Titel: | Verbesserungen an den Webestühlen, worauf sich Charles Fletcher, Mechaniker in Stroud in der Grafschaft Gloucester, am 5. März 1838 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. VII., S. 22 |
Download: | XML |
VII.
Verbesserungen an den Webestuͤhlen, worauf
sich Charles Fletcher,
Mechaniker in Stroud in der Grafschaft Gloucester, am 5. Maͤrz 1838 ein Patent ertheilen
ließ.
Aus dem London Journal of arts. Okt. 1839, S.
19.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Fletcher's Webestuͤhle fuͤr Wollentuch.
Meine Erfindungen betreffen: 1) eine eigentümliche Anordnung der arbeitenden Theile
jener Webestühle, die durch Dampf oder eine andere rotirende Kraft in Bewegung
gesezt werden, und zwar namentlich die Anwendung dieser Einrichtung auf die
Wollenweberei. 2) die Ausstattung der Webestühle im Allgemeinen mit gewissen neuen
Mechanismen, mit denen beim Weben, und zwar besonders bei der Wollenweberei,
bedeutend an Geschwindigkeit und Gleichheit der Arbeit gewonnen wird.
Meine Erfindungen sezen mich in Stand, auf mechanische Weise besseres Tuch zu weben,
als bisher mit der Hand gewebt wurde, indem dasselbe viel fester und stärker
ausfällt. Da ferner meine Vorrichtungen die Möglichkeit an die Hand geben, in einer
Minute eine weit größere Anzahl von Schlägen machen zu lassen; und da bei deren
Benuzung die Kettenfäden seltener brechen, so erziele ich mit ihnen in einer
bestimmten Zeit eine größere Menge eines besseren Fabricates. Der Kettenbaum
befindet sich an meiner Maschine an dem Bodentheile des Gestelles; der Werkbaum
hingegen ist an dem oberen Theile desselben angebracht, so daß also die Kettenfäden
in senkrechter Richtung durch die Lizen laufen, während die zum Theilen der Kette
bestimmten Geschirre sich horizontal in entsprechenden, an dem Maschinengestelle
angebrachten Unterlagen schieben. Die zum Einschlagen des Einschusses dienende Lade wird mittelst
passender Muschelräder und Hebel senkrecht auf und nieder bewegt. Die Bewegung nach
Aufwärts wird ihr durch das Moment eines herabfallenden Gewichtes, welches, je
nachdem man den Schlag verstärken oder vermindern will, regulirt werden muß,
mitgetheilt. Dieser Theil des Mechanismus ist ferner auch noch mit elastischen
Reguliraufhältern, auf welche die emporsteigende Lade im Momente des Einschlagens
des Einschusses trifft, ausgestattet, wodurch die plözliche Erschütterung und mithin
eine gewaltsame Einwirkung auf die Kettenfäden verhütet wird. Da der Schlag durch
das Herabfallen eines Gewichtes, welches an dem Ende eines graduirten, an der
Muschelradswelle befestigten Hebels angebracht ist, bewirkt wird, so kann man der
Lade einen Impuls von jedem beliebigen Grade geben, ohne daß die Kettenfäden deßhalb
einer übermäßigen Gewalt ausgesezt sind. Die Wirkung, welche hiedurch in Hinsicht
auf das Tuch erlangt wird, ist eine weit größere als mit der besten Handweberei
erzielt werden kann. Die Zeichnungen, deren Beschreibung nunmehr sogleich folgen
soll, werden alle diese Vorrichtungen versinnlichen und anschaulich machen.
Fig. 27 ist
ein seitlicher oder Endaufriß des Webestuhles; Fig. 28 ein Grundriß oder
eine horizontale Ansicht; Fig. 29 eine
Rükenansicht; Fig.
30 ein senkrechter Durchschnitt, welcher ungefähr durch die Mitte des
Webestuhles nach den in Fig. 29 angedeuteten
punktirten Linien geführt ist. An allen diesen Figuren sind zur Bezeichnung gleicher
Theile auch gleiche Buchstaben beibehalten.
Die Seitentheile a, a, in denen die gewöhnlichen Theile
des Webestuhles ruhen, sind durch quere Bindebalken b, b
mit einander verbunden. c ist der Kettenbaum, auf den
die Kette d, d aufgewunden ist. Die Kettenfäden laufen
von dem Kettenbaume durch die Geschirre e, e, welche
sich horizontal auf Unterlagen f, f, die zu beiden
Seiten an dem Gestelle a, a befestigt sind,
schieben.
Das Tuch gelangt in dem Maaße, als es erzeugt wird, über den Brustbaum g an den an dem oberen Theile des Webestuhles
befindlichen Werkbaum h. Die Schüzenbüchsen, welche man
bei i, i sieht, sind an den Seitentheilen des Gestelles
a, a festgemacht, und von der sich bewegenden Lade
j, j ganz frei und unabhängig. Bei dieser
eigenthümlichen Einrichtung der Theile des Webestuhles ist es möglich, daß die Lade
emporgeschleudert wirb und gegen den Einschuß schlägt: eine Bewegung, welche bei der
Fabrication von Wollentuch höchst wünschenswerth ist.
An der Haupttreibwelle k wird die Laufbandrolle l mittelst der Stange n mit
dem Getriebe m in arbeitenden Zustand versezt. Das Getrieb m greift in das Zahnrad o,
welches an der Muschelradswelle p festgemacht ist, und
wodurch die Zahnräder q, q in Bewegung gesezt werden.
Das größere dieser Räder q ist fest an die
Däumlingswelle r, an der die Däumlinge s, s, s, s aufgezogen sind, geschirrt. So wie sich
demnach diese Welle r umdreht, werden die Däumlinge s, s nach einander die Tritthebel t, t, t in Bewegung sezen, und hiedurch die Kettenfäden mittelst der Lizen
in geeigneten Zeiträumen zum Behufe des Durchganges der Schüze u in Blätter theilen. Das Durchwerfen der Schüze quer
durch den Webestuhl geschieht mittelst des Treibers v,
der plözlich in Thätigkeit kommt, wenn die Feder w die
an dem Ende des kurzen Hebels x befindliche Rolle
veranlaßt über einen Abfall zu gleiten, der an die an die Muschelradwelle p geschirrte Schneke y
geschnitten ist. Wie man sieht, befindet sich an jedem Ende der Welle p eine solche Schneke, und in den Umfang dieser Schneien
sind an gegenüber liegenden Stellen Abfälle geschnitten, damit der Auswurf der
Schüze abwechselnd von der einen und der anderen Seite geschehe, wie dieß jedem mit
den gewöhnlichen Bewegungen des Webestuhles einigermaßen Vertrauten einleuchten
wird.
Das äußerste Ende des Schüzentreibers v drükt gegen den
Schieber z, und zwar genau an einem der Mittellinie oder
der Spize der Schüze gegenüber liegenden Punkte, so daß die Schüze also in einer
geraden Linie durch die Mitte der Kette getrieben wird, und keineswegs einen so
unbestimmten Lauf nimmt, wie dieß manchmal der Fall ist, wenn der Schieber z mit einer Schnur an dem Schüzentreiber festgemacht
ist. An dem anderen Ende des Schüzentreibers ist ein Gelenkstük 1 befestigt, welches
mit dem an dem oberen Ende der gerade stehenden Stange 3 festgemachten Hebel 2 in
Verbindung steht. Der Hebel 2 ist in einer Richtung angebracht, welche jener des an
dem unteren Ende dieser Stange befestigten Hebels x
entgegengesezt ist. Auf diese Weise wird demnach der Schüzentreiber durch das
Umlaufen der Schneke y gehörig in Bewegung gesezt.
Das plözliche Emporsteigen der Lade j und der rasche
Schlag, welcher nach dem Eintragen eines jeden Einschußfadens erforderlich ist, wird
durch die Muschelräder 4, 4, die zugleich mit der Welle, an der sie befestigt sind,
umlaufen, hervorgebracht, und zwar indem sie den an der querlaufenden Welle 6
befindlichen Hebel 5 in Bewegung sezen und demselben gestatten, hinter die gerade
Seite des Muschelrades zurükzufallen. Es erhellt dieß deutlich aus Fig. 27, wo man den Hebel
5 in dem Momente, wo er das Muschelrad 4 verlassen will, ersieht, während durch
punktirte Linien die Stellung angedeutet ist, in welche er geräth, nachdem dieß
geschehen ist.
Durch das Moment der herabsinkenden Gewichte 7, 7, welche sich an den Enden der an
der querlaufenden Welle 6 befestigten Hebel 8, 8 befinden, werden die an derselben
Welle angebrachten Hebel 9, 9 zum Emporsteigen veranlaßt; und da die Rahmen 10, 10,
welche die Labe j führen, an den äußersten Enden dieser
Hebel 9, 9 festgemacht sind, so wird die Lade unmittelbar mit einem raschen Schlage
emporgetrieben werden, und hiedurch das Einschlagen des Einschusses bewirken.
Die beiden Rahmen 10,10, welche die beiden Enden der Lade tragen, sind mit stellbaren
Aufhältern oder mit Stellschrauben 11 ausgestattet, damit der Schlag, den die Lade
gibt, nach der Beschaffenheit des Tuches, welches gewebt werden soll, regulirt
werden kann. Beim Emporsteigen der Lade wird jede gewaltsame Einwirkung auf die
Kettenfäden verhütet, und zwar durch das aus Kautschuk oder irgend einem anderen
elastischen Körper bestehende Lager 12. Mit einem solchen ist nämlich jede Seite des
Webestuhles ausgestattet, damit die Lade jedesmal, so oft die Aufhälter 11 gegen das
Lager 12 treffen, einen leichten Rüksprung macht, und damit also die Kettenfäden
unmöglich in Folge eines zu starken Schlages der Lade brechen können. Man wird
ferner auch sehen, daß der Grad der der Lade mitgetheilten Kraft durch Verschiebung
der Gewichte an dem Hebel 8 je nach Erforderniß der Umstände regulirt werden
kann.
Da der Schlag der Lade gegen den Einschußfaden vollkommen ausreicht, um zu bewirken,
daß der Kettenbaum die erforderliche Quantität Garn abgibt, so werden die
gewöhnlichen Abgabs- und Aufnahmsbewegungen überflüssig. Es genügt, wenn das
Ganze mittelst eines Reibungsbandes oder einer belasteten Schnur 13, welche über
entsprechende Spannungsrollen 14 und um die an den Enden der Ketten- und
Werkbäume angebrachten Trommeln geschlungen ist, in gehöriger Spannung erhalten
wird. Sollte die Schüze einmal nicht in der für sie bestimmten Büchse anlangen, so
wird der ausgekerbte Hebel 15 beim Emporsteigen der Lade auf den an dieser
befindlichen Zahn 16 treffen, und dadurch den Hebel 17 emporheben. Die Folge hievon
ist, daß die Stange 18 den mit einem Griffe versehenen Hebel 19 von einem in die
Seite der Stange n eingelassenen Zapfen weghebt, wo dann
die Feder 20 die Treibrolle l außer Verbindung mit dem
Getriebe sezt, und der Stuhl zum Stillstehen kommt.
Es ist klar, daß die herabsinkenden Gewichte, welche die Lade emporheben, indem sie
lose an Hebeln, die sich an der Muschelradwelle befinden, aufgezogen sind, genau so
regulirt werden können, daß der Schlag des Rietblattes mit jeder beliebigen Kraft
erfolgt. Die Hebel lassen sich so graduiren, daß man jenes Momentes, womit der Einschuß bei diesem
oder jenem Fabricate eingeschlagen werden soll, versichert seyn kann. Man wird
ferner auch sehen, daß mittelst der hier beschriebenen Vorrichtungen ein
gleichmäßiges Aufliegen der beiden Rietblattenden auf dem Gewebe zu erzielen
ist.
Ein weiterer Vorzug des neuen Webestuhles beruht darauf, daß die Schüzenbüchsen von
der Lade unabhängig und an dem Gestelle des Webestuhles unbeweglich fixirt sind, so
daß, wie die Kette getheilt ist, der Treiber sogleich auch die in Ruhestand
befindliche Schüze auswerfen kann. Da der Stoß in einer geraden Linie mit den Spizen
oder dem Mittelpunkte der Schüze erfolgt, so wird die Schüze in einer unwandelbar
geraden Linie durch die Kette getrieben werden, und nicht so im Zikzak laufen, wie
dieß an den gewöhnlichen Webestühlen der Fall zu seyn pflegt, indem hier der directe
Stoß auf eine Seite der Schüze wirkt, und zwar während die Schüze in einer
beständigen, durch die Schwingungen der Lade veranlaßten Bewegung ist. Das sonst
häufig vorkommende Ausbrechen der Schüze durch die Kette, und das Ausfliegen
derselben aus dem Stuhle ist somit verhütet.
Ich bemerke schließlich nur noch, daß ich keinen der in dieser Beschreibung meines
Webestuhles vorkommenden, bereits bekannten Theile als meine Erfindung anspreche,
und dieselben nur der Deutlichkeit wegen erwähnen mußte.