Titel: | Ueber die Natur und Anwendung des im Zustande eines festen, in Wasser löslichen Extracts dargestellten Blauholzfarbstoffs; von Golfier-Besseyre. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. LI., S. 226 |
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LI.
Ueber die Natur und Anwendung des im Zustande
eines festen, in Wasser loͤslichen Extracts dargestellten Blauholzfarbstoffs; von
Golfier-Besseyre.
Aus den Annales de Chimie et de Physique. Maͤrz
1839, S. 272.
Besseyre, uͤber Bauholz-Extract.
Chevreul fand bei der Analyse des Blauholzes
(Campecheholzes) in demselben zwei Farbstoffe, wovon er den einen Hämatoxylin
nannte; der andere bildet nach ihm eine besondere, mit jenem innig verbundene
Substanz. Diese beiden Stoffe sind auch die vorwaltenden in dem wässerigen Extract
oder Absud des Blauholzes; außer ihnen enthält dasselbe noch eine stikstoffhaltige
Substanz, flüchtiges Oehl, Essigsäure, salzsaures und essigsaures Kali, essigsauren
und schwefelsauren Kalk, Eisen- und Manganoxyd.
Chevreul sagt am Schlusse (30ste Vorlesung in seiner Chimie appliquée à la teinture):
„Ist die besondere Substanz mit dem Hämatoxylin als ein schwer
auflöslicher Stoff verbunden, oder ist sie an und für sich auflöslich und
schlägt sie sich nur in Folge einer Veränderung an der Luft nieder? Diese Fragen
sind noch zu lösen.“
Bei meinen Versuchen den Farbstoff des Blauholzes zu extrahiren, bemerkte ich, daß
wenn auch nur eine ganz geringe Menge irgend eines unauflöslichen Oxyds in dem
Abdampfkessel oder in dem Gefäß, in welches man einen selbst nur schwachen Absud
gießt, vorhanden ist, darin fast augenbliklich ein sehr zarter Niederschlag
entsteht, welcher oft sogar durch ein Papierfilter hindurchgehen könnte, der sich
jedoch sehr schnell auf dem Boden des Gesäßes absezt. Nach meiner Ansicht ist dieser
Niederschlag den Carminlaken analog, nur ist darin der Farbstoff in Ueberschuß und
die Verbindung viel weniger beständig; denn ich habe mich überzeugt, daß das über
diesem Niederschlag stehende Wasser bisweilen nur noch einige Procente Farbstoff
enthält, und wenn man es (sammt dem Niederschlag) abdampft, löst sich bei einem
gewissen Concentrationsgrad der ganze Niederschlag, auch wenn er sich schon zu einer
sehr dichten Masse vereinigt haben sollte, wieder im Wasser auf und scheidet sich in
der Kälte nicht mehr daraus ab. Dampft man den Blauholzabsud noch etwas stärker ein,
so läßt er beim Erkalten den Farbstoff fallen, anfangs in kleinen Körnern; später,
wenn der Niederschlag beträchtlicher wird, überzieht sich die Oberfläche der
Flüssigkeit mit krystallinischen Körnchen, deren Form unmöglich bestimmt werden
kann, wenn sie anders eine regelmäßige ist.
Mehrere Umstände tragen zu dieser Fällung des Farbstoffs bei: 1) seine sehr unregelmäßige
Auflöslichkeit; 2) der Einfluß der Salze, Oxyde und anderen Substanzen, womit er im
Absud vermischt ist; 3) vielleicht auch die Einwirkung der Luft und der Wärme,
zusammen oder einzeln für sich.
Ich habe gesagt, daß die Auflöslichkeit des Farbstoffs sehr unregelmäßig ist; dampft
man nämlich den Blauholzabsud mit der größten Sorgfalt ab, um ihn nicht mit Körpern
in Berührung zu bringen, die sich mit dem Farbstoff verbinden könnten, so wird sich
doch bei gewissen Concentrationsgraden, ohne daß die Temperatur geändert wurde, von
selbst Farbstoff in dem Abdampfgefäß niederschlagen. Dieß geschieht in Klümpchen,
welche bisweilen zu einer beträchtlichen Masse anwachsen und so lange unauflöslich
bleiben, bis ein anderer Concentrationsgrad der Flüssigkeit ihre Auflösbarkeit
veranlaßt, wo sodann das Ganze eine gleichartige, in Wasser vollkommen auflösliche
Masse bildet.
Es scheint also, daß sich sowohl auflösliche als unauflösliche Hydrate des
Hämatoxylins bilden, welche leztere in einem späteren Zeitpunkt der Operation wieder
zu auflöslichen werden. Selbst für den höchsten Concentrationsgrad steigt die
Temperatur der Flüssigkeit nicht über 102° C. Von der Richtigkeit meiner
Angabe kann man sich auch auf folgende Art überzeugen: wenn man festes
Blauholzextract in möglichst wenig Wasser auflöst, aber so, daß Alles aufgelöst ist
und auf Einmal alles Wasser zusezt, womit das Färbebad verdünnt werden soll, so
entsteht ein Niederschlag, der sich erst bei längerem Erwärmen der Flüssigkeit
wieder auflöst, und selbst in lezterem Falle wird man oft noch einige Theile, welche
sich durchaus nicht auflösen wollen, abschäumen müssen.
Bei einer gewissen Einengung des Absuds müssen die fremdartigen Substanzen, womit der
Farbstoff gemischt ist, auf denselben einen gewissen Einfluß ausüben, wodurch sie
auf ähnliche Art wie die Beizmittel seine Fällung herbeiführen.
Was nun die Wirkung der Wärme und der Luft betrifft, so wissen alle Färber, daß wenn
ein Blauholzbad lange an der Luft oder über Feuer stand, es abgeschäumt werden muß,
um eine gewisse Portion sogenannter harziger Substanz, die sich bildete,
abzusondern; in diesem Falle fand offenbar eine Einwirkung auf den Farbstoff Statt,
wodurch er zwar niedergeschlagen wurde, ohne jedoch, wie man allgemein glaubt, seine
Natur zu verändern, denn wenn man diesen unauflöslichen Stoff in gewisse
Concentrationsgrade versezt, so wird er sein Färbevermögen und seine Auflöslichkeit
vollkommen wieder erlangen.
Wenn man also den Farbstoff des Blauholzes im Zustand eines festen Extracts anwendet
und damit direct ein ganz reines Färbebad bereiten will, welches nicht abgeschäumt
zu werden braucht, so muß man das Extract vorher mittelst der Wärme in möglichst
wenig Wasser auflösen und das zum Verdünnen des Bades erforderliche Wasserquantum
nur in kleinen Portionen auf Einmal und vorzugsweise warm zusezen.
Durch diese Beobachtungen wird es mir wahrscheinlich, daß die besondere Substanz,
welche nach Chevreul innig mit dem Hämatoxylin verbunden
seyn soll, ein sehr wenig verändertes Hämatoxylin ist, weil man ihr so leicht alle
Eigenschaften desselben ertheilen kann, selbst wenn sie sich schon in dem Zustande
befindet, welchen die Färber verharzt nennen. Diese Ansicht wird noch durch den
Umstand bestätigt, daß man sehr leicht den ganzen Blauholzabsud in die harzige
Substanz verwandeln kann, ohne daß er deßhalb zum Färben weniger geeignet wäre; nur
ist es dann sehr schwierig, krystallisirtes Hämatoxylin daraus darzustellen.
Die rothen Farbhölzer geben ziemlich ähnliche Resultate, wie ich sie für das Blauholz
auseinandergesezt habe, während die gelben Hölzer Farbstoffe liefern, welche gerade
so wie die rothen im festen Zustande dargestellt werden können, die sich jedoch ohne
Vergleich besser auflösen, so zwar, daß z.B. der von morus
tinctoria (Gelbholz) sehr stark eine gewisse Menge Feuchtigkeit anzieht und
dabei stehen bleibt, ohne mehr davon zu absorbiren, sonst aber erleidet er keine der
Veränderungen, wie sie beim Hämatoxylin vorkommen.
Die Darstellung der Farbstoffe aus den Farbhölzern im extractförmigen Zustande
gewährt den Consumenten hauptsächlich folgende Vortheile: 1) die Farbhölzer
erfordern, da sie einen großen Raum einnehmen, bei der Aufbewahrung in Magazinen
einen bedeutenden Plaz (besonders in geschnittenem oder geraspeltem Zustande),
während der ausziehbare Farbstoff im Durchschnitt nur den zehnten Theil ihres
Gewichts und 13/1000 ihres Rauminhalts beträgt. So nehmen z.B. 100 Kil. geraspeltes
Blauholz wenigstens den Raum von 600 Liter ein und liefern 10 Kilogr. Farbstoff,
dessen Rauminhalt nur beiläufig 8 Liter beträgt; 2) der Färber ist durch diese
Extracte in Stand gesezt, immer nur die genau erforderliche Quantität Farbstoff
anwenden zu dürfen, weil die Extracte sich stets gleich bleiben, während der
Farbstoffgehalt der Hölzer von verschiedenem Schlag bedeutend abweicht; 3) gewinnen
die Färber bei diesen Extracten auch deßwegen, weil sie ihre Hölzer nie ganz an
Farbstoff erschöpfen; und 4) endlich können die geschnittenen Farbhölzer durch die
Einwirkung der Luft und des Lichts viel leichter benachtheiligt werden, als die
extractförmigen Farbstoffe, welche sich sehr gut gegen deren Berührung schüzen lassen.