Titel: | Verbesserte Methode Zuker aus den Runkelrüben zu fabriciren, worauf sich Joseph Hurd der jüngere von Boston in den Vereinigten Staaten, am 26. Jul. 1828 ein Patent ertheilen ließ. |
Fundstelle: | Band 77, Jahrgang 1840, Nr. XCII., S. 361 |
Download: | XML |
XCII.
Verbesserte Methode Zuker aus den
Runkelruͤben zu fabriciren, worauf sich Joseph Hurd der juͤngere von Boston in den
Vereinigten Staaten, am 26. Jul. 1828 ein
Patent ertheilen ließ.
Aus dem Franklin Journal. Jul. 1839, S.
24.
Hurd's Methode Zuker aus den Runkelruͤben zu
fabriciren.
Ich habe eine Methode zur Darstellung des Zukers aus den Runkelrüben erfunden,
welcher gemäß das ganze Verfahren so sehr vereinfacht ist, daß jeder Landwirth es
mit Leichtigkeit und geringem Kostenaufwande betreiben kann, indem die dabei
erforderlichen Apparate bei der Anschaffung nur sehr wenig kosten, und indem das
ganze Geschäft großentheils mit Geräthen vollbracht werden kann, die jeder Landwirth
ohnedieß schon besizt.
Die Runkelrüben müssen, nachdem sie aus dem Erdboden genommen und von allen
fremdartigen Substanzen gereinigt worden, in Schnitte geschnitten werden, die nicht
viel über 1/8 Zoll Dike haben sollen. Ich habe eine Maschine erfunden, mit der
dieses Geschäft viel besser vollbracht werden kann, als mit irgend einer anderen der
mir bekannten Schneidmaschinen, und auf welche ich in den Vereinigten Staaten auch
ein Patent besize. Die unmittelbar nach ihrer vollkommenen Reife aus dem. Boden
genommenen Rüben müssen sogleich in einen Keller oder an einen anderen zur
Aufbewahrung geeigneten Ort gebracht werden, weil sie sonst in Kürze eine für die
Gewinnung des Zukers aus ihnen nachtheilige Veränderung erleiden. An diesem Ort
haben sie zu verbleiben, bis die Zeit zum Schneiden und Troknen derselben gekommen
ist. Mit dem Beginnen der kalten Jahreszeit tritt auch die hiezu geeignete Zeit ein,
indem die Rüben meinem Verfahren gemäß unmittelbar nach dem Zerschneiden der Kälte
ausgesezt und durch Einwirkung des Frostes und der Luft getroknet werden sollen. Das Gefrierenlassen der
geschnittenen Rüben, die Umgehung der Anwendung des Kalkes und die Erzeugung von
Zuker ohne die Bildung von Melassen bilden nämlich die Haupteigenthümlichkeiten
meines Verfahrens. Die geschnittenen Rüben sollen zum Behufe der Troknung auf
Brettern oder Nezen oder auf andere Weise so ausgebreitet werden, daß sie so viel
als möglich dem Froste und dem Winde ausgesezt sind; das Troknen erfordert, wenn auf
die angegebene Weise verfahren wird, nur eine kurze Zeit, und erfolgt ohne allen
Nachtheil für den in den Rüben enthaltenen Zuker. Die weitere Behandlung der
getrokneten Rüben kann zu irgend einer beliebigen Zeit vorgenommen werden, da sich
die trokenen Rüben ohne allen Nachtheil lange Zeit über aufbewahren lassen.
Beabsichtigt man die Darstellung des Zukers aus den Rübenschnitten unmittelbar
nachdem man sie dem Froste ausgesezt, zu beginnen, so soll man sie bloß frieren und
dann aufthauen lassen und hierauf in die Presse bringen. Sie geben hiebei den
größten Theil ihres Saftes von sich, was sie nicht thun würden, wenn man sie vor dem
Frieren in die Presse brächte. Die ausgepreßten Schnitten mit dem noch in ihnen
enthaltenen Zuker lassen sich troknen und als Viehfutter aufbewahren.
Will man dagegen den Zuker aus den getrokneten Rübenschnitten gewinnen, was zu jeder
Jahreszeit geschehen kann, so soll man sie in reines Wasser einweichen, welches
ihnen in Folge der Veränderungen, die das Frieren in ihnen hervorbringt, alle
auflöslichen Bestandtheile entziehen wird. Man braucht hiebei nur so viel Wasser
anzuwenden, daß die Rübenschnitten davon bedekt sind: also eine ungefähr um die
Hälfte größere Menge, als ihnen durch den Troknungsproceß entzogen wurde. Die
auflöslichen Bestandtheile bestehen in der Hauptsache aus Zuker, Schleim, und etwas
Färbestoff. Um ersteren von den beiden lezteren abzuscheiden, säuere ich das Wasser,
bevor ich es auf die getrokneten Rüben gieße, durch Zusaz von etwas Schwefelsäure.
Die Menge dieses Zusazes läßt sich nicht leicht angeben; doch läßt sich im
Allgemeinen sagen, daß der Zusaz nicht größer seyn soll, als daß er dem Geschmake
eben merklich wird. Bisweilen übergieße ich die getrokneten Rüben mit Wasser allein,
worauf ich sie dann, nachdem das Wasser so lange auf ihnen gestanden, als zur
Ausziehung aller auflöslichen Stoffe erforderlich ist (wozu bei der Anwendung von
kaltem Wasser 3 bis 4 Stunden, bei der Anwendung von warmem Wasser dagegen eine viel
kürzere Zeit ausreicht), auspresse, und die Flüssigkeit erst auf die angegebene
Weise mit Schwefelsäure verseze. Bei dem ersteren Verfahren wird die Flüssigkeit nur
sehr wenig von den Schleime und dem Farbstoffe aufnehmen; bei dem zweiten dagegen wird das, was die
Flüssigkeit von diesen beiden Stoffen aufnahm, wieder niedergeschlagen oder
wenigstens in so weit außer Verbindung mit dem Zuker gesezt, daß es sich beim
Versieden der Flüssigkeit als Schaum abscheidet und in Gestalt von solchem
abgenommen werden kann.
Die auf diesem Wege erlangte Flüssigkeit wirb unter Zusaz von etwas Eiweiß oder einem
anderen Klärungsmittel in einem Kessel über einem Feuer bis zum Sieden erhizt. Der
hiebei an die Oberfläche emporsteigende Schaum muß nach Ermäßigung des Feuers, oder
nachdem man den Kessel vom Feuer genommen, abgehoben werden, und dieses Abschäumen
muß so oft wiederholt werden, als sich Schaum auf der Oberfläche bildet.
Die nächste Operation, zu welcher geschritten werden muß, besteht im Filtriren der
Flüssigkeit durch thierische Kohle, wozu man Beinschwarz oder Knochenkohle nehmen
kann. Bei den nach dem angegebenen Verfahren getroffenen Maßregeln reicht eine zwei
bis drei Zoll dike Schichte dieser Kohle hin. Der Syrup wird beinahe wasserklar und
ganz fein durch das Filter laufen, und nur eine sehr schwache gelblichgrüne Färbung
besizen, welche von einem eigenen in der Runkelrübe enthaltenen Stoffe herrührt.
Dieser Stoff scheidet sich allerdings bei der Krystallisation aus; allein obwohl
seine Quantität so unbedeutend ist, daß sie sich kaum durch das Gewicht bestimmen
läßt, so würde sie doch, wenn man sie an den Krystallen kleben ließe, ein
Zusammenbaken der Theilchen und eine Neigung zum Zerfließen bewirken. Es wird daher
nothwendig sie wegzuschaffen, und dieß kann mit Leichtigkeit geschehen; denn man
braucht auf den krystallisirten Zuker, nachdem er gepreßt worden, nur etwas weißen
Syrup zu bringen, so er von diesem durch und durch befeuchtet ist, und ihn hierauf
abermals zu pressen. Diese Operation erheischt nur einen sehr geringen Zeitaufwand,
und muß so lange wiederholt werden, bis der Zuker zur Verpakung fertig ist.
Die Eindikung des Zukers, welche zum Behufe seiner Krystallisation zu geschehen hat,
kann zum größten Theile über freiem Feuer vorgenommen werden, ohne daß man dabei
irgend etwas zu befürchten hätte; zu Ende führen soll man sie jedoch, indem man die
Pfanne in ein mit Wasser gefülltes Gefäß, dessen Temperatur auf ungefähr 52°
R. erhalten wird, sezt. Vollbringt man diese Arbeit bei früher Jahreszeit oder bei
der Anwendung von Rüben, die man zur gehörigen Zeit frieren und troknen ließ, so
wird man auch nicht die geringste Menge Melasse, sondern lauter krystallisirbaren
Zuker erhalten. Bei sehr kalter Jahreszeit kann man mit großer Ersparniß an Arbeit
und Brennmaterial einen großen Theil des Wassers in Form von Eis wegschaffen. Ist der
geklärte Syrup hinlänglich eingedikt, so werden an den Wänden und auf dem Boden des
Gefäßes kleine glänzende Krystalle zum Vorscheine kommen, und nicht minder wird sich
auf der Oberfläche der Flüssigkeit schnell eine Kruste bilden. Die Krystalle werden
an Größe wachsen, während der der Einwirkung der Luft entzogene Theil des Syrups
vollkommen klar und flüssig bleibt; rührt man den Syrup dagegen um diese Zeit um, so
wird er trüb und von milchiger Farbe, es bildet sich ein Niederschlag von feinem
weißem Zuker, und alle allenfalls in der Flüssigkeit enthalten gewesenen
Unreinigkeiten steigen an deren Oberfläche empor. Dieser leztere Theil der
Flüssigkeit krystallisirt langsamer als der andere; er wird jedoch auch schnell
guten Zuker geben, wenn man ihn abgießt und neuerdings der Einwirkung der Wärme
aussezt.
Als meine Erfindung erkläre ich das Frierenlassen der in dünne Schnitten
zerschnittenen Runkelrüben, und die weitere Behandlung derselben durch unmittelbar
hierauf folgendes Aufthauen und Pressen; ferner das Troknen der Rübenschnitten
mittelst eines kalten Luftstromes und die oben angegebene weitere Behandlung
derselben. Nach welchem Verfahren man arbeiten mag, so muß die Extraction des
Zukers, wenn einmal mit ihr begonnen worden, ohne allen Verzug zu Ende geführt
werden, indem die Gewinnung des Zukers ohne alle Melasse und ohne Anwendung von Kalk
hauptsächlich hiedurch bedingt ist.