Titel: | Ueber de Richemont's Methode Platten und Röhren aus Blei und anderen Metallen ohne Anwendung eines Lothes zu vereinigen. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. IX., S. 33 |
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IX.
Ueber de Richemont's
Methode Platten und Roͤhren aus Blei und anderen Metallen ohne Anwendung eines
Lothes zu vereinigen.Man findet bereits eine Notiz hierüber im polyt. Journal Bd. LXXIII. S. 76.
Aus dem Mechanics' Magazine No. 872, S.
546.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Richemont's Verfahren Blei und andere Metalle ohne Anwendung eines
Lothes zu vereinigen.
Hr. E. Desbassays de Richemont ist der Erfinder einer
neuen Methode, nach welcher zwei Metallstüke ohne Anwendung eines Lothes durch
Schmelzung des Metalles an den zu vereinigenden Stellen solchermaßen mit einander
verbunden werden können, daß man die Vereinigungsstellen weder dem Gesichte nach,
noch durch die chemische Analyse unterscheiden und entdeken kann. Der Erfinder nennt
diese Art der Verbindung, welche er mittelst einer höchst intensiven, durch
Verbrennung von Luft und Wasserstoffgas erzeugten Flamme bewerkstelligt, die Löthung durch sich selbst (soudure
autogéne, autogenous soldering), besser dürfte es jedoch seyn,
hiefür den Namen Verbindung durch sich selbst (autogenous
junction) zu gebrauchen.
Das neue Verfahren ist für viele Gewerbe und Künste von höchster Wichtigkeit, und
dürfte demnach gewiß bald in ausgedehnte Anwendung kommen. Es erfreut sich auch
bereits der Anerkennung ausgezeichneter Gelehrter und Sachkenner, denn die aus den
HHrn. Gay-Lussac, Thenard, d'Arcet und Clement-Desormes bestehende Commission, welche bei
Gelegenheit der lezten zu Paris gehaltenen Industrie-Ausstellung darüber zu
berichten hatte, und auf deren Bericht hin dem Erfinder die goldene Medaille
zuerkannt wurde, gab folgendes Gutachten darüber: „Die Erfindung des Hrn.
Richemont scheint uns von höchster Wichtigkeit;
sie ist auf viele Industriezweige anwendbar und wird in vielen derselben die
wesentlichsten Dienste leisten. Ihre Wirksamkeit ist nicht nur durch Versuche
erwiesen, sondern auch dadurch bewährt, daß bereits die meisten der
vorzüglicheren Fabrikanten in Frankreich Erlaubnißscheine für deren Benüzug
gelöst haben.“ Auch in England wurde die Erfindung auf den Namen des
Hrn. Hebert patentirt, und das dafür gelöste Patent ist
Eigenthum des Hrn. Charles Delbrück geworden. Dieser hat
das neue Verfahren in den Werkstätten der HHrn. Andrew Clarke und Söhne zu Southwark eingeführt, und in diesen hatten wir das
Vergnügen, es zur Verfertigung von mannichfachen bleiernen Gefäßen anwenden zu sehen, so wie wir uns
daselbst auch von dessen Tauglichkeit zur Vereinigung härterer Metalle überzeugten.
Wir geben hiemit eine Beschreibung der Apparate, mit denen wir arbeiten sahen.
Das Luftwasserstoff-Löthrohr (chalumeau
aërhydrique), wie der Erfinder seinen Apparat betitelt, besteht aus
einer Vorrichtung, welche Wasserstoffgas erzeugt; aus einem Paar Blasebälgen oder
aus einer anderen Vorrichtung, welche einen Luftstrom liefert, und welche entweder
nur jeden einzelnen Arbeiter oder mehrere derselben mit dem zu seiner Arbeit
erforderlichen Luftstrome versteht; und endlich aus einer Kautschukröhre von irgend
einer für nöthig erachteten Länge, welche nicht nur mit den zur Regulirung des
Luft- und Wasserstoffzuflusses erforderlichen Hähnen, sondern auch mit
messingenen Ansäzen von verschiedenen Größen und Formen versehen seyn muß, um mit
ihnen entsprechende Flammenkegel erzeugen zu können.
Fig. 39 zeigt
den zur Erzeugung des Wasserstoffgases bestimmten Apparat in einem Aufrisse und
großen Theils im Durchschnitte. Das vierseitige bleierne Gefäß enthält
Schwefelsäure, welche mit 7 Raumtheilen Wasser verdünnt worden. Von ihm aus führt
eine Röhre b in einen zweiten ähnlichen bleiernen
Behälter c, der mit Zinkspänen gefüllt wird. d ist ein kegelförmiger Pfropf, der mit einem Stiele und
Griffe versehen und mit Blei überzogen ist, und der, wenn man ihn öffnet, die
verdünnte Säure durch die Röhre b auf die Zinkspäne,
herab gelangen läßt, damit sich Wasserstoffgas aus diesen entwikle. Die Mündung e hat einen Dekel, der mit Schrauben und
Schraubenmuttern gut befestigt werden kann. Die Oeffnung f dient zum Eintragen von Säure und Wasser in das Gefäß a. Das auf die eben angegebene Weise sich entbindende
Wasserstoffgas muß durch die Sicherheitskammer g gehen.
Die gebogene Röhre h, h, welche das Gas aus dem Gefäße
c an den Boden der Sicherheitskammer leitet, taucht
in dieser mit seiner Mündung einen oder zwei Zolle tief unter Wasser. Die Röhre i, durch welche dieses Wasser eingegossen wird, ist mit
einem Pfropfe ausgestattet. Der Hahn k dient zur
Absperrung des Gases, welches aus dem Gefäße e in die
Sicherheitskammer g strömen will. Oben auf die Kammer
ist eine Kautschukröhre m geschraubt, und diese leitet
das Gas zugleich mit einem gehörigen Luftstrome auf die später anzugebende Weise in
das Instrument, welches der Arbeiter mit seiner Hand dirigirt. Die Gasentwikelung
währt so lange fort, als man von der verdünnten Säure auf die Zinkspäne fließen
läßt, und als der zum Austritte des Gases bestimmte Hahn geöffnet ist. So wie
dagegen dieser gesperrt wird, sammelt sich eine geringe Menge Gas an, welche eine
weitere Einwirkung der Flüssigkeit auf den Zink verhindert. Hieraus ergibt sich, daß
keine Gefahr einer
Explosion eintreten kann, indem nie mehr Gas erzeugt wird, als zur Arbeit
erforderlich ist, und indem, wenn die Arbeit aufhört, mit dieser auch die
Gasentwikelung erlischt. Hat sich die verdünnte Säure mit Zink gesättigt, so daß
kein Gas mehr erzeugt wird, so wird die Flüssigkeit bei der hiezu bestimmten Röhre
entleert. Man erhält aus dieser durch Krystallisation Zinkvitriol, durch dessen
Verkauf sich die täglichen Kosten des neuen Apparates vollkommen deken.
Jenen Theil des Apparates, mit dem der Arbeiter sein Geschäft vollbringt, ersieht man
aus Fig. 40.
Die oben erwähnte Kautschukröhre m ist nämlich an den
einen Arm der gabelförmig getheilten Röhre o geschraubt,
während der andere Arm derselben mit der Röhre q
verbunden ist, die an einen Blasebalg oder an ein anderes luftzuführendes Geräth
läuft. Jeder Arbeiter kann entweder für sich allein mit seinen Füßen einen Blasebalg
in Bewegung sezen, oder sämmtlichen Arbeitern einer Werkstätte kann mit einem großen
Gebläse die zu ihren Arbeiten erforderliche Luftmenge zugetrieben werden. Eine
Vorrichtung, wie sie an Beale's Patentlicht angebracht
ist, eignet sich z.B. auch zu diesem Zweke. Der Hahn n
dient zur Regulirung des Gaszuflusses; der Hahn p
dagegen regulirt die zuströmende Luftmenge. Die Vermengung des Gases mit der Luft
erfolgt in der Röhre r, an welche das Mundstük s, womit die Flamme t
erzeugt wird, gestekt wird. Der Arbeiter hängt die gabelförmige Röhre o in einer geeigneten Höhe an seinen Gürtel. Die beiden
Regulirhähne n, p haben eine solche Stellung, daß man
mit einer Hand genau die erforderlichen Mengen Luft und Gas ausströmen lassen kann.
Schließt man beide Hähne zugleich, so erlischt die Flamme. Beim Absperren soll man
jedoch den einen Hahn einige Augenblike früher schließen als den anderen, weil sonst
eine kleine Explosion erfolgt, die jedoch nichts weniger als gefährlich oder
beschwerlich ist. Das Mundstük s kann und muß je nach
Umständen und je nach der Arbeit, mit der man es zu thun hat, gewechselt werden, und
es soll daher in den Werkstätten eine gehörige Auswahl von solchen vorräthig
seyn.
Fig. 41 ist
ein Mundstük, welches eine höchst intensive Flamme von der Gestalt der mit einem
Sprizkruge zu bildenden Rosette gibt. Fig. 42 zeigt ein
Instrument, womit man eine lange Flamme, anstatt einer Spize erzeugen kann. Hier ist
n die Wasserstoff-Gasrohre mit ihrem Hahne
und p die Luftröhre mit dem ihrigen. Die Vermengung des
Gases mit der Luft erfolgt in der Röhre z. Die Röhre u hat an der einen Seite eine Längenspalte, und über sie
paßt genau eine zweite Röhre v. Die bei der Längenspalte
austretende Mischung aus Luft und Gas erzeugt, wenn man sie anzündet, einen langen
Flammenstreifen, der
verlängert oder verkürzt werden kann, je nachdem man die äußere Röhre v auf der gespaltenen Röhre u vor- oder rükwärts schiebt.
Fig. 43 zeigt
ein Instrument, dessen man sich bedient, wenn ein Flammenkegel nicht wohl anwendbar
ist, wie z.B. bei der Vereinigung oder Löthung von Zink. Hier wird nämlich durch die
Luft-Wasserstoffflamme ein Kupferstük y auf einer
solchen Hize erhalten, daß man die nöthigen Arbeiten damit verrichten kann. w, w ist das mit einem hohlen Stiele und Griffe
versehene Instrument. Die in der Röhre p herbeiströmende
Luft gelangt durch diesen hohlen Stiel und Griff; und durch eben diesen sezt auch
die kleine Röhre x, welche das Gas von der Röhre n her an das Ende von w
leitet, damit es sich daselbst mit der Luft vermische. Die somit erzeugte Mischung
erhizt, wenn man sie entzündet, das aus Kupfer bestehende Stük y, welches irgend
eine der für die Löthinstrumente gebräuchlichen Formen haben kann, und von den Armen
z getragen wird.
Wir entnehmen nach Vorausschikung obiger Beschreibung der Apparate aus einer
Broschüre, welche in Frankreich über deren Anwendung erschienen ist,
Nachstehendes.
Die neue Methode Metalle zu vereinigen, ist frei von den Fehlern, die mit der bisher
gebräuchlichen verbunden waren, und deren Ursachen hauptsächlich zu suchen waren: 1)
in der Verschiedenheit der Expansion des Bleies und der Legirungen des Bleies mit
Zinn, – eine Verschiedenheit, die sich hauptsächlich bei sehr niedrigen und
sehr hohen Temperaturen kund gab. 2) in der elektro-chemischen Wirkung,
welche unter gewissen Umständen durch die gegenseitige Berührung zweier
verschiedenartiger Metalle eintreten mußte.Vauquelin und D'Arcet
sahen in Seifenfabriken die Löthung der mit Blei ausgefütterten Geschirre
öfter in wenigen Tagen zu Pulver zerfallen. Dasselbe bemerkte man schon
öfter an Bleiröhren, wenn dieselben in gewisse Bodenarten gelegt wurden. A.
d. O. 3) in der mächtigen Einwirkung gewisser chemischer Agentien, die auf Blei
beinahe gar nicht wirken, auf die Legirungen aus Blei und Zinn. 4) in der großen
Sprödigkeit dieser Legirungen, die namentlich in der Wärme oft schon bei dem
leisesten Schlage oder Stoße springen. 5) in der großen Schwierigkeit, das Loth an
der Oberfläche des Bleies festkleben zu machen, woraus folgt, daß ohne daß der
Arbeiter es merkt, das Loth dem Bleie oft nur schwach anhängt. 6) endlich in der
Anwendung von Harz beim Löthen, wodurch Sprünge sehr oft für eine kurze Zeit,
verborgen werden.
Da das neue Verfahren nicht durchaus von Personen befolgt werden wird, welche die
gehörige Sorgfalt darauf verwenden, so läßt sich allerdings nicht behaupten, daß dasselbe alle die
eben aufgeführten Mängel unmöglich macht; allein diese Mängel sind, wenn sie sich in
diesem Falle zeigen, lediglich die Folge von Nachlässigkeit. Da sie überdieß leicht
zu entdeken sind, so sind gute Arbeiter jederzeit im Stande für ihre Arbeit
gutzustehen, was bei der ältern Methode ganz unmöglich ist. Ohne alle Uebertreibung
kann demnach mit Fug und Recht behauptet werden, daß die neue Löthung das bisher so
oft vorkommende Entweichen von Wasser und Gas aus den bleiernen Röhren und die
hieraus erwachsenden Verluste und Gefahren verhüten wird.
Die Werkstätten der Bleiarbeiter und Spengler, welche bisher durch den Kohlendampf
und durch die arsenikalischen Dünste, die sich aus dem unreinen zur Löthung
verwendeten Zinne entwikelten, so ungesund gemacht wurden, werden durch Annahme der
neuen Methode Vieles von ihren die Gesundheit der Arbeiter untergrabenden Einflüssen
verlieren. Endlich ist auch das neue Verfahren viel minder feuergefährlich als das
alte, da man nur einen Hahn zu drehen braucht, um das Feuer sicher erlöschen zu
machen. Hätte man bei der Ausbesserung der Getreidehalle zu Paris, der Kathedrale
von Chartres und von Brügge mit dem Apparate des Hrn. Richemont gearbeitet, so dürften diese schönen Gebäude wohl kaum ein Raub
der Flammen geworden seyn.
Abgesehen von diesen wichtigen, aus dem allgemeinen Interesse gezogenen Gründen, die
allein schon hinreichen müssen, um die Regierungen sowohl als das Publicum und die
Gelehrten für die neue Methode zu stimmen, erlauben wir uns auch noch einige andere,
obgleich minder wichtige Betrachtungen beizufügen.
Das neue Verfahren verdient nämlich auch in ökonomischer Hinsicht den Vorzug; denn da
man bei demselben der wegen des Zinnes kostspieligen Lothmasse nicht bedarf, so
werden viele Gegenstände um ein Bedeutendes wohlfeiler geliefert werden können.
Nicht minder wird auch eine große Ersparniß an Blei daraus erwachsen, daß man zur
Vereinigung von längeren Bleistüken deren Ränder nicht mehr über einander zu legen
braucht, wie dieß bisher häufig zu geschehen Pflegte. Ferner wird man bei der
Leichtigkeit, mit der man Blei von 1/50 bis zu 1/10 Zoll Dike löthen oder repariren
kann, in vielen Fällen so dünnes Blei anstatt eines dikeren anwenden können, woraus
abermals eine Ersparniß in den Kosten hervorgehen muß. Ja vielleicht dürfte das Blei
unter diesen Umständen zu vielen Zweken, zu denen man es bisher nicht benüzen
konnte, tauglich werden.
In rein technischer Beziehung genommen sind die Bleiarbeiter und Spengler dem Hrn.
de Richemont für seine Erfindung großen Dank schuldig. Sie sind nämlich
dadurch in Stand gesezt, überall, wo man mit der Löthrohrflamme zukann, auch innere
Löthungen oder Verbindungen herzustellen; sie sind in Stand gesezt, gleich an Ort
und Stelle jeden zu Verlust gegangenen oder beschädigten Theil einer Vase, einer
Röhre oder einer Statue aus reinem Bleie herzustellen; es ist ihnen möglich, nach
einander jede beliebige Anzahl von Löthungen vorzunehmen, und in einigen Minuten,
ohne daß auch nur eine Spur davon zurükbleibt, in Bleiblechen, Bleiröhen, und selbst
in früheren, nach dem neuen Verfahren vorgenommenen Löthungen alle darin
entstandenen Sprünge, Risse, Kerben etc. auszubessern; sie können ohne die
Gegenstände auch nur im Geringsten zu schwächen, die diken älteren Gefüge vermeiden
und durch dünne ersezen; kurz, man kann nunmehr den Bleiarbeiten eine Vollkommenheit
und Solidität geben, die bisher unerreichbar war und bei der das Blei jezt zu den
complicirtesten Arbeiten für den Civil- und Wasserbauingenieur, so wie auch
zu Ornamenten für den Architekten benüzt werden kann.
Eine Art von Künstlern gibt es übrigens, für welche die neue Löthung noch von ganz
besonderem Nuzen und Belange ist, nämlich jene, die die für die Chemie
erforderlichen Geräthe und Apparate liefern. Die Möglichkeit, aus reinem Bleie
Gefäße und Instrumente von jeder Form und Größe darstellen zu können, ist für sie
von größter Wichtigkeit; denn die Ausführung der glüklichsten Ideen ward schon öfter
durch die Unvollkommenheit der hiezu zu Gebot stehenden Mittel vereitelt oder
beeinträchtigt. Es dürfte nicht ungeeignet erscheinen, wenn wir in dieser Beziehung
in einige Details eingehen.
Ohne hier besonders hervorheben zu wollen, mit welchen Schwierigkeiten und mit
welchem Aufwande an Zeit und Geld es verbunden ist, wenn man für die Laboratorien
Retorten, Vorlagen, Flaschen, Schalen etc. aus reinem Bleie verfertigen soll,
erlauben wir uns, um zu zeigen, welchen Werth die praktischen Chemiker darauf legen,
größere Gefäße aus reinem Bleie ohne Löthmasse zur Verfügung zu haben, nur darauf
aufmerksam zu machen, daß die Société
d'encouragement im Jahre 1835 dem Hrn. Voisin
eine goldene Medaille zuerkannte, weil es ihm gelungen war, Bleiplatten von solcher
Größe zu gießen, daß man durch Auf- und Einbiegen derselben ohne Anwendung
einer Löthung Kessel aus Einem Stüke für verschiedene chemische Arbeiten darstellen
konnte. Von nun an gibt es aber keine Gränzen mehr für die Größe der aus Blei zu
arbeitenden Geräthe; denn es kommt nur darauf cm, wie viele Bleiplatten oder
Bleibleche man zusammenzufügen gedenkt. So lassen sich jezt aus reinem Bleie Kessel
von jedweder Größe zu Säuerungsprocessen, zur Abdampfung von Salzauflösungen, zu
Kristallisationen, zum Reinigen von Metallen mit Säuren, und überhaupt zu allen Operationen, bei denen
Flüssigkeiten, welche auf die Zinnlöthung wirken, in Anwendung kommen sollen,
erzeugen.
Nicht minder große Vortheile gewährt das neue Verfahren auch bei der Ausbesserung von
verschiedenen Geräthen, namentlich solchen, die der Einwirkung der Hize ausgesezt
sind. Die Löcher, welche in den bleiernen Gefäßen so häufig theils durch die
Einwirkung eines zu lebhaften Feuers, theils in Folge der Niederschläge, die sich in
ihnen bilden, entstehen, lassen sich der alten Methode gemäß, wenn sie nicht gar zu
groß sind, nur durch sogenannte Schweißungen mit reinem Bleie ausbessern. Diese Art
der Reparatur ist aber nur in wenigen Fällen thunlich, und da, wo man sich ihrer
nicht bedienen kann, bleibt nichts anderes übrig, als die Kessel auszunehmen, das
Blei derselben auszuwechseln, und sie wieder einzusezen: lauter Operationen, die
nicht bloß bedeutende Unkosten veranlassen, sondern, was noch mehr ist, den Gang der
Arbeiten für mehr oder minder lange Zeit stören. Es ist aber nichts leichter, als
nach der neuen Methode sowohl an den Seitenwänden als an den Böden der Kessel und
sonstigen Gefäße die entstandenen Löcher, welche Größe sie auch haben mögen, durch
neue Bleiplatten zu verstopfen; ja man kann auf diese Weise sogar nach und nach und
stükweise einen ganz neuen Kessel herstellen. Das Abbrechen solcher Apparate wird
demnach jezt nur mehr dann nöthig werden, wenn sie gänzlich abgenüzt sind; und
selbst in diesem Falle wird man immer noch das gewinnen, daß man beim Einschmelzen
des alten Bleies ein ganz reines, und nicht durch Lothmasse verunreinigtes Blei
bekommt.
Die große Geschmeidigkeit des Bleies, welche in vielen Fällen eine der schäzbarsten
Eigenschaften desselben ist, hat andererseits da, wo man Geräthe bedarf, die einen
etwas größeren Widerstand zu leisten vermögen, auch ihre bedeutenden
Unannehmlichkeiten, die man sich gleichwohl oft gefallen lassen muß, weil das Blei
wegen seines Verhaltens gegen verschiedene chemische Agentien nicht durch andere
Metalle ersezt werden kann. Wenn man nun diese Geräthe aus Eisen, Zink oder selbst
aus Holz verfertigt, und dann von Außen oder von Innen oder an beiden Seiten mit
Blei überkleidet, was nach der neuen Methode stets geschehen kann, wie complicirt
deren Formen auch immer seyn mögen, so erhält man für die Zukunft Geräthe, die nicht
nur jeden erforderlichen Widerstand gegen Gewalteinwirkungen zu leisten vermögen,
sondern die den chemischen Agentien auch eben so gut widerstehen, als wenn sie ganz
aus reinem Bleie gearbeitet wären. Ohne im Detail auf die Operationen, bei welchen
sich dieses Verfahren besonders ersprießlich zeigen dürfte eingehen zu wollen, erwähnen wir
beispielsweise nur die Erzeugung von Wasserstoff unter einem bedeutenden Druke, die
Bereitung von gashaltigen Wassern, die Destillation oder Eindampfung von sauren oder
alkalischen Flüssigkeiten unter einem geringeren Druke als dem atmosphärischen und
dergleichen. Eben so bedarf es kaum einer Erwähnung, daß die Trichter, Pumpen,
Heber, Schaufeln, Spateln, Löffel, Mensuren, Schaumlöffel, Pfropfe etc., deren man
in chemischen Fabriken in so großer Anzahl bedarf, aus Holz oder Eisen gearbeitet
und mit Blei überzogen werden können.
Eine weitere Anwendung des neuen Verfahrens, auf welche wir aufmerksam machen zu
müssen glauben, ist die Ausfütterung gewöhnlicher Fässer mit Blei von 1/16, bis 1/18
Zoll Dike. Solche Fässer würden bei chemischen Arbeiten im Großen oft sehr gute
Dienste leisten: namentlich zum Behufe einer mehr großartigen Zusammensezung von Woolf'schen und anderen derlei Apparaten, und zur
Versendung von sauren sowohl als alkalischen Flüssigkeiten zur See und zu Land.Es kann nicht leicht etwas Zwekmaßigeres geben, als die Benüzung der neuen
Löthmethode an den Woolf'schen und anderen derlei
Apparaten; denn mit ihrer Hülfe lassen sich die Röhren, Pfröpfe etc.
jederzeit und so oft es beliebt, mit größter Leichtigkeit einlöthen und
wieder abnehmen. Jeder praktische Chemiker wird sich auf den ersten Blik
überzeugen, welche Vortheile hieraus entspringen müssen; und es unterliegt
kaum einem Zweifel, daß die Löthung in Kürze sehr häufig statt der
unsicheren, Zeit und Geld raubenden Lutirungen in Anwendung kommen dürfte.
A. d. O. Beinahe alle flüssigen chemischen Producte, besonders z.B. die Salz-
und Schwefelsäure, werden bekanntlich in steinernen Krügen, welche man in Körbe
einsezt, versandt; und obwohl man diesen Körben bei weiteren Versendungen noch
außerdem eine doppelte Verpakung zu geben Pflegt, so reichen doch alle diese
Vorkehrungen keineswegs immer hin, um dem Brechen der Flaschen oder Krüge und den
hieraus erwachsenden Nachtheilen zu begegnen. Die Ausfuhr dieser beiden Säuren zur
See ist aus diesen Gründen höchst unbedeutend, besonders seit die Schiffseigenthümer
und Assecuranzen durch den Verlust zweier französischer Schiffe, welcher durch das
Zerbrechen einiger Krüge Schwefelsäure veranlaßt worden, in Schreken geriethen.
Würde man diese Flüssigkeiten in Fässer, welche mit Blei ausgefüttert sind, und die
mit Spunten, welche mit Blei überzogen sind, verschlossen werden, verpaken, so wäre
allen derlei Gefahren und Unannehmlichkeiten abgeholfen. Auch würde diese Art der
Versendung sowohl in Hinsicht auf die Tara, als das Volumen der Colli große
Vortheile gewähren, besonders bei der Salzsäure, die so wohlfeil ist, daß sie bei
der dermaligen Verpakung nicht wohl mit Vortheil zu Lande weiter verfahren werden
kann. Die mit Blei ausgefütterten Fässer eignen sich ferner vortrefflich zur Aufbewahrung und Magazinirung
von Säuren und anderen chemischen Producten, und dürften daher nicht nur
Fabrikanten, sondern auch Materialisten, Chemikern, Apothekern und allen, die viel
mit derlei Substanzen zu thun haben, empfohlen werden. Mit gehörig eingerichteten
Hähnen und Hebern aus Blei konnte man den jedesmaligen Bedarf sehr leicht aus den
Fässern entnehmen, und gar viele der Unfälle, die sich ereignen, wenn sich Leute,
die nicht wohl damit umzugehen wissen, mit der Handhabung der steinernen Krüge
befassen, könnten auf diese Weise vermieden werden.
Es war bisher wegen der Einwirkung der sauren oder alkalischen Flüssigkeiten auf die
mit Zinn gelötheten, aus Kupfer oder Blei gearbeiteten Schlangenröhren nicht
möglich, in den Fabriken chemischer Producte die Abdampfung mittelst Röhren, die
durch Dampf geheizt werden, einzuführen. Dieses Abdampfsystem, welches seit Jahren
in mannichfachen Fällen erfolgreich benüzt wird, würde sich bei der Abdampfung der
Auflösungen von Alaun, Vitriol, Ammoniaksalzen etc., welche gewöhnlich in bleiernen
Kesseln vorgenommen wird, besonders vortheilhaft bewähren; denn da diese Kessel
nicht in unmittelbare Berührung mit dem Feuer gebracht werden können, sondern stets
durch eine zolldike Schichte Metall oder Mauerwerk von diesem geschieden seyn
müssen, so ist die gewöhnliche Heizmethode hier nichts weniger als vortheilhaft.
Abgesehen hievon wird aber die Leichtigkeit, womit sich Kessel oder andere Geräthe,
die mit Dampf geheizt werden, auf jeder Höhe und in jeder Stellung unterbringen
lassen, mit der man ihnen ohne Rüksicht auf den Ofen jede beliebige Form geben kann,
und mit der durch einfaches Drehen eines Hahnes die Einwirkung der Wärme zu jeder
Zeit unterbrochen und wieder erneuert werden kann, unter vielen Umständen und bei
vielen chemischen Operationen unschäzbare Vortheile gewähren, besonders wenn man
bedenkt, daß die Erfahrung täglich mehr lehrt, wie verschieden die chemischen
Wirkungen bei verschiedenen Temperaturen sind. Mittelst der neuen Methode lassen
sich nun alle diese in Aussicht stehenden Vortheile wirklich erzielen; denn man kann
nach ihr aus reinem Bleie Schlangenröhren von jeder Form, jeder Dike und jeden
Dimensionen herstellen. Müßte für Flüssigkeiten von größerem spec. Gewichte, wie
z.B. für Schwefelsäure, ein größerer als der gewöhnliche Druk gestattet werden, so
könnte man auch eiserne oder kupferne Röhren, welche innen mit Blei ausgefüttert
sind, anwenden, in welchem Falle dann deren Widerstand ungeheuer wäre. Was die
Kessel selbst betrifft, so könnte man ihnen nur 1/8 statt 2/8 und 4/8 Zoll Dike
geben, ohne daß man zu besorgen hätte, daß durch die Einwirkung des Feuers Löcher in
ihnen entstehen.
Schließlich erlauben wir uns noch einige Betrachtungen über die Wichtigkeit der
Erfindung des Hrn. de Richemont für
Schwefelsäurefabriken. Man bedient sich nämlich in diesen der sogenannten
Bleikammern, die gewöhnlich einen Rauminhalt von 25 bis 50,000, zuweilen jedoch aber
auch einen solchen von 200 bis 250,000 Kubikf. haben, und welche Tausende von
Pfunden Zinnlothes erfordern. Bei der beständigen Berührung, in welche das Blei und
das Loth mit der Schwefelsäure und besonders mit Salpeterdämpfen geräth, wird das
Loth dermaßen angegriffen, daß einige der Bleikammern stets unbrauchbar werden, und
nicht nur durch ihre Reparaturen, sondern noch mehr durch die von diesen
unzertrennlichen Umstände den Fabrikanten jährlich große Ausgaben verursachen. Wenn
auch hiebei die Einwirkung der Salpetersäure auf das Blei selbst wesentlich zur mehr
oder minder raschen Zerstörung der Bleikammern beiträgt, so ist doch unbestreitbar,
daß sich diese schädliche Einwirkung hauptsächlich da zeigt, wo die Säuren in
directe Berührung mit den Lothmassen kommen. Man darf hienach zuversichtlich hoffen,
daß Kammern, die ganz und gar aus reinem Bleie bestehen, weit dauerhafter seyn
werden, als die nach dem dermaligen Verfahren gelötheten. Ein Umstand, der dieß noch
wahrscheinlicher macht, ist die Leichtigkeit, mit der man in Zukunft die leichtesten
Beschädigungen im ersten Augenblike, wo sie sich zeigen, und wenn sie zugängig sind,
selbst ohne Unterbrechung der Arbeit, ausbessern kann, so daß so große Schäden, die
ohne Unterbrechung der ganzen Arbeit nicht leicht mehr zu repariren sind, nicht
einmal entstehen können. Das neue System gestattet eine fortwährende Untersuchung
und Erhaltung der Bleikammern, denn in dessen Folge lassen sich diese in der Art
bauen, daß beinahe sämmtliche Winkelgefüge und überhaupt die senkrechten
Verbindungsstellen an der Außenseite der Kammern gebildet werden. Da der neue
Löthungsapparat stets in Bereitschaft ist, und da dessen Flamme ohne irgend eine
besondere Mühe leicht überall hin, wo man ihrer bedarf, bewegt werden kann, so wird
man kleinere Reparaturen auch nicht so lange verzögern, als dieß zu geschehen
pflegte, wenn erst ein Kohlenfeuer angezündet, Lötheisen erhizt, Lothmassen
geschmolzen und mehrere Arbeiter in Bewegung gesezt werden mußten, um den ganzen zu
den Reparaturen erforderlichen Apparat an Ort und Stelle zu schaffen. Was oben von
den Vortheilen bemerkt wurde, die daraus erwachsen, daß die neue Methode das
Uebereinanderlegen der Bleibleche zum Behufe ihrer Verbindung unnöthig macht, findet
besonders auch auf die Bleikammern, an denen man sich bisher dieser Art von Löthung
bediente, seine Anwendung. Noch größer ist jedoch der Gewinn, der aus der Ersparung
der ganzen Lothmasse hervorgeht, und bringt man hiezu noch in Anschlag, daß an den meisten
Orten die Anwendung des Gases auch noch eine bedeutende Ersparniß an Brennmaterial
und an Arbeitslohn nach sich zieht, so wird man annehmen müssen, daß, wenn die
Fabrikanten ihr eigenes Interesse verstehen, in Kürze auch nicht eine nach dem alten
Systeme gebaute oder reparirte Bleikammer mehr zu finden seyn wird. Die Pariser
Fabrikanten, so wie die Schwefelsäurefabrikanten im nördlichen Frankreich haben
beinahe sämmtlich das neue Verfahren angenommen, und auch Gay-Lussac hat für die unter seiner Leitung stehende Fabrik zu St.
Gobins eine Licenz auf dessen Benüzung erworben.
Das Luftwasserstoffgas-Löthrohr findet seine Anwendung übrigens nicht bloß bei
der Löthung des Bleies durch sich selbst, sondern es kann auch benüzt werden, um
Eisen, Kupfer und Zink mit den gewöhnlichen Legirungen oder mit reinem Bleie zu
löthen. Ferner kann es in den Händen der Juweliere, Gold- und Silberarbeiter,
Plattirer, Platinarbeiter, Gürtler etc. die Stelle des gewöhnlichen Löthrohres und
der Emaillirlampe vertreten. Wie sehr die Arbeit dadurch erleichtert wird, daß man
bei der Anwendung des neuen Apparates die zu bearbeitenden Gegenstände nicht in die
Flamme zu bringen braucht, sondern diese auf die Gegenstände hin richten kann,
erhellt von selbst; so wie es auch kaum der Erinnerung bedarf, daß das neue Löthrohr
wegen seiner viel größeren Kraft auf Gegenstände von viel größeren Dimensionen
anwendbar ist, und daher selbst von Kupferschmieden, Zinngießern, Schlossern und
dergl. benüzt werden kann. Da man den Umfang, in welchem die zur Schmelzung des
Metalles erforderliche Hize ihre Wirkung äußert, stets beliebig beschränken kann, so
ist nicht zu befürchten, daß, während man eine Stelle schweißt oder löthet, eine
andere benachbarte Stelle gleichfalls in Fluß geräth. Es unterliegt keinem Zweifel,
daß man mit dem neuen Löthrohre eine große Menge sehr zarter Gegenstände arbeiten
und namentlich Reparaturen vornehmen kann, die bisher nicht möglich waren.
Besondere Erwähnung verdient ferner die Anwendung der neuen Löthungsmethode an den
Röhren der Locomotivenkessel. Die Flamme kann nämlich nicht nur mit größter
Leichtigkeit auf die einer Löthung bedürfenden Theile gerichtet werden, sondern sie
enthält nichts von den schwefeligen Theilen, denen das zu löthende Metall
unvermeidlich ausgesezt ist, wenn es mit den aus den brennenden Steinkohlen
aufsteigenden Dünsten in Berührung kommt.
Endlich kann man den Apparat des Hrn. de Richemont auch
noch zur Erhizung der in den Werkstätten der Zinngießer, Bleiarbeiter, Spengler etc.
gebräuchlichen Lötheisen benüzen. Ein Paar Secunden reichen hin, um diesem Eisen die
gehörige Temperatur zu geben, und eben so leicht können sie durch gehörige
Regulirung der Flamme mittelst der Hähne auch auf dieser Temperatur erhalten werden,
ohne daß man ein Verbrennen derselben befürchten darf. Man wird auf diese Weise
nicht nur weit leichter arbeiten, sondern in Gegenden, wo die Kohlen theuer sind,
wird das Gas auch bedeutend wohlfeiler zu stehen kommen als diese.Würde man in London das zur Beleuchtung dienende Gas zum Erhizen der
Lotheisen benüzen, so würden sich für jeden Arbeiter für 12 Arbeitsstunden
die Kosten auf drei Halfpence (4 1/2 kr.), und für jeden Zinkarbeiter auf 2
1/2 Pence (7 1/2. kr.) berechnen. A. d. O.