Titel: | Verbesserungen an den Apparaten zur Fabrication von schwefelsaurem Natron, Salzsäure, Chlor und Chlorverbindungen, worauf sich Josias Christopher Gamble, Chemiker in St. Helens in der Grafschaft Lancaster, am 14. März 1839 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 74, Jahrgang 1839, Nr. LXXXII., S. 380 |
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LXXXII.
Verbesserungen an den Apparaten zur Fabrication
von schwefelsaurem Natron, Salzsaͤure, Chlor und Chlorverbindungen, worauf sich
Josias Christopher
Gamble, Chemiker in St. Helens in der Grafschaft Lancaster, am 14. Maͤrz 1839 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions. Sept. 1839,
S. 139.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Gamble's Apparate zur Fabrication von schwefelsaurem Natron
etc.
Ich habe gefunden, daß man statt der aus Baksteinen gebauten Oefen, deren man sich
bisher zur Zersezung des Kochsalzes und zu dessen Umwandlung in Glaubersalz
bediente, mit Vortheil eiserne Retorten, welche fortwährend auf einer hohen
Temperatur erhalten werden, anwenden könne, und daß sich dieß bei diesem Processe
freiwerdende salzsaure Gas in den von mir zu beschreibenden Vorlagen sehr gut
auffangen und verdichten lasse.
Fig. 17 zeigt
im Aufrisse und zum Theil im Durchschnitte drei gußeiserne Oefen oder Retorten. A, Nr. 1, ist ein Ofen, der in sechs Wände aus
Baksteinen eingesezt ist. Das Feuer circulirt zwischen diesen Wänden unter dem Boden
der Retorte, kehrt um dessen Seiten herum zurük, und gelangt sodann, nachdem es auch
über die Deke gestrichen, an den in den Schornstein führenden Feuerzug. Auf die
Böden von A, Nr. 1 und Nr. 2, sind Fläche Eisenplatten
von ungefähr einem Zoll in der Dike und 5 Fuß im Gevierte gelegt, um hiedurch die
Böden gegen die durch das Eintragen der Schwefelsäure veranlaßten
Temperatur-Veränderungen zu schüzen. A, Nr. 2,
ist ein Aufriß eines ähnlichen Ofens, an welchem jedoch das Mauerwerk weggelassen
ist. Die Oefen A, A. nenne ich die Zersezungsöfen; den
Ofen B dagegen den Röst- oder Raffinirofen.
Das Eintragen des Kochsalzes auf die Böden der Oefen A, A
geschieht bei den Thüren C, C, deren Schwellen ungefähr
um 6 Zoll höher liegen als die Boden der Ofen, damit keine Schwefelsäure bei ihnen
ausfließen kann. Jede Thür ist mit einem Schieber versehen, an dessen unterstem
Theile sich ein Loch, durch welches die Ingredienzien beständig mit einer Rakel
umgerührt werden, befindet. Die Gestalt der Thüren sieht man an dem Ofen B bei F. Wenn die Oefen und
das in ihnen enthaltene Salz auf 200 bis 300° F. erhizt worden, trägt man
durch die Röhre D eine entsprechende Menge Schwefelsäure
ein, wobei ich vorzugsweise eine Säure anwende, deren spec. Gewicht 1,750 beträgt.
Von der Eintragung der Schwefelsäure angefangen rührt ein Arbeiter mit einer Rakel
die Ingredienzien beständig um, und zwar bis dieselben fest geworden sind. In diesem Zustande wird
das Glaubersalz der Thüre gegenüber in einen Haufen gesammelt und durch die mit
einer Schrägfläche versehene Thür in den Röstofen B
geschoben. In diesem Ofen, auf dessen Boden die Salzmasse von einem zweiten Arbeiter
ausgebreitet wird, beläßt man dieselbe so lange, bis alles Gas ausgetrieben ist, wo
man sie sodann durch die Thür F heraus in eiserne
Schubkarren schafft. Der Röstofen soll hiebei möglichst gleichmäßig auf einer der
Rothglühhize nahe kommenden Temperatur erhalten werden. Das bei diesen Operationen
aus dem Kochsalze ausgetriebene salzsaure Gas gelangt aus den einzelnen Oefen durch
die Röhren G, G, G in die Hauptröhre H, und aus dieser durch die Röhre K in die erste Vorlage.
Fig. 18 ist
ein Grundriß der drei Retortenöfen, aus welchem die Verbindung der Retorten mit der
Hauptröhre H und die Verbindung dieser lezteren mit der
ersten Vorlage zu ersehen.
Fig. 19 ist
ein Aufriß des Röstofens B und der drei Vorlagen L, L, L. Ueber der Vorlage Nr. 3 befindet sich ein
Wasserbehälter M, aus welchem das Wasser durch einen
Sperrhahn in ein kleines Beken N fließt. In diesem Beken
sind auf gleicher Höhe fünf Oeffnungen angebracht, durch welche das Wasser in fünf
kleine Röhren O, O, O, O, O gelangt, um dann in diesen
bei den Oeffnungen, welche in gleichen Entfernungen von einander in der Deke der
Vorlage Nr. 3 angebracht sind, in diese leztere einzufließen. Das durch die Vorlage
Nr. 3 sikernde Wasser gelangt als schwache Säure auf deren Boden herab, tritt als
solche durch einen Hahn in das über der Vorlage Nr. 2 angebrachte Beken N, und gelangt aus diesem auf die bei der Vorlage Nr. 3
angegebene Weise vertheilt in die Vorlage Nr. 2, deren Boden sie als stärkere Säure
erreicht. Auf dieselbe Art gelangt sie endlich auch noch in die Vorlage Nr. 1, aus
der sie zum Gebrauche abgezogen wird. Alle drei Vorlagen sollen, um die
Berührungspunkte zwischen dem Gase und den nassen Oberflächen zu vermehren, mit
Glasscherben oder kleinen Kieseln gefüllt werden, wobei die größeren Kiesel zu
unterst und die kleineren zu oberst zu liegen kommen sollen.
In Fig. 19
sieht man die drei Vorlagen auf solche Art über einander angebracht, das das Wasser
aus dem einen in den anderen fließen kann. An dem horizontalen Durchschnitte Fig. 20 ist
P der Rauchfang und die Röhre, welche die Oefen und
die Vorlagen mit dem Hauptrauchfange verbindet, so daß beständig ein Zug in ihnen
erhalten wird. Will man Salzsäure von verschiedener Stärke gewinnen, so kann man an
der Vorlage Nr. 2 auch noch einen zweiten Hahn anbringen, und bei diesem so viele Säure abfließen
lassen, als man nicht in die Vorlage Nr. 1 laufen lassen will. Man kann diesem
Verfahren gemäß in der Vorlage Nr. 1 Salzsäure von jeder beliebigen Stärke gewinnen.
Die aus der Vorlage Nr. 2 abgelassene schwache Säure kann entweder anstatt Wasser in
die obere Vorlage gebracht, oder zu irgend einem Zweke, zu dem sie sich eignet,
verwendet werden. Den zum Ablassen der schwachen Säure dienen den Hahn sieht man in
Fig. 19
und 20 bei
R an der Vorlage Nr. 2. Die Hähne, Röhren und Beken
sollen von sogenanntem Steingute seyn. Die Hähne sind in gleicher Höhe mit dem Boden
der Vorlagen einzusezen, damit man auch die lezten Reste der Säure aus ihnen
ablassen kann. Die Vorlagen sind aus Fließstein von Halifax zusammenzusezen, und an
den Fugen mit irgend einem den Säuren widerstehenden Kitte zu verstreichen.
Fig. 21 ist
ein Grundriß meines neuen, zur Fabrication von Chlor und Chlorverbindungen
bestimmten Apparates. A, A, A, A sind vier
Destillirblasen, welche unten aus Thon, oben dagegen aus Blei bestehen. Sie sind auf
solche Weise mit gußeisernen Gehäusen umgeben, daß am Boden sowohl als an den
Seitenwänden ein Zwischenraum von 3 Zoll bleibt. Ihre Erhizung geschieht durch
Circulirung von heißem Wasser, von Salzauflösungen, oder auch durch Dampf, welcher
von dem Kessel G herströmt; erstere Methode scheint mir
jedoch den Vorzug zu verdienen. B, B, B, B sind Röhren,
welche von den Destillirblasen aus an die Hauptröhre G,
G führen. An dem Ende der lezteren befindet sich eine kürzere Röhre D, welche man mittelst sogenannter Wasserlutirungen
abwechselnd in die beiden Vorlagen E, E leiten kann. An
der Seite einer jeden dieser Vorlagen E ist bei F eine kleine Oeffnung von ungefähr 10 Zoll im Gevierte,
bei der man das erzeugte Fabricat herausschaffen kann, und welche luftdicht
verkittet werden muß, angebracht. Die hier angedeuteten Vorlagen sind für die
Fabrication von Chlorkalk oder sogenanntem Bleichpulver eingerichtet; man kann sie
jedoch auch zur Bereitung von flüssigem Chlor, flüssigem Chlorkalk, chlorsaurem Kali
oder Natron, oder auch allen anderen dermalen gebräuchlichen Chlorverbindungen
anordnen, in welchem Falle die Wasserlutirungen so tief seyn müssen, daß der Druk in
den Vorlagen überwunden wird.
Fig. 22 zeigt
denselben Apparat zum Theil im Durchschnitte, zum Theil im Aufrisse. A ist der aus Thon bestehende untere Theil der
Destillirblase, welcher die Form eines umgekehrten Kegels hat, 2 Zoll in der Dike
mißt, und 6 Zoll von dem oberen Rande angefangen kegelförmig gebildet ist. Auf
diesen 6zölligen Kegeltheil ist mit fettem Thone der bleierne Dekel gekittet, der
außerdem auch noch durch
einen eisernen Reifen festgehalten wird. Der untere Theil des Bleies reicht bis
unter den Reifen herab, und ist so aufgebogen, daß er einen Kranz bildet, welcher
den für das beiße Wasser bestimmten Raum schließt, und welcher an dem Randkranze des
eisernen Gehäuses, über den er hinausreicht, mit Schrauben befestigt und luftdicht
verkittet wird. Um die Destillirblase entleeren zu können, läuft von deren Boden
eine Röhre aus, welche bei 5 Zoll Länge, 3 Zoll im Lichten und 2 Zoll Dike hat.
Diese Röhre sezt durch eine andere, an dem äußeren Gehäuse befindliche Röhre von 2
Zoll Länge und 8 Zoll im Lichten. Der Raum zwischen den beiden Röhren muß durch Blei
oder Kitt gegen Auslassen geschüzt seyn. Die Röhre selbst wird, wenn die Blase
arbeitet, mit einem Pfropfe verschlossen. Die Röhren B, B,
B, die das Wasser in das Gehäuse leiten, sezen bei C durch den Randkranz des bleiernen Dekels. Die Röhre D führt das kühl gewordene Wasser in die Hauptröhre
zurük, in der es in den Kessel zurükkehrt. Der Agitator F, der zum Umrühren der in der Blase befindlichen Ingredienzien bestimmt
ist, ist auf solche Weise mittelst Halsringen und Schraubenmuttern an zwei Balken
befestigt, daß er den Boden der Blase nicht berühren kann. Die von der Blase A ausgehende Hauptröhre, in welche auch die von den
Blasen 2, 3 und 4 herführenden Seitenröhren einmünden, stehen durch die bewegliche
Röhre L mit der Vorlage K in
Verbindung. Die Boden der Vorlagen bestehen aus Gußeisen und haben eine Leiste von
ungefähr 2 Zoll Dike; die Seiten und der Dekel dagegen bestehen aus Schmiedeisen.
Sie haben eine kreisrunde Form, und dabei in der Mitte 2, an den Wänden aber nur 1
Fuß Tiefe. Der zum Umrühren des Kalkes dienende Agitator M dreht sich an seinem unteren Ende auf einem Zapfen, an dem oberen
dagegen in einem Halsringe. Die Blasen sowohl als die Vorlagen haben Dekel mit
Wasserlutirungen, durch welche sie gefüllt werden. Die hier angegebene Art von Blase
eignet sich hauptsächlich für die Anwendung von Salzsäure oder einem Gemische aus
Salz- und Schwefelsäure. Ich bin keineswegs gesonnen, auf die Anwendung
eiserner Retorten Ansprüche zu gründen; wohl aber erkläre ich als meine Erfindung
eiserne, mit einander verbundene Retorten, wenn dieselben auf die angegebene Weise
arbeiten; ferner eiserne Retorten, welche fortwährend durch eine Thür, die bei dem
Gange des Processes ganz oder zum Theil offen bleibt, gehandhabt werden; und an
denen durch den Zug des Schornsteines zugleich mit der Salzsäure auch ein Theil
atmosphärische Luft in die Vorlagen eingeleitet wird. Die Füllung der Vorlagen mit
Glasscherben oder Kieseln gehört nicht zu meiner Erfindung, wohl aber jene Anordnung
der Vorlagen, gemäß welcher die Säure von einer Vorlage in die andere übergehen, oder
auch nach Belieben abgesperrt werden kann, im Falle man eine starke Säure zu
gewinnen beabsichtigt. Die irdenen Destillirblasen nehme ich nur dann in Anspruch,
wenn sie mit bleiernen Dekeln versehen, mit einem eisernen Gehäuse umgeben sind, und
durch Circulation von heißem Wasser, heißen Salzauslösungen oder Dampf geheizt
werden. Endlich erkläre ich noch als meine Erfindung das Auswechseln der
Kalkvorlagen, wodurch Kalk, der bereits zum Theil mit Chlor gesättigt ist, dem
stärksten Gase ausgesezt werden kann, während der Ueberrest des Gases auf frischen
Kalk wirkt.