Titel: | Beiträge zum chemischen Theil der Bleichkunst; von Professor Zenneck in Stuttgart. |
Autor: | Ludwig Heinrich Zenneck [GND] |
Fundstelle: | Band 76, Jahrgang 1840, Nr. XCIII., S. 383 |
Download: | XML |
XCIII.
Beitraͤge zum chemischen Theil der
Bleichkunst; von Professor Zenneck in Stuttgart.
Mit Abbildungen auf Tab.
VI.
Zenneck's Beitraͤge zum chemischen Theil der
Bleichkunst.
Vorwort.
Die neuere Chemie hat bei der Bleichkunst allerdings mannichfaltige und große
Verbesserungen eingeführt, indem sie die verschiedenen Bestandtheile, die bei
Flachs, Hanf etc. durch die Bleichung entfernt werden sollten, besser kennen lehrte,
diese und jene neue Mittel bei den Bleichprocessen, wie namentlich das Chlor und
seine Verbindungen an die Hand gab und auf die Theorie dieser Processe ein Licht
warf, bei dem sich diese, wenigstens besser als früher, erklärten. Aber weit
gefehlt, daß durch sie jezt Alles geschehen ist, und daß der Techniker jezt nur das
anwenden darf, was ihn der Chemiker in Bezug auf seine Kunst im Allgemeinen gelehrt
hat, so stößt jener noch auf manche Punkte, die von chemischer Seite her noch nicht
so ausgemacht sind, als für ihn zu wünschen ist und die ihn zu Fragen veranlassen,
denn Beantwortung ihm nur die Chemie bei ihrer speciellen Anwendung auf seine Kunst geben kann. So ist
z.B. noch nicht entschieden, ob bei dem Flachs, oder Hanf und dergl.
Bleichgegenständen eine Art von Kleber vorkömmt, oder ein gewisses Harz, oder sonst
ein Stoff, welcher die Bleichung so sehr erschwert, noch ist das sicherste Mittel
bekannt, wie man auf andere Weise, als mit Chlor die hartnäkigen Farbstoffe
wegschaffen kann, noch sind die Theorien über die Bleichung mit Chlor, über die
Rasenbleiche, Wasserbleiche und andere Verfahrungsarten so im Reinen, daß sich
dagegen keine Einwendungen machen ließen, und daß selbst die Chemiker nicht mehr mit
einander darüber stritten. Durch Personen veranlaßt, die von mir über die chemischen
Verhältnisse der Bleichgegenstände Belehrung erhalten wollten, bin ich auf diese und
andere Lüken in diesem Theil der Bleichkunst gestoßen, und da ich dieselben, so viel
mir möglich war, bei meinen Vorträgen auszufüllen gewünscht habe, so stellte ich
einige Versuche an, die den Zwek hatten, das Fehlende hiebei zu ergänzen. Haben sie
zwar auch nicht alle die Aufgaben vollkommen gelöst, die ich dabei im Auge hatte, so
werden doch die Resultate der meisten als Beiträge zu vollständigeren Auflösungen
gelten, und die verschiedenen ApparateDiese Apparate finden sich auf Tafel VI (Fig. 1–5)
abgebildet und sind am Ende der Abhandlung erklärt. Daß ich auf dieselbe
auch meinen Gasometer für Chlorkalk- und Potascheprüfungen, dessen
Erklärung sich in Buchner's Repert. XLV. H. 2 (alte Folge) findet, gesezt
habe, wird manchem Techniker nicht als überflüssig erscheinen., die ich zu diesen Untersuchungen eingerichtet habe, dürften wegen ihrer
Bequemlichkeit selbst den Techniker veranlassen, meine Versuche zu wiederholen und
manche davon nach einem größern Maaßstab anzustellen.
I. Versuche mit Flachs.
Was für Bestandtheile sind im ungebleichten Flachs mit der reinen weißen Faser
verbunden und kömmt unter denselben besonders auch ein stikstoffhaltiger Theil
(Pflanzenleim?) vor, wie bekanntlich angenommen wird? – Zur Beantwortung
dieser Fragen wurde
A) Tauflachs und zwar
a) 100 Gr. auf folgende Weise behandelt:
1) Sie wurden mit 10 Kubikz. Alkohol von 30° Beck
digerirt, kaum zum Kochen gebracht, und nach 24 Stunden mit weiterem Alkohol
ausgewaschen, bis dieser farblos blieb. Der ausgepreßte und wieder getroknete Flachs
hatte sich fast nicht in seiner gelblichgrauen Farbe geändert, aber an Gewicht = 6
Gr. verloren. Dieser 6 Gr. betragende Auszug sah gelblichbraun aus, erschien beim
Troknen fettig, löste sich nur zum Theil in Wasser, schmolz beim Erhizen in einer Glasröhre, röthete
zwar Lakmuspapier nicht beim Verbrennen, bräunte aber auch nicht Curcuma und
verbrannte in offener Luft mit heller Flamme.
2) Der 100 – 6 = 94 Gr. betragende Rükstand der alkoholigen Behandlung wurde
mit Aezlauge erwärmt, die in 7 Kubikz. Wasser 7 Gr.
Aezkali enthielt, und nach 24 Stunden unter Erwärmung mit 18 Kubikz. reinem Wasser
so lange ausgewaschen, bis das Waschwasser nicht mehr auf Curcumapapier reagirt
hatte. Der Verlust des Flachses, der nun getroknet mehr aschgräulich aussah, betrug
= 6 Gr.; der Niederschlag dieses kalischen Auszuges mit Salzsäure war braun, trennte
sich zwar wahrscheinlich wegen etwas niedergeschlagenem Fett schwer, und langsam vom
Wasser durch das Filter, löste sich jedoch den andern Tag beim Auswaschen mit kaltem
Wasser wieder in diesem. Beim Erhizen des gesammelten und getrokneten dunkelbraunen
Rükstandes in einer Glasröhre verbrannte dieser, ohne zu schmelzen, mit einem
übelriechenden Rauch, der aber weder Lakmus röthete, noch Curcuma bräunte, sondern
lezteres nur durch das entstandene flüchtige Oehl färbte. Der kalische Auszug
enthielt daher keinen Stikstoff.
3) Der rükständige Flachs = 100 – 12 Gr. = 88 Gr. kam in eine Mischung von 12
Kubikz. Wasser mit 1 Kubikz. concentrirter Schwefelsäure
und blieb darin unter wiederholtem Schütteln 24 Stunden lang liegen. Der Flachs
hatte dadurch 5 Gr. verloren und ein weißlichgraues Aussehen erhalten. Ein Theil (2
Kubikz.) von der schwefelsauren Auflösung schlug sich mit kohlensaurem Kali schmuzig
blaugrün nieder und dieser Niederschlag wurde nach Wiederauflösung in etwas
schwefelsaurem Wasser der übrigen Portion bei Zuguß von blausaurem Eisenkali
(Blutlauge) dunkelblau. Das schwefelsaure Wasser (von beinahe 8 Proc. Schwefelsäure
= 1,0544 spec. Gewicht) hatte also das Eisenoxyd gut ausgezogen; aber der Flachs
ward bei dem Gebrauch dieses Reagens von der genannter Stärke sehr spröde.
b) Von demselben Tauflachs wurden 300 Gr. in einer
Pfanne und hierauf in glühendem Platintiegel verbrannt und geglüht, bis die
grauweiße Farbe seiner Asche sich nicht mehr veränderte;
die erhaltene Asche betrug 3 Gr., also 1 Proc. des
Flachses, und bestand, wie gewöhnlich die Asche von holzartigen Stoffen, aus Pottasche, da die wässerige Auflösung Curcuma bräunte,
und aus verschiedenen andern Salzen und Oxyden
(namentlich auch aus Eisenoxyd), die aber zusammen kaum 1/2 Gr. betrugen und auf die
Farbe des Flachses wohl nur den geringsten Einfluß hatten.
c) 1000 Gr. desselben Tauflachses wurden 1) mit 3
Schoppen Alkohol von 30° Beck in etwa 4–5
Portionen desselben nach einander, statt bloß erwärmt oder kaum bis zum Kochen gebracht zu werden, wirklich
jedesmal 1/4 bis 1/2 Stunde lang gekocht, die noch heiße
Portion Alkohol alsbald abgegossen und in einer Flasche zum Erkalten stehen
gelassen. Die Kochung geschah in einer Retorte mit aufgerichtetem Hals und Vorlage,
so daß die Alkoholdämpfe größtentheils wieder in die Retorte zurüktraten, und wurde
nach geschehener Ausdrükung des Flachses mit einem hölzernen Stab in der Retorte
unter neuem Alkoholzuguß so lange (gegen vier- bis fünfmal) wiederholt, bis
sich der Alkohol nicht mehr gefärbt hatte. Bei dem Erkalten der nacheinander
erhaltenen weingeistigen Auszüge erschienen jedesmal, sobald die Temperatur der
Flüssigkeit bei ihrer Prüfung mit einem eingetauchten Thermometer auf etwa
45° R. gesunken war, weiße Floken
Solche weiße Floken erhielt auch Erxleben bei seiner Behandlung von Flachs mit
Weingeist von 0,830 spec. Gewicht, als er diesen nach und nach bis zu
50° R. erhizte; nur sonderte er sie wegen ihrer geringen Menge nicht
ab. (S. böhmische Leinwandbleiche, 1812, S. 254.) bei der ersten Portion, und nur bei der lezten kaum noch einige Spuren. Alle
diese verschiedenen Auszüge wurden filtrirt, die weiße Substanz gesammelt und die
geblichte Flüssigkeit destillirt, der in der Retorte zurükgebliebene Flachs aber
nach seiner Herausnahme von dem anhängenden Alkohol durch Auspressen so viel als
möglich befreit, um denselben zu den vorherigen Auszügen zu bringen und zulezt noch
mit warmem reinem Wasser ausgewaschen, gepreßt und diese geistig-wässerige
bräunliche Flüssigkeit abgedampft. Die Producte dieser Behandlung waren also α) der flokige Niederschlag der kaltgewordenen
Auszüge, β) der Rükstand des abdestillirten
Alkohols, γ) der Rükstand der abgedampften
Auswaschung mit Wasser, und δ) der rükständige
Flachs. Sie zeigten folgende Beschaffenheiten:
α) Der im Filter gesammelte flokige Niederschlag aus der kochendheißen weingeistigen Lösung war ganz
weiß und betrug troken = 8 Gr. Er war geruch- und geschmaklos, fühlte sich
zwar weich an, aber nicht gerade fett- oder wachsartig, schmolz erst bei
einer Temperatur von 65–70° R., bräunte sich bald in einer Glasröhre
oder auf einem Platinlöffel, verflüchtigte sich bei stärkerer Hize als
scharfriechendes brenzlichtes Oehl, ohne feuchtes Curcuma zu bräunen und verbrannte
zulezt mit hellgelblichter Flamme, ohne viel kohlige Theile zurük zu lassen. In
siedendem Alkohol von 30° Bek löst sich dieser wachsähnliche Stoff auf und
schlägt sich bei 45–50° R. daraus nieder, ohne krystallinische Form
anzunehmen. Chlor löst ihn auf, wie ein festes Fett und aus dieser Auflösung schlägt
er sich mit kohlensaurem Kali ohne Aufbrausen nieder. In Aezlauge wird er nur bei starker Erhizung und
in geringer Menge aufgelöst; nicht in kaltem, aber in kochendem Schwefeläther; auch
nicht in kaltem Terpenthinöhl löst er sich auf, aber in einem etwas erwärmten leicht
und bleibend. Dieser weiße Stoff ist daher kein Pflanzenfett, sondern ein fettwachsartiger Körper, der mit dem Myricin am meisten
übereinkömmt; Prout's cire des feuilles et des fruits ist ihm auch sehr
ähnlich.
β) Der Rükstand des mit dem Flachs gekochten und
nachher abdestillirten Alkohols (einer weingelben Flüssigkeit von etwa 3 Schoppen)
oder der alkoholige Extract war bitter, klebrig im
feuchten Zustand, im Wasser sich erweichend und zulezt größtentheils darin
auflösend, auch Feuchtigkeit anziehend, dunkelbraun und = 14 Gr. schwer. Beim
Verbrennen färbte der Rauch des im Wasser aufgelösten Theils das Lakmuspapier roth
und verhielt sich also wie jede stikstofffreie Pflanzenmaterie, insbesondere aber
wie der sogenannte bittere Extractivstoff. Der im Wasser
unauflösbare Theil des Extracts bestand aus etwas Fett,
das beim Abdestilliren des Alkohols auf dem Wasser schwamm, und aus Harz, das beim Wiederauflösen des trokenen Extracts mit
heißem Wasser zurük blieb.
γ) Der zulezt noch beim Auswaschen des Flachses
mit Wasser erhaltene Stoff: der wässerige Extract, war
gleichfalls braun, doch troken weniger dunkel als der alkoholige Extract, bitterlich
und beim Verbrennen ebenfalls nur einen säuerlichen Rauch gebend; er betrug = 11
Gr.
δ) Der rükständige
Flachs dieser Behandlung mit Weingeist und Wasser sah nach dem Troknen an
der Sonne zwar noch nicht weiß aus, aber doch nicht mehr gelblich- oder
bräunlichgrau, sondern hellaschgrau. Sein Gewichtsverlust betrug = 22 Gr., was
allerdings mit der Summe seiner Auszüge (8 + 14 + 11 = 33 Gr.) nicht übereinstimmt,
sich aber daraus erklärt, daß diese Auszüge, und namentlich die braunen Extracte,
eine gewisse Menge von Feuchtigkeit enthalten, welche sich durch das Troknen nicht
austreiben läßt.
2) Von diesem rükständigen Flachs wurden 100 Gr. mit einer Auflösung von 2 Gr. reinem
Aezkali in 9 Kubikz. Wasser gegen 8 Tage lang verschlossen, unter mehrmals
wiederholtem Schütteln der Sonne ausgesezt und nachher mit reinem Wasser
ausgewaschen. Die Aezlauge hatte sich nun während dieser Zeit nur wenig gefärbt und
bei Zuguß von reiner Salzsäure nur wenig Niederschlag, kaum 1 Gr., abgesezt; der
getroknete Flachs war jedoch um etwas bleicher geworden, ohne an Stärke verloren zu
haben.
3) Von demselben rükständigen Flachs wurden 500 Gr. in einer tubulirten Flasche mit
1/2 Maaß reinem Wasser so zusammen gebracht, daß durch ein luftdicht eingeseztes, bis auf den Boden
reichendes Rohr die äußere atmosphärische Luft auf das
Wasser und den Flachs einwirken, durch ein anderes luftdicht eingeseztes Glasrohr
aber, das mit einem Gasometer in Verbindung stand, ein bei der Einwirkung des
Wassers und der äußern Luft auf den Flachs etwa entstehendes
Gas zu dem Meßcylinder übergehen könnte. (s. Fig. 4.) Während seines
Aufenthalts in dem Wasser innerhalb 10 Tage, theils in der Sonne, theils im
Schatten, hatte aber der Flachs kein Gas entwikelt, sondern nur das Wasser gefärbt
und auf diesem eine dünne Haut entstehen lassen. Beim Herausnehmen dieses Wassers
und Ausdrüken des Flachses roch die Flüssigkeit etwas faulicht, reagirte säuerlich
und hinterließ beim Troknen 10 Gr. einer grauen schleimigen Substanz, die sich durch
kalten Alkohol in eine hellbraune auflösliche und in eine dunkelbraune unaufgelöste
trennte, ohne jedoch nach dem Eintroknen beim Verbrennen weder in der einen, noch
andern Form auf Curcumapapier eine alkalische Reaction auszuüben. Der Flachs selbst
sah zwar nun getroknet etwas weißer aus, jedoch nicht mehr als die (nach 2) mit
Aezlauge behandelte Portion und hatte in dem Wasser ziemlich viel von einer
stikstofffreien braunen Materie verloren, aber er hatte bei dieser Behandlung
sichtlich an Stärke eingebüßt.
4) Von demselben rükständigen Flachs (1), wovon nach §. 2 schon ein Theil mit
Aezlauge kalt behandelt wurde, wurden nun 60 Gr. mit reiner Aezlauge, und zwar im
Verhältniß von 5 Gr. Aezkali zu 6 Kubikz. Wasser viermal wiederholt gekocht, wie bei den Hanfuntersuchungen eine Hanfportion
(siehe II. a. b. der Hanfuntersuchungen). Der mit reinem
Wasser ausgewaschene Flachs erschien nun um vieles bleicher als nach seinen
vorhergegangenen Behandlungen, ohne an Stärke viel verloren zu haben, während die
erhaltene Aezkalilösung, gegen 24 Kubikz., sehr braun gefärbt war und bei Zuguß von
Salzsäure einen braunen (humussäureartigen) Niederschlag gab.
Bei diesen verschiedenen Behandlungen des Tauflachses zeigte sich also 1) die mit
seiner reinen Faser verbundenen Theile waren: eine Art
von Fettwachs, das sich leichter durch kochenden Alkohol, als durch kochende
Aezlauge ausziehen läßt, viel theils in Alkohol und Wasser, theils nur in Wasser
löslicher brauner und bitterer Extractivstoff, etwas Harz und Fett, auch etwas
Pottasche und andere Basen, besonders Eisenoxyde, aber keine kleberartige Materie,
die Stikstoff enthielte, 2) daß kochender Alkohol
(30° B.) zwar den Flachs ziemlich entfärbt, aber nicht in dem Grad, wie
kochende Aezlauge; 3) daß wässerige Schwefelsäure, welche
die Oxyde sehr gut auszieht, nicht zu stark seyn darf, wenn sie die Faser nicht
schwächen soll, und daß 4) ein langer Aufenthalt des Flachses in ruhigem Wasser
bei Lufteinwirkung eine Fäulniß bewirkt, welche der Stärke der Faser schädlich
ist.
B) Ungerösteter Flachs, d.h.
ein Flachs, der von seiner Holzfaser durch besondere mechanische Manipulation, ohne
weder auf der Wiese, noch im Wasser zubereitet worden zu seyn, befreit war, wurde 1)
(360 Gr.) in zwei Phiolen vertheilt und in diesen mit je 6 Kubikz. Alkohol von 0,85 spec. Gewicht innerhalb vier Tage
abwechselnd gekocht (s. Fig. 2), der noch heiße
etwas gelb gefärbte Alkohol davon ausgedrükt und filtrirt, diese Operation nochmals
mit 6 Kubikz. Alkohol innerhalb einiger Stunden wiederholt, und der im Flachs noch
zurükgebliebene Alkohol mit etwas Wasser ausgepreßt, endlich nach erhaltenem
Niederschlag in dem erkälteten Auszug dieser filtrirt, und das Filtrirte zuerst in
einer Retorte und hierauf in offener Schale abgedampft. Die Resultate waren
folgende:
a) Der Niederschlag in dem erkalteten Alkohol betrug
kaum = 1,5 Gr. weißen fettwachsartigen Stoffs.
b) Bei dem Abdestilliren in der Retorte sammelte sich
ein braunes Fett auf der Oberfläche, = 1,5 Gr.
c) Aus dem Abgedampften der Schale, an welche sich ein
kleiner Theil davon als braune klebrige Substanz = 0,5 Gr. anhängte, trennte sich
dieses Harz durch Kochung mit Wasser, indem sich der
übrige braune Extract = 9 Gr. auflöste, und durch Alkohol
ab.
Das Ganze der Abscheidung betrug also 12 1/2 Gr., und folglich in Vergleichung mit
dem Extract, den früher 1000 Gr. von geröstetem Tauflachs geliefert hatten, mehr als der braune Extract
von diesem; fettwachsartigen Stoff enthielt es aber verhältnißmäßig weit weniger,
während sich bei jenen 1000 Gr. kein braunes Fett vorfand; es scheint demnach
lezteres bei dem Rösten in eine Art von Fettwachs überzugehen, und da der
ungeröstete Flachs beim Spinnen einen bittern Geschmak zeigt, so dürfte dieser wohl
von der verhältnißmäßig größern Menge auflöslichen
Extractivstoffes herkommen.
2) Da dieser Flachs bei der beschriebenen Behandlung kaum etwas bleicher geworden
war, so kochte ich 60 Gr. desselben (mit Alkohol
gekochten) mit 10 Gr. Aezkali, das in 4 Kubikz. Wasser
gelöst war, also in einer Lauge, die etwas mehr als 1 Proc. festes Kali enthielt, in
einer Vorrichtung, wobei sich kein Wasser verlor und wobei also die Lauge immer
gleich blieb. (s. Fig. 1.) Die Auflösung, zu der gegen 6 Stunden verwandt wurden, wurde
sehr braun und enthielt gegen 1 1/2 Gr. Extract. Der mit reinem Wasser nach nochmaligem Kochen
ausgewaschene Flachs erschien nun als ein ziemlich weißes Product.
C) Schneeflachs, der im
Februar auf das Feld gelegt, unter dem darauf gefallenen Schnee bis zu dessen
Schmelzung liegen geblieben und dann innerhalb 8 Tagen getroknet war, seiner Farbe
nach dem Wasserflachs ähnlich, jedoch mehr weißlich- als gelblichgrau
wurde.
1) 300 Gr. wurden mit 10 Kubikz. Alkohol (von 30° B.) gegen 12 Stunden lang in
einem Digerirapparat mit Kühltrichter (s. Fig. 1) und nach dem Abguß
des heißen Alkohols noch mit einigen Kubikzoll, wobei wieder einige Färbung
entstand, erhizt.
a) Der weiße fettwachsartige
Niederschlag aus dem heißen Alkohol betrug = 1,5 Gr. (wie bei dem
ungerösteten) und daher weniger als bei dem Tauflachs.
b) Der bräunliche Rükstand
der alkoholigen Destillation, wobei sich kein schwimmendes
Oehl, wie bei dem Auszug des angerösteten Flachses, zeigte, wog = 3,5 Gr.,
und bestand daher in weit weniger braunem bitterm
Extractivstoff, als bei dem ungerösteten, da er nach dem Verhältniß von 360 zu 300
gegen 8 Gr. davon hätte betragen sollen. Durch Einwirkung des Schnees beim Schmelzen
muß also der Flachs von seinem braunen Farbstoff verloren haben.
2) 60 Gr. von dem rükständigen Flachs mit 10 Gr. Aezkali
in 4 Kubikz. Wasser mehrere Stunden lang gekocht und mit
kochendem reinem Wasser ausgewaschen, lieferten zwar einen braunen Auszug, aber Salzsäure schlug daraus nur
wenig nieder und der getroknete Flachs hatte kaum ein weißeres Ansehen als
nach der alkoholigen Behandlung erhalten. Auch hatte er kaum etwas an seiner Stärke
verloren.
3) Als hierauf 40 Gr. des Rükstandes noch einmal mit 5 Gr. Aezkali und ein Paar Kubikzoll Wasser gekocht wurden, gab zwar die Lösung, die nur wenig braun
aussah, mit Salzsäure einen kaum den Boden des Gefäßes bedekenden Niederschlag, und
seine Farbe ward bedeutend weißer, aber nun hatte er an Stärke merklich
gelitten.
Die geringe Menge von braunem Extract, welchen die Aezlauge nach dem Gebrauch des
Alkohols aus dem Schneeflachs ausschied, erklärt einerseits die (dem Wasserflachs
ähnliche) hellere Farbe, und macht andererseits wahrscheinlich, daß, was der kalte
Alkohol noch aufgelöst enthielt, wie bei dem (späterhin untersuchten s. II. c.) Wasserhanf, vorzüglich harzartiger Extractivstoff
war, daß also seine Röstungsart (unter schmelzendem Schnee) mit der Wasserröstung am meisten
übereinkommt.
D) Versuche mit Wasserflachs,
betreffend seine Bleichung mit einer Mischung von Aezlauge und Alkohol (30°
B.).
Versuchen mit Wasser- und Tauhanf zufolge (II. c.)
enthält der Wasserhanf mehr harzige Theile als der Tauhanf. Da nun ein solcher
vorwiegender Harzgehalt ohne Zweifel auch bei dem Wasserflachs in Vergleichung mit
dem Tauflachs Statt findet, auf das Harz aber Alkohol vorzüglich wirkt, so entsteht
die Frage: ob ein Wasserflachs nicht am schnellsten durch Kochung mit Alkohol (30° B.) und dazu
geseztem Aezkali gebleicht, oder wenigstens zur gänzlichen Bleichung mehr
vorbereitet werde, als durch bloßes Kochen mit Aezlauge? – Zur Beantwortung
dieser Frage stellte ich daher folgende vergleichende Versuche mit zwei Portionen
getrokneten
820 Gr. Wasserflachs, die in kaltem Zimmer gelegen waren, auf dem sehr warmen
Ofen getroknet und noch warm gewogen wurden, hatten nur noch ein Gewicht =
740 Gr. und folglich beinahe 10 Proc. Feuchtigkeit gehabt. Wasserflachses (je 200 Gr.) an, indem ich eine jede derselben mit 20 Gr.
reinem Aezkali und 5 Kubikz. die eine mit Wasser, die andere aber mit Alkohol von
30° B. in ein Fläschchen auf einem Digerirgestell (s. Fig. 1) so einschloß, daß
die Flüssigkeit sich nicht verflüchtigen konnte. Nachdem eine jede einen Tag lang
digerirt wurde und gekocht hatte, so wurde der Flachs aus einer jeden herausgenommen
und ausgedrükt, dann wieder einen Tag lang mit 5 Kubikz. Wasser (die eine, wie die
andere Portion) digerirt, hierauf noch einmal einen Tag lang mit gleich viel Wasser
erwärmt und zulezt zum Auswaschen beim Herausnehmen am dritten Tag mit eben so viel
Wasser behandelt, so daß von jeder Flüssigkeit dreierlei Extractwasser vorhanden waren, nämlich das erste am meisten laugenhaltige,
ein zweites von den beiden wässerigen Digestionen und ein drittes als leztes
Waschwasser. Von diesen dreierlei Extractwassern war
das erste des mit bloßer Aezlauge
behandelten Flachses sehr dunkelbraun, trüb und mit einigem Niederschlag.
des mit Aezkali und Alkohol behandelten aber
schwach gelblichbraun und nach und
nach Floken (von Fettwachs) absezend;
das zweite Extractwasser der ersten
Portion
hellbräunlich und, nebst einigem
Niederschlag, trübe;
das der zweiten Portion
aber
dunkelbraun und gleichfalls mit
einem Niederschlag;
das dritte Waschwasser von beiden
Portionen schmuzig trübe mit etwas Niederschlag.
Der Alkohol hatte demnach (zufolge der blassen Farbe seiner Lösung) wenig auf den
braunen Farbstoff des Flachses gewirkt und das Aezkali vielmehr an seiner Lösung
gehindert. Nachdem nun eine jede Portion des Flachses so stark als möglich wieder
auf dem Ofen getroknet worden war, so betrug der Gewichtsverlust, den die gesammte
Extraction bewirkt hatte, bei der ersten (bloß mit Aezlauge behandelten Portion = 35
Gr. und bei der zweiten (mit Aezkali, Alkohol und Wasser behandelten) = 37 Gr., also
bei lezterer nur 2 Gr. mehr, und die getrokneten Flachsportionen selbst sahen nicht nur überhaupt etwas schmuzig gelber aus, als der noch
unbehandelte Flachs, sondern es war auch der mit Alkohol und Aezkali behandelte bräunlich gelber als der mit bloßer Lauge tractirte. Der
Gebrauch des Alkohols führt also auf diese Art nicht besser zum Zwek und es ist den
vorhergehenden Versuchen (I. A. c.) zufolge
vortheilhafter, den Alkohol allein vor der Behandlung mit Aezlauge auf den Flachs
einwirken zu lassen.
(Die Fortsezung und der Schluß folgt im naͤchsten
Hefte.)