Titel: | Ueber einen selbstthätigen Strekapparat zum Spannen von Baumwolltüchern etc. nach ihrer Breite, anwendbar bei Calandern, Walzendrukmaschinen, Maschinen zum Scheren, Troknen, Aufdoken etc. von Clemens Martini, Inhaber einer Bleich- und Appretur-Anstalt in Haunstetten bei Augsburg. |
Autor: | Clemens Martini |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. LXXX., S. 328 |
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LXXX.
Ueber einen selbstthaͤtigen Strekapparat
zum Spannen von Baumwolltuͤchern etc. nach ihrer Breite, anwendbar bei Calandern,
Walzendrukmaschinen, Maschinen zum Scheren, Troknen, Aufdoken etc. von Clemens Martini, Inhaber einer
Bleich- und Appretur-Anstalt in Haunstetten bei Augsburg.
Mit Abbildungen auf Tab.
V.
Martini's selbstthaͤtiger Strekapparat.
Es ist eine bekannte Sache, daß Baumwolltücher bei verschiedenen Arbeiten, welchen
sie zum Behuf ihrer Veredlung unterworfen werden, in der Breite verlieren; nämlich
einmal durch das natürliche Eingehen der Baumwollzeuge in warmen Flüssigkeiten,
besonders aber auch noch beim Aufdoken, Troknen und Appretiren mit Dampfcylindern,
beim Druken mit Walzen, und beim Rollen oder Appretiren mit dem Calander, weil hier
die Gewebe, um Falten so viel als möglich zu vermeiden, nach der Länge gedehnt oder
gespannt werden müssen. Der mit der Veredlung von rohen Baumwolltüchern sich
beschäftigende Fabrikant weiß wohl, daß die im Gefolge dieses Schmalerwerdens
kommenden Nachtheile oft noch unangenehmer sind, als dieses selbst, und daß Abhülfe
hier wünschenswerth wäre; deßhalb stellte ich mir die Aufgabe, ein Mittel zu suchen,
welches bessere Dienste leisten möchte, als die meines Wissens bisher gegen die
fraglichen Uebelstände in Vorschlag und Anwendung gebrachten Vorrichtungen.
Aufmerksame Beobachtung der Arbeiten, bei welchen das Streken nach der Länge immer
stattfindet, namentlich des Durchganges der Gewebe zwischen den Spannstäben vor
einem Calander, führte mich auf den glüklichen Gedanken, daß, wenn einige dieser
Spannstäbe dem Lauft des Tuches auf kurze Streken folgen und sich hiebei zugleich in der Richtung der
Breite desselben, nach beiden Seiten hin, aus einander bewegen könnten, sie
nothwendig das durch vorhergehende Längenspannung fest an sie angelegte Tuch mit
sich zu führen, also in die Breite zu streken, streben müssen.
Eine nähere Untersuchung konnte die Richtigkeit dieses Sazes nur bestätigen, und dann
lag für die Anwendung ziemlich nahe, daß die Anordnung solcher in der Mitte
gebrochener, während der Vorwärtsbewegung sich nach beiden Seiten verschiebender
Spannstäbe, in Form einer Kette ohne Ende, oder einer Walze geschehen könne und
müsse. Die Bewegung (Drehung) des Apparats konnte der Reibung überlassen werden,
welche entsteht, wenn ein Stük Baumwolltuch gespannt darüber geführt wird und das
Verschieben der Stäbe – ihre seitliche Bewegung – durch feststehende
Führer mit oder ohne Falz, welche auf Vorsprünge oder Gabeln an den Spannstäben
wirken, bewerkstelligt werden.
So weit mit meinem Strekapparat im Reinen, übertrug ich die Anfertigung eines solchen
für einen Calander dem geschikten Mechaniker Hrn. G. Haevel in Augsburg, indem ich ihm nur das Princip mit einigen
Anhaltspunkten für die Größe als Richtschnur geben, die nähere Anordnung und
Zusammenfügung der Theile aber ihm überlassen wollte, und Hr. Haevel vollzog diese noch mit manchen Schwierigkeiten verknüpfte Aufgabe
aufs Beste.
Der erste nach den angeführten Grundzügen gebaute Strekapparat erhielt nun die in
Fig. 11
in der Vorderansicht gezeichnete Gestalt; die Figuren 12, 13 und 14 zeigen
Längen- und Querdurchschnitte, wobei gleiche Buchstaben gleiche Theile
bezeichnen.
a ist die feststehende Achse des Apparates.
b sind Scheiben mit Schlizen, in welchen sich die
Spannstäbe c schieben; diese Scheiben drehen sich auf
der Achse.
d sind die unter einem bestimmten Winkel auf der Achse
festgestellten Führer für die Spannstäbe; sie sind von den Gabeln e umfaßt und veranlassen die seitliche Verschiebung der
Stäbe c.
f ist ein Ring zum Deken des durch die Verschiebung der
Spannstäbe sich im Obertheil des Apparates bildenden Zwischenraumes.
Wie aus vorstehender Erklärung der Zeichnungen erhellt, so sind a und d die feststehenden,
b, c, e und f die
beweglichen Theile des Apparates, und es folgt, daß wenn leztere um ihre Achse und
die Führer d gedreht werden, die eine Hälfte der
Spannstäbe c sich auseinander bewegen, die andere
dagegen wieder zusammengehen muß, wodurch sich der für unsere Zweke wirksame Theil
des Apparates fortwährend erneuert, d.h. fortwährend eine spannende Hälfte in
derselben Stellung vorhanden ist.
Wird nun ein solcher Apparat in die gewöhnliche Spannvorrichtung, z.B. an einem
Calander, gleichsam als der lezte Spannstok eingelegt und das zu appretirende Gewebe
so über ihn geführt, daß es die auseinandergehende Hälfte der Spannstäbe des
Strekapparates bedekt, so veranlaßt der Zug desselben den Apparat sich zu drehen. Im
gleichen Augenblik aber, wo er in Bewegung kommt, verschieben sich die Stäbe und
streken das auf ihnen fest anliegende Gewebe nach der Breite. Der Durchmesser des
Apparates beträgt nur ungefähr sechs Zoll; seine Länge ist der Breite der Maschine,
für welche er vorzugsweise dienen soll, angemessen. Die Verschiebung nach jeder
Seite beträgt beiläufig zwei Zoll, da aber nur die wenigsten Gewebe sich um
beiläufig vier Zoll dehnen lassen und die Wirkung des Apparates, obgleich die Stäbe
nur aus hartem Holz mit glatter Oberfläche bestehen, doch so kräftig ist, daß
schwache Zeuge sogar zerrissen werden könnten, so brauchen die Gewebe nur um
kleinere Theile als die ganze Hälfte des Strekapparats geführt zu werden, woraus
natürlich auch ein geringeres Streken nach der Breite folgt.
Ich arbeite jezt beiläufig ein Jahr mit dem beschriebenen StrekapparatDieß kann die Redaction des polytechnischen Journals bezeugen. A. d. R. und habe seit dieser Zeit nicht mehr nöthig, auch nur ein Stük für
Calanderapprete nach der Breite von der Hand streken zu lassen; das Aufdoken für
solche fällt ganz weg, die Stüke brauchen auch nur mäßig ausgeschlagen zu werden,
und ich bin sicher, stets schöne Ende ohne Falten, besonders ohne alle Längenfalten
zu erhalten, und daß die Waare breiter als bei allen bisher zum Breitmachen benuzten
Vorrichtungen ausfällt. Selbst der Arbeiter findet Erleichterung in seinem Geschäft;
er braucht sich um starke Falten, die ihm unter die Hände kommen, nicht zu
bekümmern, sondern kann deren Ausgleichung dem Strekapparat überlassen, und einmal
an das Arbeiten mit ihm gewöhnt, würde er ihn bei allen Waaren, die nicht sorgfältig
vorbereitet sind, sehr vermissen.
Der Apparat darf so mir in Beziehung auf seine Leistungen, den kleinen Raum, den er
einnimmt, und seine Anwendbarkeit bei allen Maschinen, woran Spannvorrichtungen
bestehen, wohl ein nüzliches Werkzeug genannt werden; ich bin übrigens weit
entfernt, ihn jezt schon als in seiner Art vollkommen zu betrachten.Einige Verbesserungen dieses Strekapparates sind auch wirklich schon der
Vollendung nahe; der Mechanikus Hr. Georg Haevel
in Augsburg wird die Fabrikanten, welche solche Strekapparate zu erhalten
wünschen, billig und zur Zufriedenheit damit versehen. A. d. R.