Titel: | Versuche über das günstigste Verhältniß, welches an den Kesseln der Locomotiven zwischen der Heizoberfläche der Feuerstelle und jener der Röhren bestehen kann. Von Hrn. de Pambour. |
Fundstelle: | Band 76, Jahrgang 1840, Nr. LIX., S. 245 |
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LIX.
Versuche uͤber das guͤnstigste
Verhaͤltniß, welches an den Kesseln der Locomotiven zwischen der
Heizoberflaͤche der Feuerstelle und jener der Roͤhren bestehen kann. Von
Hrn. de
Pambour.
Aus den Comptes rendus de l'Académie des sciences,
1e semestre No. 3, 1840.
de Pambour, uͤber die beste Einrichtung des Heizapparats der
Locomotiven.
Ich habe in einer früheren Abhandlung gezeigt, daß an den nach den üblichen
Verhältnissen gebauten Locomotiven die Feuerstelle und die Röhren des Kessels bei
gleicher Oberfläche eine gleiche Verdampfung bewirken. Es ist demnach in Hinsicht
auf die Dampferzeugung gleichgültig, wenn man eine Kesselform annimmt, bei der die Röhrenoberfläche die
Oberfläche der Heizstelle mehr oder weniger übersteigt, vorausgesezt, daß man sich
hiebei innerhalb der früher angegebenen Grenzen hält. Der Zwek der Versuche, über
welche ich dermalen zu berichten habe, war nun aber dieselbe Frage in Beziehung auf
den Verbrauch der Maschinen an Brennmaterial zu beleuchten und zu ermitteln, ob es
von Vortheil ist, wenn man an der Gesammtheizoberfläche die Röhren oder die
Heizstelle mehr oder weniger überwiegen läßt.
Die 19 Versuche, welche ich hierüber anstellte, und von denen jeder von 1 1/2 bis zu
3 Stunden dauerte, umfassen sieben verschiedene Maschinen. Ich werde mich jedoch
einstweilen auf Andeutung der bei diesen Versuchen erlangten Resultate beschränken,
und mir die Details derselben auf die demnächst erscheinende neue Ausgabe meines
Werkes über die Locomotiven vorbehalten.
Die den Versuchen unterstellten Maschinen wurden je nach dem Verhältnisse, welches an
jeder derselben zwischen der Heizoberfläche der Heizstelle und jener der Röhren
bestand, in drei Abtheilungen gebracht, und in jeder dieser Abtheilungen wurde die
Menge Brennmaterial, welche zur Erzeugung einer bestimmten Verdampfung erforderlich
war, beobachtet. Die hiebei erzielten Resultate sind in folgender Tabelle
verzeichnet, wobei man nicht vergessen darf, daß in allen drei Abtheilungen die
Verdampfung bei gleicher Geschwindigkeit der Maschine und auf eine Einheit der
Heizoberfläche des Kessels ausgeschlagen, eine und dieselbe war.
Textabbildung Bd. 76, S. 245
Nummer der Abtheilung;
Heizoberfläche; der Feuerstelle; der Röhren; Verdampfung per Zeitstunde; Kohksverbrauch per
Zeitstunde; Verhältniß zwischen der gesammten Heizoberfläche u. jener d.
Heizstelle; Kohksverbr. p Kubikmetr. verdampft.
Wassers; Bemerkungen; Mittel aus 7 Vers.; Mittel aus 9 Vers.; Mittel aus 3
Vers.
Aus dieser Tabelle geht hervor, daß in Hinsicht auf den Verbrauch an Brennmaterial
jene Maschinen, an denen die Röhren einen größeren Theil der Gesammtheizoberfläche
bilden, die vortheilhafteren sind. Man müßte also, wenn man dieses Ergebniß weiter
verfolgen wollte, das Verhältniß der Oberfläche der Röhren zu jenem der Heizstelle
immer mehr und mehr erhöhen: allein dabei würde man endlich dahin kommen, daß die
Flammen nur mehr einen Theil der Röhren erfüllen könnten, womit die Verdampfung des
Kessels abnehmen würde.
Diese Beobachtung kann man wirklich auch an der
London-Bristol-Eisenbahn machen. Auf dieser Bahn gibt es nämlich
Maschinen, an denen die Gesammtheizoberfläche 10,3 mal größer ist als die
Heizoberfläche der Heizstelle, und andere, an denen das Verhältniß zwischen diesen
beiden Oberflächen bis auf 11,3 und 11,6 getrieben ist. An ersteren beträgt der
Verbrauch an Kohks 141,0, an lezteren 135,1 Kilogr. auf den Kubikmeter verdampften
Wassers. Zugleich bleibt aber an ersteren die Verdampfung, wenn man sie auf die
Geschwindigkeit von 20 engl. Meilen in der Zeitstunde bezieht, wie bei den früher
von mir angegebenen Resultaten auf 0,0609 Kubikmeter Wasser per Quadratmeter der gesammten Heizoberfläche stehen, während sie an
lezteren nur mehr 0,0564 Kubikmeter beträgt. Es ist also klar, daß an lezteren die
Ersparniß an Brennmaterial nur auf Kosten des Nuzeffectes der Maschine erzielt wird,
während bis zu einem Verhältnisse von ungefähr 10,3 zwischen der gesammten
Heizoberfläche und der Oberfläche der Heizstelle hinauf der Verbrauch an
Brennmaterial abnimmt, ohne daß dabei irgend eine Verminderung in der Verdampfung
einträte.
Alle diese verschiedenen Wirkungen erklären sich sehr leicht nach den früher von mir
entwikelten Ideen; auch führen sie nothwendig zur Auffindung des vortheilhaftesten
Verhältnisses, welches an den Kesseln der Locomotiven zwischen der Heizoberfläche
der Röhren und jener der Heizstelle bestehen kann. In der That sieht man, daß, wenn
die Oberfläche der Röhren nur 3 bis 4 Mal größer ist als jene der Heizstelle, wie
dieß z.B. an den Maschinen der dritten Abtheilung der Fall ist, die Maschine bis an
186 Kilogr. Kohks auf den Kubikmeter verdampften Wassers verbraucht, ohne daß die
Gesammtverdampfung der Maschine sich steigert; und zwar deßwegen, weil der
Ueberschuß der auf der Heizstelle verbrannten Kohks nur dazu dient, die Flamme über
das Ende der Röhre hinaus, d.h. in das Fach des Schornsteines zu tragen, wo sie nur
mehr zur raschen Zerstörung jener Maschinentheile, mit denen sie in Berührung
geräth, beiträgt. Steigert man die Oberfläche der Röhren bis auf das Acht-
oder Neunfache der Oberfläche der Heizstelle, so vermindert sich der Verbrauch an
Brennmaterial um ein Beträchtliches, ohne daß dabei die Verdampfung der Maschine
eine Verminderung erleidet, indem diese Röhrenausdehnung immer noch kleiner ist als
die Oberfläche, welche die Flammen der Heizstelle zu bedeken vermögen. Treibt man
endlich die Oberfläche der Röhren bis auf das Zehnfache der Oberfläche der
Heizstelle, so erhält man allerdings noch eine weitere Verminderung im Aufwande an
Brennmaterial, indem nicht bloß die von der Heizstelle aufsteigenden Flammen,
sondern auch ein Theil des Wärmestoffes, der von den bei der Verbrennung sich bildenden Gasen mit
fortgerissen wird, eine Nuzanwendung bekommen; allein jener Theil der Röhren, der
zur Benuzung dieses lezteren Wärmeantheiles bestimmt ist, erzeugt eine viel
geringere Verdampfung als der übrige Theil des Kessels, so daß folglich die
definitive Verdampfung der Maschine eine Abnahme erleidet.
Es geht somit aus diesen Forschungen hervor, daß bei der Anwendung von Kohks und
unter den übrigen, an den Locomotiven Statt findenden Umständen das Verhältniß
zwischen der Gesammtheizoberfläche und der Oberfläche der Heizstelle nicht geringer
als 10 zu 1 seyn soll. Dieses Verhältniß erscheint auch wirklich als das
vortheilhafteste, indem bei einem niedrigeren Verhältnisse eine Zunahme des
Verbrauches an Brennmaterial ohne Zunahme der Verdampfung eintritt, und indem bei
einem höheren Verhältnisse eine Abnahme in der Verdampfung der Maschine per Einheit der Oberfläche eintritt, woraus nochwendig
folgt, daß man den Maschinen, wenn man dieselben Nuzeffecte mit ihnen erlangen will,
größere und mithin schwerere Kessel geben muß, was doch vermieden werden soll.
Ferner ersieht man aus den Dimensionen der verschiedenen oben angeführten Maschinen,
daß man in dieser Beziehung bisher noch nach keinen bestimmten Regeln verfuhr, und
daß man, weil man diesen Punkt bisher zu studiren vernachlässigt hat, und von der
Illusion ausgehend, daß man durch Steigerung des Verhältnisses der Heizoberfläche
die Verdampfungskraft der Maschine steigern könne, Maschinen erbaute, an denen der
Verbrauch an Brennmaterial sich bis auf 186 statt 141 Kilogr. per Kubikmeter verdampften Wassers steigert, d.h. an denen der Verbrauch
an Brennmaterial ohne den geringsten Vortheil um ein ganzes Drittheil größer ist.
Daß bei einem ausgedehnten Locomotivendienste ein solcher, ein ganzes Drittheil
betragender Mehrverbrauch an Kohks von höchstem Belange ist, braucht kaum erwähnt zu
werden; und deßhalb hauptsächlich hielt ich es für zwekmäßig, schon jezt in einer
vorläufigen Notiz auf diesen Umstand aufmerksam zu machen.