Titel: | Verfahren eine genaue Mittagslinie an jedem heitern Tage des Jahres zu ziehen, wenn die geographische Breite des Ortes und die Abweichung der Sonne vom Aequator bekannt ist, von Joseph Aufleger. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XLIV., S. 182 |
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XLIV.
Verfahren eine genaue Mittagslinie an jedem
heitern Tage des Jahres zu ziehen, wenn die geographische Breite des Ortes und die
Abweichung der Sonne vom Aequator bekannt ist, von Joseph Aufleger.Mit einigen Abkürzungen aus dem Kunst- und Gewerbeblatt des
polytechn. Vereins für Bayern, Jahrg. 1840, S. 263 entnommen. A. d. R.
Aufleger, Verfahren eine genaue Mittagslinie zu finden.
Man nimmt eine gut geebnete Sollenhofer Steinplatte, 1 Fuß bis 18 Zoll im Quadrat,
wie die Linien ssss, Fig. 1 anzeigen, und
verschafft sich einen Kegel, der 2 1/2 Zoll hoch und 2 Zoll als Durchmesser seiner
Grundfläche hat, sehe Tt und Uu
Fig. 2. Läßt
man diesen Kegel von Stein machen, so ist am wenigsten zu besorgen, daß sich seine
Höhe ändert, indem sich der Stein gegen alle anderen Materialien am wenigsten
ausdehnt oder zusammenzieht.
Construction.
I. Zieht man in der Mitte der Steinplatte Fig. 1 die Linie AB, wählt auf dieser, etwa 3 Zoll von der Kante
entfernt, den Punkt C, beschreibt aus dem Punkte C mit dem Halbmesser der Grundfläche des Kegels Fig. 2
Tu einen Kreis Uu
Fig. 1,
errichtet die Senkrechte CD gleich der Höhe des
Kegels Tt, bezeichnet den Punkt D durch einen kleinen Bogen, und beschreibt aus D den Bogen ea.
II. Will man die Mittagslinie zum Beispiel für 48° 8' 20'' geogr. Breite
finden, so werden mittelst einem Transporteur auf dem Bogen von C nach a das Complement der
Breite, als hier 41° 51' 40'', getragen; dann bezeichnet man eben so der
Breite entsprechende Grade, Minuten etc. auf dem Bogen von C in e, als hier 48° 8' 20'', zieht von
D durch a die Linie DA und durch den Punkt e die Linie DE.
III. Auf dem Punkte E wird zur Linie AB die Senkrechte EF errichtet und diese gleich ED
gemacht; nun zieht man die Linie AF und verlängert
sie gegen L bis an die Kante des Steines SS.
IV. Wird die Linie AF halbirt und der Bogen AGF gezogen, dann sezt man einen Fuß des Zirkels
in A und bezeichnet mit der Länge AD auf dem Bogen den Punkt G; durch diesen Punkt zieht man die Linie GF.
V. Aus dem Punkte G beschreibt man mit beliebiger
Zirkelöffnung einen Bogen HIK und trägt aus dem
Punkte I die Grade und Minuten der südlichen Abweichung
der Sonne von I nach K, die der nördlichen
Abweichung aber von I nach H
Für die südliche Erdhälfte findet das Gegentheil Statt., das ist: vom 22. Sept. bis 21. März wird die Abweichung der Sonne von I nach K, und vom 21. März
bis 22. Sept. von I nach H
getragen.
Die Abweichung der Sonne findet man im astronomischen Jahrbuche, in welchem sie für
den Mittag wahre Zeit, für einen bestimmten Ort, gegeben ist. Für diese Methode die
Meridianlinie zu ziehen, braucht man die Abweichung für 9 Uhr wahre Zeit, man sucht
sie aus dem astronomischen Jahrbuche auf folgende Weise.
a) Ist der Tag gewählt, an welchem man die Mittagslinie
ziehen will, so untersucht man im astronomischen Jahrbuche, ob die Abweichung des
gewählten Tages größer oder kleiner sey als die des vorigen Tages, zieht dann die
kleinere Abweichung von der größeren ab und theilt den Rest durch 8. Ist die
Abweichung des gewählten Tages größer als die des vorigen, so wird das Achtel des
Restes von der Abweichung des gewählten Tages abgezogen; der Rest ist die Abweichung
für 9 Uhr. Ist die Abweichung des gewählten Tages kleiner als die des vorigen, so
wird das Achtel des Restes zur Abweichung des gewählten Tages addirt; die Summe ist
die Abweichung für 9 Uhr.
Zum Beispiel der gewählte Tag sey der 10. März, so war die
Abweichung für dieses Jahr 1840
am 9. März
4° 21' 18,3''
am 10. März
3° 57' 48,5''
––––––––––
die Abweichungsänderung
0° 23' 29,8''
folglich (23° 29,8'')/8 =
0° 2' 56,225''
zur Abweichung vom 10. März addirt
3° 57' 48,5
––––––––––
Abweichung für 9 Uhr am 10. März
4° 00' 43,725''
Oder der gewählte Tag sey der 30. März 1840, so ist die
Abweichung
am 30. März
3° 53' 56,9''
am 29. März
3° 30' 38,6''
––––––––––
die 24stündige Aenderung
0° 23' 18,3''
folglich (0° 23' 18,3'')/8 =
0° 2' 54,75''
am 30. März
3° 53' 56,9''
ein Achtel der Mündigen Aenderung
0° 2' 54,75
––––––––––
abgezogen, bleibt für 9 Uhr am 30.
März
3° 51' 02,15''
Demnach wird am 10. März die Abweichung 4° 00' 44'' auf
dem Bogen von I gegen K, und
am 30. März die Abweichung 3° 51' 2'' auf den Bogen von I gegen H getragen.
b) Ist der Ort, für welchen die Mittagslinie bestimmt
werden soll, von dem Orte, für welchen das astronomische Jahrbuch die Abweichung
enthält, sehr weit entfernt, so muß der Längenunterschied bekannt und für den sich
ergebenden Zeitunterschied die Abweichung der Sonne in Rechnung gebracht werden.
Indem 15 Grade Längenunterschied eine Stunde Zeitunterschied geben, und die größte
vier und zwanzigstündige Abweichungsänderung 24 Minuten ist, so trifft auf
15° Längenunterschied eine Minute Abweichung; folglich ist hingegen die vier
und zwanzigstündige Abweichungsänderung eine Minute, so ist die Abweichung für
15° Längenunterschied = 1/24' = 2,5''.
Ist die vier und zwanzigstündige Abweichungsänderung am größten = 24', so gibt
1° Längenunterschied = 1/15 = 4 Secunden AbweichungSind die zwei Orte nicht weit von einander entfernt, so kann diese
Berichtigung wegbleiben.; ist folglich die vier und zwanzigstündige Abweichungsänderung eine Minute,
so gibt 1° Längenunterschied = 4/24 = 0,166''. Man multiplicirt daher die
Grade des Längenunterschiedes, welche zwischen den zwei Orten stattfinden, mit den
Minuten der vier und zwanzigstündigen Abweichungsänderung, und das Product mit
0,166...; dieses Product ist die Abweichung des Längenunterschiedes in Secunden,
welche durch 60 dividirt Minuten geben.
Liegt der Ort, für welchen die Mittagslinie zu bestimmen ist, westlich von dem, für
welchen die Abweichung im astronomischen Jahrbuche gegeben ist, und ist die
Abweichung im Abnehmen, so wird die Abweichung der Längendifferenz von der für 9 Uhr
gefundenen abgezogen; ist aber die Abweichung im Steigen, so wird sie zu dieser
addirt. Liegt aber der erstere Ort von dem zweiten östlich, und ist die Abweichung
im Abnehmen, so wird die Abweichung der Längendifferenz zu der für 9 Uhr gefundenen
addirt, und ist die Abweichung im Steigen, so wird sie von dieser abgezogen. Auf
diese Weise erhält man die Abweichung für denjenigen Ort für 9 Uhr, für welchen man
die Mittagslinie bestimmen will. Zum Beispiel der Ort, für welchen die Mittagslinie
bestimmt werden soll, läge von der kön. Sternwarte München um 65° gegen
Westen, und wir nehmen wieder den 10. März 1840, so ist die vier und zwanzigstündige
Aenderung 23' 29,8'', hiefür kann man nehmen 23,5'; folglich
23,5 × 65 = 15275 × 0,1666 = 254,481''/60 = 4'
14'',481
und die für 9 Uhr gefundene
Abweichung
4° 00' 44,725''
die für den Längenunterschied
abzuziehen
4'
14,481''
––––––––––––
für den für West liegenden Ort für 9
Uhr
3° 56' 30,244''
Wäre die Abweichung im Steigen, so müßten die 4' 14,481'' addirt werden.
Läge der Ort, für welchen die Mittagslinie zu bestimmen ist, von dem Orte, für
welchen die Abweichung im astronomischen Jahrbuche enthalten ist, um 24°
gegen Osten, und wir nehmen als den gewählten Tag den 30. März, so ist die vier und
zwanzigstündige Aenderung 23' 18,3'' und die 18'' im Decimaltheile der Minuten
gibt
23,3 × 24 = 559,2 × 0,1666 = 93,16/60 = 1'
33,16''
die für 9 Uhr gefundene Abweichung
3° 51' 02,15''
für den Längenunterschied abzuziehen
1'
33,16''
–––––––––––
für den östlich liegenden Ort für 9
Uhr
3° 49' 28,99''
Wäre die Abweichung im Abnehmen, so müßten die 1' 33,16'' addirt werden.
VI. Ist die Abweichung nach Nr. V auf dem Bogen aus I gegen K oder H durch einen Punkt bemerkt, z.B. nach der Zeichnung in
i, so ziehe man aus G
durch den Punkt i eine Linie, und verlängere diese, bis
sie die Linie AF oder ihre Verlängerung schneidet,
z.B. in L.
VII. Sezt man einen Fuß des Zirkels in C und öffnet den
Zirkel, bis der andere Fuß den Durchschnittspunkt L
erreicht, so beschreibt man den Kreis MLB.
Der Kreis MLB bestimmt die Schattenlänge des Kegels
für 9 Uhr wahre Zeit, für denjenigen Tag, für welchen die Abweichung aus I auf den Bogen HK
aufgetragen wurde.
Die mit diesen Linien bezeichnete Steinplatte wird an einem Orte, der von der Sonne
beleuchtet werden kann, richtig horizontal gelegt, doch so, daß die Linie von A nach B so viel als möglich
von Süden gegen Norden liegt, und man sezt den Kegel auf. Dieß muß aber an dem
gewählten Tage vor 9 Uhr in Ordnung seyn, damit die Schattenspize des Kegels noch
über den Kreis MLB hinausfällt.
VIII. Die Schattenspize nähert sich immer mehr dem Kreise MLB, bis sie ihn berührt und verlassen will; in
dem Augenblike, wo die Schattenspize den Kreis verlassen will, bemerkt man diesen
Punkt z.B. in M oder N. Ist
M der gefundene Punkt, so trägt man den Bogen BL aus dem Punkte M
gegen B, bemerkt den Punkt m
und zieht von m durch C die
Linie mO, welche die Mittagslinie ist. Hätte man
den Punkt N gefunden, so trägt man BL von N gegen
B, bemerkt den Punkt und zieht von n durch C die Linie nP, so ist diese die Mittagslinie. Berührt die
Schattenspize vom Kegel den Kreis im Punkte L selbst, so
ist BA die Mittagslinie, und es wäre beim Legen
der Platte die Linie BA zufällig in die Ebene des
Meridians gekommen.
Hat man die beschriebenen Linien genau construirt und den Berührungspunkt, von der
Schattenspize des Kegels, auf dem Kreise richtig beobachtet, dann ist die nach Nr.
VIII. gefundene Mittagslinie unfehlbar genau und richtig.
I. Zusaz. Will man statt um 9 Uhr um 3 Uhr, oder zur Ueberzeugung (ob kein Fehler
unterlaufen sey) wiederholt noch einen Punkt beobachten, so wird die Abweichung der
Sonne für 3 Uhr gesucht. Man nimmt nämlich aus dem astronomischen Jahrbuche ein
Achtel der vier und zwanzigstündigen Abweichungsveränderung zwischen dem gewählten
und nächstfolgenden Mittag, wie in Nr. V. a. Ist die
Abweichung des gewählten Mittags kleiner als die des nächsten, so wird das Achtel
der vier und zwanzigstündigen Aenderung addirt und im Gegentheil abgezogen, um die
Abweichung für 3 Uhr zu erhalten.
Die Berichtigung Nr. V. b, für einen anderen Ort, bleibt
für 3 Uhr dieselbe wie für 9 Uhr.
Der Abweichung entsprechende Grade und Minuten werden, wie in Nr. V, auf den Bogen
KH
Fig. 3
getragen, z.B. in j, dann wird, nach Nr. VI. aus G durch diesen Punkt j auf
dem Bogen KH, eine Linie GQ gezogen, und wo sich diese Linie mit der AF oder ihrer Verlängerung schneidet, wird aus dem
Punkte C durch Q, nach Nr.
VIII., ein Kreis mRT beschrieben. Ferner sezt man
den Kegel auf, beobachtet Nachmittags, wo die Schattenspize des Kegels den für 3 Uhr
und C beschriebenen Kreis berührt, und bemerkt den
Berührungspunkt auf diesem Kreise, z.B. in R oder T, je nachdem der Kreis um 9 Uhr im Punkte M oder N berührt wurde. Aus
C beschreibt man durch A
den Bogen OP.
Hat man keinen Fehler begangen und ist R der im
Nachmittag und M der im Vormittag beobachtete Punkt, so
muß der Winkel Ri Omi gleich dem Winkel mi OMi seyn. Ist T der im Nachmittag und N der im Vormittag
beobachtete Punkt, so muß der Winkel Ti Pni gleich dem Winkel ni PNi
seyn. Um aber diese Winkel messen zu können, muß der Kreis Mi mi
Ri aus O,
oder der Kreis Ni ni Ti
aus P beschrieben werden.
Ist die Abweichung für 3 Uhr, von der für 9 Uhr, des gewählten Tages sehr wenig
unterschieden, so wird der Bogen Ij für 3 Uhr eben
so groß wie der Bogen Ij für 9 Uhr; folglich behalten
die Linien GQ und AF auch
für 3 Uhr dieselbe Lage wie für 9 Uhr, sie schneiden sich in einem und demselben
Punkt L und der Kreis BRT für 3 Uhr hat denselben Radius wie der Kreis MLB, welcher für 9 Uhr beschrieben wurde.
Die Abweichungsveränderung zwischen 9 und 3 Uhr ist am 21. Jun. und 22. Decbr. am
kleinsten, daher fällt einige Tage vor und nach diesen zwei Tagen der für 3 Uhr
bestimmte Kreis mRT in den für 9 Uhr beschriebenen
Kreis MLn. Vier Tage vor und nach dem 21. Jun. und
22. Decbr. beträgt die Abweichungsveränderung zwischen 9 und 3 Uhr beinahe eine
Minute. Die Abweichungsveränderung ist hingegen am 21. März und 22. Sept. am
größten; an diesen zwei Tagen ist die Veränderung der Abweichung zwischen 9 und 3
Uhr beinahe 6 Minuten. Vom 21. Jun. bis 22. Decbr. fällt der für 3 Uhr bestimmte
Kreis weiter vom Centrum C, als der für 9 Uhr
beschriebene; vom 22. Decbr. bis 21. Jun. fällt aber der für 3 Uhr bestimmte Kreis
näher gegen das Centrum C, als der, welcher für 9 Uhr
bestimmt wurde.
II. Zusaz. Für jene Länder, welche unter 45° der Breite liegen, kann die Höhe
des Kegels größer, und für jene Länder, welche über 55'' Breite liegen, muß sie
kleiner gemacht werben. Ist die Abweichung der Sonne sehr südlich, namentlich in den
Monaten November, December und Januar, dann ist um 9 Uhr der Schatten des Kegels
ziemlich lang. Ist die Höhe des Kegels 3 1/2 Zoll, so muß für unsere Breite die
Platte 2 Fuß im Quadrat seyn, damit im Winter die Schattenspize vom Kegel um 9 oder
3 Uhr auf die Platte fällt.
Je länger der Schatten ist, um so weniger deutlich zeigt er sich in seiner Fortsezung
begränzt, und zwar wegen des sogenannten Halbschattens. Aus dieser Ursache kann bei
langen Schatten die Länge desselben nicht sicher bestimmt werden. Diesem Uebelstande
kann dadurch abgeholfen werden: man schneidet den Kegel ab, befestigt auf demselben
ein Stükchen Messing und macht in den Punkt, wo die Spize des Kegels lag, ein rundes
Löchelchen, wie Fig. 3a und b zeigen. Fallen durch das Löchelchen die Strahlen der Sonne, so
bilden diese auf der Steinplatte, im Schatten vom Messingstükchen, ein Sonnenbild.
Der Mittelpunkt dieses Sonnenbildes vertritt die Schattenspize des Kegels und
bestimmt die Schattenlänge des lezteren sehr genau. Das Sonnenbild erscheint zwar
auf der Ebene der Platte als eine Ellipse, Fig. 3c. Man kann aber den Mittelpunkt eben so sicher als in einem
Kreise finden, wenn man den längeren und kürzeren Durchmesser zieht. Bei so einer
kleinen Ellipse kann eben so wie bei einem kleinen Kreise durch Schäzung des Auges, ohne die Durchmesser
wirklich zu ziehen, der Mittelpunkt bestimmt werden.
III. Zusaz. Diejenigen, welche ein trigonometrisches Handbuch oder eine
Tangententafel besizen, können die Winkel, statt durch Auftragen der Grade und
Minuten auf den Bögen Ca, Ce und IH oder
IK
Fig. 1 sehr
genau auf folgende Weise bestimmen.
Ist die Linie AB und CD gezogen, so macht man mit der Linie CD
Fig. 3 (gleich
der Höhe des Kegels) einen Transversalmaaßstab, so daß die Linie CD in tausend Theile getheilt wird, Fig. 3d. Dann werden von der Breite des Ortes die
entsprechenden Theile der Tangens auf dem Maaßstabe genommen und von C nach E, und die vom
Complement der Breite von C nach A getragen, so dadurch die Lage der Linien DE und DA bestimmt. Eben so macht man
die Linie GF gleich der Höhe des Kegels CD, errichtet in I zu
GF eine Senkrechte HK und trägt von der Abweichung entsprechende
Theile der Tangens von I nach K oder von I nach H, je nachdem die Abweichung nördlich oder südlich ist, und bestimmt
dadurch die Lage der Linie GiL.
Beweis der Construction.
Zieht man auf einer horizontalen Ebene eine gerade Linie AB, errichtet in dieser eine senkrechte CD, Fig.
3, betrachtet AB als Meridianlinie und
CD als den auf der Meridianlinie senkrecht
stehenden Zeiger, so ist CD der Endpunkt des
Zeigers.
Legt man eine zur Weltachse parallele Linie durch den Endpunkt des Zeigers D, und verlängert diese, bis sie die Meridianlinie am
Horizont trifft, z.B. im Punkte A, so ist der CAD
= der geographischen Breite des Ortes, und indem ACD = 90° ist, so muß der Winkel ADC = dem Complement der Breite seyn; sehe
Construction Saz II. Bogen Ca. Dann ist A der Pol und AD ein
Stük der Weltachse.
Legt man eine zum Aequator parallele Ebene durch den Endpunkt D und bezeichnet auf der Meridianlinie am Horizont den Durchschnittspunkt
(E) dieser Ebene, dann ist CED = dem Complement der Breite des Ortes und ECD = 90°; folglich ist CDE = der Breite, Construction, Saz II., Bogen Ce. Auf der Are AD steht allzeit die Aequatorialebene senkrecht, daher ist auch ADE = 90°. Die Aequatorialebene
durchschneidet den Horizont und bildet auf ihm die Linie FE, welche die Aequinoctiallinie für den Zeiger
CD ist.
Beschreibt man in der Aequatorialebene, im Raume DEF, aus D mit dem Radius DE einen Bogen, trägt auf diesen Bogen aus dem Punkte E 45°, und zieht aus D, durch diesen Punkt (g) auf dem Bogen im
Raume, eine Linie, so schneidet diese die Linie EF
am Horizont in F. Die Linie DF ist dann die Zeitlinie für die 9te Stunde in der Aequatorialebene, und
die Linie EF ist die Tangens für diesen
Zeitwinkel. Indem nach erwiesenen Säzen der Gnomonik die 9te Stunde mit dem Meridian
am Aequator 45° macht, so folgt, daß die Tangens EF (von 45°) = dem Radius DE ist;
Constr. Saz III.
Aus dem bisher Gesagten ist der 9te Stundepunkt F in der
Aequinoctiallinie am Horizont bestimmt.
Legt man eine Ebene, welche durch den Pol A, den Punkt
D und den Punkt F geht,
so ist diese die 9te Stundebene, welche sich im Raume A,
D dem Endpunkte des auf dem Horizont senkrecht stehenden Zeigers und dem
Punkte F bildet. In dieser erweiterten Ebene steht die
Sonne um 9 Uhr für den Ort, auf dem wir stehen. Diese Ebene schneidet den Horizont
in A und F, und bildet auf
diesem die 9te Stundenlinie AL Constr. Saz
III.
In dieser Ebene ADF ist der Punkt F, welcher zugleich in der Aequatorialebene liegt, auf
der Are AD über dem Punkte D, sowohl aus der Natur der Sache, als aus erwiesenen Grundsäzen der
Gnomonik senkrecht, folglich der Winkel ADF =
90°; denn jeder Punkt in der Aequatorialebene FDE ist auf der Are AD über dem Punkte
D senkrecht. Demnach ist im Dreieke ADF der Winkel D =
90°, die Seite AD und AF bekannt, folglich das Dreiek selbst bestimmt.
Wird im rechtwinklichen Dreieke die bekannte Seite AF, welche dem rechten Winkel gegenüber liegt, halbirt, und man beschreibt
über die beiden Punkte 4 und F einen Halbkreis, trägt
aus A auf diesen Halbkreis nach G die bekannte Seite AD und verbindet
GF durch eine gerade Linie, so ist der Winkel
G = 90°. Nach dem ist die Seite AF des Dreieks im Raume der 9ten Stundenebene ADF dem Dreiek am Horizont AGF gemeinschaftlich, AG = AD, der Winkel G = D = 90°, GF = DF; folglich ist das
Dreiek ADF der 9ten Stundenebene durch das Dreiek
AGF construirt. Constr. Saz IV.
Stellt man das Dreiek ADF auf der Meridianlinie AE zum Horizont senkrecht und bewegt das Dreiek
AGF um die Linie AF, bis der Punkt 6 im Punkte D
zusammentrifft, und die Linie AG in der Linie AD liegt, so ist klar, daß der Punkt G der Endpunkt des senkrecht stehenden Zeigers und die
Linie am Horizont GF gleich der Linie im Raume DF ist. Es kann daher das Dreiek am Horizont AGF für das Dreiek im Raume ADF, in Beziehung der Wirkung auf die 9te
Stundenlinie am Horizont substituirt werden.
Die Linie GF = DF
liegt auch in der Aequatorialebene, sie entsteht in dieser vom Durchschnitte der 9ten
Stundenebene, daher ist die Linie GF die 9te
Stundenlinie in der Aequatorialebene. Indem der Winkel DEF = 90° und DF = EF, so kann die Link GF auch dadurch gefunden werden, daß man die zwei Schenkel eines
rechtwinklichen Dreiekes, z.B. EV = EF macht, so ist die Hypothenuse EV = der Linie DF im Raume, folglich kann man mit dieser Hypothenuse FV aus dem Punkte F
gegen G einen Bogen beschreiben und auf diesen aus A die Linie AD tragen,
so ist das Dreiek am Horizont AGF = dem Dreiek im
Raume ADE gleichfalls construirt. Diese
Construction kann nach Belieben statt der im Saze IV. der Construction angewendet
werden.
Steht die Sonne an einem Tage um 9 Uhr im Aequator, dann fallen die Lichtstrahlen vom
Löchelchen G (Endpunkt des senkrecht stehenden Zeigers)
auf den Horizont in Punkt F Denken wir, daß sich die
Sonne in der 9ten Stundenebene ADF über D im erweiterten Raume betrachtet, vom Aequator gegen
Süden und Norden bewegt, dann wird sich der Lichtstrahl, welcher durch das am
Endpunkte des senkrecht stehenden Zeigers angebrachte Löchelchen fällt, sowohl in
diesem als auch gleichwirkend um den Punkt G, von
≏ gegen ♋ und , gleichfalls wie um eine Achse bewegen.
Steht die Sonne nach mehreren Tagen um 9 Uhr einige Tage vom Aequator gegen Süden
entfernt, für die nördliche Breite dem Horizont näher, so ist der Bogen (≏
i'), welchen die Sonne mit dem Aequator, im
erweiterten Raume ADF oder dem Punkte D macht = dem Bogen (Ii), welchen der Lichtstrahl aus D mit der
Linie DF auf der entgegengesezten Seite dieser
Linie beschreibt.
Aus diesem ist klar, daß, wenn man aus G einen beliebigen
Kreis HIK beschreibt, auf diesen die südliche
Declination für 9 Uhr von I nach K trägt und durch diesen Punkt (i) auf dem
Kreise nach G eine Linie zieht, diese verlängert, bis
sie die 9te Stundenlinie am Horizont schneidet (in L),
dieser Durchschnittspunkt derjenige seyn muß, auf welchen um 9 Uhr der Lichtstrahl
vom Punkte G (= dem Punkte D
im Raume) fällt. Constr. Saz V und VI.
Steht die Sonne um 9 Uhr einige Grade gegen Norden, oder der verlängerten Linie FD, dann ist der Bogen (≏ f'), welchen die Sonne mit dem Aequator macht = dem
Bogen (If), welchen der Lichtstrahl aus D mit der Linie DF
unter dieser beschreibt, oder mit anderen Worten der Winkel in G, welchen der Lichtstrahl vom Löchelchen G mit der Linie GF
macht, ist = der nördlichen Declination der Sonne vom Aequator, und das
Sonnenbildchen fällt in der 9ten Stundenlinie zwischen F
und A. Constr. Saz V und VI.
Der construirte Punkt L oder L', in welchem der Lichtstrahl am Horizont die 9te Stundenlinie trifft, bestimmt mit der
Meridianlinie im Punkte C den Azimutalwinkel der Sonne
für 9 Uhr, indem der Schatten eines senkrecht stehenden Stiftes mit der
Meridianlinie allzeit das Azimut der Sonne bildet.
Beschreibt man aus dem Punkte C, der senkrecht unter dem
Punkte G (im Raume betrachtet) am Horizont liegt, durch
den Punkt L, in welchem der Lichtstrahl einer für 9 Uhr
bestimmten Declination die 9te Stundenlinie trifft, einen Kreis, dann muß um 9 Uhr
wahre Zeit der Lichtstrahl diesen Kreis in irgend einem Punkte, z.B. M oder N treffen. Constr.
Saz VII.
Nachdem in der Construction der Azimutalwinkel BCL
für 9 Uhr schon bekannt, M oder N aber ein wirtlicher Punkt am Horizont für 9 Uhr ist, und der Punkt C allzeit in der wirklichen Meridianlinie selbst liegt,
aus welchem Punkte C der Kreis beschrieben wurde, in dem
sowohl der Azimutalbogen BL als auch ein
wirklicher Punkt der 9ten Stunde M oder N liegt, so folgt, daß, wenn der Azimutalbogen BL, von dem wirklichen 9ten Stundpunkte M nach m oder von N nach n getragen wird, die
Linie mC oder nC, je nachdem der wirkliche 9te Stundpunkt M oder
N gefunden wurde, für den Punkt C (auf welchem der senkrechte Zeiger steht) die
wirkliche Meridianlinie ist. Constr. Saz VIII.
Aus erwiesenen Gründen der Gnomonik ist bekannt, daß der Stundenwinkel sowohl am
Aequator in D, als auch am Horizont in A für 3 Uhr – dem für 9 Uhr ist. Will man statt
für 9 Uhr um 3 Uhr (oder zur Sicherheit wiederholt) einen Punkt beobachten, so
bleibt daher die Construction für 3 Uhr dieselbe, wie für 9 Uhr, nur ändert sich in
den mehrsten Tagen des Jahres, in den 6 Stunden zwischen 9 und 3 Uhr die
Declination, und der um 3 Uhr zu beobachtende Punkt von der Spize des Schattens
fällt auf den aus C beschriebenen Kreis, von der
Meridianlinie gegen Osten.
Wird die Declination für 3 Uhr auf den Bogen HK
getragen, z.B. von I nach j,
so ändert sich zwar der Durchschnittspunkt Q, der
verlängerten Linien Gj und AF, folglich der Radius CQ, mit welchem der Kreis mRT für 3 Uhr gezogen wird, gegen den Radius CL, mit welchem der Kreis MLB für 9 Uhr beschrieben wurde, und auch der
Azimutalwinkel mCR
oder
nCT ändert sich gegen den Winkel mCM oder nCN.
Die Aenderung des Aizmutalwinkels ist klar, wenn man LCB mit Li
CB vergleicht.
Nachdem, wie schon gesagt, die Stundenwinkel im Pol A am
Horizont für 9 und 3 Uhr einander gleich sind, so muß der beobachtete Punkt auf der
Westseite M oder N um 9 Uhr
mit der wirklichen Meridianlinie m oder n im Punkte O oder P denselben Winkel machen, den ein beobachteter Punkt auf der Westseite R oder T um 3 Uhr mit der
wirklichen Meridianlinie m oder n im Pol O oder P
macht. Beschreibt man, indem C immer ein Punkt der
wirklichen Meridianlinie ist, aus C durch den in der
angenommenen Meridianlinie liegenden Pol A einen Bogen,
verlängert dann die wirkliche Meridianlinie mC
oder nC, bis sie diesen Bogen schneidet in O oder P, so ist dieser
Durchschnittspunkt der wirkliche Pol, indem die Höhe des Zeigers CD und die Tangens CA vom Complement der Breite nicht geändert wurde.
Daher muß Mi Omi oder Ni Pni =
mi ORi oder ni PTi
seyn. I. Zusaz der Construction.