Titel: | Ueber die Anwendung des Dampfes als bewegende Kraft, mit besonderer Rüksicht der ökonomischen Benuzung von atmosphärischem und Hochdrukdampf. Von George Holworthy Palmer. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. II., S. 4 |
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II.
Ueber die Anwendung des Dampfes als bewegende
Kraft, mit besonderer Ruͤksicht der oͤkonomischen Benuzung von
atmosphaͤrischem und Hochdrukdampf. Von George Holworthy Palmer.
Aus den Transactions of the Institution of civil
engineers. Vol. II. pag. 33, in den Verhandlungen des preuß. Gewerbevereins
1838, Liefer. 2, mitgetheilt von Hrn. Wedding.
Mit einigen Anmerkungen von Schubarth.
Palmer, uͤber die Anwendung des Dampfes als bewegende
Kraft.
Wenn gleich die vergleichsweise geführten Untersuchungen des Nuzeffects Cornwaller
und anderer Maschinen schon mehreremale die Aufmerksamkeit der Mitglieder des
Instituts (und wahrlich auch diejenige aller praktischen Mechaniker) in Anspruch
genommen haben, so fehlt es doch an einer genügenden Darlegung der Gründe, warum der
Effect der zuerst genannten Maschinen so bedeutend denjenigen der besten nach Watt'schen Principien erbauten Dampfmaschinen übertrifft.
Der Unterschied ist auffallend, wenn man die officiell mitgetheilten Angaben über
den Nuzeffect von 10 bis 12 Cornwaller Dampfmaschinen vergleicht, wonach mit einem
Bushel Steinkohlen (= 84 Pfund) 70 Millionen Pfund Wasser einen Fuß hoch, ja in
einigen Fällen sogar 100 und selbst 120 Millionen Pfund gefördert worden sind. Schon
der Effect von 70 Millionen übertrifft denjenigen der besten Watt'schen Maschinen (pp. 28 Millionen Pfund) und das Maximum des Effects,
welcher bisher mit einem Bushel Steinkohlen erzielt wurde, ist so bedeutend, daß ich
mich um so mehr veranlaßt fühle, die Aufmerksamkeit hierauf zu lenken, als die
Gründe, welche ich hiemit der geneigten Prüfung übergebe, daß die Untersuchungen
unserer Cornwaller Freunde muthmaßlich auf einem Irrthum beruhen, mir selbst so einleuchtend sind.
Die Dauer der Zeit, in welcher die Beobachtungen, oder das Abwiegen des Wassers
Statt gefunden, war wohl zu kurz, um eine Ueberzeugung von dem wirklichen Betrage
der geförderten Wassermenge durch das Gewicht des in derselben Zeit verbrauchten
Brennmaterials zu erhalten; sind aber die Annahmen falsch, so müssen es auch die
Resultate seyn. Mich hat die nachfolgende Untersuchung von der Richtigkeit meiner
Ansicht ganz erfüllt, und ich hoffe, daß sie mich vom Egoismus freisprechen
wird.
Ohne Rüksicht darauf, ob der als bewegende Kraft benuzte Dampf zu einer oder zu
mehreren Atmosphären gespannt ist; ob er mit oder ohne Expansion, oder auf irgend
eine andere Art verwendet wird; ob er condensirt oder in die Atmosphäre abgeführt
wird; ob die Maschine, in welcher die Verwendung Statt findet, einfach,
doppeltwirkend, oder eine atmosphärische ist; oder ob überhaupt der Dampf in irgend
einem anderen Apparat, den menschliche Weisheit und Kunst, selbst mit Abwendung
aller Reibung, ersinnen möchte, zur Benuzung gelangt; kurz, wenn alle
Bewegungstheile der Maschine im Gleichgewicht, und durch den möglich kleinsten
Betrag von Kraft in Bewegung gesezt würden, und weder der Dampf, noch das Wasser
irgendwo auf Hindernisse beim Durchgange durch Klappen, Hähne, Röhren u.s.w. stieße,
und der Dampf keinen Verlust an Dichtigkeit, Elasticität oder Temperatur von dem
Augenblike seiner Entwikelung bis zu demjenigen seiner gänzlichen Verwendung
erlitte; angenommen diese physikalisch unmöglichen Voraussezungen könnten erfüllt
werden, so behaupte ich doch, daß 70 Millionen Pfund Wasser bei Verwendung von einem
Bushel der besten Newcastler Kohlen, im Gewicht = 84 Pfd., nicht einen Fuß hoch
gefördert werden können, es sey denn, daß durch einen Aufwand von 7 Pfd. Steinkohlen
mehr als ein Kubikfuß Wasser von 40° F. in Dampf von einer oder mehreren
Atmosphären Spannung verwandelt werden kann.
Durch die Ermittelungen des berühmten italienischen Physikers Torricelli wissen wir, daß der Druk oder die Elasticität der Atmosphäre am
Meeresspiegel gleich dem einer Queksilbersäule von 31 Zoll, oder einer Wassersäule
von 35 1/12 Fuß Höhe, demnach der Druk aus jeden Quadratzoll der Erdoberfläche etwa
15 Pfd. beträgt.
Eben so wissen wir, daß ein Volumen Wasser, in Dampf von der Spannung der Atmosphäre
(Queksilberhöhe von 30 Zoll) verwandelt, einen Raum erfüllen wird, der 1694Eigentlich 1696, 4. Mal größer ist, als der im flüssigen Zustande (Temperatur von 40°
F.), vorausgesezt, der Dampf habe genau die Temperatur und Elasticität, bei welcher er erzeugt
wurde.Das heißt: gesättigter Dampf. Wir wissen ferner, daß jener Dampf, wenn er condensirt wird (der
Atmosphärendruk ungeändert) sich auf den 1/1694 Theil seines Volums zusammenzieht
und Wasser wird.
Wir haben endlich Beweise (durch die genauesten Experimente festgestellt, und
wahrscheinlich nicht durch die Verbrennung der Kohlen in den Feuerungsräumen der
Dampfmaschinenkessel übertreffbar, und selbst wenn alle Vorkehrungen getroffen
würden, um einen Verlust durch äußere Abkühlung des Kessels, Cylinders etc. zu
vermeiden), daß 7 Pfd. guter bituminöser Steinkohlen erforderlich sind (wenn die
Verbrennung vollständig erfolgt, wenn keine atmosphärische Luft unzersezt und
erfolglos durch das brennende Material streicht, und wenn die geringste Menge
strahlender Wärme des entwikelten Dampfes verloren geht), um einen Kubikfuß, oder 62
1/2 Pfd. av. d. p. destillirten Wassers von 40°
F. in Dampf zu verwandeln, welcher der Spannung der Atmosphäre gleich ist, oder
einer Queksilbersäule von 30 Zoll das Gleichgewicht hält.
Aus den vorstehenden Angaben will ich den Beweis führen, daß ein Resultat (alle
Reibungen als nicht vorhanden vorausgesezt) kaum von der Hälfte des Betrages
desjenigen, welches einige der Cornwaller Dampfmaschinen, insofern die Angaben
richtig sind, liefern sollen, selbst die Natur nicht beschaffen kann.
Wenn nämlich ein Kubikfuß Wasser in Dampf von einer Atmosphäre Spannung durch die
Verbrennung von 7 Pfd. Kohlen verwandelt werden kann, so erfordern unter gleichen
Umständen 12 Kubikfuß Wasser 84 Pfd., oder ein Bushel Kohlen. 12 Kubikfuß
multiplicirt mit 1694 Kubikfußen oder Volumen gibt 20,328 Kubikfuß Dampf. Der Dampf
soll nun bei 40° F. condensirt werden, so nimmt Wasser seinen Raum ein,
steigt z.B. 35 Fuß hoch, eine Höhe, welche nicht allein den mittlern, sondern den
höchsten Barometerstand übersteigt. Multiplicirt man nun die 20,328 Kubikfuß mit 62
1/2 Pfd. (als dem Gewicht eines Kubikfuß Wasser) und dieses Product mit jener Höhe
von 35 Fuß, zu welchem sich das Wasser in eine Luftleere erhöbe, so erhielte man das
Maximum, welches hier erreicht werden könnte, nämlich 1,270,500 Pfd. Wasser 35 Fuß
hoch oder 44,467,500 Pfd. einen Fuß hoch, mit einem Bushel der besten Newcastler
Kohlen gefördert.
Ist dieß nun das Maximum an Effect, welcher durch Verwendung von Dampf von einer
Atmosphäre, und von einer bestimmten Quantität Brennmaterial entwikelt, erreicht
werden kann, so behaupte ich ferner, daß Hochdrukdampf, mit Expansion verwendet,
keinen so hohen Effect,
als Dampf von einer Atmosphäre, daher eine Hochdrukdampfmaschine nimmer den
Nuzeffect liefern kann, den eine Condensationsmaschine gibt, vorausgesezt bei
gleichen Brennmaterialienmengen. Dieß ist meine unmaßgebliche Meinung, auf Theorie
und Praxis begründet, und die mit derjenigen jedes Mechanikers übereinstimmt, mit
dem ich diese wirklich bedeutungsvolle Sache besprochen habe. Was sagt aber die
Theorie dazu, auf welche ich mich vorhin bezog? – Sowohl hiezu als zur
Beweisführung meiner früheren Behauptung will ich mich der bekannten Naturgeseze
bedienen.
1) Die Summe der sensiblen und latenten Wärme des Dampfes ist eine constante Größe
und zwar beinahe 1172° F.Angenommen 640° C., so beträgt dieses 1184° F.
2) Jeder Körper (Dampf mit eingeschlossen), er mag fest, tropfbar-flüssig,
oder gasförmig seyn, von dem dichtesten und feuerfesten bis zu dem leichtesten,
entwikelt Wärme, wenn er zusammengepreßt wird, oder sein specifisches Gewicht
zunimmt, und absorbirt Wärme, wenn er ausgedehnt wird, oder wenn sein specifisches
Gewicht abnimmt.
3) Um gleiche Wassermengen von irgend einer angeblichen Temperatur und unter gleichem
Druk in Dampf von gegebener Temperatur und Elasticität zu verwandeln, sind gleiche
Mengen von Brennmaterial erforderlich. Wenn auch indessen gleiche Gewichte von
Wasser gleiche Wärmemengen absorbiren, um Dampf von einer Atmosphäre zu entwikeln,
so folgt doch noch nicht hieraus, daß alle Wärmeeinheiten, welche der Hochdrukdampf
absorbirt hat, von dem Brennmaterial herrühren. Das Gesez, welches hierauf Anwendung
findet, ist einfach folgendes: daß gleiche Ursachen auch gleiche Wirkungen
bedingen.
4) Dampf von zwei, drei, oder mehreren Atmosphären Spannung ist nicht aus zwei, drei,
oder eben so vielen Volumen Wasser zusammengesezt, als in einem gleichen Volumen
Dampf von einer Atmosphäre enthalten sind, wenn dieser bei demselben Barometerstand
entwikelt wurde, sondern ersterer enthält weniger Wasser und zwar nach dem
Verhältnisse, als der Druk, unter welchem der Dampf erzeugt wird, zunimmt.
Als Beleg meiner Behauptungen erlaube ich mir nachstehende Beobachtungen und Versuche
mitzutheilen.
Zu 1. Wenn Dampf abgeblasen und in einem gegebenen Gewicht Wasser, von genau
ermittelter Temperatur, condensirt wird, bis das Wasser z.B. eine Temperatur von pp.
212° F. erreicht hat, so wird die Zunahme des Wassers an Menge und Gewicht
genau dieselbe bleiben,
der Dampf mag von einfacher, zweifacher, dreifacher oder noch mehrfacher Spannung
seyn; woraus sich klar ergibt, daß alle sensible Wärme über 212° ohne Wirkung
ist, indem sie durch die Ausdehnung des Dampfes gebunden wird.Mit andern Worten: weil die Summe der sensiblen und latenten Wärme in dem
Dampfe bei jeder Temperatur eine constante Größe repräsentirt. Bei diesem Experiment muß jedoch bemerkt werden, daß der Dampf, welcher
condensirt wird, keine Wärme durch Ausstrahlen verloren habe, von dem Anfang seiner
Erzeugung an bis zum beabsichtigten Effect.Das ist meines Dafürhaltens ganz gleich. Sobald Dampf von 2 Atmosphären durch
Ausstrahlen Wärme verliert, verliert er auch an Spannung, gewinnt aber an
latenter Wärme, bis er endlich geradezu theilweise in Wasser verwandelt
wird. Wie nun ein Ersparniß an Brennmaterial bei dem Gebrauch von Hochdrukdampf
und seiner Verwendung mit Expansion erzielt werden kann, ist mir rein unbegreiflich,
es sey denn, daß eine Kraft obwaltet, die mir unbekannt ist. Es möchte wohl keine
Kraft geben, welche verhindern könnte, daß die sensible Wärme durch die Ausdehnung
latent würde. Entwikelt man in irgend einem geeigneten Apparat Dampf von etwa
500° F. und leitet einen Dampfstrahl auf die Kugel eines Thermometers,
welches sich außerhalb des Dampfentwiklers befindet, so wird man bemerken, daß der
Dampf, indem er die Kugel trifft, eine Temperatur unter der Blutwärme (98°
F.) zeigt;Man vergleiche hiemit, was über die Dampfmaschine von Perkins in Gilbert's Annalen der
Physik, Bd. 78, S. 127 und 350 angeführt wird. entfernt man die Lampe von dem Dampfentwikler und läßt den Dampfstrahl ohne
Unterbrechung und so lange auf die Thermometerkugel wirken, bis er aufhört aus dem
Dampfentwikler zu strömen, so wird in demselben Augenblik das Thermometer sowohl
innerhalb als außerhalb des Dampfentwiklers eine und dieselbe Temperatur, nämlich
212° F. anzeigen. Aus diesem Experiment ergibt sich klar und deutlich, daß,
während die sensible Wärme des Dampfes im Dampfentwikler von 500° auf
212° herabsinkt, die Temperatur desselben beim Ausströmen in die Atmosphäre
von 98° auf 212° steigt. Durch die Ausdehnung des Dampfes werden also
402° Wärme gebunden (latent), indem die Menge der latenten Wärme im Dampf von
672° auf 960° zunimmt, welche leztere Größe die Summe der latenten
Wärme im Dampf von einer Atmosphäre Spannung ausdrükt, während Dampf von 98°
an latenter Wärme 1074° enthält. Da nur Dampf von einer Atmosphäre verwandt
werden kann, ohne daß sensible Wärme in latente verwandelt wird, und da derselbe
eine möglichst wirksame Menge sensibler Wärme enthält, so folgt, daß seine Anwendung
als Betriebskraft, sie mag seyn wie sie wolle, immer noch ökonomischer seyn muß, als diejenige des
Hochdrukdampfes bei Expansion, insofern man den Aufwand an Brennmaterial für beide
Fälle mit einander vergleicht.
Warum Dampf von 500° Temperatur und einer Spannung von 44 Atmosphären über den
Druk der Atmosphäre eine Temperatur von 114° unter derjenigen des Dampfes von
einer Atmosphäre anzeigt, wenn er in die freie Luft ausbläst, bleibt noch zu
erklären. In einer gegebenen Dampfmenge von 45 Atmosphären Spannung und 500°
Temperatur ist bedeutend weniger Wasser enthalten, als in einer 45 Mal größern Menge
Dampf von einer Atmosphäre Spannung; daher muß auch solcher Dampf, bei seiner
Ausdehnung unter den Druk einer Atmosphäre, nothwendig einen größern Theil sensibler
Wärme in latente verwandeln, als wenn der Dampf, welcher derselben Ausdehnung
unterworfen wird, diejenige Wassermenge enthielte, die ihm zu einer 45fachen
Dampfmenge zukäme, und wenn er unter einem Barometerstande von 30 Zoll entwikelt
würde. Ein anderer Theil sensibler Wärme geht dadurch verloren, und wird latent, daß
der Dampf sich unter die Dichtigkeit und Spannung einer Atmosphäre ausdehnt. Die
Beobachtung, daß comprimirte Gegenstände sich viel weiter ausdehnen, sobald der Druk
aufhört, kann man schon an einer Feder von bestimmter Elasticität machen, die,
plözlich losgelassen, über die Lage der Ruhe hinausschnellt, in Folge des Moments,
welches sie durch Gewicht, Elasticität und Geschwindigkeit erlangt. Der Effect,
welcher aus diesen eben erwähnten Gründen erhalten wird, ist so bedeutend, daß Dampf
von 45 Atmosphären Spannung augenbliklich (wenn er sich bis unter den Druk der
Atmosphäre ausdehnt) aus dem gasförmigen in den tropfbar-flüssigen Zustand
übergeht.Ich erinnere an das von Clément-Desormes beschriebene Experiment (das Clément'sche Blättchen). Das Blättchen
wird durch den Druk der Luft gegen den Strom der verdichteten Luft, so wie
des gespannten Dampfes angepreßt, fällt nicht ab. Dieß erklärt sich dadurch,
daß Luft und Dampf von 2 Atmosphären Spannung im Moment des Ausströmens sich
auf das Vierfache des Raumes ausdehnen, so daß ihre Spannung dann nur noch
gleich 1/2 Atmosphäre ist.
Zu 2. Für die zweite Behauptung gibt es unzählige Beispiele, indessen werden schon
einige genügen, die Thatsache festzustellen, daß ein Wechsel des specifischen
Gewichts unmöglich Statt finden kann, ohne daß Wärme entweder entbunden, oder
gebunden wird, das heißt, latente Wärme wird sensibel bei Zusammendrükung, oder
sensible Wärme wird latent beim Ausdehnen. Comprimirt man permanente Gasarten, so
wird im Verhältniß des Zunehmens des specifischen Gewichts sensible Wärme entwikelt
werden, läßt man dagegen das Gas die Temperatur des Raumes annehmen, und plözlich
sich zur
atmosphärischen Spannung ausdehnen, so wird die sensible Wärme, welche vorher beim
Comprimiren entwikelt wurde, plözlich wieder absorbirt und latent werden, so daß
eine Veränderung der Temperatur bis zum Gefrierpunkt erfolgen kann. Dieses
Experiment ist sehr häufig in den Anstalten in London, wo tragbares Gas bereitet
wird, gemacht worden.Man kann es mit der Luftpumpe zeigen. Stellt man unter den Recipienten ein
Breguet'sches Metallthermometer, so wird
lezteres, wenn man die Luft recht schnell evacuirt, eine Abnahme von freier
Wärme, und wenn man die Luft wieder hinzuläßt, eine Zunahme der Temperatur
anzeigen. Beim Compressionsfeuerzeug kann man durch leichtes Hineinstoßen eines
Kolbens schnell Feuerschwamm bloß durch die sensible Wärme entzünden, welche durchs
Zusammendrüken der eingeschlossenen atmosphärischen Luft entwikelt wird. Tropfbare
Flüssigkeiten entbinden ebenso wie Gasarten, bloß durch Vermehrung ihres
specifischen Gewichts, sensible Wärme, wie dieß schon eine Mischung von etwa 4
Theilen destillirten Wasser mit einem Theile concentrirter Schwefelsäure beweist,
welche Mischung in wenigen Secunden schon die Temperatur des kochenden Wassers
übertreffen wird. Ein ganz ähnliches Beispiel liefert der gebrannte Kalk, wenn ihm
Wasser zugesezt wird; die Wärme, welche er entbindet, ist die natürliche Folge
davon, daß das Wasser in den festen Zustand übergeht. Auch starre Körper, so gut wie
tropfbare und gasförmige, unterliegen demselben Geseze; ein geübter Schmied kann
durch einige Hammerschläge auf ein Stükchen Schmiedeisen so viel Wärme
hervorzaubern, daß es rothwarm wird und Schießpulver entzündet. Die Wärme, welche
hier entwikelt wird, ist bloß die Folge davon, daß das specifische Gewicht des
Metalls durch das Hämmern über Ek vermehrt wird, wobei die Cohäsion der einzelnen
Atome des Metalls durch Trennung so vernichtet wird, daß dieses Experimentiren erst
dann wiederholt werden kann, wenn man das Metall schweißwarm gemacht hat. Es findet
durchs Glühen nicht etwa ein Zufluß von Wärme, welche gebunden wird, Statt, sondern
die Schweißhize verbindet nur die einzelnen Theilchen wieder innig mit einander, die
sonst bei wiederholten Hammerschlägen in Stükchen aus einander fliegen würden. Jedes
Metalltheilchen besizt hinlängliche Wärme im latenten Zustande (welche durch Schlag
oder durch irgend eine andere Art von Zusammenpressen der einzelnen Metalltheilchen
daraus entbunden werden kann), um die Identität des Metalles zu zerstören, indem es
in ein vollkommenes Oxyd verwandelt wird, was z.B. geschieht, wenn Eisen-
oder Stahltheilchen durch einen Feuerstein behufs Feuermachens abgeschlagen
verbrennen. Der verstorbene Wedgwood war nicht wenig
erstaunt, bloß durch Reibung zweier unverbrennlicher Körper, Glas und Stein, Wärme
hervorzubringen; er mag indessen keine Idee davon gehabt haben, daß diese
Erscheinung nur Folge von Zusammendrüken oder Vermehren des spec. Gewichts durch
Reibung und Abnuzung der auf einander wirkenden Körper war. Es ist endlich noch ein
ganz schlagendes Beispiel aufzuführen; wenn nämlich eine gußeiserne Bombe mit Wasser
gefüllt einem starken Frost ausgesezt wird, so wird das Wasser in den festen Zustand
(Eis) übergehen, und die gußeiserne Hülle, durch die vereinigte Wirkung der
Contraction des Metalls und der Ausdehnung des Wassers, gesprengt; die Cohäsion des
Metalls wird bezwungen, die Bombe zersprengt, und das Wasser augenbliklich fest. In
diesem Augenblik wird Wärme entwikelt; und um die schöne harmonische Wirkung der
Natur in Grund und Folge zu zeigen, findet keine Entwiklung von Wärme vor dem
Gefrieren des Wassers Statt, woraus man abnehmen kann, daß eine Verdichtung der
Materie erfolgt ist.
Daß Wasser in concreter Form als Eis auf dem Wasser schwimmt, wollen die Physiker als
eine Ausnahme des allgemeinen Gesezes betrachtet wissen, nämlich, daß Wärme hier
durch eine Verminderung, statt durch eine Vermehrung des specifischen Gewichts
entwikelt wird, denn Eis (und ich möchte hinzufügen alle Salzauflösungen) schwimmt
in dem Augenblik, wo es krystallisirt, statt daß es sinken sollte. Die Ursache
dieser Erscheinung möchte aber wohl mehr in den unzähligen hohlen, mit Luft
gefüllten Räumchen zu suchen seyn, oder in der Schwimmfähigkeit dieser Zellen oder
Luftkämmerchen, welche die Zunahme des Wassers an specifischem Gewicht beim
Gefrieren compensiren, und daher gerade das Gegentheil der Behauptung erweisen,
nämlich: Entwikelung von Wärme, und doch augenscheinlicher Verlust an specifischem
Gewicht, indem das Eis auf Wasser von gleicher Temperatur schwimmt.Hier geht wohl der Verfasser zu weit, wenn er ganz und gar in Abrede zu
stellen sucht, daß sich das Wasser beim Uebergange in Eis ausdehnt. Er hat
hiebei übersehen, daß ja das Wasser nicht bei 0° am dichtesten ist,
sondern bei + 3,9° C.; daß es sich von hier ab beim Erkalten
ausdehnt, und zwar bis unter 0°, bis der Moment des Gefrierens
eintritt, worauf es sogleich auf 0 wieder erwärmt und dichter wird. Dieses
paradoxe Verhalten ist freilich noch nicht erklärt. Man weiß ferner, daß
Wißmuth und einige Legirungen desselben, Schwefelwißmuth, sich beim
Uebergange aus dem tropfbaren in den starren Zustand ausdehnen, deßgleichen
Stärkesyrup beim Krystallisiren. Wir lernen hieraus, daß das Wasser in dem Augenblik, wo es den festen
Zustand annimmt, nicht bloß sich zusammenzieht, sondern auch sich ausdehnt; im
ersten Falle wird Wärme entwikelt, und im zweiten (nicht in jedem Atom, doch aber im
ganzen Aggregatzustande) schwimmt es auf dem Wasser, welches dieselbe Temperatur
besizt, nicht etwa weil das Eis specifisch leichter als das Wasser ist, sondern
zufolge der Luftzellen und Höhlungen, deren vorhin Erwähnung geschehen. Das
Experiment von Perkins, wonach eine aus weichem
Schmiedeisen gefertigte, und mit großer Geschwindigkeit in Umlauf gesezte Scheibe
nicht nur in eine vorgehaltene Feile einschneidet, sondern auch, zum Erstaunen
selbst der wissenschaftlich gebildeten Männer, glühende Spähne von Stahl und Eisen
abarbeitet, leistet zur Genüge den Beweis von dem Einfluß der Reibung und der
Zunahme an specifischem Gewicht des abgearbeiteten Metalles. Daß die harte
Stahlfeile von der verhältnißmäßig weichern Eisenscheibe durchschnitten wird, ist
gewiß bewundernswerth; wenn man aber berüksichtigt, daß die Dichtigkeit oder Härte
der Feile im Vergleich mit der der Scheibe in einem so viel geringeren Verhältnisse
steht, als die Peripherie oder der geriebene Theil derselben zu der Peripherie der
Scheibe, so fällt das Wunderbare weg. Die Feile ist vielleicht nicht zweimal härter
als die Scheibe, während der Umfang der leztern, welcher mit ersterer in Berührung
kommt, die Fläche jener um hundertmal übertrifft; die Zerschneidung der Feile ist
daher unvermeidlich. Ich zweifle durchaus nicht daran, daß die Anzahl der Theile des
Schmiedeisens, welche hiebei abgearbeitet und verbrannt werden, bedeutend die des
Stahles übertreffe. Dieß läßt sich nicht durch eine oberflächliche Untersuchung, bei
der Größe des Durchmessers und dem dadurch vermehrten Umfang der Scheibe, welche mit
der Fläche und den abgearbeiteten Theilen der Feile in Verbindung gesezt wird,
ermitteln. (?)
Daß ein weicher elastischer Körper einen dichtem unelastischen abarbeiten kann,
beweist schon die bekannte Thatsache, daß der Ballen der Hand Geländergriffe von
Guß- und Schmiedeisen abnuzt; und was ein fast noch größeres Erstaunen
erregen möchte, ist, daß Marmorstufen, welche nach heiligen Hallen leiten, durch die
Reibung mit bloßen Füßen und Knieen der Andächtigen und Frommen förmlich ausgehöhlt
werden!Nicht zu vergessen: Gutta cavat lapidem.
Zu 3. Das dritte Theorem umfaßt positive und negative Eigenschaften, deren jede
allein, abstract betrachtet, die anderen neutralisirt. Die Aufgabe gestattet nur
eine falsche Lösung, es sey denn, daß die vermittelnde Ursache und deren Wirkungen,
die Ausdehnung und die dadurch latent gewordene sensible Wärme als einzelne Glieder
derselben aufgestellt werden, z.B., daß Hochdrukdampf mit Expansion, als
Betriebskraft verwandt, weniger ökonomisch ist, als Dampf von einer Atmosphäre, der
sich nicht eher ausdehnen kann, als bis der Kolben seinen Hub vollendet hat. Es
erscheint im ersten Augenblik allerdings ganz eigen, daß bei der Anwendung von
hochgespanntem Dampf mit Expansion der Gewinn an Brennmaterial gerade so viel
beträgt als der Verlust; wenn diese Behauptung auch paradox erscheint, so ist sie es
doch keineswegs, sie steht vielmehr in voller Uebereinstimmung mit den Naturgesezen;
ich für meinen Theil wünsche aufrichtig, daß alle Paradoxien so leicht aufgeklärt
werden könnten.
In der Praxis wissen wir recht gut, daß jede Erhöhung der Spannung des entwikelten
Dampfes um eine Atmosphäre in weit kürzerer Zeit geschieht, als erforderlich war, um
die vorhergehende Atmosphärenspannung hervorzubringen, selbst wenn gleiche
Brennmaterialienmengen verzehrt wurden, oder gleiche Wärmezunahmen in gleichen
Zeitperioden Statt gefunden haben. In diesem Falle wird die Ersparung an
zuzulegendem Brennmaterial im genauen Verhältnisse zur gewonnenen Zeit stehen; es
wird sich Dampf von einer bestimmten Zahl von Atmosphären-Spannungen bilden,
der weniger Wasser enthält, als sich in demselben Dampfvolumen von nur einer
Atmosphäre Spannung befinden würde, da als unvermeidliche Folge latente Wärme
sensibel wird, so wie die Dichtigkeit des Dampfes zunimmt. Diese freie Wärme
vermehrt natürlich die Elasticität des Dampfes, und gibt daher einen genauen
Maaßstab für die Ersparung an Brennmaterial ab, wenn Hochdrukdampf erzeugt wird; sie
geht indessen unglüklicher Weise verloren, wenn solcher Dampf (wie nachher bewiesen
werden soll) mit Expansion verwendet wird. Die Temperatur des Dampfes von einer
Atmosphäre Spannung ist 212°, Dampf von 10 Atmosphären hat 358°, von
20 Atmosphären 418°, von 30 Atmosphären 457°, von 40 Atmosphären
486°, und endlich von 50 Atmosphären 510° Temperatur. Die Menge der
sensiblen Wärme in jedem Atom des Dampfes von 510° Temperatur entwikelt eine
unendlich größere Kraft als die des Dampfes, welcher der Atmosphäre das
Gleichgewicht hält. Wird lezter condensirt, um den Druk der Atmosphäre nuzbar zu
machen, so ist der dadurch hervorgebrachte Effect nur 1/50 desjenigen, welchen Dampf
von 510° Temperatur äußert, obschon dieser eine kaum 2 1/2 Mal höhere
Temperatur als Dampf von einer Atmosphäre besizt.Im Original steht „altbough it is barely 2
1/2 times
less
temperature than atmospheric
steam,“ welches mir auf einem Irrthum zu beruhen
scheint. Hiebei tritt augenscheinlich eine Ersparung an Brennmaterial ein, oder, was
dasselbe ist, eine ungeheure Zunahme an Kraft durch Verwendung einer gegebenen Menge
von Brennmaterial; was aber früher aus dem Wechsel des specifischen Gewichts
hergeleitet wurde, könnte wohl eben so gut aus der Praxis gefolgert werden. Wird wenige Brennmaterial
verbraucht, um Dampf von zunehmender Spannung zu entwikeln (was jedem Experimentator
zur Genüge bekannt ist), so folgt eben so nothwendig daraus, daß der Dampf von jeder
folgenden Atmosphäre Spannung eine geringere Menge Wasser, als Dampf von der
vorhergehenden Atmosphäre enthält,
1) weil gleiche Wärmemengen erforderlich sind, um gleiche Wassermengen in Dampf zu
verwandeln, vorausgesezt, der Dampf habe die Spannung einer Atmosphäre;
2) weil der Dampf an specifischem Gewicht und Elasticität nicht zunehmen kann, ohne
einen Theil seiner sensibeln Wärme in latente zu verwandeln,Hier waltet ein Irrthum ob. Es wird beim Verdichten des Dampfes latente Wärme
sensibel, da die Wärmecapacität abnimmt, nicht aber größer wird. und das ist gerade der hauptsächlichste Verlust;
3) weil die latente Wärme, indem sie in sensible übergeht, nothwendig dem Dampf, in
welchem sie sich verbreitet, eine gesteigerte Elasticität mittheilt, und die Zunahme
an Elasticität, welche dadurch bewirkt wird (wie vorhin bemerkt wurde), gerade so
viel beträgt, als der Gewinn an Brennmaterial oder Wärme, um Hochdrukdampf zu
entwikeln, im Vergleich mit der Entwikelung einer gleichen Dampfmenge von einer
Atmosphäre.
Ganz besonders muß jedoch beachtet werden, daß die Ersparung an Brennmaterial bloß
die Dampfentwikelung (wie vorhin gesagt) betrifft, da es zweierlei ist,
Hochdrukdampf zu entwikeln und denselben mit Expansion als Betriebskraft zu
verwenden, obschon die Gegner dieses Grundsazes zu beweisen sich bemühen, daß, wenn
Hochdrukdampf sich ausdehnt, oder das specifische Gewicht sich vermindert, keine
sensible Wärme latent werde; oder (nach Woolf's irriger
Meinung) daß die zweite Dosis sensibler Wärme dem expandirten Dampf eine elastische
Kraft im Betrage derjenigen der Atmosphäre mittheile (vorausgesezt, daß der Dampf
auf derselben Temperatur erhalten wird, bei welcher er erzeugt wurde).
Dampf von 212° Temperatur und darüber ist eben so gut ein permanentes Gas, als
die atmosphärische Luft, den Fall ausgenommen, daß derselbe einem Druk ausgesezt
würde, der seine eigene Elasticität und die Temperatur, dem jene Elasticität
zukommt, überträfe, dann würde er in den tropfbaren Zustand übergehen. Dampf ist
aber demselben Gesez, wie alle permanenten Gase (nämlich dem Gesez der Elasticität)
unterworfen, sowohl über als bei der Temperatur, bei welcher er entwikelt
wurde.Diese Behauptung ist in der Allgemeinheit, wie sie hier ausgesprochen, nicht
zuverlässig. Der Verfasser will sagen: Dampf dehnt sich wie permanente Gase
bei abnehmendem Druk proportional aus, allein sein Volumen nimmt bei
zunehmendem Druk, aber gleichbleibender Temperatur, nicht proportional ab,
sondern ein gewisser Theil Dampf wird condensirt. Wenn aber die Temperatur
zwekmäßig erhöht wird, so kann die Dichtigkeit des Dampfes sich vermehren,
und zwar dadurch, daß in den Raum, welchen der Dampf einnimmt, immer neue
Portionen Dampf eindringen und Plaz nehmen. Es bleibt daher nur übrig zu zeigen (insofern es nicht schon bewiesen ist),
daß die Menge sensibler Wärme, welche bei der Ausdehnung des Hochdrukdampfs verloren
geht, nicht dadurch compensirt werden kann, daß solcher Dampf mit einer zweiten
Dosis Wärme gesättigt wird.
Perkins bemerkt in dem vierten Bande des Register of arts and sciences, bei Gelegenheit der
Versuche mit Hochdrukkesseln „bei einigen der neuen Versuche habe ich
Dampf zu einem Temperaturgrade erhizt, bei welchem ein völlig gesättigter Dampf
einen Druk von 56,000 Pfd. auf den Quadratzoll hätte zeigen müssen, wenn er
seinen vollen Antheil an Wasser gehabt hätte; der Zeiger am Drukmesser wies aber
nur einen Druk von weniger als 5 Atmosphären nach.“
Hienach wurde also der Dampf, der Tredgold's Regeln
zufolge über 4500 Atmosphären, oder nach den Angaben französischer Physiker 2567
Atmosphären Spannung zeigen, also eine Elasticität von beinahe 38,000 Pfd. auf den
Quadratzoll (anstatt 56,000 Pfd. nach Perkins) haben
sollte, durch Ausdehnung auf eine Spannung von weniger als 70 Pfd. auf den
Quadratzoll reducirt. Perkins entwikelte, einem anderen
noch schlagenderen Experimente zufolge, Dampf von 500° Temperatur, beinahe 50
Atmosphären gleich, und leitete ihn in einen Behälter, welcher weder Wasser noch
Dampf enthielt, aber auf etwa 1200° erhizt war; der Dampf zeigte, aus Mangel
an Wasser, um ihm die nothwendige Dichtigkeit zu geben, am Drukmesser nur einen Druk
von 5 Atmosphären. Noch mehr Beispiele sind, da die Thatsachen mit den Naturgesezen
vollkommen übereinstimmen, überflüssig. Wir haben hier Dampf von 50 Atmosphären
(eigentlich 46 Atmosphären), dem es gestattet wird, sich in einem fast zur
Rothglühhize erwärmten Gefäße auszudehnen, und der noch nicht mehr als 5 Atmosphären
Spannung zeigt; wenn also die zweite Dosis sensibler Wärme, welche dem expandirten
Dampf zugeführt wurde, eben so wirksam gewesen wäre, als die sensible Wärme, welche
durch die Ausdehnung latent geworden, so hätte die Elasticität des Dampfes, anstatt
nur 5 Atmosphären, über 3000 Atmosphären betragen müssen.
Zu 4. Die vierte Behauptung, daß Hochdrukdampf von etwa 10 Atmosphären Spannung nicht 10
Mal so viel wie Dampf von einer Atmosphäre, dem Maaße nach, oder, was dasselbe ist,
nicht 10 Mal so viel Wasser in einem gleichen Volumen wie Dampf von einer Atmosphäre
enthält, ist durch das, was zu Gunsten der früheren Behauptungen angeführt wurde,
für mich so überzeugend, daß ich es für überflüssig halte, noch durch weitere
Beweisführung die Zeit zu verlieren. Alle jene Säze sind so innig mit einander
verwandt, und der eine von dem andern abhängig, daß es schwer seyn möchte, den einen
zu erörtern und zu beweisen, ohne auch den andern mit zu berüksichtigen.
Ich möchte mir die Frage erlauben: wer kann die Naturerscheinungen als richtig
annehmen, und gleichzeitig die Behauptung aufstellen, daß mit der Verwendung von
Hochdrukdampf mit Expansion eine Ersparung an Brennmaterial verbunden sey, im
Vergleich zu dem Effect, den man durch Verwendung von Dampf von einer Atmosphäre
erhält? Meiner Meinung nach läuft die Verwendung von Hochdrukdampf mit Expansion,
selbst wenn die Temperatur, die er bei seiner Entwikelung besizt, erhalten wird, auf
nichts mehr oder weniger hinaus, als um einen Vortheil zu gewinnen, bloß um ihn
wieder abzutreten, und einen geringeren Effect zu erzielen, als erhalten werden
könnte, wenn man statt eines Weges im Kreise lieber den geraden Weg verfolgt hätte.
Man ist dann allen den Uebeln unterworfen, die davon herrühren, daß statt des
Einfachen das Zusammengesezte gewählt wurde; dazu kommt noch eine Extraausgabe an
Capital, Verschwendung an Brennmaterial, Arbeit, Unterhaltung und Abnuzung der
Apparate.
Ich hatte gehofft, daß die öffentlichen Anspielungen und Winke, welche Woolf empfangen hat, ihn veranlassen würden, die falschen
Tabellen zu berichtigen, welche er seit mehreren Jahren in Betreff der Verwendung
von Hochdrukdampf mit Expansion bekannt gemacht hat; die Veröffentlichung derselben
hat dem praktischen Wissen viel Eintrag gethan. Außer Woolf's eigenem Zeugniß von der Gültigkeit der aufgestellten Theorie haben
auch Lehrer und Schriftsteller, welche in ihren Vorträgen und Schriften nicht die
geringste berichtigende Bemerkung gemacht haben, keinen geringen Antheil an der
Uebertragung folgender falschen Grundsäze bethätigt, z.B. daß Dampf von einer
gegebenen Zahl von Pfunden über den Druk der Atmosphäre, wenn er sich um so viele
Male ausdehnt, als er den Druk der Atmosphäre in Pfunden auf den Quadratzoll
übertrifft, nach der Ausdehnung, vorausgesezt es bleibe die Temperatur, bei welcher
er erzeugt wurde, constant, hinsichtlich seiner Spannung gleich sey mit nicht
ausgedehntem Dampf von einer Atmosphäre. Der verstorbene
Tredgold und Dr. Lardner (und
vielleicht auch noch Andere, die ich nicht kenne) haben das Falsche in diesen
Tabellen angemerkt; da nun ihre Bemerkungen öffentliches Eigenthum sind, so gereicht
es jenen Lehrern und Schriftstellern wahrhaftig nicht zur Ehre, daß sie, mit der
Widerlegung bekannt, doch den Gegenstand nicht so weit verfolgt haben, um das
Princip gänzlich zu verwerfen, wie es der Fall seyn muß, da dasselbe mit den
Naturgesezen im Widerspruch steht.
Ich bedaure es aufrichtig, daß Dr. Robison, der doch mit
der Lehre von der latenten Wärme, wie sie Black erläutert
hat, bekannt war, Dampf und permanente Gase (in seiner, unter dem Artikel Dampf in
der Encyclopaedia Britannica mitgetheilten Formel) mit
einander verwechseln konnte, indem er auf den erstern (den Dampf) ein Gesez
anwendete, welches nur auf atmosphärische Luft und andere nicht condensirbare
gasförmige Körper Anwendung findet. Indem dieser berühmte Mann dieß that, verlor er
das Factum ganz aus den Augen, daß die sensible Wärme, welche durch Ausdehnung
latent wird, nicht dadurch compensirt werden kann, daß der expandirte Dampf mit
derselben Zahl von Graden sensibler Wärme gesättigt wird. Erhizt man z.B. ein
gegebenes Volumen Dampf von atmosphärischer Spannung von 212° bis
696°, so wird seine Spannung etwa doppelt so viel betragen, das heißt, er
wird einen Druk von 15 Pfd. über den Druk der Atmosphäre äußern, während Dampf, bei
einer Temperatur von 696° entwikelt, eine Spannung von beinahe 112
Atmosphären haben, oder, nach Tredgold's Regeln mit 14
multiplicirt, 1568 Pfd. Druk auf den Quadratzoll äußern würde. Hieraus ergibt sich
der bedeutende Unterschied, welcher Statt findet, wenn eine gegebene Zahl von Graden
sensibler Wärme dazu verwendet wird, Dampf zu erzeugen, welcher den ihm zugehörigen
Antheil Wasser enthält,Mit andern Worten gesättigten Dampf im Gegensaz von überhiztem Dampf. oder wenn derselbe Betrag an Wärme bei expandirtem Dampf angewendet wird,
welchem nothwendig der Antheil an Wasser abgeht, der ihm seinem Volumen nach zukäme.
Lezter ist es aber einzig und allein, welcher dem Dampf eine gleiche elastische
Kraft ertheilen kann, wenn er auch nachher mit Wärme gesättigt wird.
Unser verstorbener Präsident (Telford) Pflegte zu sagen
„Gebt mir Thatsachen, denn Eine Thatsache wiegt tausend Argumente
auf.“ Sind die Mittheilungen, welche die Cornwaller Mechaniker, deren
Zuverlässigkeit ich gar nicht bezweifle, öffentlich bekannt machen, richtig, so muß
ich das Schiksal anklagen, welches unsere Cornwaller Freunde so auffallend begünstigt, daß
sie in Cornwall Resultate erlangen, welche die Londoner, Manchester und Birminghamer
Mechaniker nicht erreichen können. Ich für meinen Theil muß um Entschuldigung
bitten, wenn ich mein Erstaunen ausdrüke, daß der in Rede stehende Gegenstand nicht
schon lange durch Aufstellung einer Maschine in London, die 70,000,000 Pfd. Wasser,
– ich verlange gar nicht 120 Millionen Pfund – einen Fuß hoch, mit
einem Aufwande von einem Bushel Kohlen zu fördern im Stande ist, beseitigt und
aufgeklärt worden ist. Geschieht dieß, so will ich der erste seyn, der dieses
Resultat als die größte That eines Menschen in dieser Beziehung begrüßt, und den
Cornwaller Mechanikern den Antheil an Lob spenden, welchen sie höchlichst verdienen,
indem sie nicht allein zur Förderung der Wissenschaft, sondern überhaupt für Handel
und Industrie wohlthätig gewirkt haben.
Bevor ich schließe, möchte es noch nothwendig scheinen, darauf aufmerksam zu machen,
daß eine Dampfmaschine bekanntlich fast mehr als den doppelten Betrag an
Brennmaterial bei voller Dampffüllung verbraucht, als wenn sie mit Expansion
arbeitet, das heißt, wenn der Dampfzufluß abgesperrt wird, bevor der Kolben seinen
Hub vollendet hat. Der Effect einer solchen Maschine (wenn sie eine Watt'sche Maschine von 10 Pferden ist) nimmt aber nur zu
im Verhältniß von 10 zu 14,6 Pferden. Diese Abweichung beruht darauf, daß der Dampf
nur zu einer Spannung entwikelt wird, bei der er einer Queksilbersäule von etwa 35
Zoll das Gleichgewicht hält; es findet daher auch nur ein geringer Verlust von Kraft
durch Expansion des Dampfes Statt, indem man ihn absperrt, wenn der Kolben 4/5
seines Hubes zurükgelegt hat, wobei auch alle Vorsicht beobachtet wird, seine
Temperatur möglichst constant zu erhalten, gleich der, bei welcher er erzeugt wurde,
weßhalb die Dichtigkeit des Dampfes auch nur um 1/5 vermindert wird. Der Verlust an
sensibler Wärme, welche durch die Ausdehnung latent wird, und demzufolge der Verlust
an Kraft, sind daher sehr nahe durch die vermehrte Elasticität des Dampfes, indem er
eine zweite Menge sensibler Wärme absorbirt, ausgeglichen, jedoch mit Ausnahme des
Verlustes von beinahe 3 1/2 Pfd. auf den Quadratzoll, welcher durch Mangel an Wasser
entsteht, indem der Dampf sich um 1/5 seines Volumens ausdehnt. Dieß ist jedoch
nicht der Fall mit Dampf von 40 Pfunden und mehr auf den Quadratzoll, wenn sich
derselbe, wie in den Cornwaller Maschinen, ausdehnt; hier ist der Verlust an
Elasticität viel größer, als bei Dampf, der nur einer Queksilbersäule von 35 Zoll
Höhe das Gleichgewicht hält, und zwar in dem Verhältniß, als Dampf von höherer
Spannung eine kleinere Wassermenge enthält, als Dampf von geringerer Spannung, wie
vorhin bewiesen
worden. Die Gründe, weßhalb ein Verlust an Brennmaterial dadurch Statt findet, daß
eine Maschine mit voller Füllung und nicht mit Expansion arbeitet, möchten
vielleicht in Folgendem bestehen. Einer oder mehrere dieser vereinigten Gründe (ganz
abgesehen davon, daß sensible Wärme durch Ausdehnung gebunden wird) möchten schon
genügen, die außerordentliche Zulage, oder den Verlust an Brennmaterial zu erklären,
wenn man den Dampf mit voller Spannung auf den auf- und abgehenden Kolben
wirken läßt.
1) Daß die Maschine nicht constant zum Maximum belastet ist.
2) Daß ein Theil Dampf zwischen Kolben und Cylinder entweicht.
3) Daß die Ventile, Schieber oder Hähne nicht vollkommen dampfdicht schließen,
wodurch ein Verlust an Dampf und daher auch an Brennmaterial veranlaßt wird, und
zwar um desto mehr, je höher die Spannung des Dampfes ist.
4) Daß vielleicht atmosphärische Luft, außer der dem Wasser beigemengten, in den
Condensator gelangt, und dadurch eine vermehrte Belastung der Luftpumpe und der
Maschine erwächst.
5) Daß Dampf aus dem Sicherheitsventil entweicht, wenn die Maschine nicht bis zum
Maximum belastet ist.
Irgend eine dieser Ursachen, wozu auch noch ein schlechtes Schüren gehört, so daß
unzersezte atmosphärische Luft einen Theil der entwikelten Wärme wieder mit
fortreißt, oder daß Brennmaterial durch ein unvollständiges Verbrennen verschwendet
wird, wobei diker Rauch aus dem Schornsteine steigt, tragen mehr oder minder dazu
bei, den Nuzen und Vortheil einer Maschine zu schmälern.
Ich seze voraus, daß Niemand in Abrede stellen wird, daß eine gegebene constante
Kraft, multiplicirt mit einer gegebenen Geschwindigkeit des Kolbens, einen größern
Effect geben wird, als wenn dieselbe Kraft mit einer geringeren Geschwindigkeit
multiplicirt würde, welches doch genau der Fall ist, in welchem Dampf von voller
Spannung zu Dampf, der expandirt ist, zu einander steht. Hiezu kommt noch, daß im
lezten Falle (wie allgemein angenommen) ein Verlust dadurch eintritt, daß sensible
Wärme durch die Ausdehnung latent wird. Dampf mit Expansion verwenden zu können
beweist also nicht nur, daß die Maschine nicht vollständig belastet ist, oder das
Maximum ihres Effects nicht leistet, sondern auch noch, daß die Maschine es mit
einer stets schwankenden Kraft, oder einem solchen Widerstande zu thun hat, wie dieß
bei den Cornwaller Wasserförderungsmaschinen der Fall ist, die daher unter
unvortheilhaften Verhältnissen arbeiten.
Wenn also der hier geführte Beweis bestätigt, daß Dampf von atmosphärischer Spannung,
durch ein Bushel Kohlen erzeugt, als Bewegungskraft verwendet, ohne daß er sich, selbst wenn
keine Reibung vorhanden wäre, ausdehnen kann, bei einem Druk der äußern Atmosphäre
selbst noch größer, als er gewöhnlich angenommen wird (nämlich gleich einer
Wassersäule von 35 Fuß Höhe), nicht mehr als 44,467,500 Pfd. einen Fuß hoch fördern
kann; wie ist es dann möglich, daß Hochdrukdampf mit Expansion verwendet, einen
größern Effect, als Dampf von atmosphärischer Spannung liefern, oder ökonomisch
vortheilhafter seyn soll, da wir doch wissen, daß durch Ausdehnung sensible Wärme
latent wird; daß die Summe der sensibeln und latenten Wärme im Dampf von beliebiger
Spannung eine constante unveränderliche Größe ist; daß jeder Körper, so wie er einem
Wechsel seiner Dichtigkeit ausgesezt wird, entweder Wärme aufnimmt oder abgibt; daß
gleiche Wärmemengen auch gleiche Wassermengen in Dampf verwandeln, der Dampf mag
eine oder mehrere Atmosphären Spannung besizen; daß das Wasser, indem es Dampf von
einer Atmosphäre Spannung liefert, sich nur um 1694 Mal ausdehnt, wenn man die
Temperatur des Siedens constant erhält; daß Dampf von zwei-, drei-
oder mehrfacher Spannung nicht die doppelte, drei- oder mehrfache Wassermenge
enthält, als in einem gleichen Volumen des Dampfes von einfacher Spannung enthalten
ist; endlich daß expandirter Dampf, wenn er mit einem gleichen Betrage sensibler
Wärme, die er verloren (oder die durch Ausdehnung latent geworden), gesättigt wird,
nimmer die Elasticität wieder erlangen wird, die er vor der Ausdehnung besessen?
Räumt man nun ein, daß alle die vorhergegangenen Naturerscheinungen mit den
Naturgesezen vollkommen übereinstimmen, woran ich nicht zweifeln kann, so muß die
Ueberführung folgen: daß die Verwendung von hochgespanntem Dampf mit Expansion
weniger ökonomisch ist, als diejenige von Dampf von atmosphärischer Spannung bei
voller Füllung ohne Expansion. Aus welchem Grunde können dann die Cornwaller
Maschinen einen bedeutend höheren Effect als alle anderen Maschinen leisten? Der
Beweis müßte wahrhaftig streng geführt werden, welcher die vorstehenden Naturgeseze
überwiegen und vernichten, und die Mitglieder unsers Vereins veranlassen könnte,
Angaben über Leistungen zu billigen, die mehr als das doppelte der besten Watt'schen Maschinen betragen, ja sogar die Gränzen
dessen überschreiten, was Dampf zu leisten vermag (unter Umständen, auf welche kein
Mensch einen Einfluß hat, den Luftdruk); es sey denn, daß die Cornwaller Mechaniker
mit 7 Pfd. Kohlen mehr als 62 1/2 Pfd. Wasser von 40° F. in Dampf von
atmosphärischer Spannung verwandeln, und daß man hochgespannten Dampf als
Bewegungskraft benuzen könnte, ohne daß sensible Wärme dabei gebunden oder latent
würde.