Titel: | Nachträgliches über die quantitative Bestimmung des Eisens und anderer Metalle mittelst Kupfer; vom Oberbergrath Dr. J. N. Fuchs in München. |
Fundstelle: | Band 75, Jahrgang 1840, Nr. LVII., S. 311 |
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LVII.
Nachtraͤgliches uͤber die
quantitative Bestimmung des Eisens und anderer Metalle mittelst Kupfer; vom Oberbergrath
Dr. J. N. Fuchs in
Muͤnchen.
Aus Erdmann's u. Marchand's
Journal fuͤr praktische
Chemie 1839, Nr. 24.
Fuchs, uͤber die quantitative Bestimmung des Eisens mittelst
Kupfer.
Ich habe unlängst, unterstüzt von Hrn. Dr. Joh. Scherer aus Aschaffenburg, welcher sich mit bestem
Erfolge der Chemie widmet, wieder mehrere Versuche über die Bestimmung des
Eisengehaltes von Eisenerzen angestellt, wovon ich Einiges als Nachtrag zu meiner
Abhandlung über diesen Gegenstand (welche im polytechn. Journal Bd. LXXIII. S. 36 abgedrukt ist) mitzutheilen
mich gedrungen fühle.
Vorzugsweise beschäftigten uns titanhaltige Eisenerze (Titaneisen von Aschaffenburg
und Egersund), welche ein unerwartetes Verhalten zeigten. Wenn man nämlich ein
solches, höchst fein pulverisirtes Erz bis zur völligen Zersezung mit Salzsäure
kocht, durch chlorsaures Kali das Eisen alles, auf das Maximum oxydirt, dann
metallisches Kupfer hinzubringt und das Kochen fortsezt, so nimmt die Flüssigkeit
nach einiger Zeit eine kirschrothe Farbe an. Daraus war zu schließen, daß nicht bloß
das Eisenoxyd, sondern auch die Titansäure unter diesen Umständen Sauerstoff an das
Kupfer abgibt, sich in Titanoxyd verwandelt und als solches in Salzsäure sich
auflöst. Dieses bestätigten uns auch mit reiner Titansäure angestellte Versuche.
Wird nämlich Titansäure, welche zuvor nicht geglüht worden, mit Salzsäure und Kupfer
gekocht, so löst sie sich sehr bald vollkommen auf und gibt eine sehr schöne
carmoisinrothe Auflösung. Ammoniak, im Ueberschusse zugesezt, bringt darin einen
dunkel kirschrothen Niederschlag hervor, welcher allmählich weiß und in Titansäure
verwandelt wird.
Meine Eisenprobe wäre demnach bei titanhaltigen Eisenerzen nicht anwendbar, indem sie
bloß dazu diente, die Gegenwart des Titans zu entdeken, aber nicht die Quantität des
Eisens auszumitteln. Dieses Verhalten der Titansäure, von der man bisher wußte, daß
sie auf nassem Wege durch Eisen, Zinn und Zink zu Titanoxyd reducirt werden kann,
war mir eine nicht willkommene Erscheinung, zumal da ich sie unter den Substanzen
aufgeführt hatte, welche auf diese Eisenprobe keinen störenden Einfluß haben.
Indessen hoffte ich doch, diesen Fehler wieder gut machen zu können, und es ist mir
auch, wie ich glaube, gelungen.
Vielleicht, dachte ich, wird bloß das Eisenoxyd zu Oxydul reducirt und die Titansäure
nicht verändert, wenn man die Auflösung nicht mit Kupfer kocht, sondern bei der gewöhnlichen
Temperatur sich selbst überläßt. Es war aber dabei vorauszusehen, daß das sich
bildende salzsaure Kupferoxydul (Kupferchlorür) niederfallen, an das Kupfer sich
anlegen und den Proceß hemmen würde. Deßhalb hielt ich es für nothwendig,
Kochsalzauflösung zuzusezen, wodurch das salzsaure Kupferoxydul aufgelöst erhalten
wird.
Der erste Versuch, welcher mit titanfreiem Brauneisenstein angestellt wurde, gab kein
ganz günstiges Resultat. Die Flüssigkeit zeigte sich zwar nach einiger Zeit
grünlich, zum Beweise, daß sich etwas Eisenoxydul gebildet und Kupfer aufgelöst
hatte; allein nach Verlauf von 3 Wochen war sie noch nicht ganz entfärbt. Der hiebei
begangene Fehler wurde aber bald entdekt. Die Flüssigkeit stand nämlich nur auf dem
Boden mit kurzen Kupferstreifen in Berührung, und diese konnten daher zu wenig
Wirkung ausüben. Als nachher längere genommen wurden, welche vom Boden des Gefäßes
bis zur Oberfläche der Flüssigkeit reichten, zeigte sich diese nach 5–6
Tagen, manchmal auch schon früher, völlig entfärbt, was immer als ein sicheres
Zeichen angesehen werden darf, daß der Proceß beendigt ist.
Damit begnügte ich mich aber noch nicht; es dauerte mir viel zu lange. Um schneller
zum Ziele zu gelangen, sezte ich das Kupfer mit Platin in Berührung, indem ich einen
starken Platindraht so bog, daß er zwei einander sehr nahe liegende Schenkel
bildete, zwischen welche ich ein paar Kupferstreifen hineinschob und ihn dann nebst
dem übrigen Kupfer in die Eisenauflösung versenkte. Der Proceß ging auch wirklich
auf diese Weise weit schneller von Statten und war gewöhnlich schon nach Verlauf von
24 Stunden beendigt. An warmen Tagen ging es schneller als an kalten, und wenn die
Auflösung anfänglich warm war, so war die Wirkung schon nach einer Stunde sehr
merklich, indem die Flüssigkeit eine grünliche Farbe annahm.
Das zu dieser Operation dienende Gefäß, welches ein kleines Medicinglas seyn kann,
muß sehr gut verschlossen werden, was wohl am besten mit einem in Wachs getränkten
Korkstöpsel geschehen kann, und die Flüssigkeit muß fast bis an den Stöpsel
reichen.
Nachdem wir diese Erfahrungen gemacht hatten, nahmen wir die Versuche mit den
titanhaltigen Eisenerzen wieder auf, welche uns, indem wir damit auf die so eben
beschriebene Weise verfuhren, ganz befriedigende Resultate gaben. Es wurde nämlich
bei der gewöhnlichen Temperatur nur das Eisenoxydul auf das Minimum der Oxydation
zurükgeführt, die Titansäure aber nicht verändert und folglich nicht mehr Kupfer
aufgelöst, als die Gegenwart des Eisenoxyds auflösbar machte. Die völlige
Farblosigkeit der Flüssigkeit war dafür hinreichender Beweis; es entsprach aber auch
die aufgelöste Kupfermenge dem vorhandenen Quantum von Eisenoxyd.
Wenn die Flüssigkeit farblos geworden ist, so ist es nicht rathsam, sie noch länger
in Berührung mit dem Kupfer zu lassen; denn wir bemerkten einmal, daß, bei längerem
Stehen damit, sie anfing von Unten herauf, wo unaufgelöste Titansäure lag, sich
violett zu färben. Noch muß ich bemerken, daß bei der Gegenwart der Titansäure
dieser Proceß merklich schneller fortschreitet, als wenn nichts davon vorhanden ist,
und daß in diesem Falle, wenn übrigens alles gehörig veranstaltet wird, der
Platindraht entbehrt werden kann, weil man auch ohne Mitwirkung desselben in kurzer
Zeit zum Ziele kommt.
Der kalten Probe, wie ich dieses Verfahren kurzweg nennen möchte, muß ich im
Allgemeinen den Vorzug geben vor der heißen, d. i. der durch Kochen veranstalteten.
Man braucht dabei keinen so großen Ueberschuß von Salzsäure, welche sich während des
Kochens zum Theil verflüchtigt und den Arbeiter belästigt. Der Zeitaufwand ist auch
geringer; denn wenn der Proceß eingeleitet ist, so hat man sich in der Zwischenzeit
bis zu seiner Vollendung nicht weiter damit zu befassen, und kann sich unterdessen
unbesorgt einem anderen Geschäfte widmen, oder zu mehreren Proben dieser Art Anstalt
treffen. Ganz besonders aber empfiehlt sich die kalte Probe dadurch, daß dabei das
Kupfer wenig oder gar nicht anläuft, während es bei der heißen immer einen schwarzen
Anflug bekommt, wovon beim Abspülen desselben mit Wasser, wenn nicht mit großer
Sorgfalt verfahren wird, leicht etwas verloren gehen kann, wodurch kleine Fehler
entstehen. Dieser Anflug, welcher bald stärker, bald schwächer ist, darf vor dem
Wägen des Kupfers nicht weggenommen werden, weil er, so viel ich bis jezt davon
weiß, nichts anderes als metallisches Kupfer ist – in einem eigenen,
vielleicht im amorphen Zustande. Ich werde hierüber noch
weitere Untersuchungen anstellen und in der Folge die Resultate davon mittheilen.
Nur das will ich vorläufig noch anführen, daß die so angelaufenen Kupferstreifen,
wenn sie schwach geglüht werden, die kupferrothe Farbe wieder bekommen, ohne daß ihr
Gewicht merklich verändert wird.
Des in Rede stehenden einfachen Verfahrens wird man sich manchmal mit Vortheil
bedienen können, um zu sehen, ob das bei Analysirung eisenhaltiger Körper erhaltene
Eisenoxyd rein ist oder noch andere Substanzen, z.B. Kieselerde, Thonerde,
Phosphorsäure etc., enthält. Wird es nämlich in Salzsäure wieder aufgelöst und mit
Kupfer bestimmt, so wird das dadurch ausgemittelte Quantum mit dem durch die Analyse gefundenen
nahe übereinkommen, wenn es rein ist; ist es aber verunreinigt, so wird das Kupfer
eine geringere Menge anzeigen und zu einer weiteren Untersuchung Veranlassung
geben.
Durch schikliche Behandlung mit Salzsäure und Kupfer werden wahrscheinlich alle
Metalle, welche von einer höheren Verbindungsstufe mit Sauerstoff oder Chlor auf
eine niedere herabgebracht oder dadurch völlig reducirt werden können, quantitativ
zu bestimmen seyn, und wenn ihre Mischungsgewichte nicht schon bekannt wären, so
würden sie sich dadurch finden lassen. Da bei einigen zugleich bestimmte
Farbenveränderungen eintreten, so verräth sich dadurch auch ihre Qualität. So z.B.
erhält man, wenn natürliches molybdänsaures Bleioxyd mit Salzsäure und Kupfer
gekocht wird, eine dunkelbraune Auflösung; wolframsaurer Kalk, ebenso behandelt,
gibt eine blaue Auflösung und sezt ein schwärzlich-blaues Pulver ab, das
allmählich eine gelbe Farbe annimmt. Die gelbe Auflösung von salzsaurem Uranoxyd
wird durch Kochen mit Kupfer grün. Den Goldgehalt einer Goldauflösung, welche keine
Salpetersäure enthält, auf diese Weise zu finden, hat keine Schwierigkeit; man hat
sich dabei nicht um das Gewicht des niedergeschlagenen Goldes zu bekümmern, was
bekanntlich schwer zu sammeln ist.
Ohne Zweifel wird man auch den Silbergehalt des Chlorsilbers finden können, wenn man
es mit Salzsäure und Kupfer gehörig behandelt.
Dieses wollte ich vor der Hand nur andeuten, um zu zeigen, daß sich diese Methode
nicht bloß auf die quantitative Bestimmung des Eisens beschränkt, sondern sich auch
bei mehreren anderen Metallen in Anwendung bringen läßt. Genauere Versuche hierüber
werden nachfolgen.