Titel: | Die Löthung der Metalle theoretisch und praktisch betrachtet. Von Hrn. Thomas Spencer Esq. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XXX., S. 110 |
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XXX.
Die Loͤthung der Metalle theoretisch und
praktisch betrachtet. Von Hrn. Thomas Spencer Esq.Der Verfasser dieser Abhandlung ist derselbe, der sich durch seine Arbeiten über
die Benuzung des Elektro-Magnetismus zur Herstellung von
Medaillenabdrüken u. dergl. rühmlich bekannt machte. Gegenwärtige Abhandlung
dient zur Ergänzung und Erläuterung dessen, was wir im vorhergehenden Hefte des
polytechn. Journals über de Richemont's Löthmethode
mittheilten. A. d. N.
Aus einem vor der Liverpool Polytechnic Society am 14. Mai 1840
gehaltenen Vortrage im Mechanics Magazine, No. 876.
Spencer, die Loͤthung der Metalle theoretisch und praktisch
betrachtet.
1. Ich bin nicht gewiß, ob ich dieser Abhandlung die gehörige Ueberschrift gegeben,
und bin auch nicht sicher, ob die von mir in derselben aufgestellten Ansichten die
richtigen sind, da mir bei meinen Betrachtungen leicht eines der wichtigsten und
doch leicht übersehbaren Agentien entgangen seyn dürfte. Soviel weiß ich aber, daß
die Bahn, welche ich eingeschlagen, und die praktischen Resultate, zu denen ich
gelangte, dem in Frage stehenden Gegenstande förderlich seyn und in der Ausübung
mancher kleinerer Gewerbe Verbesserungen nach sich ziehen werden.
2. Newton sagte, es gäbe auch nicht zwei Körpertheilchen,
die in absoluter Berührung mit einander stünden; und behauptete, daß selbst die
dichtesten Körper, wie z.B. der Diamant, das Gold etc. wahrscheinlich noch in hohem
Grade porös wären. Spätere Beobachtungen mit dem Mikroskope, welches zu Newton's Zeiten noch bei weitem die Hülse nicht leistete,
die es dermalen gewährt, haben die Wahrheit dieser kühnen Behauptung des großen
Physikers dargethan. Die Analogie mußte ihm damals noch die Beweismittel liefern,
und in dieser Beziehung machte er als Beweis für den ersten Theil seiner Behauptung
den berühmten Versuch geltend, den er mit den farbigen Häutchen einer zwischen zwei
sein polirte, convexe Glasscherben gebrachten Seifenblase anstellte. Bei diesem
Versuche zeigt sich nämlich, daß zwischen den beiden Glasstüken immer noch ein
farbiges Häutchen sichtbar bleibt, wenn man die beiden Gläser auch durch den
stärksten Druk, den sie auszuhalten im Stande sind, an irgend einer Stelle in
unmittelbare Berührung zu bringen sucht.
3. Newton sagte ferner, daß, wenn man die zwei Theile, in
welche ein Körper getrennt worden, wieder so dicht an einander bringen könnte, als sie es vor
der Trennung waren, nothwendig eine solche Cohäsionsattraction eintreten würde, daß
die beiden Stüke nur mehr einen Körper ausmachen. Ich füge, bloß um zu zeigen,
welchen Speculationen sich Newton in dieser Beziehung
hingab, nur noch bei, daß er es für wahrscheinlich hielt, daß die gesammte, das
Sonnensystem ausmachende Materie in einen nicht über einen Kubikzoll betragenden
Raum zusammengedrängt werden könnte, wenn alle ihre Atome in absolute Berührung mit
einander zu bringen wären.
4. Wenn die Physiker von der Cohäsionsattraction (attraction
of cohesion) sprechen, so geben sie hiedurch nur einer unter gewissen
Umständen stattfindenden Erscheinung einen Namen, ohne von der Art und Weise, auf
welche diese Kraft wirkt, oder von dem, was eigentlich vorgeht, irgend etwas zu
wissen. Einige bezeichnen den Vorgang auch mit dem Namen der chemischen Verbindung
oder Verwandtschaft, oder sie nennen ihn eine Wirkung, welche in den Körpern in
unmerklichen Entfernungen (insensible distances)
vorgeht, oder mit anderen Worten, eine Wirkung, welche in der Art von Statten geht,
daß sie auch der schärfsten Beobachtung entgeht. Eine neuere Classe von Beobachtern
endlich schreibt die fragliche Erscheinung der Wirkung der Elektricität zu; ohne
aber dabei über die Art, wie dieses alles durchdringende Agens wirkt, irgend etwas
mehr zu wissen, als ihre Vorgänger.
5. Ohne hier dieses interessante, aber noch geheimnißvolle Problem der Physik in
klares Licht sezen zu wollen, habe ich bei diesen vorausgeschikten Bemerkungen nur
die Absicht, die Aufmerksamkeit derer, die sich bisher noch nicht mit diesem
Gegenstande beschäftigten, auf ihn zu lenken, und ihnen zu zeigen, welches weite
Feld noch den Forschungen der Wissenschaft offen steht. Denn, welche Fortschritte
wir auch gemacht haben mögen, so befinden wir uns doch noch immer im Angesichte der
Küste, an welcher Newton Sandkörner sammelte.
6. Es bestehen zwischen den Körpern zweierlei Arten von Adhäsion, die wir mit unseren
Sinnen fassen können, weil wir deren Wirkung deutlich sehen, obschon sie nicht durch
eine den angewendeten Körpern inwohnende Eigenschaft, sondern durch eine äußere
mechanisch auf sie wirkende Kraft hervorgebracht wird. Der Art ist z.B. die Kraft,
welche der Knabe in Anwendung bringt, wenn er mit einer ledernen Scheibe und einer
Schnur einen schweren Stein schleudert; die Kraft, mit der die Hand gegen den
ausgepumten RecipientenRecipiententen einer Luftpumpe angedrükt wird. In beiden Fällen ist nämlich die Kraft die
Folge des Drukes einer Luftsäule, und die Wirkung eine ebenso mechanische, als wenn
man ein Band dadurch auf
einem Tische befestigt, daß man auf eines seiner Enden ein Bleigewicht legt.
7. Die zweite Art einer mechanischen Verbindung beruht auf der Anwendung eines
klebenden Bindemittels, welches zwischen die Oberflächen zweier mit einander zu
verbindenden Körper gebracht wird. Hieher gehört z.B. das Zusammenleimen zweier
Stüke Holz, das Zusammenkitten zweier Stüke Glas. Beim Leimen des Holzes zeigt sich,
daß das weichere Material eine festere Verbindung eingeht, indem z.B. zwei Stüke
Tannenholz sich viel fester zusammenleimen lassen, als zwei Stüke Buchsholz. Die
Ursache dieses Unterschiedes ist klar. Er beruht nicht darauf, daß der Leim,
chemisch gesprochen, eine größere Verwandtschaft zu dem Tannenholz, als zu dem
Buchsholze hat, sondern er ist in der in der Structur oder dem Baue der beiden
Hölzer bestehenden mechanischen Verschiedenheit zu suchen; d.h. das Tannenholz hat
große Poren, und der Leim kann daher dessen Oberfläche bis in eine weit größere
Tiefe hinein durchdringen, als die Oberfläche des Buchsholzes, dessen Poren so klein
sind, daß der Leim beinahe gar nicht in sie einzudringen vermag. Im ersteren Falle
keilt sich der Leim gleichsam in die Poren hinein, und dadurch wird die Kraft, mit
der die Holzfasern einer Trennung widerstehen, erhöht; im zweiten hingegen kann
diese Einteilung des Leimes in die Poren nicht stattfinden. In diesen und allen
ähnlichen Fällen nennt man die Adhäsion eine mechanische, weil ihre Wirkung eine
wahrnehmbare ist, und aus der Structur und Stärke der angewendeten Materialien
abgeleitet werden kann.
8. Was jene Kraft oder Wirkung anbelangt, welche sich, wie man sagt, unter dem
Einflusse der Cohäsionsattraction äußert, so gibt sich diese täglich unter sehr
verschiedenen Formen kund. Ich will eines der einfachsten Beispiele geben. Wenn man
ein Stük feinen, reinen, mäßig feuchten Thon entzweischneidet oder auf andere Weise
trennt, und wenn man beide Stüke unmittelbar darauf wieder zusammenbringt, so kleben
sie in der Art zusammen, daß man die Trennungsstelle kaum bemerkt, und daß es
unmöglich wird, sie ganz genau wieder an derselben Stelle von einander zu trennen.
Dieß nennt man nun die Cohäsionsattraction oder die Wirkung, welche zwischen den
Moleculen der Körper von gleicher Zusammensezung stattfindet. Dabei muß bemerkt
werden, daß, wenn man die entzweigeschnittenen Thonstüke mit Wasser besprengt,
welches mit gebrannter Bittererde, feinem Mehle oder feiner Kreide angerührt worden,
und wenn man die besprengten Thonstüke wieder an ein einander bringt, die
Cohäsionsattraction sich entweder gar nicht kund gibt, oder daß, wenn sie unter
gewissen Umständen eintritt, die Thonstüke nach dem Troknen sich mit größter
Leichtigkeit und ganz genau an der Stelle, an der die fremdartige Substanz zwischen
sie gebracht wurde, von einander ablösen lassen.
9. Ich gehe nunmehr auf die Umstände über, welche die Adhäsion ungleichartiger
Metalle begleiten, und bemerke vorläufig nur, daß ich hierunter keineswegs jene
Verbindung verstehe, welche zwei Metalle, wie z.B. Kupfer und Zink, in geschmolzenem
Zustande eingehen. Denn obwohl wir den Grund, auf welchem diese Verbindung beruht,
eben so wenig kennen, als den Grund und den Ursprung aller übrigen chemischen
Verbindungen, so beabsichtige ich doch keineswegs, mich mit Erforschung dieses
Gegenstandes zu befassen. Ich beschränke mich vielmehr auf möglichst richtige
Erforschung der chemischen oder sonstigen Wirkung, welche bei dem sogenannten Löthen
stattfindet.
10. Ich ward dadurch auf diesen Gegenstand aufmerksam, daß ich einen Arbeiter mit
seinem Löthkolben, welcher bekanntlich ein eisernes, mit Kupfer zugespiztes Werkzeug
ist, durch die von dem Kupfer ausstrahlende Wärme einen Theil einer Löthmasse in
Fluß bringen sah. Vergeblich suchte er ein Kügelchen der geschmolzenen Löthmasse an
dem oben aus dem Feuer genommenen Löthkolben ankleben zu machen; als er aber das
heiße Kupfer durch Abreiben desselben auf einem Quadersteine blank gemacht hatte,
und es sodann auf die Löthmasse brachte, blieb sogleich ein Kügelchen von dieser an
dem Kupfer hängen, und zwar in der Art, daß es mit dem Löthkolben auf jene
Gegenstände gebracht werden konnte, die durch Löthung vereinigt werden sollten. Die
Adhärenz des Kügelchens war übrigens keine bleibende; denn es ließ sich leicht
ablösen. Die Erklärung des ganzen Vorganges hiebei ist leicht. Es hatte sich nämlich
im Feuer auf der Oberfläche des Löthkolbens eine Schichte Kupferoxyd erzeugt; diese
mußte durch das Abreiben des Instrumentes auf dem Steine beseitigt werden, weil so
lange diese Schichte vorhanden war, kein Ankleben der Löthmasse an dem Instrumente
stattfinden konnte. Warum unter solchen Umständen kein Ankleben stattfindet, hat uns
die Physik bisher noch nicht gelehrt.
11. Wir wollen nun sehen, was bei der Löthung irgend eines Metalles vorgeht. Der
Arbeiter macht die Stellen, welche durch die Löthung verbunden werben sollen,
vorläufig mittelst einer Feile oder mit Schmirgelpapier blank, d.h. er reinigt sie
von dem auf ihrer Oberfläche angesammelten Oxyde. Auf die blanken Stellen bringt er
dann bei der Löthung mit Weichloth Colophonium, bei der Löthung mit Zinkloth Salmiak
oder Salzsäure, und bei der Löthung mit Silber- oder Goldloth Borax. Werden
diese Ingredienzien so angewendet, wie es die Umstände erheischen, so wird man finden, daß die Metalle
und das Loth sehr leicht zusammenkleben.
12. Der Vorgang hiebei ließe sich leicht erfassen, wenn sich ein Theil des
Colophoniums oder des Borax auf ähnliche Weise, wie es oben beim Leimen des Holzes
angegeben wurde, als Kitt oder Bindemittel in die Löthfuge hineinsezte. Da dem aber
nicht so ist, so fragt sich, welche Rolle denn hier das Colophonium, der Borax und
der Salmiak spielen?
13. Ich ging, um diese Frage zu lösen, folgendermaßen zu Werke. Ich nahm zwei Stüke
Kupfer, die zuerst durch Verzinnung und dann durch Löthung mit einander verbunden
worden, und trennte sie hierauf gewaltsam. hiebei zeigte sich, daß an dem einen der
beiden Stüke die ganze Löthmasse hängen geblieben, während an dem anderen nur eine
dünne Schichte der Verzinnung zu bemerken war. Da die Oberfläche der abgerissenen
Stellen etwas körnig aussah, so fand ich mich veranlaßt, deren Structur, die aller
Wahrscheinlichkeit nach eine krystallinische war, wo möglich mit Hülfe des
Mikroskops zu ermitteln. Bei einer 250fachen Vergrößerung zeigte mir die Oberfläche
eine höchst unregelmäßige Textur, aber keine Spur von Krystallisation; eben so wenig
waren die Bruchstellen so splitterig und hakig, wie sonst frische Bruchstellen
gewöhnlich zu seyn pflegen; dagegen war die Oberfläche ihrer Unregelmäßigkeit
ungeachtet doch immer noch so glatt, als wenn eine in hohem Grade elastische
Flüssigkeit ungleichmäßig auf sie gedrukt hätte. Bei einer noch stärkeren
Vergrößerung entdekte ich mehrere hohle Halbkugeln, deren innere Oberfläche glänzend
silberweiß war, und die ungefähr 1/3000 Zoll im Durchmesser hatten. Die Schlüsse,
welche ich hieraus zog, werde ich später angeben.
14. Es ging aus dieser mikroskopischen Untersuchung offenbar hervor, daß nichts von
dem Colophonium als solches in die Löthfuge eingedrungen war. Allein es schien mir
aber auch, daß das Colophonium durch die Einwirkung der Hize in seine gasförmigen
Elemente zersezt wird, und diese entweder einzeln oder insgesammt den
Adhäsionsproceß bedingen. War dem wirklich so, so hatte ich demnächst zu bestimmen,
was für Gase dieß sind, und in welchen Mischungsverhältnissen sie sich zu
Colophonium verbinden.
15. Nach den von Gay-Lussac, Thenard und Ure angestellten Analysen bestehen 100 Theile Colophonium
im Durchschnitte und mit Hinweglassung der Bruchtheile aus 76 Theilen Kohlenstoff,
11 Theilen Wasserstoff und 13 Theilen Sauerstoff. Da diese Analysen durch sogenannte
trokene Destillation angestellt wurden, so ist nicht klar, wie sich diese Gase
verbinden, um Colophonium zu bilden.
Allerdings ist die Verbindung eine chemische; allein sind der Wasserstoff und der
Sauerstoff, wie es das wahrscheinlichste ist, in Gestalt von Wasser vorhanden? Wäre
dem so, so wäre ein ungefähr 9 Th. betragenden Ueberschuß an Wasserstoff
vorhanden.
16. Um mich hievon, so gut ich konnte, zu überzeugen, ließ ich etwas gepulvertes
Colophonium am Grunde einer sehr weiten, harten, gläsernen Probirröhre schmelzen.
Nachdem die Röhre abgekühlt, mit Queksilber gefüllt und über der Wanne umgestürzt
worden war, ließ ich auf das das Colophonium enthaltende Röhrenende eine intensive
Hize wirken. Hiebei entwikelte sich ein weißer Dunst, der das Queksilber aus der
Stelle trieb. Ich verpfropfte nunmehr das Ende der Röhre, nahm sie aus dem
Queksilber heraus, ließ ein Löthrohr auf deren Ende wirken, und brachte in diesem
eine ganz kleine Oeffnung an, durch welche das in der Röhre erzeugte Gas in einem
Strahle ausströmen konnte. Als ich hierauf neuerdings wieder Wärme auf die Röhre
einwirken ließ, trat ein Gasstrom aus, der sich bei der Entzündung als gekohltes
Wasserstoffgas, vielleicht mit etwas überschüssigem Kohlenstoffe, bewährte. Nachdem
die Wärme so lange eingewirkt hatte, als noch Gas ausströmte, verschloß ich die
Oeffnung, um die Röhre hierauf abkühlen zu lassen. Nach dem Abkühlen fand ich in ihr
eine kleine Quantität einer braunen schmierigen Masse, welche ich für Naphthalin
erkannte; an den Wänden dagegen zeigten sich mehrere Wassertropfen. Da nun nach
Umkehrung der Röhre über dem Queksilber und nach Oeffnung ihres Endes das Queksilber
nicht in ihr emporsteigen wollte, so mußte noch ein Gas vorhanden seyn. Ich öffnete
daher das kleine, an dem obersten Ende der Röhre angebrachte Loch neuerdings, drükte
die Röhre in das Queksilber nieder, und trieb dadurch bei dieser Oeffnung einen
Gasstrom aus, der sich bei seiner Entzündung durch seine farblose Flamme als
Wasserstoffgas zu erkennen gab. Allerdings war dieses Gas nicht rein; allein hätte
es vielen Kohlenstoff enthalten, so würde sich dieses durch die Farbe der Flamme zu
erkennen gegeben haben; wäre es mit Sauerstoff oder atmosphärischer Luft vermengt
gewesen, so hätte sich eine Explosion vernehmen lassen; und wäre Kohlenstoffoxyd
darin enthalten gewesen, so hätte man dieses durch die blaue Farbe der Flamme
erkannt.
17. Der Zwek, den ich bei diesem Versuche hatte, war Ermittelung der Vorgänge, welche
stattfinden, wenn man auf das Colophonium eine Hize wirken läßt, welche der beim
Löthen vorkommenden Hize gleichkommt. Durch ihn kam ich aber auch zu dem Schlusse,
daß aller in dem Colophonium enthaltene Sauerstoff als Wasser darin enthalten
ist.
18. Hätte ich das Colophonium in einer Porzellanrohre der Hize eines Ofens ausgesezt,
so würde ich gasförmigen Sauerstoff erhalten haben; allein beim Löthen ist keine so
hohe Hize erforderlich; ja wenn das Eisen zu heiß ist, so gelingt die Löthung nicht
einmal gut. Da nun aus diesem Versuche hervorzugehen schien, daß Wasserstoffgas
vorhanden war, und zwar in einem gewissen Zustande der Freiheit, so schien es mir,
von der Voraussezung ausgehend, daß dieses Gas zu der bei dem Löthprocesse
stattfindenden Adhäsion prädisponirt, höchst wahrscheinlich, daß jede Substanz, die
unter der Einwirkung des Löthkolbens eine noch größere Menge Wasserstoffgas frei
werden ließe, noch bessere Dienste leisten müßte als das Colophonium.
19. Ich muß bemerken, daß ich, indem ich also folgerte, schon früher eine vorgefaßte
Meinung dafür hatte, daß der Wasserstoff bei den in der Natur vorgehenden
metallurgischen Processen einen viel größeren Antheil hat, als man gewöhnlich meint.
Es gibt zwar allerdings einige wenige chemische Thatsachen, die von Vorne herein zu
Gunsten dieser Hypothese sprechen, allein sie sind weder so zahlreich noch so
schlagend, daß sie einer Theorie als Grundlage dienen könnten.
20. Mein nächstes Augenmerk richtete ich auf Ermittelung der Substanzen, die eine dem
Colophonium ähnliche chemische Zusammensezung haben. Als solche erkannte ich: 1) die
Naphtha, die aus 6 Aequivalenten Kohlenstoff und 6 Aequivalenten Wasserstoff
besteht; 2) das Bienenwachs, welches 13 Aquivalente Kohlenstoff, 1 Sauerstoff und 11
Wasserstoff enthält; 3) den Kampher, der aus 10 Aequivalenten Kohlenstoff, 8
Wasserstoff und 1 Sauerstoff besteht. Auch gewöhnliches Terpenthinöhl reiht sich
hieran, da es aus 13 Kohlenstoff, 10 Wasserstoff und 1 Sauerstoff besteht.
21. Bringt man alle diese Substanzen nun nach ihren Bestandtheilen in Form einer
Tabelle, und rechnet man zum Behufe der Wasserbildung auf je einen Theil Wasserstoff
einen Theil Sauerstoff, so erhält man in der vierten Tabelle die Quantität des
freien nicht mit Sauerstoff verbundenen Wasserstoffs.
Kohlenstoff.
Wasserstoff.
Sauerstoff.
Wasserstoff, der
nicht mit Sauerstoff
verbunden ist.
Reine Naphtha
6
6
0
6
Bienenwachs
13
11
1
10
Terpenthinoͤhl
13
10
1
9
Colophonium
13
11
2
9
Kampher
10
8
1
7
22. Ich war hienach überzeugt, daß, wenn die von mir a
priori bezüglich des Wasserstoffs gehegte Ansicht richtig war, alle in der
vorstehenden Tabelle aufgeführten Substanzen und noch viele andere bei der Löthung
mit Weichloth anwendbar sind; daß aber das Bienenwachs unter allen den Vorzug
verdient, indem dieses eine größere Menge Wasserstoffgas frei werben läßt. Ich
stellte hienach mit jedem der genannten Körper wirkliche Versuche an, indem ich
jeden derselben bei der Löthung mit Weichloth anstatt des Colophoniums anwendete.
Der Erfolg war in allen Fällen höchst entsprechend; doch mußte ich, wie vermuthet,
dem Bienenwachse den Vorzug geben.
23. Da nun diese Versuche der von mir über die Wirkung des Wasserstoffes bei der
Löthung gehegten Vermuthung günstig waren, so dachte ich, um der Sache näher auf den
Grund zu kommen, einen Strahl Wasserstoffgas auf eine mit dem Wasserlöthrohre zu
löthende Löthfuge zu leiten. Ich hatte, als mir diese Idee kam, nicht gleich einen
pneumatischen Apparat zur Erzeugung und Auffangung von Wasserstoffgas zur Verfügung;
da ich jedoch meine früheren Versuche bei dem mit gekohltem Wasserstoffgase
erzeugten Lichte angestellt hatte, und da ich dem oben Gesagten gemäß wußte, daß
dieses Gas während des Löthprocesses gleichfalls frei wird, so pumpte ich mit einer
Verdichtungssprize eine Quantität davon in einen Gashälter, um mich zu überzeugen,
in wie weit es seinem Zweke entspricht. Nachdem ich auf diese Weise einige Pinten
des Gases dem Druke einer Wassersäule ausgesezt, und an dem Gashälter eine
elastische Röhre befestigt hatte, an deren entgegengeseztem Ende sich eine
Sicherheits-Löthrohrspize befand, ließ ich den erhizten Löthkolben auf ein
Stük Loth, welches ich an einem Stüke Blei anzubringen wünschte, wirken, wobei ich
zugleich die Spize des Löthrohrs auf die fragliche Stelle richtete. Meine Absicht
war, die Löthung in einer Gasatmosphäre zu bewirken; die Operation gelang, die
Metalle vereinigten sich, obwohl nicht ganz so schnell wie bei der Anwendung von
Bienenwachs: eine Erscheinung, welche ich dem in Ueberschuß vorhandenen freien
Kohlenstoffe zuzuschreiben geneigt war.
24. Nachdem ich mir Tags darauf mit verdünnter Schwefelsäure und Zink reines
Wasserstoffgas erzeugt hatte, leitete ich einen Strahl desselben auf ein Stük Zinn,
welches ich mit Hülfe des Löthkolbens mit einem Stük Kupfer vereinigen wollte. Das
Resultat dieses Versuches war sehr unbefriedigend; denn das Zinn blieb nur
theilweise an dem Kupfer kleben. Da ich jedoch meine Idee, die sich mir bisher so
gut bewährt hatte, nicht aufgeben wollte, so schien es mir höchst wahrscheinlich,
daß der ungünstige Erfolg nur dem Umstande zuzuschreiben seyn dürfte, daß das Gas aus der Wanne, in
der es aufgefangen wurde, etwas Wasser mit sich fortgerissen hatte.
25. Ich leitete sonach, um Abhülfe hiegegen zu schaffen und in der Absicht mein Gas
zu troknen, einen Theil desselben durch eine mit salzsaurem Kalk gefüllte Röhre, und
sammelte dasselbe dann, um es nicht abermals mit Wasser in Berührung bringen zu
müssen, in einer Blase. Als ich nunmehr dieses Gas auf die eben beschriebene Weise
anwendete, fand ich zu meinem Vergnügen, daß sich beide Metalle beinahe
augenbliklich vollkommen mit einander verbanden.
26. Obwohl nun diese Versuche meine Theorie bestätigten, so ergaben sich daraus
unmittelbar doch noch keine Resultate von praktischem Werthe, indem es klar war, daß
der Löthproceß eine viel zu große Weitschweifigkeit erhielte, wenn man zuerst auf
irgend eine Weise Wasserstoff erzeugen und dann dieses zugleich mit dem Löthkolben
anwenden wollte.
27. Meine nächste Aufgabe war daher, den Löthkolben ganz entbehrlich zu machen. Ich
leitete in dieser Absicht auf zwei Stüke Blei, die ich zusammenzuschmelzen gedachte,
einen Strahl Wasserstoffgas, und richtete zugleich mit Hülfe eines Löthrohres auch
einen aus gekohltem Wasserstoffgase bestehenden Flammenkegel auf die fraglichen
Stellen. Die Flamme entzündete hiebei wohl stets das Wasserstoffgas; allein die
Vereinigung der beiden Bleistüke durch Schmelzung gelang nur zum Theil; doch
schöpfte ich hieraus die Hoffnung, daß es mir durch irgend eine Modification des
Apparates gelingen möchte, endlich meinen Zwek zu erreichen.
28. Ich war mit der Anwendung des Sauerstoff-Wasserstofflöthrohres und mit
dessen reducirenden Wirkung auf die metallischen Erze und Oxyde längst vertraut, und
mußte nach meiner Erfahrung glauben, daß dessen Wirkung, wenn die beiden Gase in den
üblichen Verhältnissen vermischt würden, für den fraglichen Zwek eine viel zu
heftige seyn würde. Dagegen war es mir nach dem zulezt erzählten Versuche höchst
wahrscheinlich, daß bei einem anderen Mischungsverhältnisse denn doch auf diesem
Wege günstige Resultate zu erzielen seyn dürften.
29. Meine Aufgabe war somit ein Verfahren zur Mäßigung der Intensität der
Sauerstoff-Wasserstoffflamme ausfindig zu machen. Ein Bekannter, den ich das
Sauerstoff-Wasserstofflöthrohr häufig zur Beleuchtung der Zauberlaterne
anwenden sah, brachte mich in dieser Beziehung auf eine höchst einfache Methode.
Derselbe pflegte nämlich, wenn ihm das Gasgemisch nicht die gewünschte Zeit über
auslangte, atmosphärische Luft in das Gefäß zu pumpen, in welchem die zu klein
gewordene Menge des Gemisches enthalten war. Er behielt in diesen Fällen keine
bestimmten Mischungsverhältnisse bei; nur wurde natürlich die Flamme in dem Maaße
weniger intensiv, als mehr Luft mit dem Gase vermengt worden.
30. Hievon ausgehend, zersezte ich Wasser mittelst einer galvanischen Batterie,
sammelte die gemischten Gase in gehörigen Verhältnissen, versezte sie mit einem
gleichen Antheile atmosphärischer Luft, füllte sie in einen Gashälter, und leitete
sie aus diesem mit dem bekannten Hemming'schen
Sicherheitslöthrohre auf ein Stük Zinn, welches ich an einem Stük Kupferblech
befestigen wollte. Die Vereinigung erfolgte unter diesen Umständen beinahe
augenbliklich. Sodann richtete ich die Flamme auf zwei mit ihren Rändern an einander
gebrachte Stüke Blei, wobei sich die Flamme viel zu intensiv zeigte, indem überall,
wo sie hinspielte, ein Loch einschmolz und auf der Oberfläche Spuren von Oxydation
bemerkbar wurden. Ich versezte daher das Gasgemisch mit einer größeren Menge Luft,
wodurch allerdings die Intensität der Flamme bedeutend vermindert, dafür aber auch
deren oxydirende Wirkung in dem Maaße gesteigert wurde, daß zwischen den beiden
Theilen nur sehr theilweise eine Adhäsion zu Stande kam. Da hieraus hervorging, daß
zu wenig Wasserstoff in dem Gase enthalten war, so sezte ich dem in dem Gasbehälter
befindlichen Gasgemische noch etwas Wasserstoffgas, welches ich mir auf gewöhnliche
Weise erzeugt hatte, zu. Mit dieser Mischung gelang es mir, zwei Stüke Blei sehr
rasch in Eines zu vereinigen. Dieselbe Mischung zur Vereinigung zweier Kupferstüke
ohne Beihülfe von Loth oder Zinn benuzt, erzeugte keine Flamme von solcher
Intensität, daß dadurch die Ränder hätten in Fluß gebracht werden können; obwohl aus
dem ganzen Verhalten abzunehmen war, daß mit einem gehörig regulirten Gasgemische
auch dieser Zwek erreicht werden könnte.
31. Ich muß bemerken, daß das bei diesen Versuchen benuzte Löthrohr eine kleine
Mündung statte, und daß ich mit meinem Gasbehälter auch nur einen sehr schwachen
Wasserdruk zu erzeugen im Stande war. Wahrscheinlich würde ich sonst meinen Zwek mit
weit weniger Schwierigkeit erreicht haben. Meine Absicht war übrigens nur, das
betheiligte Publicum mit dem Principe bekannt zu machen, und die weitere Ausführung
und Anwendung desselben anderen zu überlassen.
32. Ich war so weit in dieser Sache gediehen, als ich vor drei Monaten dem Hrn.
Secretär der Gesellschaft Mittheilung hievon machte. Nicht weniger hatte ich schon
früher mit mehreren Mitgliedern der Gesellschaft darüber gesprochen, und auch
mehrere Praktiker zu Versuchen mit meinem Verfahren aufgefordert. Ich erwähne dieß
bloß deßhalb, weil
kürzlich ein Franzose dasselbe Princip aufstellte, und dafür nicht nur in seinem
Vaterlande preisende Anerkennung erntete, sondern auch in England ein Patent darauf
nahm. Ich bedauere lezteres, indem es meine Absicht war, die ganze Sache ohne alle
pecuniären Ansprüche dem Publicum zu überlassen; ja ich weiß nicht einmal, ob das
Patent haltbar seyn wird, da ich mein Verfahren so vielen Personen mittheilte, bevor
noch die Beschreibung des Patentes bekannt wurde. Uebrigens besteht zwischen meinem
Verfahren und jenem des Hrn. de Richemont noch ein
kleiner Unterschied; denn so weit mir lezteres bekannt ist, eignet sich dasselbe, da
dabei nur ein Gemisch von Wasserstoff und Luft benuzt wird, bloß zum Löthen von
Blei, während man sich zur Schmelzung der härteren Metalle meiner Methode, bei der
künstlich erzeugter Sauerstoff in Anwendung kommt, wird bedienen müssen.
Unterwirft man nun die vorliegenden Thatsachen einer reiferen Prüfung, so fragt sich
zunächst, welche Rolle der Wasserstoff denn bei den angegebenen Processen spielt?
Ist die Wirkung, welche offenbar unter seinem Einflusse stattfindet, eine chemische
oder eine mechanische? Ich möchte anstatt des Wortes chemisch lieber das Wort
elektrisch sezen, da man dermalen beinahe alle bisher sogenannten chemischen
Veränderungen für Wirkungen der Elektricität erklärt. Ich will versuchen, einige der
Gründe aufzuführen, die sich für beide Erklärungsweisen vorbringen lassen; obwohl
ich es für das Wahrscheinlichere halte, daß sich beide Wirkungen zugleich äußern,
und daß vielleicht beide bei weiterer Untersuchung in eine zusammenfallen
dürften.
Zu Gunsten der mechanischen Wirkung des Gases muß vor Allem geltend gemacht werden,
daß jedesmal, so oft eine Vereinigung durch Löthung beabsichtigt wird, dieselbe in
einer Atmosphäre vorgenommen wird, welche 21 Proc. Sauerstoff, mithin ein Gas
enthält, welches eine entschiedene Neigung hat, sich mehr oder weniger mit beinahe
allen Metallen zu verbinden und sie in Metalloxyde zu verwandeln, die bekanntlich
der Verbindung der Metalle nicht förderlich sind, sondern vielmehr störend auf sie
wirken. Begünstigt wird dabei die Oxydirung der Metalle noch durch die hohe
Temperatur, der sie nothwendig während der Löthung ausgesezt sind. Andererseits ist
aber die entgegengesezte Wirkung des Wasserstoffs nicht minder bekannt; eine
Wirkung, die so bedeutend ist, daß Metalle in diesem Gase bei ihrem vollen Glanze
erhalten werden können; ja die am leichtesten oxydirbaren Metalle, das Kalium und
Natrium, lassen sich nur dadurch aufbewahren, daß man sie in eine Flüssigkeit
bringt, welche einen ungeheuren Ueberschuß an Wasserstoff und dafür gar keinen Sauerstoff enthält.
Die Präservative Eigenschaft des Wasserstoffes, sie mag, was ich nicht untersuchen
will, passiv oder activ seyn, zugegeben, werden die Metalloberflächen, wenn die
Löthung in einer aus Wasserstoff ohne Sauerstoff bestehenden Atmosphäre vorgenommen
wird, rein und unoxydirt erhalten werden, so daß also deren Verbindung leichter von
Statten geben kann. Allerdings ist aber richtig, daß, wenn der Wasserstoff auf die
Metalle per se eine active chemische Wirkung hat, die
Sache sich ganz anders gestalten würde.
Zu Gunsten der mechanischen Wirkung spricht aber ferner noch ein anderer Umstand. Der
Wasserstoff ist unter allen bekannten Körpern der leichteste; nach einigen sind
seine Molecule auch die kleinsten. Ich erlaube mir einen Beweis hiefür anzuführen.
Wenn man zum Auffangen von Sauerstoffgas einen glokenförmigen Glasrecipienten nimmt,
so ist dieser selbst dann noch diensttauglich, wenn er einen Sprung hat, indem er
dessen ungeachtet nichts von dem Gase entweichen lassen wird. Dagegen taugt er nicht
zum Auffangen von Wasserstoffgas, welches durch den Sprung entweicht. Wäre nun diese
Ansicht richtig, so würde hieraus folgen, daß, indem die normalen Theilchen dieses
Gases kleiner sind, zwischen die beiden Metalle eine dünnere Schichte gelangt, als
bei der Anwendung irgend eines anderen Gases, und daß die beiden Metalle daher so
dicht an einander gebracht werden können, daß die Cohäsions-Attraction schon
bei einem mäßigen Hizgrade eintreten kann. Dieß stimmt zum Theil mit der oben
angedeuteten Ansicht Newton's zusammen. Es ist mir
bekannt, daß Attractionen dieser Art auch zwischen Glasplatten stattfinden, wenn man
solche auf einander legt, und daß es unmöglich ist, sie dann von einander zu
trennen. Das Entweichen des Wasserstoffgases aus einem Recipienten mit einem Sprunge
ward übrigens neuerlich auch dadurch erklärt, daß man sagte, die Gase hätten die
Eigenschaft, einander im Verhältnisse ihrer Dichtheit zu verdrängen. Wäre dem so, so
würde hiedurch jeder aus dem Factum gezogene Schluß von entgegengesezter Natur
entkräftet werden.
Doch genug hievon; ich will vielmehr nur noch in Kürze auf einige Punkte aufmerksam
machen, die ich nicht unberührt lassen kann. Es war eine Lieblingsidee vieler
älteren Chemiker, den Wasserstoff für die Basis oder das Substrat aller metallischen
Körper zu halten. Ich für meinen Theil lege hierauf keinen Werth, halte es jedoch
für höchst wahrscheinlich, daß die Metalle zusammengesezte Körper sind. Betrachtet
man die Natur, so findet man überall vollkommene harmonische Einfachheit, und durch
die geringe Zahl der in ihr thätigen Agentien erscheint sie nur noch größer und
erhabener; betrachtet man die Natur hingegen mit Hülfe der Chemie, so bekommt man
eine Menge von Agentien,
welche sämmtlich in ihren Eigenschaften verschieden sind. Schon diese aus der
Betrachtung der anderen Naturreiche entnommene Analogien machen Zweifel rege, warum
die Natur in diesem Theile ihres Reiches minder einfach gewesen seyn soll, als es
sich in den übrigen Reichen nachweisen läßt. Würde sich die von dem Wasserstoffe
gehegte Meinung bewähren, so wären alle Schwierigkeiten gehoben. Dieß ist jedoch
eine reine Hypothese, obwohl einst von einem Chemiker, und zwar wenn ich nicht irre,
von Berzelius die Ansicht aufgestellt wurde, daß das
Kalium und Natrium Composita aus Wasserstoff seyn dürften, indem sich sonst die
Quantität, die von diesem Gase in dem Kaliumhydrat enthalten ist, nicht wohl
erklären ließe (!). Ueberdieß besizen wir auch die merkwürdige metallische
Verbindung des Queksilbers mit dem Ammonium, welches bekanntlich eine Verbindung von
Stikstoff und Wasserstoff ist.
Ich erlaube mir am Schlusse dieser Abhandlung nur noch ein paar Worte über die
chemische und elektrische Theorie beizufügen. Es ist als Grundsaz aufgestellt, daß
gleichartig elektrische Körper einander abstoßen, während ungleichartig elektrische
Körper einander anziehen. Der Wasserstoff ist ein elektro-positiver Körper
und deßgleichen sind es auch die Metalle. Hienach würde dieses Gas, anstatt von den
Metallen angezogen zu werden, vielmehr davon abgestoßen. Ich machte, um mich hiebei
von der Wirkung der Elektricität zu überzeugen, zwei Kupferstreifen blank,
befestigte sie als Pole an einer galvanischen Batterie; tauchte sie gleichzeitig in
einen Tiegel, in welchem sich geschmolzenes Zinn befand, und nahm sie nach einigen
Secunden wieder heraus. Bei der Untersuchung zeigte sich, daß das Zinn nur
theilweise, aber an beiden Polen gleich hängen geblieben war. Ich tauchte sodann
ähnliche Kupferstreifen, die jedoch nicht mit der galvanischen Batterie in
Verbindung waren, in den Tiegel, und die Folge war, daß sie beide vollkommen
verzinnt heraus kamen. Ich ziehe dermalen noch keinen Schluß hieraus, sondern
beschränke mich auf Angabe des Factums.
Ich habe auch noch mehrere Versuche über die Vereinigung der härteren Metalle
angestellt; sie sind jedoch, obwohl ich sehr sonderbare Resultate dabei erhielt,
noch nicht so weit vorgerükt, daß ich sie zur Bekanntmachung geeignet halte.
Was den theoretischen Theil dieser Abhandlung betrifft, so muß ich bemerken, daß ich
auf keine der in derselben berührten Erklärungsweisen einen größeren Werth lege, als
auf die andere. Ich habe sie bloß in Kürze erwähnt, um zu zeigen, was zu Gunsten
einer jeden derselben spricht. Der aus dem Colophonium frei werbende Kohlenstoff
kann so gut als der Wasserstoff seine desoxydirende Wirkung auf die zu löthenden Metalle
ausüben. Nicht minder kann der Stikstoff, welcher in der in den Gasbehälter
gepumpten Luft enthalten ist, wenn er in der angegebenen Mischung auf das erhizte
Metall getrieben wird, metallisirend wirken, gleichwie er bekanntlich also wirkt,
wenn er auf Queksilber getrieben wird. Dem sey wie ihm wolle, so würde, wenn die
fraglichen Processe im luftleeren Raume vollbracht werden könnten, die Wirkung
irgend eines der Gase gänzlich unnöthig seyn. Welches Agens hier übrigens wirken
mag, so ist jezt wenigstens so viel klar, daß man sich des
Wasserstoff-Sauerstoff-Löthrohres mit verschiedenen
Mischungsverhältnissen der Gase mit Vortheil zu mannichfachen technischen Zweken
bedienen kann.