Titel: | Ueber die Zusammensezung des Gußeisens, Stahls und Schmiedeeisens; von Dr. Karl Schafhäutl aus München. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. LXVI., S. 304 |
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LXVI.
Ueber die Zusammensezung des Gußeisens, Stahls
und Schmiedeeisens; von Dr. Karl
Schafhaͤutl aus Muͤnchen.
Aus einem Vortrage desselben in der
Versammlung britischer Naturforscher zu
Birmingham. The Athenaeum No. 621.
Schafhaͤutl, uͤber die Zusammensezung des Gußeisens
etc.
Der Verfasser zeigte, daß der reinste Kohlenstoff selbst bei den höchsten
Temperaturen noch Wasserstoff und bisweilen auch Stikstoff zurükhält und dabei
keinen von beiden abgibt, auch seine inneren und äußeren Eigenschaften durchaus
nicht verändert, ausgenommen, wenn er den Tiegel angreift und sich an deren Stelle
mit Sauerstoff oder Aluminium oder Silicium verbindet. Er behauptete, daß wir kein
sicheres Verfahren besizen uns reinen Kohlenstoff in isolirtem Zustande zu
verschaffen und daß was wir als reinen Kohlenstoff betrachten, immer mehr oder
weniger ein Carburetum (eine Kohlenstoffverbindung) ist. Er beschrieb ferner ein
neues Verfahren Graphit zu gewinnen: nämlich indem man flüssige Frischschlake oder
Eisen- und Mangansilicate über Steinkohlenstüke laufen läßt. Nach dem
Erkalten findet man die Schlakenoberfläche immer mit einer sehr leicht ablösbaren
Graphitschichte überzogen, und zwar nicht bloß an den Stellen, wo die Schlake
wirklich die Steinkohle berührt, sondern auch an denjenigen, wo sie nur mit dem aus
den Steinkohlen entbundenen Rauch in Berührung kam. Die Graphitbildung fängt schon
bei einer Temperatur unter 1500° F. an und erreicht ihren höchsten Punkt
nicht weit über
2000° F. Hr. Schafhäutl erhält auf diesem Wege
zwei verschiedene Arten von Graphit; der eine, im Folgenden mit (A) bezeichnet, bildet elastische Schuppen von der Dike
des Schreibpapiers und sehr trübem Metallglanz; der mit (B) bezeichnete Graphit hingegen hat die Dike des Blattgolds, ist
außerordentlich leicht und fühlt sich fettig an. Beide Graphitarten verlieren ihre
Fettigkeit und ihren Metallglanz in flußsaurem Gase.
Der Graphit (B) bestand aus:
Eisenoxydul
18,600
Kieselerde
7,620
wahrscheinlich mechanisch aber ganz
gleichfoͤrmig vermengt mit
Kohlenstoff
70,342
Silicium
3,074
Verlust
0,364
–––––––
100 000
Der Graphit (A) enthielt:
4,93
Silicium
9,50
Eisen
85,45
Kohlenstoff.
0,12
Verlust.
––––––
100,00
Das Eisenoxydul und die Kieselerde wurden auf die Art bestimmt, daß man die Proben
zuerst mit Säure und dann mit Aezkali erhizte; der Kohlenstoff, durch Verbrennung
derselben mit chromsaurem Blei und chlorsaurem Kali und das Silicium durch
Zusammenschmelzen der Pulver mit kohlensaurem Natron in einem Platintiegel. Hr. Schafhäutl betrachtet hienach den Graphit als eine
chemische Verbindung von Kohlenstoff mit Silicium und Eisen und er zeigte, indem er
nach einem eigenthümlichen Verfahren die Rükstände
erhizte, welche nach der Auflösung des Eisens in Salzsäure bleiben, daß die
chemische Zusammensezung des Gußeisens in seinen zwei besonderen Zuständen als
graues und weißes Gußeisen mit den zwei Graphitarten in directer Beziehung steht,
wie man dieses aus folgender Zusammenstellung ersieht:
Graphit (B).
EisenSilicium
Sauerstoff. Eisensilicat.
SiliciumKohlenstoff
Kohlenstoff-Silicium.
Graues Gußeisen.
EisenSilicium(Aluminium)
Silicium- undAluminium-Eisen.
KohlenstoffSilicium
Kohlenstoff-Silicium.
Graphit (A).
EisenKohlenstoff
Kohlenstoff-Eisen.
KohlenstoffSilicium
Kohlenstoff-Silicium.
Weißes Gußeisen.
EisenKohlenstoffStikstoff
Kohlenstoff-Eisen.
SiliciumKohlenstoff
Kohlenstoff-Silicium.
Er fand ferner, daß alles graue Gußeisen, es mag mit erhizter oder kalter Luft
gewonnen worden seyn, nach der Behandlung mit Salzsäure von bestimmtem specifischen
Gewicht einen graulichweißen Rükstand hinterläßt. Behandelt man diesen Rükstand mit
Aezammoniak, so entwikelt er sehr rasch reines Wasserstoffgas und man findet hernach
in der Auflösung Thonerde mit ein wenig Kieselerde. Der Gehalt von Thonerdemetall
nach der Behandlung mit Säure und die Abwesenheit alles Stikstoffs ist eine
charakteristische Eigenschaft sowohl des französischen als des englischen grauen
Gußeisens; dagegen findet man in den Rükständen des weißen Gußeisens immer
Kohlenstoff, Wasserstoff und Stikstoff, und diese
Rükstände haben auch stets eine bräunliche Farbe; der Stikstoff findet sich ferner
im Stahl sowohl als im Schmiedeeisen. Das Silicium ist nach dem Verfasser immer mit
Kohlenstoff verbunden und im Kohlenstoffeisen aufgelöst; es ist nach ihm auch
außerordentlich schwer eine Legirung von Eisen mit Silicium allein hervorzubringen,
ohne daß etwas Kohlenstoff, Aluminium und andere ähnliche Körper zugegen sind. Er
fand, daß die Molecule alles Eisens eine ähnliche Krystallform haben, welche dem
Würfelsystem angehört, und daß der größte Krystall nicht über 0,0000633stel eines
Zolles im Durchmesser hat, sowie daß hauptsächlich auf der Anordnung dieser Molecule
das abweichende Aussehen der verschiedenen Arten abhängt. Nach ihm kann man durchaus
keine Graphitschuppen im grauen Gußeisen entdeken; die Flächen, welche mit bloßem
Auge betrachtet, Graphitschuppen zu seyn scheinen, zeigten sich unter dem
Vergrößerungsglas als Pentagonale Krystalle, welche im kleinsten Durchmesser nicht
über 0,000355stel eines Zolls breit sind und aus den kleinsten oder primitiven
Eisenmoleculen bestehen. Die Eisenmolecule sind hienach im grauen Gußeisen in der
regelmäßigsten Form angeordnet, weil sich alle ihre Flächen in einer Ebene befinden;
die gleichmäßigste Vertheilung der Molecule zeigt sich im gehärteten Stahl; im
weichen Stahl machen sie ein bündelförmiges Aggregat und im Schmiedeeisen sind sie
loker und länglich an einander gereiht. Schafhäutl
behauptet, daß reines Eisen nicht zusammengeschweißt werden kann und daß das
Vermögen des Eisens, sich zusammenschweißen zu lassen, auf seiner Legirung mit dem
Kohlenstoffsilicium beruht, sowie daß die guten und mannichfaltigen Eigenschaften
aller
Stabeisensorten durch die Legirungen reinen Eisens mit anderen metallischen Körpern
bedingt sind und daß man bisher bei der Analyse der verschiedenen Eisensorten ihren
Gehalt an elektronegativen Metallen meistens übersah. Daß das schwedische Eisen
Arsenik enthält, zeigt sich schon durch seinen Geruch, wenn man es rothglühend
schmiedet. Bei der Analyse eines Eisens muß man seine Auflösung, um die anderen
Metalle abzusondern, in zwei Portionen theilen; in die eine derselben leitet man
nämlich einen Strom Schwefelwasserstoffgas, die andere hingegen präcipitirt man mit
schwefelwasserstoffsaurem Ammoniak und digerirt sie sorgfältig damit. Eine geringe
Menge Kieselerde ist schwieriger von einer großen Menge Eisen zu trennen, als man
gewöhnlich zu glauben scheint; der Kohlenstoffgehalt des Eisens läßt sich nur
dadurch genau bestimmen, daß man es entweder nach Berzelius' Methode in einem Sauerstoffstrom verbrennt oder mit chlorsaurem
Kali und chromsaurem Blei vermengt, wie bei der. Analyse organischer Körper, in
einer Glasröhre erhizt.Die neueste Methode von Berzelius zur Untersuchung
von Stahl, Stab- und Gußeisen ist im polytechnischen Journal Bd. LXXII. S. 41 beschrieben. Das
wegen seiner Einfachheit und Genauigkeit so schäzbare Verfahren von Fuchs zur Bestimmung des Eisengehalts der
Eisenerze und aller eisenhaltiger Körper findet man in Bd. LXXIII. S. 36. A. d. R.
Schafhäutl behauptet, daß der Stahl ein rein mechanisches
Product des Schmiedehammers ist, welcher die Molecule einer gewissen Art weißen
Gußeisens aus ihrer ursprünglichen Lage zieht, in die sie durch die Anziehungskräfte
bei der langsamen Einwirkung der Hize gebracht worden waren. Der Stahl, so wie er
aus dem Schmelzofen oder Tiegel kommt, ist weiter nichts als weißes Gußeisen und der
indische Stahl oder Wootz die beste Sorte desselben. Der Verfasser theilte endlich
noch die Analysen zweier Gußeisensorten und einer Stahlsorte mit. Von jenen war
eines französisches graues Gußeisen, wie man es zu Vienne (Dept. de l'Isère) aus einem Gemenge von Bohnenerz und rothem
Hämatit mit Steinkohlen von Rive de Gier und erhizter Luft gewinnt; es hatte 6,898
spec. Gewicht. Das zweite war von den Maesteg-Eisenwerken bei Neath im
südlichen Wales, wo man es aus einem Gemenge von Thoneisenstein und Rotheisenstein
mit Kohks und erhizter Luft gewinnt; es ist silberweiß, ohne Anzeichen von
Krystallisation und besizt ein specifisches Gewicht von 7,467. Das Stahlstük war ein
geschmiedetes Rasirmesser aus Rodger's Fabrik in
Sheffield und hatte 7,92 specifisches Gewicht.
Grauesfranzoͤsisches
Gußeisen.
WeißesGußeisen
aus Wales.
Stahl.
Silicium
4,86430
1,00867
0,52043
Aluminium
1,00738
0,08571
0,00000
Mangan
0,75130
Spuren.
1,92000
Arsenik
0,00000
0,00000
0,93400
Antimon
0,00000
1,59710
0,12100
Zinn
0,00000
0,00000
Spuren.
Phosphor
0,54000
0,08553
0,00000
Schwefel
0,17740
0,32018
1,00200
Stikstoff
0,00000
0,76371
0,18310
Kohlenstoff
3,38000
4,30000
1,42800
Eisen
89,00740
91,52282
93,79765
Verlust
0,27222
0,31428
0,09382
–––––––––
–––––––––
–––––––––
100,00000
100,00000
100,00000
Es scheint, daß die Eigenschaften des schwedischen Eisens hauptsächlich durch seinen
Gehalt an Arsenik und die des russischen durch seinen Phosphorgehalt bedingt
sind.