Titel: | Verbessertes Verfahren erhabene Verzierungen auf Papier zu erzeugen, worauf John Wertheimer, in West Street, Finsbury Circus, City von London, am 19. Sept. 1839 ein Patent erhielt. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. VII., S. 34 |
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VII.
Verbessertes Verfahren erhabene Verzierungen auf
Papier zu erzeugen, worauf John
Wertheimer, in West Street, Finsbury Circus, City von London, am 19. Sept. 1839 ein Patent erhielt.
Aus dem Repertory of Patent-Inventions, Sept. 1840,
S. 129.
Mit Abbildungen auf Tab.
I.
Wertheimer's Verfahren erhabene Verzierungen auf Papier zu
erzeugen.
Zu verschiedenen Zweken, namentlich zur Verzierung von Zimmern mit Tapeten, würde es
sehr vortheilhaft seyn, wenn man Bildhauerarbeiten und alle Zierrathen mit erhabenen
und vertieften Stellen, auf dünnen, biegsamen und leichten Substanzen, die sich
streken, zusammenfalten und auf andere Körper auftragen lassen, reproduciren könnte.
In dieser Hinsicht wurden bereits Blätter von Metall, Leder, Papier, Pappe, die man
mit klebrigen oder gummigen Substanzen zubereitete und vereinigte, versucht und
angewandt; unter allen Materialien ist aber das Papier ohne Zweifel das geeignetste,
weil es weiß, leicht, glatt, biegsam, fest, zäh und wohlfeil ist, leicht auf jedem
Körper aufgelegt und mit Kleister befestigt werden kann. Um nun die erhabenen und
vertieften Stellen von Bildhauer- und Holzschneider-Arbeiten auf
Papier zu reproduciren, hat man bisher das Papier entweder in fertigen Blättern
(Bögen) oder im Zustande von sogenanntem Zeug angewandt.
Wenn man das Papier in Bogenform en relief bearbeiten
will, so zeigen sich unübersteigliche Hindernisse, man mag es troken oder feucht
anwenden und mit oder ohne Erwärmung operiren; preßt man es nämlich zwischen zwei
Formen stark zusammen, so sollte es sich einerseits um die hervorstehenden Theile
derselben legen, und andererseits auch wieder ganz in ihre Vertiefungen eindringen.
Das Papier in Bogenform ist aber nicht elastisch; bei gewaltsamer Ausdehnung fängt
sein Gewebe an zu zerreißen, daher alle ekigen und ein wenig hervorstehenden Theile
dünn, verzogen und zerknikt ausfallen. Es ist deßhalb absolut unmöglich, auch nur
unvollkommen, große Reliefs zu copiren und etwas anderes als eine Art Gaufrage zu
erhalten.
Im Zustande eines mehr oder weniger flüssigen Zeuges konnte das Papier bis jezt nicht
anders in hohle Formen gegossen werden, als nachdem man es mit verschiedenen
Substanzen versezt hatte. Nur mit Hülfe solcher Beimischungen erhielt man glatte
Oberflächen und genaue Reliefs; dieß ist jedoch ein Artikel, der bei weitem nicht so
wichtig ist, wie der oben von mir besprochene. Man erhält nämlich nach diesem
Verfahren nur eine Art verziertes, keineswegs aber bossirtes Papier; dasselbe ist
zerbrechlich, schwer und dik, weder elastisch noch biegsam, und man kann nicht
andere Körper damit überziehen, kurz es erfüllt keine der Bedingungen des Problems.
Das sogenannte Papiermaché, welches man hauptsächlich zu Papiergüssen benuzt,
erhält man dadurch, daß man Papierschnizel in einen Brei verwandelt und mit
Kleister, Wismuthweiß, gepulvertem Schiefer und anderen Substanzen vermengt; hierin
ist also der Papierzeug nur eine Art Verbindungsmittel für die verschiedenen
Substanzen, deren Vermengung eine Masse bildet, welche allerdings leichter und
weniger spröd als Gyps ist, die einzige Empfehlung derartiger Fabricate. Ich
übergehe eine dritte Art, das Papier zur Verfertigung von Masken und Puppen
anzuwenden.
Es gelang mir nun aber, das Problem zu lösen, welches darin besteht, die Eindrüke und
Erhabenheiten von Bildhauerarbeiten auf einem dünnen, harten, leichten, biegsamen
und elastischen Körper zu fixiren, welchen man auf andere Körper aufpassen kann, um
Zimmer zu verzieren, Kunstwerke jeder Art wohlfeil zu vervielfältigen etc.; wirklich
neu ist bei meinem Verfahren:
1) daß ich niemals Papier oder Pappe in Bögen oder Blättern anwende, ausgenommen in
einem unvollendeten Zustande;
2) daß ich niemals Papierschnizel oder analoge Substanzen im Zustand eines festen
Teiges anwende, wie es z.B. bei der Fabrication der Puppen geschieht;
3) daß ich mit dem Papierbrei oder Zeug niemals solche Materialien vermenge, wie man
sie bei der Fabrication von Papiermaché anwendet, es sey denn bloß um die
Farbe des zu erzielenden Products zu verändern, keineswegs aber um das Formen des
Papierzeugs möglich zu machen, welches ich um so besser bewerkstelligen kann, je
reiner derselbe ist;
4) daß ich den Papierzeug oder den Brei von Papierschnizeln, oder anderen faserigen
Substanzen in flüssigem Zustande und von derselben Consistenz wie die
Papierfabrikanten verarbeite. Ich fabricire nämlich Reliefpapier von jeder Größe
gerade so wie man gewöhnlich glattes und ebenes Papier in Form von Bögen macht. Mein
Verfahren besteht in der Hauptsache barin, daß ich statt der in den Papiermühlen
gebräuchlichen Drahtformen, vertieft oder erhaben gemusterte Formen anwende; der
verdünnte Zeug kann eben so wenig durch die gemusterten Formen wie durch die
gewöhnlichen Drahtformen laufen, sondern es müssen sich die im Wasser suspendirten
Fasertheile regelmäßig auch auf der gemusterten Formfläche ablagern.
Beschreibung des Apparats zur
Fabrication von Reliefpapier.
Bei der gewöhnlichen Verfertigung des Papiers verdünnt man die fein zermalmten Lumpen
(den Zeug) in einer mäßig erwärmten Bütte auf den gehörigen Grad, und aus dieser
schöpft dann der Arbeiter in eine Form das zur Bildung jedes Bogens nöthige
Material.
Fig. 8 stellt
diese Bütte dar; Fig. 9 ist ein starker hölzerner Tisch, welcher aus einer gewissen Anzahl
paralleler Latten besteht, die einige Linien weit von einander entfernt sind. Unter
dem Tisch ist ein weiter Trichter von Holz oder Zink angebracht, welcher das
zwischen den Latten durchlaufende Wasser aufnimmt und es in irgend einen Behälter
ableitet.
Fig. 10 ist
ein Rahmen, aus vier Holzstüken bestehend, welche an ihren Enden wie ein Kästchen
zusammengefügt sind. Seine Höhe nach der Linie A, B
beträgt 6 bis 8 Zoll, der Rand ist auf zwei seiner Seiten einen Zoll dik und in der
Richtung der Linie A, B sind 6 Linien über einander
Löcher von 6 bis 9 Linien Durchmesser gebohrt. Diese Löcher werden mit Korken
verstopft, welche man leicht herausziehen kann, um die im Rahmen enthaltene
Flüssigkeit entweichen zu lassen. Man muß eine gewisse Anzahl solcher Rahmen, und
zwar nach der Größe der Formen von verschiedener Länge und Breite vorräthig haben;
die Ränder der Formen müssen nämlich immer wenigstens um einen Zoll über die
Dimensionen dieser Rahmen hinausreichen.
Fig. 11 zeigt
die Chassis (Siebe), welche von leichtem Holz oder besser von Kupfer verfertigt
sind; ihre äußere Länge und Breite muß kleiner als die äußere Länge und Breite des
Rahmens Fig.
10 seyn, in welchen sie gestellt werden. Diese Chassis sind mit
Seiden- oder Haartuch überzogen, so daß sie eine sehr elastische Papierform
bilden.
Fig. 12 ist
eine Form von gemustertem Holze, welche die in Papier auszuführenden Gegenstände
umgekehrt zeigt. Man kann zu der Form jedes Material verwenden, nur muß dasselbe
stark genug seyn, um dem Druk lange genug zu widerstehen, wenn sie zwischen einem
harten Körper (der Platform der Presse) und einem elastischen Körper (den
Filztafeln) eingeschoben ist.
Fig. 13 ist
der Tisch, worauf man die Form und den Rahmen sieht, in welchen das verdünnte
Material gegossen wird.
Fig. 14 ist
ein Durchschnitt desselben Rahmens nach der Linie C, D,
Fig. 10.
Der Buchstabe C bezeichnet das Chassis, welches die feste Substanz auf die
Form M niederschlägt. Das abgeschiedene Wasser E entweicht bei den Oeffnungen O.
Fig. 15 ist
ein Grundriß von Fig. 9 und 13.
Zu diesem Apparat gehören noch folgende Gegenstände, welche keiner Abbildung
bedürfen:
1) Die gewöhnlichen Formen der Papiermacher;
2) Schwämme von verschiedenen Größen;
3) Bürsten, harte Pinsel, Scheren, Messer, Bossirwerkzeuge, Holzspateln etc.
4) Filze von verschiedenen Größen;
5) starke Pressen;
6) Gefäße von verschiedenen Größen und Formen;
7) Gestelle, um das erzeugte Reliefpapier in geheizten Räumen oder an freier Luft zu
troknen.
Verfahren bei der Fabrication des
Reliefpapiers.
Erste Methode. An Arbeiter legt die geeignete Form auf
den Tisch Fig.
9, und darauf den Rahmen Fig. 10, in der Art, wie
es Fig. 13
zeigt. Hierauf schöpft er aus der Bütte Fig. 8 mittelst eines
hinreichend großen Gefäßes verdünnten Zeug, womit er den Rahmen bis auf einen Zoll
von seinem Rande anfüllt; er rührt ihn dann mit seiner Hand um, um ihn gleichförmig
über die Oberfläche der Form zu verbreiten. Nun handelt es sich bloß darum, die
Papierfaser regelmäßig auf diese Oberfläche niederzuschlagen und das Wasser, worin
sie suspendirt ist, ablaufen zu lassen. Zu diesem Zwek nimmt der Arbeiter das
Chassis oder Sieb Nr. 4, drükt es ganz horizontal in den Rahmen hinab, wie es der
Durchschnitt Fig.
14 zeigt, und zieht so alle Theilchen fester Substanz hinab, wobei das
Wasser durch das über das Sieb ausgespannte Gewebe dringt; man braucht es nun bloß
noch auslaufen zu lassen, indem man die in die Seiten des Rahmens gebohrten Löcher
öffnet. Nachdem der größere Theil des Wassers aus den Rahmen abgelaufen ist,
absorbirt man das Zurükgebliebene dadurch, daß man auf das Siebtuch große Schwämme
auflegt, die man aufdrükt, bis das Papier eine hinreichende Consistenz erlangt hat,
was man daran erkennt, daß das Tuch aufhört ihm aufzukleben. Das Sieb wird nun
beseitigt und nach ihm der Rahmen; auf der Form bleibt eine regelmäßige Papierlage
zurük, welche sie gleichförmig in den hohlen und flachen Theilen bedekt. Ich benuze
zum Absorbiren des Wassers Schwämme von verschiedener Größe und drüke das Material
hauptsächlich in die Höhlungen; wenn ich annehmen kann, daß es dieselben überall
berührt und hinreichend getroknet ist, richte ich es zum Pressen her. Ich fülle nämlich die Höhlungen
sorgfältig mit der beim Tuchscheren abfallenden Wolle aus, welche man etwas
eindrüken und einige Linien höher als die flachen Theile der Form lassen muß. Das
Papier wird nun auf die Tafel einer starken Presse gelegt und mit einer Lage von
Filzen bedekt, deren Dike der Tiefe des Musters entsprechen muß, worauf man die
ganze Kraft der Presse darauf wirken läßt. Diese Operation ertheilt dem Papiere ganz
die erforderliche Consistenz und Zähigkeit. Die Scherwolle wird sodann mit kleinen
Bürsten aus den Höhlungen entfernt. Auf diese Art lassen sich alle möglichen Abdrüke
darstellen.
Zweite Methode. Wenn die in Papier abzumodelnden
Gegenstände kein sehr hohes Relief darbieten, besonders aber wenn sich die
Erhabenheiten im Grunde verlieren, kann man auf folgende Art verfahren: der Arbeiter
taucht in die Bütte eine gewöhnliche Papierform, zieht sie heraus, läßt sie
abtropfen und legt den unvollendeten Papierbogen auf den Filz, wie man gewöhnlich in
den Papiermühlen verfährt. Auf diesen Bogen drükt er leicht einen zweiten Filz,
welcher das darin enthaltene überschüssige Wasser verschlukt, und er hört auf, wenn
das Papier eine solche Consistenz erlangt hat, daß es zusammenhält; der Bogen darf
aber nicht in die Presse kommen. Ein zweiter Arbeiter hebt ihn dann sorgfältig auf
und legt ihn auf die Form, in deren Vertiefungen er ihn mit Schwämmen oder durch
Schlagen mit Bürsten von verschiedenen Größen eindringen macht; das Papier hat
nämlich noch nicht diejenige Zähigkeit erlangt, welche es beim Pressen und Troknen
erhält. Sollten Risse vorkommen, so kann man an diesen Stellen ein Stük von
demselben oder einem ganz ähnlichen Bogen auflegen. Man trägt nun so viele Bogen
nach einander auf die Form auf, als nöthig sind, um sie in der gehörigen Dike ganz
zu belegen. Uebrigens wird das Papier gerade so wie bei der ersten Methode zum
Pressen vorbereitet.
Dritte Methode. Anstatt den Zeug aus der Bütte in ein
Gefäß oder eine Papierform zu schöpfen, wie bei der ersten und zweiten Methode,
taucht der Arbeiter ein Sieb in die Bütte, welches er schwach schüttelt, so daß der
Zeug beim Abtropfen eine homogene Masse bildet; und noch ehe der Zeug völlig
abgetropft ist, sobald er nämlich so viel Consistenz erlangt hat, daß er zum Theil
mit der Hand herausgenommen werden kann, nimmt der Arbeiter ein Stük davon, indem er
mit der Hand zwischen dem Siebboben und der ihn bedekenden Zeugmasse hinfährt.
Dieses Stük legt er auf die Form und breitet es darüber aus, indem er es leicht und
schnell mit einer Bürste klopft, deren Haare sehr zertheilt und sehr elastisch sind.
Auf diese Art strekt sich der Zeug gleich einem hämmerbaren Körper und die Haare der Bürste trennen die
faserigen Theilchen regelmäßig, was immer eine unerläßliche Bedingung eines guten
Resultats ist. Nachdem das erste Stük aufgearbeitet ist, nimmt der Arbeiter ebenso
ein zweites und ein drittes u.s.w., die er nach einander mit der Bürste auf den noch
leeren Theil der Form aufträgt, wobei er darauf achtet, daß sich die Ränder
vollkommen mit einander verbinden. So fährt er fort, bis die ganze Form belegt ist
und alle Vertiefungen ausgefüllt sind. Ueber das Ganze legt er dann ein Tuch aus
Seide, Haaren oder überhaupt einem gehörig elastischen Material, überfährt hierauf
die ganze Oberfläche mit dem Schwamm und sezt die Operation so fort, wie es bei der
ersten und zweiten Methode erklärt wurde.
Allgemeine Bemerkungen. Auf dieselbe Art, wie es vorher
angegeben wurde, nämlich mit halbvollendeten Bögen, lassen sich auch bei der ersten
Methode allenfalls vorkommende Risse ausbessern; mittelst solcher Bögen kann man
auch solchen Theilen des Gegenstandes, die man stärker haben will, eine größere Dike
geben. Für dergleichen Verstärkungen oder Zusäze benuze ich gewöhnlich einen Zeug
von geringerer Qualität. Wenn man des vollständigen Erfolgs bei diesen Operationen
versichert seyn will, ist es jedoch unumgänglich nöthig, den Zeug vorher zu leimen,
daher man auch die Formen schwach öhlen muß. Es ist gut, wenn man jedes Fabricat auf
der Form austroknen läßt, weil es dann ganz gerade und rein wegkommt. Im Sommer geht
das Troknen in freier Luft rasch genug vor sich, im Winter aber muß man ein Zimmer
haben, in welches ein Strom heißer und trokener Luft geleitet wird. Färbt man den
Zeug vorher mit solchen Farben, wie man sie für Calicos anwendet, so kann man die
mannichfaltigsten Farben und Nüancen erhalten. Trägt man z.B. auf die flachen Theile
der Form Drukerschwärze auf, so hängt sich diese Farbe an den Grund des Gegenstandes
an und man erhält dann bei Anwendung gefärbten Zeuges zwei Farben durch eine einzige
Operation. Wenn der Papierzeug weiß und entsprechend geleimt ist, kann man ihm
natürlich alle möglichen Schattirungen durch Wasser- oder Oehlfarben
ertheilen. Damit die Reliefs niemals verdorben werden können, behalte ich mir vor,
die Höhlungen meiner Papiere mit verschiedenen Substanzen auszufüllen, welche genau
hineingepaßt werden können; und damit die nach meinen Methoden verfertigten
Papierartikel auch nicht durch Feuchtigkeit leiden, überziehe ich sie mit harzigen
oder öhligen Flüssigkeiten, z.B. Firnissen etc.