Titel: | Verfahren zur Fabrication von kohlensaurem Natron, worauf sich Harrison Gray Dyar in Regent Street, und John Hemming, in Edward Street, Cavendish Square, Grafschaft Middlesex, am 30. Jun. 1838 ein Patent ertheilen ließen. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. XXVII., S. 129 |
Download: | XML |
XXVII.
Verfahren zur Fabrication von kohlensaurem
Natron, worauf sich Harrison Gray
Dyar in Regent Street, und John Hemming, in Edward Street, Cavendish Square, Grafschaft Middlesex, am 30. Jun. 1838
ein Patent ertheilen ließen.
Aus dem London Journal of arts. Sept. 1839, S.
400.
Dyar, uͤber Fabrication von Soda.
Unsere Erfindung beruht auf der Anwendung von kohlensaurem Ammoniak zur Zersezung von
Kochsalz, um auf diese Weise kohlensaures Natron zu gewinnen; und auf der
Wiederherstellung des kohlensauren Ammoniaks oder des größten Theiles desselben zum
Behufe seiner abermaligen Benuzung zur Zersezung des Kochsalzes. Damit die
Beschreibung des Verfahrens, welches wir hiebei befolgen, verständlicher werde,
wollen wir sie in zwei Theile abtheilen, und in dem ersten unser Verfahren bei der
Zersezung des Kochsalzes mit kohlensaurem Ammoniak, in dem zweiten dagegen das
Verfahren beschreiben, welches wir einschlagen, um das Ammoniak gänzlich oder zum
größeren Theil wieder so darzustellen, daß es neuerdings zu demselben Zweke dienen
kann.
Was nun den ersten Theil betrifft, so besteht das käufliche kohlensaure Ammoniak aus
dem sogenannten Sesqui-Carbonat der Chemiker, welches wir jedoch in der
Beschreibung der Kürze wegen unter dem Namen des kohlensauren Ammoniaks verstehen
wollen. Sollte man doppelt-kohlensaures Ammoniak, welches jedoch selten ist,
haben können, so wäre dieses vorzuziehen, weßhalb wir denn auch rathen, bei der
Wiederdarstellung des Ammoniaks so zu verfahren, daß soviel als möglich von diesem
lezteren Salze erzeugt wird. Wir nehmen dem Gewichte nach beinahe gleiche
Quantitäten Kochsalz und kohlensaures Ammoniak, lösen erstens in soviel Wasser auf,
als eben zu dessen Auflösung erforderlich ist, und sezen dann das kohlensaure
Ammoniak, nachdem es vorher in ein feines Pulver verwandelt worden, zu. Man kann
zwar auch das kohlensaure Ammoniak vorher auflösen, und dieser gesättigten Auflösung
das Kochsalz in Pulverform zusezen; doch ziehen wir ersteres Verfahren vor, da es
unserer Erfahrung nach besser ist. Nachdem die Mischung geschehen, überlassen wir
dieselbe der Ruhe, wobei wir jedoch von Zeit zu Zeit umrühren, damit sich die festen
Theile nicht eher abscheiden, als bis sie ihre chemische Wirkung vollbracht haben.
Nach Ablauf dieser Zeit gießen wir die Flüssigkeit ab oder lassen sie durch ein
Filter laufen, und pressen den Rükstand in einer gewöhnlichen hydraulischen Presse
oder in einer Schraubenpresse, oder auf irgend andere Weise aus. Die feste Masse,
welche wir auf diese Weise erhalten, besteht hauptsächlich aus kohlensaurem Natron,
welches jedoch mehr Kohlensäure enthält, als man in der Soda-Asche oder in
dem käuflichen krystallisirten kohlensauren Natron findet. Um diese überschüssige
Kohlensäure auszutreiben und das in dem kohlensauren Natron noch enthaltene Ammoniak
zu gewinnen, erhizen wir die Masse in einer Retorte oder in einem anderen geeigneten
Gefäße so lange auf 699 bis 800° F. (252–341° R.), bis alle
flüssigen und flüchtigen Theile aus ihr ausgetrieben sind, und nur kohlensaures
Natron in der Retorte zurükbleibt. Die aus der Retorte übergehenden flüchtigen
Theile leiten wir in einen Kühlapparat, z.B. in bleierne Ballons, wie man sie
gewöhnlich bei der Fabrication des kohlensauren Ammoniaks zu haben pflegt. Doch kann
die Verdichtung auch auf irgend eine andere zwekdienliche Weise bewerkstelligt
werden.
Den zweiten Theil unseres Verfahrens anbelangend, so betrifft dieser die von dem
kohlensauren Natron abgegossene und aus demselben ausgepreßte Flüssigkeit. Diese
Flüssigkeit enthält salzsaures und kohlensaures Ammoniak, Kochsalz, und
wahrscheinlich auch eine geringe Menge kohlensaures Natron aufgelöst. Zur
Abscheidung des kohlensauren Ammoniaks unterwerfen wir sie in einem
Destillirapparate der
Destillation, und fangen das Product derselben in einem geeigneten Gefäße, welches
wir, um keinen Verlust an Ammoniak zu erleiden, auf irgend eine Weise beständig mit
Kohlensäure gefüllt erhalten, auf. Oder anstatt das Wasser und das kohlensaure
Ammoniak überzudestilliren, sezen wir der Flüssigkeit so lange eine Auflösung von
salzsaurem Kalk zu, als noch ein Niederschlag, der hauptsächlich aus kohlensaurem
Kalk besteht, erfolgt. Die Flüssigkeit ist nach Abscheidung dieses Niederschlages
als eine Auflösung von salzsaurem Ammoniak oder Salmiak und Kochsalz zu betrachten.
Um lezteres aus ihr abzuscheiden, dampfen wir sie, wenn sich die Gewinnung des
Kochsalzes in finanzieller Hinsicht lohnen sollte, so weit ein, daß das minder
auflösliche Kochsalz aus ihr heraus krystallisirt. Das Kochsalz mag übrigens
abgeschieden worden seyn oder nicht, so dampfen wir die Flüssigkeit bis zur
Trokenheit ab, vermengen den aus Salmiak bestehenden Rükstand innig mit einer
hinreichenden Menge gepulverten kohlensauren Kalkes, und sezen das Gemisch in einer
eisernen Retorte oder in einem anderen geeigneten Gefäße der Hize aus, damit sich
kohlensaures Ammoniak aus demselben sublimire. Lezteres fangen wir in einer
Bleikammer oder in einer anderen Vorlage auf, damit es sich darin verdichte. Diese
Kammer sezen wir durch eine Röhre mit einer oder mehreren anderen Kammern in
Communication; und in eine oder mehrere dieser Kammern leiten wir die Kohlensäure
und die sonstigen flüchtigen Substanzen, welche sich dem ersten Theile unseres
Verfahrens gemäß bei der Erhizung des kohlensauren Natrons aus diesem entwikeln.
– Der Zwek, den wir hiebei im Auge haben, ist Verhütung des Verlustes an
Ammoniak durch Verwandlung des freien Ammoniaks in kohlensaures oder
doppeltkohlensaures. Sollte die aus dem kohlensauren Natron ausgetriebene
Kohlensäure zu diesem Behufe nicht ausreichen, so erzeugen wir solche aus
Steinkohlen, Kohks, Holzkohlen oder auf irgend eine andere wohlfeile Weise, und
leiten sie mit einer zur Verdichtung des Ammoniaks genügenden Menge Wasser oder
Wasserdampf in die Kammern. Oder um dem Verluste an Ammoniak noch sicherer
vorzubeugen, leiten wir in die lezte der Kammern eine hinreichende Menge salzsauren
Gases, welches wir mit Schwefelsäure aus Kochsalz oder auch auf irgend andere
ökonomische Weise entwikeln. Dieses Gas verbindet sich nämlich sehr rasch mit dem
freien Ammoniak oder auch mit dem kohlensauren Ammoniak zu Salmiak, welcher in der
Kammer niederfällt, und den wir dann derselben weiteren Behandlung unterwerfen, wie
den durch Eindampfung der Flüssigkeit gewonnenen. Das kohlensaure Ammoniak, welches
wir durch Behandlung des Salmiaks mit kohlensaurem Kalk oder durch Destillirung der
Flüssigkeit auf die
beschriebene Weise, oder nach irgend einem anderen der angegebenen Verfahren
erhalten, verwenden wir neuerdings wieder zur Umwandlung des Kochsalzes in
kohlensaures Natron nach der im ersten Theile unseres Patentes beschriebenen
Methode. Das von dem Salmiak geschiedene Kochsalz kann gleichfalls mit neuem
Kochsalze weiter verwendet werden. Der Rükstand, welcher in den Retorten nach der
Sublimirung des kohlensauren Ammoniaks bleibt, und hauptsächlich aus salzsaurem Kalk
besteht, kann gleichfalls zu dem angegebenen Zweke benuzt werden. Endlich bemerken
wir, daß wir bei allen den beschriebenen Operationen uns solcher Gefäße oder
Apparate bedienen, daß das kohlensaure Ammoniak so wenig als möglich der Luft
ausgesezt ist, damit kein Verlust an Ammoniak Statt finden kann.
Wir binden uns durchaus an keine bestimmten Apparate, denn unsere Erfindung beruht
lediglich auf der Umwandlung des Kochsalzes in kohlensaures Natron mittelst
kohlensauren oder doppelt-kohlensauren Ammoniaks, und auf der Wiedergewinnung
des Ammoniaks zur wiederholten Benuzung desselben zu dem fraglichen Zweke.Wir brauchen wohl kaum zu bemerken, daß das Verfahren der Patentträger sich
auf keine neue chemische Thatsache gründet. A. d. R.