Titel: | Verfahren reine Schwefelsäure aus der käuflichen, mit Stikstoffoxyd verunreinigten Säure zu bereiten. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. LXXXVII., S. 348 |
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LXXXVII.
Verfahren reine Schwefelsaͤure aus der
kaͤuflichen, mit Stikstoffoxyd verunreinigten Saͤure zu
bereiten.
Ueber Reinigung der Schwefelsaͤure von
Stikstoffoxyd.
Hr. Adolph Rose theilt bei Gelegenheit seiner Versuche
über die Verbindung des Schwefelsäurehydrats mit StikstoffoxydPoggendorff's Annalen der Physik und Chemie 1840,
Nr. 5. folgende in technischer Hinsicht wichtige Beobachtungen mit; er sagt:
„Es schien mir interessant zu untersuchen, woher es kommt, daß jezt die
Schwefelsäure oft mit schwefelsaurem StikstoffoxydSchwefelsaures Stikstoffoxyd entsteht, wenn man schwefliche Säure und
Stikstoffoxyd in einen mit atmosphärischer Luft gefüllten großen Kolben
leitet; bei Gegenwart von etwas Wasser und einem Ueberschuß von
Stikstoffoxyd erhält man die Verbindung sogleich in Krystallen, welche
die inneren Wände des Kolbens bedeken. „Diese Krystalle,
bemerkt A. Rose, sind es auch, die sich
in den Bleikammern bei Bereitung der englischen Schwefelsäure
bilden, und sie werden sich immer bilden, wenn ein Ueberschuß von
Stikstoffoxyd gegen atmosphärische Luft und schwefliche Säure sich
in denselben befindet, indem ein Theil des Stikstoffoxyds sich dann
nur in salpetriche Säure verwandelt, diese die schwefliche Säure zu
Schwefelsäure oxydirt, die sich dann gleich mit dem Stikstoffoxyde
verbindet; ja sie werden sich auch beim Ueberschusse von
salpetricher Säure und atmosphärischer Luft bilden, indem die
gebildete Schwefelsaure die salpetriche Säure in Stikstoffoxyd,
womit sie sich verbindet, und in Salpetersäure zerlegt. Es ist
deßhalb nothwendig, um die Erzeugung dieser
Krystalle bei der Bereitung der Schwefelsäure zu vermeiden,
darauf zu sehen, daß stets schwefliche Säure in gehöriger Menge
in der Kammer vorhanden ist.“ A. d. R. verunreinigt ist. Ich verdünnte reine englische Schwefelsäure so lange mit Wasser, bis sie
ein spec. Gew. von 1,2 hatte (von welcher Concentration sie gewöhnlich aus den
Bleikammern abgelassen wird) und versezte einen Theil derselben mit
Schwefelsäure, einen Theil mit reiner Salpetersäure und einen Theil mit
rauchender Salpetersäure. Darauf erhizte ich jeden Theil besonders in einer
Retorte so lange, bis Schwefelsäure überdestillirte, wobei
ich immer im Rükstande reine Schwefelsäure behielt, jedoch mußte ich,
namentlich beim Zusaze von Salpetersäure, so lange erhizen, daß die zurükbleibende Schwefelsäure ein spec. Gew. von
1,84 hatte. Selbst wenn man concentrirte Schwefelsäure mit
Salpetersäure mengt, und das Gemisch bei sehr gelinder Hize erhizt, erhält man
im Rükstande fast reine Schwefelsäure. Mengt man die concentrirten reinen Säuren
mit einander, so daß keine Erwärmung stattfindet, und läßt das Gemenge mehrere
Wochen stehen, so scheint auch keine Zersezung stattzufinden; mengt man größere
Quantitäten schnell, so bildet sich eine Spur schwefelsaures Stikstoffoxyd, was
wohl von der Erwärmung herrührt. Erhizt man das Gemenge aber schnell in einer
Retorte, so erfolgt eine Zersezung, der Hals der Retorte füllt sich mit rothen
Dämpfen, und es destillirt zuerst eine salpetersäurehaltige, dann eine reine
Schwefelsäure über, und im Rükstande bleibt Schwefelsäure, die schwefelsaures
Stikstoffoxyd aufgelöst enthält. Ist die Schwefelsäure durch organische
Substanzen gefärbt, und entfärbt man sie so, daß man sie erhizt und tropfenweise
Salpetersäure hinzufügt, so wird sie durch schwefelsaures Stikstoffoxyd
verunreinigt.
Hienach müßte die Schwefelsäure frei von jeder Oxydationsstufe des Stikstoffs im
Handel vorkommen, wenn sie ein spec. Gew. von 1,84 hat, von welcher Stärke sie
jedoch selten vorkommt, und nur mit schwefelsaurem Stikstoffoxyd verunreinigt seyn,
wenn sie durch Salpetersäure entfärbt ist. In neueren Zeiten wird die Schwefelsäure
in Blasen aus Platin concentrirt, die so eingerichtet sind, daß fortwährend
verdünnte Schwefelsäure zu der concentrirteren fließt, und dieß ist vielleicht
Ursache, daß sich dann schwefelsaures Stikstoffoxyd bildet, das dann nicht mehr
abdestillirt.
BarruelPolytechn. Journal Bd. LXIV. S.
55. hat vorgeschlagen, die unreine Schwefelsäure über Schwefel bei 200°
C. zu digeriren, um die Säuren des Stikstoffs zu zerstören, und dann zu destilliren.
Destillirt man aber die Säure, so ist dieses überflüssig, denn selbst wenn die
Schwefelsäure Salpetersäure enthalten sollte, erhält man durch Destillation eine
reine Säure, die man
selbst, wie ich erwähnt habe, noch erhält, wenn 1 Pfund Schwefelsäure mit 1 Unze
Salpetersäure versezt wird, eine Verunreinigung, die wohl nie im Handel vorkommt;
nur ist es nothwendig, die Vorlage öfters zu wechseln. Enthält die Schwefelsäure
schwefelsaures Stikstoffoxyd, so destillirt gleich eine reine Säure über.
Um sich eine reine Schwefelsäure zur Bereitung der Salzsäure zu verschaffen, braucht
man nur dieselbe, gleich, ob sie schwefelsaures Stikstoffoxyd oder Salpetersäure
enthält, mit zwei Theilen Wasser zu vermischen, und sie dann so lange in einer
Retorte zu erhizen, bis Dämpfe von Schwefelsäure übergehen, wobei man zugleich den
Vortheil hat, daß die Säure ein spec. Gew. von 1,85 hat.
Bei der Destillation der Schwefelsäure sind viele Vorsichtsmaßregeln vorgeschlagen,
um das stoßweise Kochen der Säure und das dadurch bedingte Zersprengen des
Retortenhalses zu vermeiden; doch sind bei vorsichtiger gleichmäßiger Feuerung die
meisten, selbst der Platindraht, überflüssig, und ich habe zulezt immer ohne diesen,
selbst auf freiem Feuer, die Schwefelsäure destillirt, ohne je eine verunglükte
Destillation erlitten zu haben. Durchaus nothwendig ist es aber, daß der Hals der
Retorte nicht zu lang und so weit als möglich ist, und daß die Vorlage nicht
unmittelbar auf dem Retortenhalse liegt, sondern durch einen Platindraht von
demselben getrennt ist, und daß man ein gleichförmiges Feuer unterhält, was durch
Feuern mit Kohlen am besten zu erreichen ist. Man füllt die Retorte zu zwei Drittel
mit Schwefelsäure, legt sie mit den gewöhnlichen Vorsichtsmaßregeln in die
Sandkapelle, und feuert zuerst stark, bis von der Säure starke Nebel aufsteigen;
dann mildert man das Feuer, wobei die Säure in ein gelindes Kochen kommt, und
unterhält nun gleichmäßig das Feuer, wobei nur zu beobachten ist, daß die Säure
nicht aus dem Kochen kommt. Sollte dieß aber geschehen, so braucht man freilich
nicht die Destillation zu unterbrechen, muß aber das Feuer sehr vorsichtig
verstärken, damit die Säure nicht plözlich in ein zu stürmisches Kochen geräth.