Titel: | Ueber die Anwendung der in den Stearinkerzen-Fabriken gewonnenen Oehlsäure statt Olivenöhls zum Einschmalzen der Wolle; von Dr. Penot. |
Fundstelle: | Band 78, Jahrgang 1840, Nr. XIII., S. 70 |
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XIII.
Ueber die Anwendung der in den
Stearinkerzen-Fabriken gewonnenen Oehlsaͤure statt Olivenoͤhls zum
Einschmalzen der Wolle; von Dr. Penot.
Aus dem Bulletin de la société industrielle de
Mulhausen, No. 64.
Penot, uͤber Anwendung der Oehlsaͤure zum
Einschmalzen der Wolle.
Die HHrn. Péligot und Alcan haben eine sehr wichtige Anwendung von der Oehlsäure gemacht, welche
man in den Stearinkerzen-Fabriken als Nebenproduct erhält; sie benuzen sie
nämlich zum Einschmalzen der Wolle anstatt Olivenöhls; man braucht dann zum
Entfetten der Tuche weder Seife noch Walkererde mehr anzuwenden, sondern hat
dieselben bloß mit Soda zu behandeln, um die Oehlsäure auszuziehen.
Die Wolle muß behufs des Kardirens und Verspinnens bekanntlich eingeschmalzt werden,
wozu bisher eine große Menge Olivenöhl verbraucht wurde (die man in Frankreich auf
12 bis 15 Millionen Fr. anschlagen kann); für geringe Wolle benuzte man jedoch
gewöhnlich nur fette Samenöhle. Die versponnene oder verwobene Wolle muß dann später
wieder entfettet werden, was eine kostspielige und langwierige Operation ist,
besonders bei Wollengeweben. Dieses Entfetten bewirkt man gewöhnlich mit Seife,
wovon man 16 bis 20 Pfd. auf 100 Pfd. einer Wolle nimmt, die beiläufig 1/20 ihres
Gewichts, also 5 Pfd. Oehl enthält. Wo es angeht, hängt man das Tuch sechs bis zehn
Tage lang in fließendes Wasser ein und läßt es dann durch zwei Walzen laufen, die in
einem Troge angebracht sind, welcher in Wasser zertheilte Walkererde (Thon) enthält,
um das Fett auszuziehen, und wascht es dann gut aus. Bei diesem Verfahren wird das
aus der Wolle ausgezogene Oehl in einer so großen Masse Wasser vertheilt, daß man
nicht mehr daran denken kann, es wieder zu gewinnen, und geht also gänzlich
verloren.
Bei der so eben beschriebenen Entfettungsmethode, welche in den Fabriken in Elbeuf,
Louviers etc. befolgt wird, werden die Tücher dann noch gewalkt, und zwar mit einem starken Zusaz von
Seife (4 bis 5 Kilogr. auf beiläufig 45 Meter Tuch). In Sedan, wo man gewöhnlich
schwarze Tücher fabricirt, nimmt man das Walken vor dem Entfetten auf dieselbe Art
wie in Elbeuf und Louviers (mit bloßer Walkererde), aber mit Zusaz von Urin vor.
Wenn es schon schwer ist, das Oehl aus Geweben und Garnen auszuziehen, so begreift
man wohl, daß das Entfetten der Abfälle vom Kardätschen und Spinnen noch größere
Schwierigkeiten darbietet; diese Abfälle haben daher auch so wenig Werth, daß man
sie z.B. in Sedan als Brennmaterial benuzt, und will man sie einige Zeit
aufbewahren, so muß man immer befürchten, daß sie sich von selbst entzünden.
Wenn man nun nach dem Vorschlage der HHrn. Péligot
und Alcan Oehlsäure statt Oehl zum Einschmalzen der Wolle
anwendet, ist das Entfetten der Wollengewebe eine ganz leichte Sache. Zum
Einschmalzen nimmt man von der Oehlsäure gerade so viel wie von dem besten
Olivenöhl, und beim Entfetten ersezt man dann 10 Pfd. Seife durch 2 bis 2 1/2 Pfd.
krystallisirtes kohlensaures Natron (krystallisirte Soda). Beim Entfetten der Tücher
insbesondere vereinfacht dieses Verfahren die Arbeit ungemein, weil man das Tuch, so
wie es vom Webestuhle kommt, bloß in eine Soda-Auflösung einzuweichen
braucht, welche in einer halben Stunde die Oehlsäure verseift und sie dem Gewebe
gänzlich entzieht. Man wascht das Tuch sodann, um es von der Weberschlichte und
einigen anderen fremdartigen Substanzen zu reinigen. Die so abgezogene Oehlsäure ist
niemals in zu viel Wasser aufgelöst, sondern die Flüssigkeit ist wirklich eine mehr
oder weniger concentrirte Seifenauflösung, welche man unmittelbar zum Walken benuzen
kann. In Sedan z.B., wo das Walken zuerst vorgenommen wird, braucht man nur die
Soda-Auflösung in den Walkstok zu bringen; während des Walkens bildet sich
dann ebenfalls die Oehlseife und das Tuch wallt sich eben so gut wie bei dem jezigen
Verfahren, während große Auslagen für Seife erspart werden.
Die Abfälle vom Kardätschen und Spinnen braucht man bloß in eine
Soda-Auflösung zu tauchen, damit sie fast augenbliklich entfettet werden; die
fette Materie, welche man daraus in Menge erhält, kann man direct zur
Leuchtgasbereitung benuzen, oder auch mit Salzsäure zersezen, um die Oehlsäure
wieder zu gewinnen. Diese Methode ist im Großen um so leichter ausführbar, weil man
die Abfälle beliebig lange aufbewahren kann, ohne eine freiwillige Entzündung
derselben befürchten zu müssen, da die fette Substanz, womit sie bei dem neuen
Verfahren getränkt sind, eine Säure ist, welche keinen Sauerstoff aus der Luft anziehen und folglich nicht
gähren kann.
Den Stearinkerzen-Fabriken ist nun ein neuer Absazweg für ihre Oehlsäure
eröffnet; andererseits läßt sich in den Wollfabriken durch die Anwendung der
Oehlsäure das Entfetten und Walken der Tücher schneller, leichter und wohlfeiler
bewerkstelligen und die zum Einschmalzen verwandte fette Materie, welche früher ganz
verloren ging, jezt wieder benuzen, so wie sich auch aus den Abfällen vom
Kardätschen und Spinnen die Oehlsäure leicht wieder gewinnen läßt, während überdieß
bei diesen Abfällen keine Selbstentzündung mehr zu befürchten ist.Die HHrn. Péligot und Alcan erhielten für die wichtige Anwendung der Oehlsäure zum
Vorbereiten der Wolle von der Société
industrielle in Mülhausen eine silberne Medaille.