Titel: | Ueber verbesserte Stubenfenster, von Dr. A. L. Crelle. |
Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. XXV., S. 106 |
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XXV.
Ueber verbesserte Stubenfenster, von Dr.
A. L.
Crelle.
Mit Abbildungen auf Tab.
II.
Crelle, uͤber verbesserte Stubenfenster.
Die gewöhnlichen Fenster erfüllen ihren Zwek, durch die äußere Wand in das Innere des
Hauses wo möglich eben so viel Licht zu führen, als durch die Wandöffnung gehen
kann, oft sehr unvollkommen. Die Wandöffnung z.B. für ein gewöhnliches Fenster
beträgt bei 3' 5 1/2'' Breite und 5' 7'' Höhe 2780 1/2 Quadratzoll; die acht
Glasscheiben aber enthalten bei 16 3/4'' Breite und 13 1/4'' Höhe nur 1842 1/2
□'' Flächenraum für das durchgehende Licht; es werden daher 938 □''
Fläche oder mehr als 1/3 der Maueröffnung durch das Holz bedekt und gehen für den
eigentlichen Zwek des Fensters verloren, ohne deßhalb von den Nachtheilen einer
Maueröffnung befreit zu bleiben.
Fenster mit möglichst großer Glasfläche wurden im vergangenen Sommer von dem
Uhrmacher Tiede in Berlin ausgeführt, welche vollkommen
zwekentsprechend ausfielen, freilich als die ersten dieser Art etwas theuer waren.
Eine von der gewöhnlichen Construction weniger abweichende Art hat der Verf.
angegeben und ausführen lassen; sie ist in Fig. 25 in einem
horizontalen Durchschnitte und in den Fig. 26 und 27 in zwei
verticalen Durchschnitten im 6ten Theile der natürlichen Größe abgebildet.
Das Mittel zu der Verbesserung ergibt sich sehr einfach aus der Erwägung, daß ein
ansehnlicher Theil der Fensteröffnung dadurch mit Holz verbaut wirb, daß man die
Rahmen der Fensterflügel, in welche das Glas eingesezt wird, gewöhnlich auf die
flache Seite legt. Das
Holz zu diesen Rahmen ist nämlich gewöhnlich 2'' breit und 1 1/2'' dik, und die
breite, nicht die schmale Seite legt man vor die Oeffnung. Dieses vermindert nun
schon an sich selbst die Glasfläche; aber die Verminderung wird noch beträchtlicher
dadurch, daß nunmehr die Flügelrahmen weit nach der innern Seite vor das
Fensterfutter vortreten müssen; ferner daß, da die Rahmen nun zu dünn sind, um über
einander schlagen zu können, ein sehr breiter beweglicher oder unbeweglicher
Mittelpfosten nöthig ist; deßgleichen dadurch, daß Aehnliches bei dem mittleren
horizontalen Querstük Statt findet. Die hölzernen Wasserschenkel thun das Uebrige.
Nun ist es auch für die Festigkeit gar nicht einmal gut, daß das Rahmenholz stach
liegt, indem ein Rahmen aus stach gelegtem Holze sich eher wirft, als wenn das Holz
hochkantig steht. Also besteht im Wesentlichen die nöthige Veränderung zunächst
insbesondere bloß darin, daß man das Holz in den Flügelrahmen hochkantig statt flach
legt.
Die Rahmenstüke an den Seiten bei a können jezt bequem so
weit zurüktreten, daß sie nur eben noch so viel von der Fensteröffnung bedeken, als
zu dem Falz für die Glasscheibe nöthig ist. Die Rahmenstüke in der Mitte bei b können über einander schlagen und nehmen so nur 2 1/2
Zoll von der Breite der Fensteröffnung ein, statt wie gewöhnlich 5 1/2 Zoll. Auch an
dem horizontalen Querstük bei c brauchen die Rahmenstüke
jezt nur weniger in die Fensteröffnungen hineinzutreten, in dem Maaße, daß die
horizontale Scheidung von der Oeffnung nur noch 3 1/2'' Breite einnimmt statt wie
gewöhnlich 5 1/2 Zoll. Bei den Wasserschenkeln d, d,
wegen deren die Rahmen sonst ebenfalls die Fensteröffnung verkleinern, ist bei Hrn.
Tiede die wesentliche Verbesserung angebracht, daß
man sie, statt aus Holz, aus etwa 1/2 Linie dikem geschmiedetem Eisen gemacht hat.
Es wird dadurch ebenfalls an Glasfläche gewonnen. – So kommt es denn, daß das
Fenster einen namhaft geringeren Theil der Fensteröffnung mit Holz bedekt, als die
gewöhnlichen. Die Flügelrahmen bedeken nämlich jezt von der 41 1/2 Zoll. Breite der
Fensteröffnung an den Seiten nur 3/4, und in der Mitte nur 2 1/2 Zoll, zusammen 3
1/4 Zoll, so daß 38 1/4 Zoll Breite für die Glasfläche übrig bleiben. Von den 67''
Höhe der Fensteröffnung werden hier durch Holz unten nur 1/2, in der Mitte 3 1/2,
oben 1/2 und durch zwei Sprossen 1 Zoll, zusammen 6 1/2 Zoll bedekt, und es bleiben
also 60 1/2 Zoll Höhe für die Glasfläche übrig. Die Glasfläche in diesem Fenster ist
also 2314 1/8 □'' groß, und es werden daher von den 2780 1/2 □''
Fensteröffnung hier nur 466 3/4 Quadratzoll durch Holz bedekt, statt 938
Quadratzoll, wie bei der gewöhnlichen Einrichtung, folglich nur etwa halb so viel
als dort, und statt eines Drittheils der Fensteröffnung, wie dort, hier nur der sechste Theil, statt der
Hälfte der Glasfläche, wie dort, hier nur der fünfte Theil der Größe dieser Fläche.
Man gewinnt also bedeutend, entweder an Lichtfläche, oder an Verminderung der Größe
der Oeffnung durch die Mauer.
An Holz zu den Fensterrahmen ist hier offenbar nicht mehr, sondern eher weniger
nöthig; auch wegen der Wasserschenkel aus Eisen. Bloß die Fensterfutter F müssen um einen Zoll diker seyn, was ihnen aber auch
mehr Festigkeit gibt. Die Sprossen hat Hr. Tiede
ebenfalls aus Eisen machen lassen; doch können sie auch füglich wie gewöhnlich aus
Holz seyn, da die Vergrößerung der Glasfläche durch die etwas geringere Breite der
eisernen Sprossen nicht eben bedeutend ist.
Der Beschlag des veränderten Fensters bleibt, was die Winkel- und Ekbänder und
Knöpft betrifft, ganz der gewöhnliche; der Verschluß in der Mitte kann aber, statt
durch die gewöhnlichen Riegel an den beweglichen Mittelpfosten und durch die
Vorreiber, hier sehr einfach und noch fester auf ähnliche Weise im Kleinen, so wie
man es an Thorwegen zu machen pflegt, durch einen Stoßriegel unten und einen
Zugriegel oben geschehen, durch welche Riegel sich, wenn man sie keilförmig macht,
das Fenster sehr fest andrüken lassen wird. An dem äußern Mittelpfosten b 1 sind sogar besondere Riegel nicht einmal
unumgänglich nöthig, da der innere Pfosten b den Pfosten
b 1 schon andrükt und festhält. Man kann auch
Espagnolettstangen anbringen, was Hr. Tiede gethan hat;
doch ist dieser theurere Beschlag hier nicht etwa mehr nöthig als an den
gewöhnlichen Fenstern, sondern vielmehr eher vermeidbar.
Die oberen zwei Flügel wird man hier am besten ganz eben so einrichten können, wie
die unteren, nämlich den Mittelpfosten ebenfalls mit aufgehen lassen können. Das
horizontale Querstük c ist stark genug dazu.
Der Verschluß dieser Fenster wird offenbar dichter und vollkommener seyn als
gewöhnlich; besonders durch den Falz p an der Seite, der
sich in dem gewöhnlichen dünnern Futter nicht so gut machen läßt als hier; sowie
durch die Falzen q, q in dem Mittelpfosten, die sich bei
der gewöhnlichen Einrichtung gar nicht machen lassen. Auch die eisernen
Wasserschenkel werden das Wasser besser ableiten als die hölzernen.
Die Kosten dieser Fenster können nur unbedeutend höher seyn als die der gewöhnlichen,
denn was die dikeren Futter, die Falzen p und q und die eisernen Wasserschenkel mehr kosten, wird zum
Theil wieder durch das wenigere Holz zu den Mittelpfosten und bei dem Beschlage
erspart.
Die Vortheile dieser Fenster gegen die gewöhnlichen würben zusammengestellt folgende
seyn: 1) wurden sie gegen den sechsten Theil der Größe der Oeffnung in der Wand mehr
Lichtfläche geben als die gewöhnlichen Fenster, also z.B. bei einem Fenster von 3
1/2 Fuß breiter und 7 Fuß hoher Oeffnung nicht weniger als gegen 4 Quadratfuß mehr.
2) In dem Falle, wo man nicht mehr Lichtfläche verlangt, könnte die Oeffnung um
1–1 1/2 Fuß niedriger, oder auch verhältnißmäßig schmäler und niedriger
zugleich gemacht werden, was für die Verstärkung der Mauern, sowie für die
Verminderung des Eindringens der Hize im Sommer und der Kälte im Winter nicht
unbedeutend ist. 3) Würde der Verschluß dieser Fenster, aus den oben bemerkten
Gründen, dichter und vollkommener seyn, als gewöhnlich.
Schließlich macht der Verfasser noch auf die Vortheile aufmerksam, welche ein
gewöhnlich an den Fensterbeschlägen fehlender Theil darbietet, nämlich eine
Vorrichtung, um die geöffneten Flügel, wenigstens die unteren, festzustellen.
Dieselbe kann in zwei kleinen Vorreibern bestehen, für jeden unteren Flügel einen,
die am Brustbrette angeschraubt werden, oder auch in leichten Sturmhaken, welche mit
Oefen am Fensterfutter angeschraubt sind, für gewöhnlich auf der Brustmauer vor dem
Fenster liegen bleiben und nur dann hereingenommen werden, wenn sie in die an den
Flügeln befindlichen Oefen eingelassen werden sollen.
(Crelle's Journal für die
Baukunst, Bd. XIII. S. 406–411.)