication, mit großer Sicherheit das einmal bekannte Material
verschieden behandeln und den für die Qualität so wichtigen Kohlengehalt
rectificiren zu können.
Auch Legirungen verschiedener Art, vorzüglich aber Silberstahl und Meteorstahl, sind
hier dargestellt; indeß hat die fernere Bereitung dieser Stahlsorten darin Anstoß
gefunden, daß, wenn auch die Qualität als gut von dem verarbeitenden Publicum
bezeichnet wurde, doch ein häufigeres Unganzwerden allgemein gerügt ist, in Folge
dessen man den hiesigen, nicht mit andern Metallen legirten Gußstahl vorzog.
Arbeitspersonal.
Die zum Gußstahlschmelzen erforderlichen Arbeiter, deren Functionen näher beim
Schmelzproceß erörtert werden, sind:
1 Meister,
2 Schmelzer,
1 Bursche.
Es ist zu erwähnen, daß die außerordentliche Hize, welche von denselben zu ertragen
besondere Schuzmittel gebietet, die in panzerähnlichen, aus vielfach über einander
genäheter grober Leinwand hergestellten und angefeuchteten Anzügen bestehen, deren
Schuz insbesondere auf die Beine und den Unterleib berechnet ist. Außerdem sind Hüte
mit großem Rande erforderlich, zum Schuz des Gesichts und des übrigen Körpers gegen
Verbrennung, bei etwaigem Sprühen des Stahls und beim Abhauen der Schlake von den
Tiegeln.
Als erfolgreiches Mittel behuf Aushaltens der hohen Temperatur und der irrespirablen
Luft (Kohlenoxydgas) kann der vor dem Munde getragene, mit kaltem Wasser, besser mit
verdünntem Essig, angefeuchtete Schwamm bezeichnet werden, der entweder vorgebunden
oder mit dem Munde selbst gehalten wird.
Der Versuch, die Augen mittelst grüner Brillen zu schüzen, ist nicht nach Wunsch
ausgefallen, weil auf die Dauer die Fassung der Brille unerträglich heiß wird, und
die Augen selbst hinter den Gläsern, bei lange anhaltender Procedur, zu sehr und
doppelt von der Hize leiden.
Gußstahl-Schmelzung.
An das vollendete Antempern der Tiegel, dessen bereits Erwähnung geschehen, schließt
sich unmittelbar der Schmelzproceß, welcher durch Anwärmung der Schmelzöfen so weit
vorbereitet seyn muß, daß die zur hohen Rothglühhize angetemperten Tiegel in Oefen
kommen, die ähnliche Temperatur haben und deren Rost mit den erforderlichen
Untersäzen für die Tiegel, so wie mit einer spärlichen Deke glühender Kokhs versehen
seyn muß. Gewöhnlich wird in 2 Oefen geschmolzen und jeder Ofen faßt 2 Tiegel;
– sobald nun ein Ofen die angetemperten Tiegel aufgenommen hat, und die mit
erwärmtem Dekel aufgelegt sind, werden leicht entzündbare Kokhs in den Ofenraum
geschüttet, die alsbald zu glühen anfangen und die Erhöhung der Temperatur der
Tiegel bis zur höchsten Weißglühhize allmählich fortschreiten lassen. War der Ofen
beim Einsezen der Tiegel zu warm, so folgt die Weißglühhize zu schnell und das Reißen der Tiegel ist eine Folge davon; im Gegensaze bei
zu kaltem Ofen, bei zu wenig bedektem Rost, oder zu schwer entzündbaren Kokhs,
erleiden die Tiegel im Anfange eher eine Abkühlung als eine Zunahme der Temperatur,
wobei die durch den Rost dringende kalte Luft ebenfalls das Reißen der Tiegel
veranlaßt. – Die Beurtheilung der richtigen Temperatur der Oefen erfordert
also einen durch Uebung geschärften Blik; jedoch muß hier die Bemerkung Plaz finden,
daß diese große Vorsicht nur durch die, dem hiesigen Thon eigene starke Schwindung
bedingt ist.
Den zweiten Ofen behandelt man ungefähr 15 Minuten nachher auf dieselbe Weise, um
später beim Ausguß die erforderliche Zeit für den ersten zu gewinnen.
Sobald die Tiegel zur Weißglühhize gekommen sind, besezt man sie nach abgehobenem
Dekel, mittelst eines langen blechernen Trichters, mit dem Materialstahl und der
etwa erforderlichen Kohle, wonach die Dekel möglichst schnell wieder aufgelegt
werden und durch das Aufschmelzen den Tiegel fest verschließen.
Von nun an werden dichte Gaskokhs aufgegeben und genau die Zeit des Besezens
angeschrieben, zu welchem Zweke eine Uhr in der Hütte vorhanden seyn muß.
Nach den durch Erfahrung geregelten Grundsäzen wird nun mit Berüksichtigung des
Luftzuges und der Temperatur, welche die Oefen bei vollem Schmelzen annehmen, die
Zeit festgestellt, in welcher man die Schmelzung vollendet halten darf.
Während der Schmelzzeit wird die Nachfüllung der Oefen mit Kokhs und die Reinigung
der Roste besorgt; doch circa 1 bis 1 1/4 Stunde vor dem Ausgusse hört man auf,
Kokhs nachzufüllen, läßt vielmehr die im Ofen befindlichen niederbrennen, um an die
Tiegel zum Herausheben gelangen zu können.
Nach Ablauf der festgestellten Zeit hebt der Meister mittelst geeigneter Zange die
Dekel von den Tiegeln und prüft mit geübtem Blik das geschmolzene Gut und den Grad
der Temperatur desselben, um entweder schnell oder nach einiger Zögerung den Ausguß
zu vollführen, oder gar, wenn die Schmelzung nicht vollkommen gelungen wäre, den
Tiegel nochmals zu bedeken und wiederum frische Kokhs aufgeben zu lassen.
Dieser lezte Fall darf bei gut geregeltem Betriebe nicht, oder doch nur sehr selten,
eintreten, da großer Brennmaterialverlust mit solcher Nachschmelzung verknüpft ist;
was aber die schnelle oder verzögerte Aushebung der Tiegel anlangt, so ist eine
genaue Beurtheilung der Temperatur deßhalb nöthig, weil der Gußstahl nur in rechter Temperatur zum vorteilhaften Gusse gelangen
kann.
Wird nämlich der Stahl zu hizig ausgegossen, so nimmt er einen unverhältnißmäßig
großen Raum in der Form ein, sinkt aber bald darauf so stark nach, daß die äußere
erkaltete Hülle des nachgesunkenen Theils verloren geht; – im andern Falle,
wo man zu lange mit dem Ausguß gezögert hat, wird der Stahl keinen dichten Ausguß
geben können, weil dazu die nöthige Flüssigkeit fehlt.
Die Formen, in welche der Stahl gegossen wird, bestehen aus Gußeisen, sind aus zwei
Theilen, der Länge nach, zusammengefügt, die durch 2 Bänder und Keile
zusammengehalten werden und einen geschlossenen Boden haben, oben aber offen
sind.
Je nach dem Bedarf wendet man die verschiedenartigsten Formen hinsichtlich der Größe
und der Maaße des Querschnitts an: so finden sich hier Formen, die den Stahl aus 4
Tiegeln, aus 2 Tiegeln und nur aus 1 Tiegel fassen. Leztere werden am häufigsten
gebraucht und haben einen Querschnitt von
2'' Höhe,
3'' Breite;
die Länge der Formen ist 2'.
Man erwärmt die Formen vor dem Gusse, streicht sie wegen besserer Ablösung des Stahls
mit Steinkohlentheer aus und läßt sie bis zur Handwärme erkalten, in welchem
Zustande sie in aufrechter, sehr wenig gelehnter Stellung zum Guß bereit gehalten
werden.
Wenn der Meister den zum Guß geeignet erkannten Tiegel mit einer starken Bügelzange
aushebt, sind die beiden Schmelzer dabei behülflich und vollführen den Ausguß des
Tiegels mit Hülfe einer doppelten Schenkelzange, in deren Bügel der ausgehobene
Tiegel gesezt wird. Auch beim Ausguß muß hinsichtlich der Geschwindigkeit ein durch
Erfahrung auszumittelndes Maaß beobachtet werden, wenn gehörige Dichtigkeit des
gegossenen Stahls erzielt werden soll, da ein zu schneller Guß ähnliche Nachtheile
wie zu hohe Temperatur herbeiführt.
Nach vollendetem Gusse wird der Tiegel, an dessen Boden der Untersaz festgeschmolzen
ist, umgekehrt, mit einem Beile vom Schlakenansaz befreit und dann schnell in einen
Reserveofen gesezt, der einige Zeit zuvor angewärmt seyn muß. – Auch der
zweite Tiegel wird dann so behandelt, und während beide im Reserveofen stehen,
reinigen die Schmelzer den Stahlofen von allen Schlakenansäzen, indem sie den Rost
ausziehen und mit dem Spatte die Schlake von den Wänden abstoßen.
Diese Arbeit wird möglichst schnell gefördert, dann der Rost eingelegt und die Tiegel
aus dem Reserveofen wieder eingesezt, und so folgt behuf der zweiten Schmelzung
dieselbe Arbeit, wie sie bei der ersten beschrieben ist.
Die sehr schwierige Arbeit des Ofenreinigens wird lediglich durch die schlechte
Beschaffenheit des Brennmaterials herbeigeführt und kann hier gar nicht entbehrt
werden, während sie bei guten und reinen Kokhs nicht erforderlich seyn würbe, was
denn auch die Ersparung der Feuerung des Reserveofens zur Folge hätte.
Aber nicht allein dieser Nachtheil, sondern auch das starke Abzehren der
Oefen- und Tiegelwände wird durch unreines Brennmaterial befördert, und die
starke Schlakenbildung macht überhaupt eine größere Arbeiterzahl, als außerdem
nöthig seyn würde, erforderlich.
Durch den um den Untersaz sich bildenden Schlakenrand kleben die Tiegel so fest mit den
Wänden des Stahlofens zusammen, daß nicht allein 3 Arbeiter beim Ausheben des
Tiegels erforderlich sind, sondern auch der Bursche unterm Rost mittelst einer
Hebestange, auf empfangenes Zeichen durch Klopfen, zum Aufheben behülflich seyn muß,
weil sonst der Fall sich ereignen könnte, daß der Tiegel unten festgehalten, durch
die Gewalt der drei zum Aufheben angestellten Arbeiter abgerissen würde, wobei der
geschmolzene Stahl verloren ginge.
Zum ersten Schmelzen, bei welchem die Tiegel mit 25 bis 27 Pfd. besezt sind, werden
in der Regel 4 bis 4 1/2 Stunden erfordert; beim zweiten Schmelzen werden die Tiegel
schon kleiner, es können nur 22 bis 24 Pfd. eingesezt werden, und die Verdünnung der
Tiegelwände wie die Zunahme der Temperatur lassen die Schmelzung bei 3 1/4 bis 3 3/4
Stunden Zeitverwendung zu. Das dritte Schmelzen mit 20 bis 22 Pfd. Besaz, noch mehr
durch hohe Temperatur und dünnere Tiegelwände begünstigt, dauert gewöhnlich nur 2
3/4 bis 3 Stunden.
Wenn es besonders darauf ankommt, schwere Güsse zu erzielen, so kann in jedem Tiegel
bis zum Belaufe von 30 Pfd. summarischen Gehalts nachgesezt werden, was jedoch nicht
eher geschehen darf, bis der Stahl nothdürftig eingeschmolzen ist.
Zuweilen ist auch wohl versucht worden, eine vierte Schmelzung in denselben Tiegeln
vorzunehmen, und zwar mit gutem Erfolg; da aber die Unsicherheit wegen Ausdauer der
Tiegel zunimmt, und die Arbeiter schon bei dreimaliger Schmelzung völlig erschöpft
sind, auch das Antempern der Tiegel den beiden Schmelzern wechselweise noch obliegt:
so wird von der weitern Ausnuzung der Tiegel abstrahirt, wenn sich auch nach der
dritten Schmelzung die Tiegel noch stark genug zeigen sollten; ohnehin ist die
Abzehrung der Tiegelmasse sehr verschieden und ganz von dem Luftzuge abhängig.
Besonders bei Sturm werden die Tiegel sehr stark angegriffen; am besten geht die
Schmelzung bei kaltem, ruhigem Wetter von Statten.
Sowohl durch Risse als auch aus Löchern in den Tiegelwänden kann Stahl im flüssigen
Zustande verloren gehen, und es hängt der gute Erfolg theils von der vorsichtigen
Tiegelanfertigung, theils von der vorsichtigen Behandlung beim Gebrauch der Tiegel
ab, die gerade hier wegen starken Schwindens aufs Aeußerste getrieben werden muß,
weßhalb auch während des Einsezens der Tiegel und während des Ausgusses derselben
kein Zutritt frischer Luft gestattet werden darf, was die Arbeit im geschlossenen
Räume sehr erschwert und nachtheilig für die Gesundheit macht.
Gußstahl-Schmiedung.
Nach Verlauf von 5 bis 10 Minuten können die gegossenen Gußstahlbarren ohne Nachtheil
aus den Formen genommen werden, doch gelingt es nicht, dieselben ohne vorherige
Erkaltung auszuschmieden, vielmehr scheint diese durchaus erforderlich zu seyn, wenn
nicht ein Zerbrökeln unter dem Hammer entstehen soll.
Das Ausschmieden geschieht unter den vom Wasser getriebenen Schwanzhämmern, und es
bedarf in deren Betreff der Anführung, daß wegen schnellern Wechsels der
Hammerschläge ein größerer Wellkranz mit einer bedeutendern Anzahl Däumlinge als
sonst üblich (14 Kammen) zur Anwendung kommen mußte, daß aber dennoch mit diesem
Hülfsmittel nur 220 bis 240 Schläge in der Minute erreicht werden, während es zum
schnellen Ausreken ersprießlich wäre, 280 bis 300 Schläge in der Minute zu erhalten.
In diesem lezten Falle möchte dann freilich auch ein leichterer Hammer zum Schmieden
gebraucht werden, als es jezt geschieht, indem man jezt durch Nachdruk der Schläge
die fehlende Geschwindigkeit zu ersezen sucht.
Jedenfalls ist der Natur des Gußstahls der Gebrauch leichter Hämmer mit schnellem
Schlage am angemessensten, weil auf diese Weise die Wärme am gleichartigsten benuzt
wird, ein Zerfahren weniger zu fürchten ist und die Bildung der Langrisse weniger
Ausdehnung findet; besonders ist diese Behauptung auf ganz feine Gußstahlsorten
anzuwenden, die bei schwerem Hammerschlage nicht gut und nicht fehlerfrei
geschmiedet werden können.
Um aber bei den schnell auf einander folgenden Hammerschlägen der Gefahr, vom Amboß
abzugleiten, zu entgehen, ist derselbe, gleich wie die Bahn des Hammers, so
eingerichtet, daß bei ein und demselben Stande des Arbeiters, nämlich an der Seite
des Hammers, das Reken wie auch das Schlichten der Stäbe geschehen kann, indem die
Hälfte des Ambosses etc. aus schmaler Bahn zum Reken besteht, die andere Hälfte aber
eine quadratische schlichte Platte ist, welche zum Schlichten dient.
Der behuf Wärmung des Gußstahls zur Anwendung kommende Ofen in der Zainesse hat
ähnliche Dimensionen wie der zum Schienenschmieden, nur beträgt seine Länge kaum 2/3
von jenem, und ein an der Seite angebrachter Vorwärmraum, aus welchem die Flamme des
Ofens ins Freie tritt, dient dazu, die Gußstahlstüke allmählich zur Annahme einer
höhern Temperatur vorzubereiten.
Die Heizung geschah sonst mit einem Gemisch von leichten Kokhs und guten Holzkohlen;
jezt läßt man erstere ganz weg und hat bei reinen Holzkohlen bessern Erfolg für,
wenn gleich geringern aber gleichmäßigen Wärmegrad. Am besten eignen sich gute Kohlen
von weichen Holzarten dazu, weil sie schnelle Hizentwikelung geben.
Für das Wärmen des Gußstahls dient die Regel: nicht unter hoher Rothglühhize zu
bleiben, dagegen die Gelbglühhize oder den geringsten Grad der Weißglühhize nicht zu
überschreiten.
Jeder Gußstahlbarren bekommt eine Vorhize, und mit dieser findet eine vorläufige
Ueberschmiedung Statt, um die porösen Stellen im Innern zu verdichten und den Stahl
zum gleichmäßigen Eindringen des erforderlichen Wärmegrads durch geringern
Querschnitt empfänglicher zu machen.
Es kommt beim Gußstahlschmieden außerordentlich viel auf gleichmäßige und in den
gehörigen Gränzen bleibende Wärmung an, weßhalb sehr aufmerksame Arbeiter dazu
gewählt werden. Im Falle der Ueberwärmung verliert der Stahl an Güte und zerfährt
leicht unter dem Hammer; im Falle des Ausschmiedens bei zu geringer Temperatur
können die Hammerschläge, namentlich bei Stäben von starken Dimensionen, nicht
durchwirken, mithin wird die erforderliche Dichtigkeit nicht beschafft. Daß aber
ungleichmäßige Wärmung, die namentlich nicht bis in den innersten Kern gedrungen,
nachtheilige Folgen haben müsse, ist unverkennbar; es ist daher das Vorwärmen als
ein Mittel zur bessern Leitungsfähigkeit bis ins Innere anzusehen und deßhalb für
sehr nüzlich zu halten.
Das Schmieden erfordert wegen schnellen Hammerschlages und wegen der in der Regel
verlangt werdenden geringen Dimensionen sehr viele Handfertigkeit, besonders da der
Gußstahl, seiner großen Dichtigkeit wegen, viel Widerstand leistet, und die
Ausschmiedung viel genauer verlangt wird, als es beim Eisen in ähnlichen Dimensionen
je der Fall gewesen ist.
Hinsichtlich der feinern platten Sorten tritt eine große Erleichterung beim Schmieden
dadurch ein, daß diese nicht auf der hohen Kante geschichtet zu werden brauchen, da
dieses Verfahren den dünnen platten Stäben nur nachtheilig seyn und zu Langrissen
reichliche Veranlassung geben würde.
Bei den sehr schnellen Hammerschlägen ist ein Nachmessen der Dimensionen während des
Schmiedens kaum thunlich und muß sich daher der Schmied hauptsächlich auf sein
Augenmaaß verlassen, übrigens wird demselben, wenn er nur auf gute Amboß- und
Bahnflächen und richtige Stellung des Hammerwerks hält, die Erzielung einer schönen
Oberfläche dadurch sehr erleichtert, daß der Gußstahl vermöge seiner ausgezeichneten
Dichtigkeit bei der Vollendung unter dem Hammer fähig ist, eine Art Politur
anzunehmen, die bei dem Eisen nie erreicht wird und den Gußstahl, der mindestens bei
dünnen Stäben bis zur
Schwarzbraunwärme gehämmert wird, als ein höchst vollendetes Fabricat aus der
Schmiedung hervorgehen läßt, was beim Schmieden des Eisens nie in dem Maaße der Fall
ist, wozu indeß auch vorzüglich die fast vollkommene Fehlerfreiheit gut gelungener
Gußstahlbarren und ihre ganz gleichmäßige Textur wirksam seyn muß.
Nach dem Schmieden wird mit jedem einzelnen Stabe eine sehr genaue Revision
vorgenommen, und nicht allein das rauhe Ende davon abgeschlagen, sondern es werden
auch fehlerhafte Stellen durchs Aushauen der betreffenden Theile der Stäbe
vermieden. Sowohl die rauhen Enden als auch die fehlerhaften Stüke werden beim
Schmelzen der Stahlbeschikung nach und nach wieder zugesezt.
Beim Schmieden sind 2 Arbeiter erforderlich, deren einer das Wärmen, der andere das
Schmieden besorgt.
In einzelnen Fällen, besonders bei ganz dünnen Gußstahlstäben wie auch beim
Rundstahl, nimmt man gern seine Zuflucht zum Walzwerke und läßt den Stahl, nachdem
er vorher gehörig dicht geschmiedet ist, dort, zwar mit gehöriger Vorsicht beim
Wärmen, übrigens aber wie das Stabeisen, behandeln. Doch ist zu bemerken, daß der
Gußstahl, wegen seiner Dichtigkeit und Härte, andere Verhältnisse der Rekfähigkeit
und Ausfüllung der Spuren beurkundet, worauf beim Verwalzen stete Rüksicht genommen
werden muß.
Mannichfaltigkeit der Sorten des
Gußstahls.
Schon beim Schmelzproceß, unter dem Abschnitte Beschikung, ist darauf hingedeutet,
daß in Bezug auf Qualität, allein durch verschiedenen Kohlenstoffgehalt veranlaßt,
sehr viele Sortenabtheilungen Statt finden können; um indeß den Handel nicht zu
complicirt zu machen, ist man in neuerer Zeit in der Regel auf zwei Hauptsorten,
„schweißbaren und unschweißbaren“ zurükgegangen, da sich
ohnehin durch die verschiedenen Dimensionen wieder viele Unterabtheilungen, die
indeß auf den Preis allein nur Einfluß haben, bilden.
Zu mehrerer Erleichterung beim Verkauf sind vier Gattungen angeordnet, wovon die
1ste Gattung:
alle Stäbe von 3/4'' und darüber, wie auch alle im
Querschnitt entsprechenden platten Sorten;
2te Gattung:
Stäbe von 1/2 und 5/8'' und correspondirende platte
Sorte;
3te Gattung:
Stäbe von 3/8'' und platte Sorte;
4te Gattung.
Stäbe von 1/4'' und platte Sorte enthält.Die Preise sind, in Courant für das köln. Pfund folgendermaßen gesezt:Stäbe
von
–
– –1/4 bis
3/83/8 – 1/21/2 – 3/43/4 –
1Zoll
Quadrat
–
– –6 Ggr.6 –5 –5
– 6 Pf. 2
–10 – 6 –die entsprechendenplatten Sorten
hiemituͤbereinstimmend. Alle feinern Dimensionen können zwar auf Verlangen hier auch erzielt werden,
indeß richtet sich der Preis nach der Schwierigkeit der Anfertigung und ist nicht
fest bestimmt. Der Rundstahl wird nach den verschiedenen Dimensionen mit in die 2te,
3te und 4te Gattung einrangirt.
Unter 5/16'' wird er vom Walzwerke nicht geliefert; indeß kann auf Verlangen
die Anfertigung feinerer Rundstahlsorten beim Drahtwerke auf der Königshütte
vermittelt werden.
Qualität des Gußstahls.
Ueber die Güte des hiesigen Gußstahls scheint das Publicum noch im Zweifel zu seyn,
und es ist daher keine seltene Erscheinung, daß an ein und demselben Handelsplaze
der Gußstahl Lob und Tadel erntet, je nachdem die denselben verarbeitenden Künstler
und Handwerker damit umzugehen wissen oder nicht, und sich überhaupt die Mühe geben,
dessen Eigentümlichkeit kennen zu lernen.
Wenn keineswegs eine anmaßende Behauptung über völlig untadelhafte Beschaffenheit des
hiesigen Gußstahls aufgestellt werden darf, so kann doch auch die aus eigener
Erfahrung geschöpfte Gewißheit der Brauchbarkeit zu den feinsten wie zu gröbern
Arbeiten nicht ganz unberüksichtigt bleiben, und die so vielfach abgegebene
vortheilhafte Beurtheilung eines Theils des verbrauchenden Publicums nicht ganz
außer Acht gelassen werden.
Der schweißbare Gußstahl hat den besondern Vorzug vor dem englischen Gußstahl, sich
besser und mit weit weniger Mühe (obgleich immer noch mit Vorsicht) einschweißen zu
lassen, wodurch er den gröbern Fabricationszweigen gestählter Eisenwaaren zugänglich
wird und diese vermöge seiner feinen und dauerhaften Schneide zu einer
Vervollkommnung bringt, die zur Erzielung höherer Preise für den Fabrikanten führt
und mindestens den Erwerb von brauchbarerem schneidendem Geschirre zur Folge
hat.
Die Sensenfabrication scheint ausnahmsweise in Sulingen rühmlichst den Weg zum
weitern Fortschreiten in dieser Art betreten zu haben, und es läßt sich wohl
erwarten, daß nach und nach dieses Beispiel gute Früchte bringen werde, da der
Sensenschmiedereien im Lande so viele sind und außerdem ohne Zweifel der Gußstahl
auch bei andern
Blankschmiede-Arbeiten zum Einschweißen gebraucht werden kann.
Daß sich der hiesige unschweißbare Gußstahl zu Dreh- und Bohrschneiden und zu
Stuffmeißeln, deßgleichen zu Feilen vortrefflich eignet, ist durch eigene
Verarbeitung zu diesem Zweke hinlänglich bewiesen, auch die feinsten Augen-
und sonstigen chirurgischen Instrumente, wie auch die schönsten und brauchbarsten
Messer sind seit Jahren davon gearbeitet; indeß die Eigentümlichkeit, bei geringerer
Temperatur vor dem Härten (als der englische) die feinste Schneide zu geben, hat
manche sehr verschiedene Begutachtungen hervorgerufen; auch ist das öftere Vorkommen
von Härtebrüchen dem Rufe sehr nachtheilig gewesen; denn wenn auch mitunter die
Fabrikanten nach langzeitig ausgesprochenem Tadel anerkannt haben, daß bei
kläglicher Aenderung ihres Verfahrens die Härtebrüche größtenteils vermieden sind,
so kann man die Neigung dazu doch nicht abläugnen und hält es sehr schwer, diesem
Fehler vorzubeugen.
Die auf große Dichtigkeit basirte Politurfähigkeit ist erwünscht, und mit der
Vervollkommnung des Gusses und der Oberfläche der Barren hat die Rissigkeit, welche
sich oft bis ins Innere erstrekte, und den unschweißbaren Stahl zuweilen unbrauchbar
machte, abgenommen.
Durch das Zusammenziehen der gegossenen Barren, nachdem die Außenkruste bereits
erkaltet ist, entstehen nämlich im Innern Höhlungen, die luftleer sind und zu
vollkommener Dichtigkeit beim Schmieden gelangen, so lange keine correspondirenden
Löcher an der Oberfläche das Eindringen der Luft in die innern hohlen Räume
begünstigen.
Ist aber die Communication einer innern Höhlung mit der Oberfläche unglüklicherweise
hergestellt, so kann ein Riß nicht mehr vermieden werden; daher die äußerste
Sorgfalt auf schlichte und dichte Oberfläche der gegossenen Barren zu verwenden
ist.
Auch die Härte des Gußstahls ist, wie sich durch den Gebrauch zu Münzstempeln ergeben
hat, gut und dauerhaft; selbst bei dem schweißbaren Gußstahl, wo freilich etwas an
Härte aufgeopfert werden muß, fällt sie über Erwartung gut aus; doch muß immer noch
das rege Streben vorliegen, mit der großen Härte eine gewisse Zähigkeit zu
verbinden, was als höchstes Ziel der Gußstahlfabrication angesehen werden kann.